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  • · Fachbeitrag · Abgabenordnung

    Rechtsbehelfsbelehrung zur elektronischen Einspruchseinlegung

    Erwähnt die Rechtsbehelfsbelehrung die elektronische Einlegung, ist ein zusätzlicher Hinweis auf die Möglichkeit einer Einspruchseinlegung mittels E-Mail nicht erforderlich. Die Rechtsbehelfsbelehrung ist hinsichtlich der Formerfordernisse für die Einlegung eines Einspruchs weder unvollständig noch unrichtig, wenn sie insoweit lediglich den Gesetzeswortlaut wiedergibt.

     

    Sachverhalt

    Streitig war, ob der Einspruch gegen einen Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid von Kindergeld fristgerecht eingelegt wurde. Mit Bescheid vom 18.6.2021 hob die Familienkasse eine Kindergeldfestsetzung auf und forderte Zuwendungen i. H. v. ca. 10.000 EUR von der Steuerpflichtigen zurück.

     

    Der Bescheid enthielt folgende Rechtsbehelfsbelehrung: „Dieser Bescheid kann mit dem Einspruch angefochten werden. […] Der Einspruch ist bei der Familienkasse X mit Sitz in Y schriftlich einzureichen, dieser elektronisch zu übermitteln oder dort zur Niederschrift zu erklären. Die Frist für den Einspruch beträgt einen Monat. […]“.

     

    Im finanzgerichtlichen Verfahren gab die Steuerpflichtige an, zum Zeitpunkt und zur Art und Weise des Zugangs des Bescheids keine genauen Angaben mehr machen zu können, den Bescheid jedoch spätestens am 9.7.2021 erhalten zu haben. Mit Faxschreiben vom 12.10.2021 legte die Steuerpflichtige durch den Klägervertreter Einspruch ein, den die Familienkasse mit Einspruchsentscheidung vom 3.12.2021 ohne Prüfung in der Sache als unzulässig, da verspätet, verwarf.

     

    Im Klageverfahren vertrat sie die Ansicht, dass die Rechtsbehelfsbelehrung des Rückforderungsbescheids unrichtig sei. Die Familienkasse hätte ausdrücklich darüber belehren müssen, dass der Einspruch auch mittels einer einfachen E-Mail hätte erfolgen können. Daher habe die Einspruchsfrist ein Jahr betragen, sodass der Einspruch rechtzeitig erfolgt sei.

     

    Entscheidung

    Der BFH hielt die Revision für unbegründet. Der Einspruch ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts einzulegen. Er ist schriftlich oder elektronisch einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären. Er ist bei der Behörde einzureichen, deren Verwaltungsakt angefochten wird oder bei der ein Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts gestellt worden ist.

     

    Die Monatsfrist für die Einspruchseinlegung beginnt nur, wenn der Beteiligte über den Einspruch und die Finanzbehörde, bei der er einzulegen ist, deren Sitz und die einzuhaltende Frist in der für den Verwaltungsakt verwendeten Form belehrt worden ist. Über die Form des Einspruchs selbst ist hiernach nicht (zwingend) zu belehren.

     

    Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Einspruchs nur binnen eines Jahres seit Bekanntgabe des Verwaltungsakts zulässig, es sei denn, dass die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder schriftlich oder elektronisch darüber belehrt wurde, dass ein Einspruch nicht gegeben sei.

     

    Im Streitfall verlängert sich die Einspruchsfrist nicht auf ein Jahr seit Bekanntgabe des Aufhebungs- und Rückforderungsbescheids vom 18.6.2021. Die Rechtsbehelfsbelehrung der Familienkasse war vollständig und richtig.

     

    Nach der Rechtsprechung des BFH ist eine Rechtsbehelfsbelehrung erst dann unrichtig, wenn sie in wesentlichen Aussagen unzutreffend oder derart unvollständig oder missverständlich gefasst ist, dass hierdurch ‒ bei objektiver Betrachtung ‒ die Möglichkeit zur Fristwahrung gefährdet erscheint. Unerheblich ist hingegen, ob eine unrichtige Belehrung für die Fristversäumung ursächlich war.

     

    Eine Rechtsmittelbelehrung soll regelmäßig so einfach und klar wie möglich gehalten werden, um im Interesse rechtsunkundiger Beteiligter eine inhaltliche Überfrachtung zu vermeiden. Deshalb genügt es, wenn sie den Gesetzeswortlaut wiedergibt und verständlich über allgemeine Merkmale des Fristbeginns sowie über die Fristdauer informiert.

     

    Danach war die Rechtsbehelfsbelehrung des Bescheids vom 18.6.2021 vollständig und richtig erteilt worden. Sie gab den Wortlaut des § 357 AO wieder und belehrt zutreffend, vollständig und unmissverständlich darüber, welcher Rechtsbehelf gegen die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung zulässig ist und binnen welcher Frist dieser in welcher Form (schriftlich, elektronisch oder zur Niederschrift) bei welcher Behörde einzulegen ist. Eine weitergehende Belehrungspflicht bestand nicht.

     

    Bei dem Hinweis auf die Möglichkeit, den Einspruch „elektronisch zu übermitteln“, handelt es sich auch nicht um eine irreführende Abweichung vom Gesetzeswortlaut. Die Verwendung des an dieser Stelle nicht im Gesetz genannten Begriffs „übermitteln“ ist nicht missverständlich, sondern gibt den Sinn des Wortes „einzureichen“ wieder.

     

    Entgegen der Ansicht der Steuerpflichtigen musste die Belehrung nicht den klarstellenden Hinweis enthalten, dass der Beteiligte den Einspruch auch per E-Mail einlegen kann. Denn bei Angaben in der Rechtsbehelfsbelehrung, die nicht Pflichtangaben sind, sind keine höheren Anforderungen an die Detailliertheit zu stellen als bei solchen Angaben, die notwendiges Element der Rechtsbehelfsbelehrung sind. Wenn es bezüglich der Frist (Pflichtangabe) ausreicht, den Wortlaut der einschlägigen Bestimmung wiederzugeben, muss dies erst recht gelten, wenn Angaben zur Form gemacht werden, die schon dem Grunde nach nicht zwingende Bestandteile der Rechtsbehelfsbelehrung sind.

     

    Einem Bescheidempfänger, der darüber informiert worden ist, dass er den Einspruch „schriftlich, elektronisch oder zur Niederschrift“ einlegen kann, ist es im Rahmen seiner Mitverantwortung ohne Weiteres zumutbar, sich die erforderliche Klarheit über den Begriff „elektronisch“ zu verschaffen. Erforderlichenfalls ist er gehalten, Rechtsrat einzuholen oder bei der Familienkasse nachzufragen.

     

    Fundstelle

    Quelle: Ausgabe 01 / 2024 | Seite 1 | ID 49813996

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