§ 2 EStG – Vorschrift zur Mindest-besteuerung verletzt die Normenklarheit
Nach § 2 Abs. 3 EStG wurde der Verlustausgleich zwischen den einzelnen Einkunftsarten oberhalb von 51.500 EUR in den Jahren 1999 bis 2003 eingeschränkt. Mehrere Finanzgerichte sowie der BFH äußerten bereits verfassungsrechtliche Bedenken, weil einem Steuerpflichtigen von seinem Einkommen nach Steuern so viel verbleiben muss, dass ihm die Bestreitung seines Existenzminimums möglich ist. Dies gilt zumindest bei echten Mietverlusten oder negativen gewerblichen Einkünften.
In einem weiteren Beschluss hat der BFH nun einen neuen Aspekt aufgeworfen und hierzu das BVerfG zur Entscheidung angerufen. Er hält die Mindestbesteuerung wegen Verletzung des Grundsatzes der Normenklarheit aus Art. 20 Abs. 3, 19 Abs. 4 GG bereits vom Grunde her für verfassungswidrig. Dies resultiert daraus, dass die Vorschrift unverständlich, teilweise sogar unzutreffend, unvollständig, widersprüchlich und rechtssystematisch irreführend ist. Sie darf daher nicht angewandt werden. Denn aus rechtsstaatlichen Gründen muss ein Steuerpflichtiger auch ohne Expertenwissen anhand der Regelung die Rechtslage so erkennen, dass er sein Verhalten danach ausrichten kann. Das ist bei § 2 Abs. 3 EStG nicht der Fall. Der BFH hält die Gesetzeslage selbst für den Fachmann nicht mehr für hinreichend verständlich.
Praxishinweis: Über die sonstigen Streitpunkte zur Mindeststeuer aufgrund mehrerer anhängiger Revisionen brauchte der BFH nicht mehr zu entscheiden. Das gilt zum Beispiel für den Verstoß gegen die Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit, die Eigentumsgarantie und den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Steuerfreistellung des Existenzminimums. Sollte die Vorschrift ohnehin grundsätzlich gegen die Normenklarheit im GG verstoßen, würde sie auch bei Verlustzuweisungen und anderen „unechten“ negativen Einkünften nicht mehr wirken. Bescheide für 1999 bis 2003 sind offen zu halten. Die Verwaltung gewährt Aussetzung der Vollziehung, derzeit aber nur in Hinsicht auf normale negative Einkünfte. Da insbesondere für das Jahr 1999 Verjährung droht, sind entsprechende Anträge zeitig vorzunehmen.
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