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  • Steuerliche Nebenkosten: Verspätungs-, Säumniszuschläge und Zinsen

    Steuerzahlungen sind ein unvermeidbares Ärgernis. Noch ärgerlicher ist, wenn neben der eigentlichen Steuerzahlung diverse steuerliche Nebenleistungen zu entrichten sind. § 3 Abs. 4 der AO listet die verschiedenen steuerlichen Nebenleistungen auf. Die drei wichtigsten sind Verspätungszuschläge, Säumniszuschläge und Zinsen.  

     

    Verspätungszuschläge

     

    Die Verspätungszuschläge sind in § 152 AO geregelt und sollen insbesondere die rechtzeitige Abgabe von Steuererklärungen sicherstellen. Sie sind keine Strafe für vergangene Versäumnisse, sondern vielmehr ein Druckmittel. Bei der Festsetzung eines Zuschlags soll immer auch der „erzieherische Zweck“ im Vordergrund stehen.  

     

    Ein Verspätungszuschlag ist nur zulässig, wenn die folgenden drei Voraussetzungen erfüllt sind:  

     

    • Nichtabgabe oder verspätete Abgabe,
    • der Steuererklärung oder einer gleichgestellten Erklärung und
    • durch ein Verschulden des Steuerpflichtigen.

     

    Die Einkommensteuererklärungen 2010 müssen grundsätzlich bis zum 31.5.2011 eingereicht werden. Wenn die Erklärung von einem Steuerberater angefertigt wird, verlängert sich die Frist auf den 31.12.2011. Aufgrund begründeter Anträge kann die Frist in Einzelfällen bis zum 29.2.2012 verlängert werden.  

     

    Praxishinweis: Eine nicht unterschriebene Einkommensteuererklärung steht einer nicht abgegebenen Erklärung gleich und kann somit zur Festsetzung von Verspätungszuschlägen führen!  

     

    Ein Verspätungszuschlag ist nur bei verspäteter Abgabe einer Steuererklärung oder gleichgestellten Erklärung zulässig. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass der Verspätungszuschlag nicht festgesetzt werden darf, wenn andere Unterlagen oder Auskünfte verspätet beim Finanzamt abgegeben werden. Zudem erfordert die Festsetzung des Verspätungszuschlags, dass der Steuerpflichtige schuldhaft die Abgabefrist versäumt. So kann zum Beispiel Krankheit einen Entschuldigungsgrund darstellen. Aber Vorsicht: Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen steht eigenem Verschulden gleich!  

     

    Die Festsetzung des Verspätungszuschlags ist eine „Ermessensentscheidung“ des Finanzamts. Das heißt, das Finanzamt entscheidet, ob und in welcher Höhe der Verspätungszuschlag festgesetzt wird. Hierbei hat das Finanzamt unter anderem die Höhe des Zahlungsanspruchs, die Dauer der Fristüberschreitung und den Grad des Verschuldens zu berücksichtigen. Darüber hinaus bestehen zwei gesetzliche Höchstgrenzen, die die Steuerpflichtigen vor unangemessen (zu) hohen Verspätungszuschlägen bewahren. So darf der Verspätungszuschlag:  

     

    • nicht mehr als 10 % der festgesetzten Steuer (relative Höchstgrenze) oder
    • nicht mehr als 25.000 EUR (absolute Höchstgrenze) betragen.

     

    Die relative Höchstgrenze bewirkt zum Beispiel, dass bei einer festgesetzten Steuer von 0 EUR kein Verspätungszuschlag anfällt. Die gesetzliche Höchstgrenze von 25.000 EUR ist nur in Ausnahmefällen von Bedeutung. So ist im Anwendungserlass zur AO geregelt, dass eine Festsetzung über 5.000 EUR nur in Betracht kommt, wenn sonst der entstandene Zinsvorteil des Steuerpflichtigen nicht ausreichend kompensiert würde.  

     

    Die Festsetzung eines Verspätungszuschlags ist ein eigenständiger Verwaltungsakt. Er kann innerhalb der Einspruchsfrist mittels Einspruch angefochten werden. Nach Ablauf der Einspruchsfrist kann eine Änderung des Verspätungszuschlags auf Basis des § 129 AO oder gemäß §§ 130, 131 AO erfolgen. Darüber hinaus kann ein Antrag auf Erlass des Zuschlags nach § 227 AO gestellt werden.  

     

    Praxishinweis: Um unnötige Kosten und Arbeitsaufwand zu vermeiden, sollte vor Ablauf einer Frist ein Antrag auf Fristverlängerung gestellt werden. Oft genügt ein Anruf beim zuständigen Finanzamt.  

     

    Säumniszuschläge

     

    Ein Säumniszuschlag fällt an, wenn eine festgesetzte Steuer nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstags gezahlt wurde. Er dient demnach als Druckmittel für eine pünktliche Zahlung und gleichzeitig als Ausgleich für den durch die spätere Zahlung erlangten Zinsvorteil.  

     

    Säumniszuschläge sind in § 240 AO geregelt. Sie unterscheiden sich insbesondere von den bereits vorgestellten Verspätungszuschlägen, da sie unmittelbar kraft Gesetz entstehen. Das heißt, das Finanzamt hat keinen Ermessensspielraum, ob und in welcher Höhe sie festgesetzt werden. Ein weiterer Unterschied zu den Verspätungszuschlägen ist, dass Säumniszuschläge unabhängig davon entstehen, ob den Steuerpflichtigen ein Verschulden trifft oder nicht. Damit Säumniszuschläge entstehen, müssen die folgenden drei Voraussetzungen erfüllt sein:  

     

    • Erste Bedingung für die Entstehung von Säumniszuschlägen ist, dass eine Steuer festgesetzt oder angemeldet wurde.

     

    • Darüber hinaus können Säumniszuschläge erst entstehen, wenn die Steuerschuld fällig ist. Beispielsweise ist die Einkommensteuerabschlusszahlung einen Monat nach Bekanntgabe des Bescheids fällig.

     

    • Letzte Bedingung ist, dass die Steuerschuld nicht beglichen wurde.

     

    Beachte: Da andere steuerliche Nebenleistungen (z.B. Verspätungszuschläge oder Zinsen) keine Steuern darstellen, kann bei einer verspäteten Zahlung hierauf kein Säumniszuschlag erhoben werden.  

     

    Praxishinweis: Wird die Steuerschuld mittels Überweisung beglichen, besteht für den Steuerpflichtigen eine Schonfrist von drei Tagen, bis das Geld beim Finanzamt eingegangen sein muss.  

     

    Beispiel

    Die Einkommensteuerabschlusszahlung für den Veranlagungszeitraum 2010 ist am 11.7.2011 fällig. Die Begleichung der Steuerschuld geschah mittels Überweisung. Der Zahlungseingang beim Finanzamt erfolgte jedoch erst am 14.7.2011. In diesem Fall ist der Säumniszuschlag zwar entstanden, wird aber aufgrund der dreitägigen Schonfrist nicht erhoben.  

     

    Der Säumniszuschlag beträgt für jeden angefangenen Monat der Säumnis 1 % der rückständigen Steuerschuld. Bei der Berechnung des Säumniszuschlags wird die Steuerschuld auf volle 50 EUR abgerundet.  

     

    Beispiel

    Die 2010er Einkommensteuernachzahlung des A in Höhe von 6.320 EUR ist am 8.8.2011 fällig. Der Zahlungseingang beim Finanzamt erfolgt jedoch erst am 3.11.2011. Der erste Monat der Säumnis beginnt am 9.8.2011 und endet am 8.9.2011. Der zweite Säumnismonat läuft vom 9.9.2011 bis 8.10.2011 und der dritte vom 9.10.2011 bis zum Zahlungseingang am 3.11.2011.  

     

    Die Steuerschuld wird zunächst auf 6.300 EUR abgerundet. Hierauf fallen dann drei Prozent (ein 1 % pro Monat) Säumniszuschläge an. Der Säumniszuschlag beträgt somit 189 EUR (6.300 EUR x 3 %).  

     

    Bei der Berechnung der Zahlungsfristen sind die allgemeinen Regelungen für Fristberechnungen zu beachten. Würde zum Beispiel die Zahlungsfrist an einem Samstag, Sonntag oder Feiertag enden, verlängert sie sich automatisch auf den nächsten Werktag.  

     

    Praxishinweis: Ist eine Steuerfestsetzung erfolgt und fehlt die nötige Liquidität, kann durch einen Antrag auf Stundung (§ 222 AO) eventuell die Zahlungsverpflichtung herausgeschoben werden.  

     

    Bei der Festsetzung des Säumniszuschlags wird das Verschulden des Steuerpflichtigen außer Acht gelassen. Aus diesem Grund bietet sich für die nachträgliche Korrektur des festgesetzten Säumniszuschlags ein Erlassantrag nach § 227 AO an. Die für einen Erlassantrag notwendige „Unbilligkeit“ kann auf ein offensichtliches Versehen oder eine plötzliche Erkrankung eines ansonsten pünktlichen Steuerzahlers gestützt werden.  

     

    Praxishinweis: Soll gegen einen Säumniszuschlag mittels Einspruch vorgegangen werden, muss zunächst ein Abrechnungsbescheid beantragt werden. Gegen diesen Abrechnungsbescheid kann dann innerhalb eines Monats Einspruch eingelegt werden.  

     

    Zinsen

     

    Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis werden nur verzinst, wenn dies gesetzlich vorgeschrieben ist. Die Verzinsung von Steuern ist somit im Wesentlichen auf die folgenden Tatbestände beschränkt:  

     

    • Erstattungs- oder Nachzahlungszinsen (§ 233a AO),

     

    Praxishinweis: Zinsen werden, wie alle steuerlichen Nebenleistungen, nicht verzinst. Es entsteht somit kein Zinseszinseffekt.  

     

    Die steuerliche Verzinsung erfolgt nicht mittels eines variablen Marktzinssatzes, sondern unter Verwendung eines typisierten Zinssatzes von 0,5 % je vollen Monat des Zinslaufs. Der zu verzinsende Anspruch ist auf volle 50 EUR abzurunden. Zinsen unter 10 EUR werden nicht erhoben (Kleinbetragsregelung).  

     

    Zinsen werden durch einen schriftlichen Zinsbescheid festgesetzt. Gegen den Zinsbescheid kann innerhalb eines Monats Einspruch eingelegt und Aussetzung der Vollziehung beantragt werden. Für eine Korrektur nach Ablauf der Einspruchsfrist sind die für Steuerbescheide geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden.  

     

    Die Zinsen mit der größten Praxisrelevanz sind zweifellos die Erstattungs- bzw. Nachzahlungszinsen. Gemäß § 233a AO beginnt der Zinslauf 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist. Der Zinslauf endet mit Ablauf des Tages, an dem die Steuerfestsetzung wirksam wird, d.h. mit Bekanntgabe des Bescheids. Nach § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO gilt der Steuerbescheid 3 Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben.  

     

    Beispiel

    Der 2008er Einkommensteuerbescheid eines selbstständigen Physiotherapeuten wird am 15.4.2011 bekannt gegeben und weist eine Steuernachzahlung von 8.260 EUR aus.  

     

    Die Einkommensteuer entsteht mit Ablauf des jeweiligen Voranmeldezeitraums, d.h., die 2008er Einkommensteuer entsteht am 31.12.2008. Die Karenzzeit von 15 Monaten endet am 31.3.2010. Der Zinslauf beginnt dementsprechend am 1.4.2010 und endet mit Bekanntgabe des Bescheids am 15.4.2011. Die Verzinsung umfasst demnach 12 volle Monate. Die Steuernachzahlung wird auf 8.250 EUR (volle 50 EUR) abgerundet. Die Nachzahlungszinsen betragen somit 495 EUR (8.250 EUR x 0,5 x 12).  

     

    Die ertragsteuerliche Behandlung der Zinsen richtet sich nach den zugrunde liegenden Steuern. Bei der Einkommensteuer ist folgende Zweiteilung bemerkenswert:  

     

    • Nachzahlungszinsen können nicht steuerlich geltend gemacht werden.
    • Erstattungszinsen sind zu versteuern (Einkünfte aus Kapitalvermögen).

     

    Praxishinweis: Zur ertragsteuerlichen Behandlung von Erstattungszinsen auf Einkommensteuerfestsetzungen ist aktuell ein Revisionsverfahren beim BFH anhängig (VIII R 1/11).  

     

    Hintergrund zum aktuellen Revisionsverfahren: Der BFH (15.6.2010, VIII R 33/07) hat entschieden, dass Erstattungszinsen nicht zu versteuern sind. Der Gesetzgeber hat auf das Urteil reagiert und im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2010 rückwirkend „klargestellt“, dass die Erstattungszinsen als Einnahmen aus Kapitalvermögen zu erfassen sind. In einem aktuellen Urteil des FG Münster (16.12.2010, 5 K 3626/03 E) wurde die Rechtmäßigkeit überprüft. Das Gericht kam zu der Erkenntnis, dass sowohl die rückwirkende Änderung des Gesetzes bzw. die „Klarstellung“ als auch die Ungleichbehandlung von Erstattungs- und Nachzahlungszinsen nicht zu beanstanden sind. Gegen das Urteil wurde Revision zum BFH zugelassen (siehe obiges Aktenzeichen).  

     

    Praxishinweis: Eine Möglichkeit zur Vermeidung bzw. Reduzierung von Nachzahlungszinsen ist die Anpassung der Vorauszahlungen. So ist es möglich, vor Einreichung der Steuererklärung einen Antrag auf nachträgliche Erhöhung der Vorauszahlungen zu stellen, um auf diese Weise die zu verzinsende Nachzahlung zu reduzieren.  

     

    Quelle: Ausgabe 06 / 2011 | Seite 392 | ID 145057