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  • · Fachbeitrag · §§ 10, 31, 32 EStG

    Steuerliche Entlastung alleinerziehender Eltern im paritätischen Wechselmodell

    Kinderbetreuungskosten können nur bei demjenigen steuermindernd als Sonderausgaben (§ 10 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 EStG) berücksichtigt werden, der sie getragen hat. Die alleinige Zuordnung des Entlastungsbetrags für Alleinerziehende zu lediglich einem Elternteil verstößt auch im Falle des paritätischen Wechselmodells nicht gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes. Bei nicht zusammen zur Einkommensteuer veranlagten Eltern wird im Rahmen der nach § 31 Satz 4 EStG durchzuführenden Günstigerrechnung bei jedem Elternteil der Kindergeldanspruch im Umfang des bei ihm zu berücksichtigenden Kinderfreibetrags angesetzt, unabhängig davon, ob der jeweilige Elternteil die tatsächliche Verfügungsmacht über das Kindergeld erlangt hat.

     

    Sachverhalt

    Im Streitfall ging es um die steuermindernde Berücksichtigung eines Entlastungsbetrags für Alleinerziehende gemäß § 24b EStG, des Sonderausgabenabzugs von Kinderbetreuungskosten (§ 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG) und des einfachen Kinderfreibetrags gemäß § 32 Abs. 6 Satz 1 EStG bei der Einkommensteuerveranlagung des ledigen Steuerpflichtigen.

     

    Bis zum 5.9.2015 unterhielt der Steuerpflichtige mit seinem Kind und dessen Mutter einen gemeinsamen Hausstand. Danach zog die Mutter aus der gemeinsamen Wohnung aus. Das Kind blieb beim Steuerpflichtigen gemeldet und wurde zusätzlich mit Wohnsitz bei der Kindsmutter gemeldet. Es lebte in der Zeit von September bis Dezember 2015 wechselseitig eine Woche bei seiner Mutter und eine Woche beim Steuerpflichtigen. Die Beteiligten praktizierten das sogenannte paritätische Wechselmodell.

     

    Mit der Einkommensteuererklärung beantragte der Steuerpflichtige für 2015 die Gewährung eines hälftigen Entlastungsbetrags für Alleinerziehende (§ 24b EStG) für vier Monate (September bis Dezember 2015). Außerdem machte er Aufwendungen für Kinderbetreuung (Kindergarten- und Hortgebühren) als Sonderausgaben gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG geltend. Das FA veranlagte ihn ohne Berücksichtigung des Entlastungsbetrags für Alleinerziehende und der Kinderbetreuungskosten. So sah das letztlich auch der BFH.

     

    Entscheidung

    Kinderbetreuungskosten

    Der BFH entschied, dass dem Steuerpflichtigen kein Sonderausgabenabzug für Kinderbetreuungskosten gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG zustand, da er keine Kinderbetreuungskosten getragen hatte. Denn nach § 10 Abs. 1 Nr. 5 Satz 4 EStG ist Voraussetzung für den Abzug der Aufwendungen nach Satz 1, dass der Steuerpflichtige für die Aufwendungen eine Rechnung erhalten hat und die Zahlung auf das Konto des Erbringers der Leistung erfolgt ist. Als Beleg für eine hälftige Kostentragung ist der Vortrag, der andere Elternteil habe das volle Kindergeld erhalten, für sich genommen jedoch nicht ausreichend. Vielmehr obliegt es demjenigen, der den Sonderausgabenabzug geltend macht, substanziiert vorzutragen und gegebenenfalls nachzuweisen, in welchem Umfang er tatsächlich Aufwendungen für die Betreuung des Kindes getragen hat. Wenn er sich auf eine Aufrechnung beruft, muss er darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass er zur Aufrechnung berechtigt war und diese erklärt hat.

     

    Im Streitfall hatte die Kindsmutter die Aufwendungen für die Dienstleistungen zur Betreuung des Kindes allein getragen. Dem Steuerpflichtigen steht somit kein Sonderausgabenabzug in Höhe der hälftigen Aufwendungen für die Betreuungsdienstleistungen zu.

     

    Entlastungsbetrag für Alleinerziehende

    Dem Steuerpflichtigen stand auch kein (hälftiger) Entlastungsbetrag für Alleinerziehende nach § 24b EStG zu. Die im Rahmen der Vorschrift erforderliche Zugehörigkeit zum Haushalt ist nach § 24b Abs. 1 Satz 2 EStG anzunehmen, wenn das Kind in der Wohnung des alleinstehenden Steuerpflichtigen gemeldet ist. Erfüllen bei annähernd gleichwertiger Haushaltsaufnahme des Kindes beide Elternteile die Voraussetzungen für den Abzug des Entlastungsbetrags nach § 24b EStG, ist für die Entscheidung, wem dieser zusteht, in analoger Anwendung des § 64 Abs. 2 Satz 2 EStG grundsätzlich vorrangig den Berechtigten die Bestimmung zu überlassen, wer von ihnen den Entlastungsbetrag erhalten soll, unabhängig davon, an welchen Berechtigten das Kindergeld ausgezahlt wird.

     

    Treffen die Berechtigten hinsichtlich des Entlastungsbetrags nach § 24b EStG keine Bestimmung untereinander, steht der Entlastungsbetrag demjenigen zu, an den das Kindergeld gezahlt wird. Aus der Konkurrenzregelung des § 24b Abs. 1 Satz 3 EStG ergibt sich, dass der Entlastungsbetrag wegen desselben Kindes für denselben Monat nur einem Berechtigten gewährt wird, auch wenn mehrere Berechtigte die Voraussetzungen für seine Gewährung erfüllen; eine Aufteilung ist nicht vorgesehen.

     

    Die alleinige Zuordnung des Entlastungsbetrags für Alleinerziehende zu lediglich einem Elternteil verstößt im Falle des paritätischen Wechselmodells (bei annähernd gleichwertiger Haushaltsaufnahme des Kindes in beide Haushalte) auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Dass der Sachverhalt der annähernd gleichwertigen Haushaltsaufnahme in die Haushalte beider Elternteile nicht zu einer Aufteilung des Entlastungsbetrags führt, ist vielmehr durch Typisierungs- und Vereinfachungserfordernisse sachlich gerechtfertigt.

     

    Gemäß § 24b Abs. 1 Satz 3 i. V. m. § 64 Abs. 2 Satz 1 EStG stand im Streitfall der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende der vorrangig kindergeldberechtigten Kindsmutter zu, die die Tatbestandsvoraussetzungen unstreitig erfüllte. Der Steuerpflichtige und die Kindsmutter hatten nicht analog § 64 Abs. 2 Satz 2 EStG bestimmt, dass der Steuerpflichtige den Entlastungsbetrag erhalten sollte.

     

    Kinderfreibetrag

    Im Streitfall stand dem Steuerpflichtigen auch der einfache Kinderfreibetrag nach § 32 Abs. 6 Satz 1 EStG nicht zu. Bei der Günstigerprüfung des § 31 Satz 4 EStG ist der Unterschiedsbetrag zwischen der Einkommensteuer (Jahressteuer) auf das Einkommen i. S. d. § 2 Abs. 4 EStG (Jahresbetrag) ohne Berücksichtigung der (einfachen) Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG einerseits und der Einkommensteuer auf das Einkommen i. S. d. § 2 Abs. 4 EStG abzüglich dieser (einfachen) Freibeträge andererseits dem (hälftigen) Anspruch auf Kindergeld für jedes einzelne Kind, beginnend mit dem ältesten Kind, im Rahmen einer Vergleichsrechnung gegenüberzustellen.

     

    Bei nicht zusammen zur Einkommensteuer veranlagten Eltern wird bei der gemäß § 31 Satz 4 EStG vorzunehmenden Günstigerrechnung im Hinblick auf § 1612b BGB grundsätzlich die Hälfte des Kindergeldanspruchs dem steuerlichen Ergebnis des Abzugs des einfachen Kinderfreibetrags gemäß § 32 Abs. 6 Satz 1 EStG vom Einkommen i. S. d. § 2 Abs. 4 EStG gegenübergestellt, und zwar unabhängig davon, ob der jeweilige Elternteil die tatsächliche Verfügungsmacht über das Kindergeld erlangt hat. Ist hiernach das hälftige Kindergeld höher als der Unterschiedsbetrag der Einkommensteuer auf das Einkommen i. S. d. § 2 Abs. 4 EStG ohne Berücksichtigung der einfachen Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG und der Einkommensteuer auf das Einkommen i. S. d. § 2 Abs. 4 EStG abzüglich dieser Freibeträge, führt die Günstigerprüfung zu dem Ergebnis, dass die gebotene steuerliche Freistellung des Existenzminimums des Kindes bereits durch das ausgezahlte Kindergeld bewirkt worden ist. Dann erhält der Steuerpflichtige (so auch im Streitfall) die Freibeträge nicht. Dies gilt auch dann, wenn er keine tatsächliche Verfügungsmacht über das (hälftige) Kindergeld erlangt hat oder wenn der andere Elternteil seiner zivilrechtlichen Unterhaltsverpflichtung nicht nachgekommen ist.

     

    Diese Regelung verstößt auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.

     

    Fundstelle

    Quelle: ID 50232722