· Nachricht · § 8 GewStG
Gewerbesteuerliche Hinzurechnung beim Einkauf von Hotelleistungen
| Seit 2012 wird der Einkauf von Hotelleistungen durch einen Reiseveranstalter i. d. R. dem Gewinn hinzugerechnet ( § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG , vgl. OFD Nordrhein-Westfalen, Verfügung v. 4.11.2013). Der BFH hatte aktuell zu entscheiden, unter welchen Voraussetzungen das für die Hinzurechnung erforderliche Anlagevermögen vorliegt. |
Sachverhalt
Die Steuerpflichtige ist in der Rechtsform einer GmbH als Reiseveranstalterin tätig und organisiert Pauschalreisen. Zu diesem Zweck schloss sie mit anderen Leistungsträgern im Inland und im europäischen Ausland Verträge über typische Reisevorleistungen, insbesondere Übernachtungen, Personenbeförderungen, Verpflegungen, Betreuungen und Aktivitäten im Zielgebiet.
Im Rahmen ihrer Gewerbesteuererklärung für 2008 nahm die Steuerpflichtige zwar Hinzurechnungen für von ihr geleistete Miet- und Pachtzinsen vor, jedoch nur hinsichtlich der von ihr angemieteten Geschäftsräume. Die an die Hoteliers gezahlten Entgelte blieben bei den Hinzurechnungen unberücksichtigt.
Das FA war nach Durchführung einer Betriebsprüfung dagegen der Auffassung, dass nicht insgesamt eine Hotelleistung „eingekauft“ werde, sondern ein Teil des an die Hoteliers bezahlten Entgelts auf die „Anmietung“ von Hotelzimmern entfalle. Entsprechend erhöhte es den gewerblichen Gewinn um den gesetzlich vorgesehenen Teil dieser Mietzinsen. Das FG entschied zunächst im Rahmen eines Zwischenurteils über verschiedene Rechtsfragen. Dabei gelangte es u. a. zu dem Ergebnis, dass in den von der Steuerpflichtigen an die Hoteliers gezahlten Entgelten Mietzinsen enthalten seien und der betreffende Anteil bei der Hinzurechnung zu berücksichtigen sei.
Entscheidung
Der BFH ließ offen, ob die Steuerpflichtige Mietzins i. S. des § 8 Nr. 1 Buchst. d und Buchst. e GewStG gezahlt hat. Jedenfalls würden die Wirtschaftsgüter kein Anlagevermögen darstellen, wenn sie im Eigentum der Steuerpflichtigen stünden. Dies setzt eine Hinzurechnung aber voraus.
Eigentum liegt nicht vor, da bei einer nur kurzfristigen Überlassung der Hotelzimmer auch nur eine entsprechend kurzfristige Eigentümerstellung der Steuerpflichtigen zu unterstellen wäre.
Für die Zuordnung von Wirtschaftsgütern zum Anlage- oder Umlaufvermögen sei der konkrete Geschäftsgegenstand des Unternehmens zu berücksichtigen und ‒ soweit wie möglich ‒ auf die betrieblichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen abzustellen.
Insofern sei im Streitfall entscheidend, dass das Geschäftsmodell eines Reiseveranstalters typischerweise keine langfristige Nutzung der von den Hoteliers überlassenen Wirtschaftsgüter erfordert.
Vielmehr diene die nur zeitlich begrenzte Nutzung der Wirtschaftsgüter dem Bedürfnis des Reiseveranstalters, sich ständig dem Wandel unterliegender Markterfordernisse (wie z. B. veränderte Kundenwünsche oder veränderte Verhältnisse am Zielort der Reise) anpassen zu können.
Da das FG bislang nur durch Zwischenurteil über Einzelfragen entschieden hatte, wurde das Verfahren an das FG zurückverwiesen.
Erläuterungen
Nach § 8 Nr. 1 Buchst. d und Buchst. e GewStG werden zur Ermittlung des Gewerbeertrags (§ 7 GewStG) dem Gewinn aus Gewerbebetrieb ein Viertel der Summe aus einem Fünftel der Miet- und Pachtzinsen (einschließlich Leasingraten) für die Benutzung von beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen und 13/20 der Miet- und Pachtzinsen (einschließlich Leasingraten) für die Benutzung der unbeweglichen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen, hinzugerechnet. Die Hinzurechnung setzt neben dem Vorliegen eines Miet- oder Pachtvertrags voraus, dass die gemieteten oder gepachteten Wirtschaftsgüter bei fiktiver Betrachtung Anlagevermögen des Steuerpflichtigen wären, wenn sie in seinem Eigentum stehen.
Der Tatbestand sieht keine Differenzierung nach dem Ort der Belegenheit der unbeweglichen Wirtschaftsgüter vor und gilt daher auch für Nutzungsentgelte, die an Vermieter/Verpächter für eine Nutzungsüberlassung im Ausland gezahlt werden.
Das insoweit vorausgesetzte (fiktive) Anlagevermögen setzt allerdings voraus, dass der Steuerpflichtige derartige Wirtschaftsgüter ständig für den Gebrauch in seinem Betrieb benötigt. Dies hat der BFH etwa bejaht,
- wenn der Steuerpflichtige wiederholt gleichartige Container zur Weitervermietung (BFH 29.11.72, I R 178/70, BStBl II 1973, 148)
- oder gleichartige Bestuhlungen und Beschallungsanlagen zur eigenen Nutzung in Sälen und Stadien (BFH 30.3.94, I R 123/93, BStBl II 1994, 810)
angemietet hat.
Eine Hinzurechnung scheidet dagegen aus, wenn der Steuerpflichtige die angemieteten oder gepachteten Wirtschaftsgüter nicht ständig für den Gebrauch in seinem Betrieb hätte vorhalten müssen ‒ wie im Streitfall anzunehmen war. Hotelzimmer, Sportanlagen, Saunas und Swimmingpools wären nach dem Geschäftsgegenstand der Steuerpflichtigen nicht Anlagevermögen gewesen, wenn sie in deren Eigentum stünden. Entscheidend ist somit der Einzelfall (= Geschäftsgegenstand). Wenn nach dem Geschäftsgegenstand eine ständige Verfügbarkeit erforderlich gewesen wäre, wäre eine Hinzurechnung vorzunehmen gewesen.
Fundstelle
- BFH 25.7.19, III R 22/16, iww.de/astw, Abruf-Nr. 212144