· Fachbeitrag · Gewerbesteuer
Hinzurechnung der umgelegten Grundsteuer
Nach § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG wird zur Ermittlung des Gewerbeertrags dem Gewinn aus Gewerbebetrieb ein Viertel der Summe aus der Hälfte der Miet- und Pachtzinsen (einschließlich Leasingraten) für die Benutzung der unbeweglichen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen, hinzugerechnet, soweit die Aufwendungen bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind. Der Begriff der Miet- und Pachtzinsen ist nach der zu § 8 Nr. 7 GewStG a.F. ergangenen Rechtsprechung wirtschaftlich zu verstehen. Der BFH entschied nochmals darüber, ob der Begriff neben den laufenden Zahlungen des Mieters oder Pächters an den Vermieter oder Verpächter auch die vom Mieter/Pächter getragenen Aufwendungen umfasst, wenn und soweit sie aufgrund der für den jeweiligen Vertragstyp gültigen zivilrechtlichen Vorschriften nicht ohnehin vom Mieter bzw. Pächter zu tragen wären. |
Sachverhalt
Die Klägerin ist eine GmbH, die Verpackungsmittel aus Kunststoffen herstellt. An ihr sind die Geschwister A und B beteiligt. Diese sind auch Gesellschafter einer GbR, welche an die Klägerin im Rahmen einer Betriebsaufspaltung Wirtschaftsgüter vermietet hat. Im Rahmen einer Außenprüfung waren u. a. Hinzurechnungen nach § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG in der für die Streitjahre 2010 bis 2014 geltenden Fassung streitig. Die Klägerin hatte in den Streitjahren von der GbR ein Betriebsgebäude gemietet. Im Mietvertrag war u. a. vereinbart, dass die Klägerin als Mieterin die Grundsteuer tragen sollte.
Das FA rechnete die Grundsteuer zusammen mit den laufend zu zahlenden Miet- und Pachtzinsen nach § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG dem Gewinn hinzu. In den Wirtschaftsjahren 2011 und 2013 erzielte die Klägerin Verluste, die sich in Bescheiden über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes niederschlugen. Darüber hinaus griff das FA einen Sachverhalt auf, der nach seiner Ansicht zu einer im Jahr 2010 anzusetzenden verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) führte. Die Feststellungen der Außenprüfung hatten Änderungsbescheide zur Folge. Gegen die gewerbesteuerliche Hinzurechnung der umgelegten Grundsteuer sowie gegen die Berücksichtigung einer vGA bei der Körperschaftsteuerveranlagung 2010 wandte sich die Klägerin mit Einsprüchen, die ohne Erfolg blieben.
Die anschließende Klage hatte sowohl hinsichtlich der gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen als auch der vGA Erfolg (FG Köln 21.2.19, 10 K 2174/17). Gegen das Urteil wendet sich das FA insoweit mit der Revision, als es die Gewerbesteuer und die gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen betrifft.
Entscheidung
Der BFH hob das Urteil auf, soweit dieses die Gewerbesteuermessbeträge 2010, 2012 und 2014 sowie die Bescheide über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2011 bis zum 31.12.2014 betrifft. Die Klage sei insoweit abzuweisen.
Zu den grundstücksbezogenen Aufwendungen, die nach dem gesetzestypischen Lastenverteilungssystem vom Vermieter bzw. Verpächter zu tragen sind und der Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 GewStG unterliegen, gehört nach Auffassung des BFH auch die auf den Mieter bzw. Pächter überwälzte Grundsteuer.
In zivilrechtlicher Hinsicht habe der Vermieter die auf der Mietsache ruhenden Lasten, zu denen auch die Grundsteuer gehört, zu tragen. Schuldner der Grundsteuer sei nach § 10 Abs. 1 GrStG derjenige, dem das Grundstück bei der Feststellung des Einheitswerts zugerechnet ist. Dies sei in der Regel der Grundstückseigentümer, d. h. der Vermieter bzw. Verpächter. Allerdings könne die Grundsteuer ‒ wie im Streitfall geschehen ‒ durch vertragliche Vereinbarung überwälzt werden. In diesem Fall gehöre auch die wirtschaftlich vom Mieter bzw. Pächter getragene Grundsteuer zu der von ihm zu entrichtenden Miete. Sie fließe damit in die nach § 8 Nr. 1 GewStG hinzuzurechnenden Miet- und Pachtzinsen ein.
Die Rechtsansicht des FG, wonach eine Hinzurechnung der umgelegten Grundsteuer nicht gerechtfertigt sei, weil die Klägerin dann höher besteuert würde als ein vergleichbarer Gewerbetreibender, der mit eigenem Sachkapital wirtschafte und die Grundsteuer ertragsmindernd geltend machen könne, führt zu keiner anderen Beurteilung.
Entgegen der Rechtsansicht des FG gilt die Überlegung, dass die vertragliche Überwälzung von Nebenkosten vom Vermieter bzw. Verpächter auf den Mieter bzw. Pächter sich typischerweise in einer Verminderung des „reinen“ Miet- oder Pachtzinses auswirkt, für die Umlegung von Grundsteuer ebenso wie für Instandhaltungsaufwendungen, bei denen der BFH die Hinzurechnung bejaht hat (BFH 25.9.18, III B 160/17).
Erläuterungen
Miet- und Pachtzinsen sind nicht nur die laufenden Zahlungen des Mieters oder Pächters an den Vermieter oder Verpächter. Vielmehr gehören auch die vom Mieter/Pächter getragenen Aufwendungen zu den Miet- oder Pachtzinsen, wenn und soweit sie aufgrund der für den jeweiligen Vertragstyp gültigen zivilrechtlichen Vorschriften nicht ohnehin vom Mieter/Pächter zu tragen wären. Es handelt sich um solche Kosten, die nach dem gesetzestypischen Lastenverteilungssystem eigentlich vom Vermieter/Verpächter zu tragen wären, die aber nach dem im konkreten Fall abgeschlossenen Vertrag vom Mieter/Pächter übernommen worden sind (BFH 21.06.12, IV R 54/09, BStBl II 12, 692). Die Rechtsprechung beruht auf der Vorstellung, dass sich eine vom gesetzestypischen Normalfall abweichende Kostenübernahme durch den Mieter/Pächter mindernd auf die Miet-/Pachthöhe auswirkt. Die auf den Mieter überwälzte Grundsteuer ist Bestandteil der „Miet- und Pachtzinsen“ und damit gewerbesteuerrechtlich dem Gewinn aus Gewerbebetrieb nach § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG hinzuzurechnen. Mit seiner Entscheidung hat der BFH die Ansicht der FinVerw. bestätigt (vgl. hierzu gleichlautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 2.7.12, BStBl I 12, 564, Rz. 29).
Der BFH setzt mit dieser Entscheidung seine bisherige Linie fort. Zur Miete bzw. Pacht zählt danach nicht nur das, was im Kern für die Nutzungsüberlassung an den Eigentümer zu zahlen ist. Auch diejenigen Aufwendungen, die der Mieter/Pächter vertraglich übernimmt, sind mithin zu den Miet- und Pachtzinsen zu rechnen. Dementsprechend hatte sich der BFH bereits für übernommene Instandhaltungskosten entschieden (BFH 25.9.18, III B 160/17, Rz. 17 ff.).
Fundstelle
- BFH 2.2.22, III R 65/19, iww.de/astw, Abruf-Nr. 228764