· Fachbeitrag · § 150 AO
Keine Pflicht zur elektronischen Übermittlung bei wirtschaftlicher Unzumutbarkeit
| Die Abgabe der Einkommensteuererklärung durch Datenfernübertragung ist wirtschaftlich unzumutbar, wenn der finanzielle Aufwand für die Einrichtung und Aufrechterhaltung einer Datenfernübertragungsmöglichkeit in keinem wirtschaftlich sinnvollen Verhältnis zu den Einkünften steht, die die Pflicht zur elektronischen Erklärungsabgabe auslösen. |
Sachverhalt
Der Kläger war seit 2006 selbstständiger Physiotherapeut. Mitarbeiter und Praxis- bzw. Büroräume hatte er nicht, ebenso wenig wie einen Internetzugang. Bis einschließlich 2016 veranlagte das Finanzamt den Steuerpflichtigen auf der Grundlage der handschriftlich ausgefüllten amtlichen Erklärungsvordrucke zur Einkommensteuer.
Für das Streitjahr 2017 forderte es den Steuerpflichtigen mehrfach erfolglos zur elektronischen Übermittlung der Einkommensteuererklärung auf und setzte daraufhin ein Zwangsgeld gegen den Physiotherapeuten fest. Den Antrag des Steuerpflichtigen, von der Verpflichtung zur elektronischen Erklärungsabgabe befreit zu werden, lehnte das FA ab.
Entscheidung
Die dagegen erhobene Klage hatte Erfolg. Das FG verpflichtete das FA, auf die elektronische Erklärungsabgabe zu verzichten, und hob die Festsetzung des Zwangsgeldes auf. Der BFH bestätigte die Entscheidung des FG und wies die Revision des FA zurück.
Die Finanzbehörde muss auf Antrag zur Vermeidung unbilliger Härten auf eine Übermittlung der Steuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung verzichten, wenn eine solche Erklärungsabgabe für den Steuerpflichtigen wirtschaftlich oder persönlich unzumutbar ist.
Beachten Sie | Wirtschaftliche Unzumutbarkeit liegt insbesondere vor, wenn die Schaffung der technischen Möglichkeiten für eine Datenfernübertragung nur mit einem nicht unerheblichen finanziellen Aufwand möglich wäre.
Ob ein nicht unerheblicher finanzieller Aufwand anzunehmen ist, kann nur unter Berücksichtigung der betrieblichen Einkünfte des Steuerpflichtigen entschieden werden. Denn die Härtefallregelung soll Kleinstbetriebe privilegieren.
Da der Steuerpflichtige im Streitjahr nur Einkünfte in Höhe von 14.534 EUR aus seiner selbstständigen Arbeit erzielt hatte, ging der BFH von einer einem Kleinstbetrieb vergleichbaren Situation aus. Die elektronische Erklärungsabgabe konnte daher nicht rechtmäßig angeordnet werden und so auch das Zwangsgeld zu ihrer Durchsetzung keinen Bestand haben.
Fundstelle
- BFH 16.6.20, VIII R 29/19, iww.de/astw, Abruf-Nr. 218911