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  • · Nachricht · § 16 EStG

    Realteilung bei Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern

    | Bislang war eine gewinnneutrale Realteilung (§ 16 Abs. 3 Satz 2 EStG) bei Ausscheiden eines Gesellschafters unter Erhalt von in sein Betriebsvermögen überführte Einzelwirtschaftsgüter ausgeschlossen. Der BFH hat nun jedoch entschieden, dass eine Realteilung in allen Fällen der Sachwertabfindung eines ausscheidenden Gesellschafters (auch bei Erhalt von Einzelwirtschaftsgütern) vorliegt, wenn er die erhaltenen Wirtschaftsgüter weiter als Betriebsvermögen verwendet. Außerdem hat er in einer weiteren Entscheidung klargestellt, dass der Auflösung einer Gesellschaft mit anschließender Verteilung der Wirtschaftsgüter des Gesellschaftsvermögens unter den Gesellschaftern das Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer fortbestehenden Gesellschaft gleichgestellt wird. Bei dem ersten Fall handelt es sich um eine „echte Realteilung“ im Sinne von § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG, beim Ausscheiden aus einer fortbestehenden Gesellschaft gegen Abfindung mit Gesellschaftsvermögen liegt eine „unechte Realteilung“ vor. |

     

    Realteilung bei Ausscheiden aus Gesellschaft auch bei Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern (IV R 11/15)

    Im ersten Fall (BFH IV R 11/15) hatte ein Gesellschafter seinen Anteil an einer KG zunächst in eine neu gegründete Ein-Mann-GmbH & Co. KG eingebracht. Diese schied dann sogleich unter demselben Datum aus der KG aus. Zur Abfindung erhielt die ausscheidende neue Gesellschaft alle Wirtschaftsgüter eines nicht als Teilbetrieb organisierten Geschäftsbereichs der KG, den sie anschließend fortführte. Der BFH entschied, dass es sich um eine gewinnneutrale unechte Realteilung handelt, mit der Folge, dass die Wirtschaftsgüter zu Buchwerten übernommen wurden.

     

    Bereits mit Urteil vom 17.9.2015 (III R 49/13, BStBl II 2017, 37) hatte der BFH das Ausscheiden aus einer Personengesellschaft gegen eine aus einem Teilbetrieb bestehende Abfindung nicht als Veräußerung, sondern als Aufgabe des Mitunternehmeranteils nach § 16 Abs. 3 Satz 1 Alternative 1 EStG behandelt und darauf die Regelungen über die Realteilung angewendet. Dabei hatte er noch ausdrücklich offengelassen, ob die von ihm entwickelten Grundsätze auch auf das Ausscheiden gegen Mitnahme von Einzelwirtschaftsgütern zu übertragen sind.

     

    Diese Frage hat der BFH nun erwartungsgemäß bejaht. Nicht nur bei Sachwertabfindungen mit Teilbetrieben oder Mitunternehmeranteilen, sondern in allen Fällen einer Sachwertabfindung ist das Ausscheiden des Mitunternehmers als Aufgabe seines Mitunternehmeranteils zu behandeln. Nach Auffassung des BFH betrifft § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG Realteilungen mit Teilbetrieben, Mitunternehmeranteilen und einzelnen Wirtschaftsgütern gleichermaßen. Soweit für die Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter im Rahmen einer Realteilung besondere Bedingungen gelten sollen, sind diese allein in § 16 Abs. 3 Sätze 3 und 4 EStG geregelt. § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG findet auf diese Vorgänge keine Anwendung, denn selbst wenn die dortige Voraussetzung einer Minderung von Gesellschaftsrechten auch den Fall des Ausscheidens aus der Personengesellschaft umfassen sollte, wäre die Regelung in § 16 Abs. 2 und Abs. 3 EStG die speziellere, weil genau auf den Fall des Ausscheidens bezogene Norm.

     

    Echt und unechte Realteilung (IV R 31/14)

    Der Streitfall IV R 31/14 betraf einen Fall, in dem eine von Vater und Sohn betriebene GmbH & Co. KG aufgelöst worden war. Von den Wirtschaftsgütern des Gesellschaftsvermögens erhielt der Vater nur einen geringen Teil, während der Sohn mit dem wesentlichen Teil des ehemaligen Gesellschaftsvermögens weiter allein betrieblich tätig blieb. Das FA vertrat die Auffassung, dass eine gewinnneutrale Realteilung nicht vorliegt, weil die betriebliche Tätigkeit fortgesetzt worden sei. Der BFH stützte sich demgegenüber darauf, dass die Tätigkeit der Gesellschaft infolge ihrer Auflösung und Vollbeendigung eingestellt worden sei und deshalb eine echte gewinnneutrale Realteilung stattgefunden habe.

     

    Nach neuerer Rechtsprechung des BFH finden die Regelungen über die Realteilung (§ 16 Abs. 3 Sätze 2 bis 4 EStG) sowohl bei Auflösung der Mitunternehmerschaft und Verteilung des Betriebsvermögens („echte Realteilung“) als auch dann Anwendung, wenn (mindestens) ein Mitunternehmer unter Mitnahme von mitunternehmerischem Vermögen aus einer zwischen den übrigen Mitunternehmern fortbestehenden Mitunternehmerschaft ausscheidet („unechte Realteilung“). Ob im Einzelfall eine echte oder eine unechte Realteilung vorliegt, richtet sich also danach, ob die Mitunternehmerschaft aufgelöst wird (echte Realteilung) oder ob sie fortbesteht und nur (mindestens) ein Mitunternehmer unter Mitnahme von mitunternehmerischem Vermögen ausscheidet (unechte Realteilung).

     

    Die Anwendung der Realteilungsgrundsätze setzt nicht voraus, dass alle Mitunternehmer die ihnen jeweils zugeteilten Teilbetriebe, Mitunternehmeranteile oder einzelnen Wirtschaftsgüter ausnahmslos in ein eigenes Betriebsvermögen übertragen. Vielmehr ist insoweit eine personen- und objektbezogene Betrachtung erforderlich. Ausreichend ist danach, dass jedenfalls einer der Realteiler eine der ihm zugeteilten Betriebsgrundlagen in ein eigenes Betriebsvermögen übernimmt, wobei es sich insoweit auch um sein Sonderbetriebsvermögen bei einer anderen Mitunternehmerschaft handeln kann. Die steuerneutrale Buchwertfortführung soll dem einzelnen Realteiler (personenbezogen) zugutekommen, der das im Rahmen der Realteilung erhaltene Betriebsvermögen in einem anderen eigenen Betriebsvermögen weiternutzt und so sein unternehmerisches Engagement in anderer Form fortsetzt. Der Aufschub der Versteuerung anlässlich einer Betriebsaufgabe an sich aufzudeckender stiller Reserven soll andererseits (objektbezogen) nur insoweit erfolgen, als das erhaltene Betriebsvermögen tatsächlich in einem anderen eigenen Betriebsvermögen weitergenutzt wird. Soweit das nicht der Fall ist, werden die in den Wirtschaftsgütern ruhenden stillen Reserven durch Ansatz der gemeinen Werte nach § 16 Abs. 3 Satz 7 EStG aufgedeckt. Auf der Ebene der Gesellschaft entsteht insoweit ein Aufgabegewinn, der den einzelnen Realteilern entsprechend der allgemeinen Gewinnverteilungsquote zugerechnet wird.

     

    PRAXISHINWEIS | Die neue Sichtweise des BFH zur steuerneutralen Abfindung mit Einzelwirtschaftsgütern korrespondiert nicht mit der langjährigen Verwaltungsmeinung (BMF 20.12.16, IV C 6 S 2242/07/10002:004, BStBl I 17, 36), wonach eine Gewinnneutralität nur dann zu gewähren ist, wenn der ausscheidende Gesellschafter einen Teilbetrieb oder einen Mitunternehmeranteil erhält. Es bleibt daher abzuwarten, wie die Finanzverwaltung auf die neue Rechtsprechung des BFH reagieren wird.

     

    Fundstellen

    Quelle: ID 44833129