AO - Korrektur bestandskräftiger Urteile nach geänderter EuGH-Rechtsprechung
Eine Verwaltungsbehörde ist auf Antrag hin verpflichtet, eine bestandskräftige Entscheidung erneut zu überprüfen, wenn sich diese nach einem später ergangenen EuGH-Urteil als falsche Auslegung des EU-Rechts erweist. Zeitlich ist dieser Antrag auf Überprüfung nach Bestandskraft durch das Gemeinschaftsrecht nicht beschränkt. Allerdings können die Mitgliedstaaten aus Gründen der Effektivität angemessene Rechtsbehelfsfristen festlegen. Diesen bereits 2004 aufgestellten Grundsatz, wonach bestandskräftige Verwaltungsentscheidungen überprüft und korrigiert werden müssen, hat der EuGH nun auf Vorlage des FG Hamburg präzisiert. Hiernach müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
- Das bestandskräftig gewordene Urteil beruht auf falscher Auslegung des Gemeinschaftsrechts.
- Vor dem Urteil wurde der EuGH nicht um Vorabentscheidung ersucht.
- Die Entscheidung in letzter Instanz ist bestandskräftig geworden.
- Die Behörde ist nach nationalem Recht befugt, ihre Entscheidung zurückzunehmen.
- Der Betroffene wendet sich unmittelbar nach Kenntnis des EuGH-Urteils gegen die Verwaltungsbehörde.
Praxishinweis: Es ist hingegen nicht notwendig, dass der Betroffene die unrichtige Auslegung des EU-Rechts zuvor beim inländischen Gericht gerügt hat. Denn Bürgern kann nicht als Fehler angelastet werden, wenn selbst die nationalen Gerichte die Bedeutung einer gemeinschaftsrechtlichen Zweifelsfrage übersehen haben.
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