· Fachbeitrag · Bundesfinanzministerium
Zuschüsse des Arbeitgebers zum 9-EUR-Ticket und die steuerlichen Konsequenzen
Ob das 9-EUR-Ticket, das die Bundesregierung für die Monate Juni bis August 2022 für den öffentlichen Nahverkehr beschlossen hat, wirklich nur Vorteile oder auch Nachteile mit sich bringt, sei dahingestellt. Steuerlich sind aufgrund des 9-EUR-Tickets jedoch einige Besonderheiten zu beachten. |
Grundsätze zu den Zuschüssen des Arbeitgebers nach § 3 Nr. 15 EStG
Leistet der Arbeitgeber an Mitarbeiter Zuschüsse für die Aufwendungen zum monatlichen Ticket für öffentliche Verkehrsmittel im Personennahverkehr, können diese Zuschüsse nach § 3 Nr. 15 EStG lohnsteuerfrei sein. Folgende drei Voraussetzungen sind dazu einzuhalten:
- Der Zuschuss zu den Aufwendungen für Tickets für öffentliche Verkehrsmittel im Personennahverkehr muss zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erfolgen.
- Steuerfrei bleiben solche Zuschüsse nur in Höhe der dem Arbeitnehmer tatsächlich entstandenen Aufwendungen.
- Der Arbeitgeber muss die Vereinbarung zu den Zuschüssen beim Lohnkonto sowie Nachweis zur Höhe der Aufwendungen des Arbeitnehmers im Lohnkonto aufbewahren. In der Lohnsteuerbescheinigung müssen solche steuerfrei behandelten Zuschüsse ausgewiesen werden, weil die Zuschüsse die als Werbungskosten abziehbare Entfernungspauschale für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte mindern.
Beachten Sie | Der steuerliche Clou zu Arbeitgeberzuschüssen für Tickets im Personennahverkehr ist, dass der Zuschuss selbst dann steuerfrei nach § 3 Nr. 15 EStG behandelt werden darf, wenn der Arbeitnehmer das Ticket auch für Privatfahrten nutzt.
Besonderheit 1: Lohnsteuerliche Vereinfachungsregelung zum 9-EUR-Ticket
Für die Monate Juni bis August 2022 hat das BMF wegen des 9-EUR-Tickets eine Vereinfachungsregelung beschlossen. Davon profitieren alle Arbeitgeber, die bereits Zuschüsse an Arbeitnehmer zu Aufwendungen für Tickets im öffentlichen Personennahverkehr nach § 3 Nr. 15 EStG an Arbeitnehmer leisten. Grundsätzlich müssten in den Lohnsteueranmeldungen für Juni bis August die zu viel geleisteten Zuschüsse als Arbeitslohn besteuert werden.
Doch das BMF verlangt nur dann eine Versteuerung des Differenzbetrags als Arbeitslohn, wenn die Zuschüsse die Aufwendungen des Arbeitgebers auf das Kalenderjahr 2022 insgesamt übersteigen.
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Ein Arbeitgeber gewährt seinen Mitarbeitern für Tickets für öffentliche Verkehrsmittel im Personennahverkehr einen Zuschuss i. H. v. 600 EUR im Jahr (gesamter Ticketpreis). Der Arbeitnehmer bekommt in den Monaten Juni bis August von den Verkehrsbetrieben jeweils 41 EUR pro Monat erstattet. Der Zuschuss wird 2022 vom Arbeitgeber nicht angepasst.
Folge: Für die Monate Juni bis August wurden also 123 EUR zu viel lohnsteuerfrei behandelt (3 Monate × Rückerstattung 41 EUR), weil die Aufwendungen für den Arbeitnehmer in dieser Zeit nur 9 EUR pro Ticket betrug. Eine Behandlung als Arbeitslohn ist erst in der letzten Lohnsteueranmeldung 2022 vorzunehmen. |
Besonderheit 2: Zur Frage, ob die Vereinfachungsregelung auch bei der Sozialversicherung gilt
Ob diese lohnsteuerliche Vereinfachungsregelung auch für die Ermittlung der monatlichen Sozialversicherungsbeiträge gilt, steht noch nicht fest. In der Regel kann aber davon ausgegangen werden, dass lohnsteuerlich und sozialversicherungsrechtlich dieselben Spielregeln greifen.
Besonderheit 3: Vorsteuerkürzung nicht vergessen
Hat der Arbeitgeber die Tickets für öffentliche Verkehrsmittel im Personennahverkehr auf seinen Namen verkauft und als Jobticket an seine Mitarbeiter verteilt, wurde ein Vorsteuerabzug vorgenommen. Erstatten die Verkehrsbetriebe nun für die Monate Juni bis August 2022 aufgrund des 9-EUR-Tickets jeweils 41 EUR pro Monat und Arbeitnehmer, müssen Arbeitgeber den bereits geltend gemachten Vorsteuerabzug berichtigen ‒ also reduzieren.
Besonderheit 4: Auswirkung des 9-EUR-Tickets auf den Werbungskostenabzug
In der Praxis stellt sich wegen des 9-EUR-Tickets die Frage, ob Arbeitnehmer bei Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel im Personennahverkehr trotz der nur niedrigen Fahrtkosten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte in den Monaten Juni bis August 2022 die volle Entfernungspauschale als Werbungskosten abziehen dürfen.
Die Antwort auf diese Frage lautet eindeutig ja. Denn die Entfernungspauschale ist verkehrsmittelunabhängig (BMF 18.11.21, IV C 5 ‒ S 2351/20/10001 :002, Rz. 1). Das bedeutet, dass ein Arbeitnehmer selbst bei Benutzung eines Fahrrads oder bei Teilnahme an einer Fahrgemeinschaft für die Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte die volle Entfernungspauschale ansetzen darf. Die Gewährung der Entfernungspauschale hängt also nicht davon ab, wie hoch die Aufwendungen für die Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte für den Arbeitnehmer tatsächlich waren.
Fundstelle
- BMF 30.5.22, IV C 5 ‒ S 2351/19/10002 :007, iww.de/astw, Abruf-Nr. 229455
- BMF 18.11.21, IV C 5 ‒ S 2351/20/10001 :002, Abruf-Nr. 225940