ErbStG, EStG - Doppelerfassung von am Todestag aufgelaufenen Zinsen ist zulässig
Gehören zu einem Nachlass festverzinsliche Wertpapiere, sind die bis zum Tod des Erblassers angefallenen noch nicht fälligen Zinsansprüche als erbschaftsteuerlicher Erwerb anzusetzen. Dies erfolgt nach einem aktuellen Urteil des BFH mit dem Nennwert der Anleihen, ohne dass es zum Abzug der beim Erben anfallenden Kapitalertragsteuer als Nachlassverbindlichkeit kommt. Der Abzug von Schulden setzt nämlich voraus, dass sie am Todestag rechtlich bestehen und den Erben wirtschaftlich belasten. Sind Zinsen zum Todeszeitpunkt noch nicht zugeflossen, besteht an diesem Stichtag keine Einkommensteuerschuld des Erblassers, auch wenn die bis dahin angefallenen Stückzinsen auf seinem Kapital und seiner Anlageentscheidung beruhen. Der Einkommensteuertatbestand wird erst mit Zufluss der Zinsen beim Erben verwirklicht.
Gleichzeitig gelten die zugeflossenen Zinsen in voller Höhe als Kapitaleinnahmen. Diese Doppelbelastung mit Einkommen- und Erbschaftsteuer ist in Kauf zu nehmen. Beide Abgabearten greifen auf verschiedene Steuerobjekte zu und belasten entweder den Vermögensanfall durch Erbschaft oder das Einkommen beim Erben. Die künftige Einkommensteuer trifft den Rechtsnachfolger dabei nicht in seiner Eigenschaft als Bedachter, sondern als Einkommensbezieher und richtet sich demgemäß allein nach den für ihn geltenden Merkmalen. Auch unter dem Gesichtspunkt einer Übermaßbesteuerung ergibt sich keine Notwendigkeit zu einem Abzug der latenten Einkommensteuerlast als Nachlassverbindlichkeit.
Hinweis: Ab 2009 verringert § 35b EStG eine Doppelbelastung für fünf Jahre ab dem Erbfall, indem es auf Antrag eine Steuerermäßigung gibt. Dies gilt aber nicht für Kapitaleinnahmen, da diese keine tariflichen Steuern sind. Somit findet § 35b EStG keine Anwendung.
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