§ 3 EStG - Ist die steuerfreie Abgeordnetenpauschale verfassungsgemäß?
Da Steuerpflichtigen kein Pauschbetrag für Werbungskosten oder Betriebsausgaben in Höhe der steuerfreien Aufwandsentschädigung für Bundestagsabgeordnete gewährt wird, ergehen seit April 2005 Einkommensteuer- und Feststellungsbescheide insoweit nur noch vorläufig. Nun kommt Bewegung in den zugrunde liegenden Sachverhalt, denn das BMF wird in mehreren Revisionsverfahren zum Beitritt aufgefordert. Da die Voraussetzungen und Grenzen für steuerfreie Aufwandspauschalen nur vorliegen, wenn sie dem Ausgleich von wirklich entstandenem Erwerbsaufwand dienen, hat der BFH verfassungsrechtliche Bedenken und dies gleich aus mehreren Gründen:
- Es fehlen Erfahrungswerte, woraus sich ein jährlicher Erwerbsaufwand in Höhe der Kostenpauschale von 43.764 EUR ergibt.
- Abgeordnete erhalten auch noch weitere Erstattungen, etwa nachgewiesene Flug- und Fahrtkosten. Daher ist zu klären, welcher Aufwand durch die steuerfreie Pauschale abgedeckt werden soll.
- Zudem ist die Pauschale an die Lebenshaltungskosten indexiert, was es ansonsten im Steuerrecht nicht gibt. Vielmehr wurde die Arbeitnehmerpauschale sogar gesenkt.
- Berücksichtigt werden auch Repräsentations- und Bewirtungskosten, die in anderen Fällen nur gegen Nachweis und beschränkt abziehbar sind.
- Hinzu kommt die privilegierte Behandlung von Verpflegungsmehraufwand sowie der privaten Nutzung gestellter Beförderungsmittel, die anderen Bürgern nicht zusteht.
- Die Abgeordnetenpauschale wird auch in Fällen der Beurlaubung oder Arbeitsunfähigkeit in ungekürzter Höhe gewährt. In solchen Fällen kommt es aber typischerweise nicht zu entsprechend hohem Erwerbsaufwand.
- Zu klären ist auch die besondere Bedeutung, dass die gleichheitswidrig bevorzugte Gruppe als Gesetzgeber diese Begünstigung selbst für sich geschaffen hat.
Das BVerfG hatte in Hinsicht auf die ehemalige steuerfreie Stellenzulage für Beamten mit Einsatz in den neuen Bundesländern bereits einen Verfassungsverstoß gesehen, obwohl es hier um geringere Beträge ging. Danach ist eine steuerfreie Aufwandspauschale lediglich dann mit dem Gleichheitssatz aus Art. 3 GG vereinbar, wenn die Steuerfreiheit nur Bezüge zum Ausgleich von einkommensteuerlich absetzbarem und wirklich entstandenem Erwerbsaufwand erfasst.
Praxishinweis: Allerdings wird Karlsruhe wohl nicht alle Steuerpflichtigen für die Vergangenheit mit Abgeordneten gleichstellen. Realistischer ist hier eine Neuregelung für die Zukunft, so wie es bei der unterschiedlichen Behandlung von Rentnern und Pensionären über das Alterseinkünftegesetz gekommen ist. Bei nicht vorläufigen Bescheiden sollte jedoch der entsprechende Vermerk über einen Einspruch oder einen Antrag auf schlichte Änderung nachgeholt werden.
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