07.05.2013 · IWW-Abrufnummer 131793
Finanzgericht Berlin-Brandenburg: Urteil vom 14.02.2013 – 7 K 7079/09
1. Der Abgabe von Süßigkeiten und von alkoholischen Getränken gegen ein gesondertes, nicht im Ticketpreis enthaltenes Entgelt an Bord von Flugzeugen im internationalen Luftverkehr kommt eine eigenständige Bedeutung zu. Sie ist – anders als die sog. includierte Restauration – nicht als unselbständige Nebenleistung unmittelbar zu demjenigen Flugbeförderungsgeschäft zu zählen, das seinerseits nach einer auf § 26 Abs. 3 S. 1 UStG gründenden Ausnahmeregelung von der Umsatzbesteuerung ausgenommen ist.
2. Die Ausgabe von Speisen und Getränken an Bord von Flugzeugen gegen besonderes Entgelt ist eine Lieferung von (Genuss-)Nahrungsmitteln. Die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Klapptische zum Verzehr der Bordverpflegungsleistungen führt nicht dazu, dass von einem besonderen Dienstleistungselement gesprochen werden müsste.
3. Die Besteuerung der Lieferungen richtet sich für diejenigen Flüge, die in einen anderen Staat innerhalb der Europäischen Union führen, nach § 3e UStG. Auf Flugstrecken in sog. Drittstaaten bleiben sie im Lichte von § 3 Abs. 7 Satz 1 UStG als nicht (umsatz-)steuerbar von der Umsatzbesteuerung ausgenommen.
4. Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 6 Buchst. e UStG für die Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle im Verkehr mit Wasserfahrzeugen für die Schifffahrt zwischen einem inländischen und einem ausländischen Seehafen und zwischen zwei ausländischen Seehäfen kann auf Luftverkehrsunternehmen nicht analog angewandt werden.
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
In dem Rechtsstreit
hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg – 7. Senat – aufgrund mündlicher Verhandlung vom 14. Februar 2013 durch den Vorsitzenden
Richter am Finanzgericht …, die Richterin am Finanzgericht … und den Richter am Finanzgericht … den ehrenamtlichen Richter
… und den ehrenamtlichen Richter …
für Recht erkannt:
Die Umsatzsteuer der Streitjahre 1999 bis 2001 wird abweichend von den geänderten Umsatzsteuerbescheiden 1999 bis 2001 alle
vom 6. September 2006 sämtlich in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 1. April 2009 nach um 5 DM in 1999, 5 DM in 2000
und 5 DM in 2001 geminderten Umsätzen zum Regelsteuersatz sowie nach um 5 DM in 1999, 5 DM in 2000 und um 5 DM in 2001 erhöhten
Umsätzen zum ermäßigten Steuersatz festgesetzt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin zu 28 % und dem Beklagten zu 72 % auferlegt.
Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder
Hinterlegung in Höhe der der Klägerin zu erstattenden außergerichtlichen Kosten abwenden, wenn nicht diese zuvor Sicherheit
in gleicher Höhe geleistet hat.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin, eine Fluggesellschaft, wendet sich gegen die Umsatzsteuerfestsetzungen der Streitjahre 1999 bis 2001, um hinsichtlich
der von ihr auf internationalen Flugstrecken erbrachten Bordverpflegungsleistungen nicht mit Umsatzsteuer belastet zu werden.
Die Klägerin ist ein in C. geschäftsansässiges, im Handelsregister beim Amtsgericht unter der Handelsregisternummer HRA …
eingetragenes Luftverkehrsunternehmen in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft – KG –. Auf ihren Linien- und Charterflügen,
die in den Streitjahren 1999 bis 2001 fast ausnahmslos keine rein innerdeutschen Destinationen betrafen, sondern vom Bundesgebiet
aus in andere Mitgliedstaaten der Europäischen Union und sonstige sogenannte [sog.] Drittstaaten führten, stellte die Klägerin
ihren Fluggästen Speisen und Getränke zur Verfügung, die mit dem Ticketpreis abgegolten waren. Darüber hinaus vertrieb sie
gegen besonderes Entgelt weitere Speisen und Getränke, speziell Süßigkeiten und alkoholische Getränke (sog. Restaurationsumsätze).
Nur letztere, also die Umsätze aus gegen gesonderte Entgelte abgegebenen Speisen und Getränke, sind zwischen den Beteiligten
streitig.
Im Rahmen ihrer für die Streitjahre 1999 und 2000 am 1. November 2001 eingereichten, geänderten Umsatzsteuererklärungen behandelte
sie diese Restaurationsums ätze in entsprechender Anwendung von § 4 Nr. 6 Buchstabe e) Umsatzsteuergesetz in der für die Streitjahre
1999 bis 2001 geltenden Fassung – UStG 1999-2001 – als steuerfreie Umsätze mit Vorsteuerabzug. Der Beklagte veranlagte sie
mit Umsatzsteuerbescheiden 1999 und 2000 beide vom 30. November 2001 zunächst erklärungsgemäß. Die mit den vorangegangenen
Umsatzsteuerfestsetzungen 1999 und 2000 verbundenen Vorbehalte der Nachprüfung ließ er aber bestehen.
Auch ihrer laut Angaben des Beklagten am 1. April 2003 eingereichten Umsatzsteuererklärung 2001 legte die Klägerin zugrunde,
dass die bezeichneten Restaurationsumsätze umsatzsteuerfrei bleiben müssten. Ihre Umsatzsteueranmeldung 2001 soll einer Steuerfestsetzung
unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleichgestanden haben.
Am 10. Dezember 2003 begann bei der Klägerin eine unter anderem [u.a.] auf die Umsatzsteuer der Jahre 1998 bis 2001 bezogene
Außenprüfung. In ihrem zusammen fassenden Prüfungsbericht vom 2. Dezember 2005 machten sich die Prüferinnen zur Tz. 28 (Bordverpflegung)
einen auf den 5. Dezember 2005 datierten Teilbericht des B.-Amtes über die Mitwirkung an der bei der Klägerin erfolgten Außenprüfung
zu eigen, demnach für die entgeltliche Abgabe von Speisen und Getränken an die Flugpassagiere der Klägerin nicht die auf entsprechende
Leistungen an Bord von Wasserfahrzeugen beschränkte Steuerbefreiungsvorschrift nach § 4 Nr. 6 Buchstabe e) UStG 1999-2001
herangezogen werde k önne, mithin die entgeltlichen (Flug-)Restaurationsleistungen der Klägerin zu steuerpflichtigen Umsätzen
in Höhe von … DM (1999), … DM (2000) und … DM (2001) führten und folglich eine hierauf entfallende Umsatzsteuer in Höhe von
… DM (1999), … DM (2000) und … DM (2001) zu erheben sei (Tz. 7 des Teilberichts).
Darauf bezogen änderte der Beklagte die Umsatzsteuerfestsetzungen 1999 bis 2001 auf der Grundlage von § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung
– AO –, indem er die Bemessungsgrundlage der steuerpflichtigen Umsätze der Klägerin erhöhte und die Umsatzsteuer mit Umsatzsteuerbescheiden
1999 bis 2001 alle vom 6. September 2006 entsprechend heraufsetzte. Dies bewirkte zusammen mit der Änderung der Umsatzsteuerfestsetzungen
1999 bis 2001 in anderen, hier nicht streitgegenständlich gewordenen Punkten zu Lasten der Klägerin Umsatzsteuernachzahlungen
für das Streitjahr 1999 in Höhe von … EUR, für das Streitjahr 2000 in Höhe von … EUR und für das Streitjahr 2001 in Höhe von
… EUR.
Gegen die geänderten Umsatzsteuerfestsetzungen 1999-2001 erhob die Klägerin am 23. Oktober 2006 Einspruch. Sie hielt betreffend
die von ihr erbrachten Bordverpflegungsleistungen eine entsprechende Anwendung von § 4 Nr. 6 Buchstabe e) UStG 1999-2001 für
geboten. Ohne erkennbaren Unterschied zwischen Beförderungsleistungen im Rahmen des internationalen See- und Luftverkehrs
stehe gleichermaßen eine grenzüberschreitende Personenbeförderung in Rede, die sich lediglich hinsichtlich der Wahl des Transportmittels
unterscheide. Unter diesen Umständen würde eine (Umsatz-)Besteuerung des Restaurationsbereichs nur an Bord von Flugzeugen,
nicht aber auch auf Wasserfahrzeugen zu einer nicht zu rechtfertigenden Wettbewerbsverzerrung zu Lasten deutscher Luftverkehrsunternehmen
führen. Die Gleichförmigkeit beider Verkehrsbeförderungsleistungen lege daher eine analoge Anwendung von § 4 Nr. 6 Buchstabe
e) UStG 1999-2001 auf den Bereich des Luftverkehrs nahe.
Mit Einspruchsentscheidung vom 1. April 2009 wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück. § 4 Nr. 6 Buchstabe
e) UStG 1999-2001 bestimme eine Umsatzsteuerbefreiung ausdrücklich nur für Restaurationsleistungen an Bord von Wasserfahrzeugen
im Rahmen der Seeschifffahrt zwischen einem inländischen und einem ausländischen Seehafen oder zwischen zwei ausländischen
Seehäfen. Der damit vor allem begünstigte Fährverkehr lasse sich vom Wortlaut des § 4 Nr. 6 Buchstabe e) UStG 1999-2001 her
nicht mit dem Luftverkehr gleichstellen; Flugzeuge spreche bezeichneter Steuerbefreiungstatbestand an keiner Stelle auch nur
andeutungsweise an. Ebenso wenig könne von einer versehentlichen, verdeckten Regelungslücke ausgegangen werden. So erkläre
sich § 4 Nr. 6 Buchstabe e) UStG 1999-2001 damit, dass den durch diese Regelung befürchteten Wettbewerbsnachteilen im Bereich
des internationalen Schiffsverkehrs begegnet werden sollte. Dem gegenüber sei nichts dafür erkennbar, dass diese Regelung
aufgrund entsprechender gesetzgeberischer Erwägungen auch auf den Geschäftsbereich des internationalen Flugverkehrs bezogen
gewesen sein sollte. Auch das allgemeine Gleichbehandlungsgebot (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes – GG –) lege keine Erstreckung
von § 4 Nr. 6 Buchstabe e) UStG 1999-2001 auf Bordverpflegungsleistungen in Flugzeugen nahe. Schifffahrts- und Fluggesellschaften
bedienten verschiedene Märkte und böten Dienstleistungen an, die in keinem unmittelbaren Wettbewerb miteinander stünden. So
seien auch in anderer Beziehung Schiff- und Luftfahrtgesellschaften nicht gleichgestellt: gelte für die Personenbeförderung
mit Schiffen ein ermäßigter Steuersatz, blieben Flugleistungen gemäß § 26 Abs. 3 UStG 1999-2001 unbesteuert. Schließlich zeichne
auch das Gemeinschaftsrecht zumal im Verhältnis zwischen Schifffahrts- und Luftverkehrsgesellschaften keine einheitliche nationale
Steuerbefreiungsregelung für Restaurationsleistungen vor.
Hiergegen richtet sich die von der Klägerin am 15. April 2009 erhobene Klage. Zu deren Begründung nimmt sie auf ihr Vorbringen
im Vorverfahren Bezug. Ergänzend hebt sie hervor, die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europ äischen Union – EuGH – (Urteil
vom 2. Mai 1996 – C-231/94 [Rs. Faaborg/Gelting] – Amtliche Sammlung der Entscheidungen des EuGH – EuGHE – 1996, 2395, Bundessteuerblatt
– BStBl – II 1998, 282, Deutsches Steuerrecht – DStR – 1996, 1005), dass Restaurationsleistungen anstelle von Lieferungen
zu Dienstleistungen zu zählen seien, habe bewirkt, dass der Ort der Ausführung der Leistung nach § 3a Abs. 1 UStG durch den
Sitz des leistenden Unternehmens bestimmt werde und deshalb auch Umsätze, die außerhalb deutscher Hoheitsgewässer erbracht
würden, der deutschen Umsatzbesteuerung unterfielen. Da in mehreren Mitgliedstaaten der Europäischen Union Restaurationsumsätze
an Bord von Schiffen umsatzsteuerfrei gestellt seien, habe mit dem Steuerbefreiungstatbestand von § 4 Nr. 6 Buchstabe e) UStG
1999-2001 etwaigen Wettbewerbsnachteilen für inländische Unternehmer entgegen gewirkt werden sollen. Wenn auch § 4 Nr. 6 Buchstabe
e) UStG 1999-2001 nur die Seeschifffahrt anspreche, erlitten doch auch Fluggesellschaften dieselben Wettbewerbsnachteile hinsichtlich
ihrer auf grenzüberschreitenden Flügen erbrachten Bordrestauration. Ein einleuchtender Grund für die unterschiedliche Behandlung
sog. „Moving Meals” an Bord von Seeschiffen einerseits („Swimming Meals”) und an Bord von Flugzeugen andererseits („Flying
Meals”) lasse sich nicht finden. Insofern müsse davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber einen Regelungsbedarf hinsichtlich
der Restaurationsumsätze an Bord von Flugzeugen schlichtweg übersehen habe, zumal Umfang und Bedeutung des Bordverkaufs bei
Airlines früher im Vorfeld des Aufkommens sog. Billigfluggesellschaften („Low Cost Carrier”) noch nicht recht absehbar gewesen
sei; so habe die Bordverpflegung seinerzeit lediglich eine unentgeltliche Nebenleistung zur Beförderungsleistung der Fluggesellschaften
gebildet und sei damit betreffend den internationalen Verkehr auf der Grundlage von § 26 Abs. 3 UStG 1999-2001 unbesteuert
geblieben.
Ohnehin müsse die von ihr auf ihren internationalen Flugstrecken erbrachte Bordverpflegung losgelöst von der Frage der entsprechenden
Heranziehung von § 4 Nr. 6 Buchstabe e) UStG 1999-2001 auf der Grundlage von § 26 Abs. 3 UStG 1999-2001 unbesteuert bleiben.
Ihre Restaurationsleistungen dienten im Gefolge ihres Kerngeschäfts der Fluggastbeförderung dessen ergänzender Abrundung und
bildeten deshalb unselbständige Nebenleistungen. Dem entsprechend seien in der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs – BFH –
ein im Rahmen eines Hochseeangeltörns erbrachter Verpflegungsservice (Urteil vom 2. März 2011 – XI R 25/09 – Amtliche Sammlung
der Entscheidungen des BFH – BFHE – 233, 348, BStBl II 2011, 737, Deutsches Steuerrecht Entscheidungsdienst – DStRE – 2011,
956, Umsatzsteuer-Rundschau – UR – 2011, 692) ebenso wie Bewirtungsleistungen im Zusammenhang mit der Durchführung einer Kabinenschiffreise
(Urteil vom 1. August 1996 – V R 58/94 – BFHE 181, 208, BStBl II 1997, 160,UR 1997, 95) als derartige unselbständige Nebenleistungen
eingestuft worden.
In diesem Sinne habe ihr streitgegenständliches Bordverpflegungsangebot auch ansonsten in jeder Beziehung nur unbedeutenden
Nebenleistungscharakter gehabt. So seien nur standardisiert vorbereitete Speisen, hauptsächlich Süßigkeiten, und zuvor abgefüllte
alkoholische Getränke abgegeben worden. Vor allem auch in wirtschaftlicher Beziehung habe es sich um ein untergeordnetes Leistungsangebot
gehandelt, da ihre Restaurationsumsätze nur einen bescheidenen Bruchteil derjenigen Einnahmen gebildet hätten, die sie im
Rahmen ihres eigentlichen Flugbeförderungsgeschäfts über ihre Flugtickets erzielt habe.
Sähe man dagegen in der streitgegenständlichen Bordverpflegung keine unselbständige Nebenleistung zur Fluggastbeförderung,
würde in der ohne besonderes Dienstleistungselement an Bord erfolgten Abgabe von Speisen und Getränken im Lichte der neueren
EuGH-Rechtsprechung (Urteile vom 10. März 2011 – C-497/, 499/, 501/ und 502/09 [Manfred Bog u.a.] – DStR 2011, 515, UR 2011,
272) die (bloße) Lieferung von Nahrungsmitteln gelegen haben.
Umsatzsteuerbar wäre laut § 3e Abs. 1 UStG 1999-2001 dann lediglich die Bordverpflegungsabgabe auf Flügen in das übrige Unionsgebiet.
Insofern würde ihr aber für ihren Süßwarenverkauf, der sich im Streitjahr 1999 entsprechend seinem Anteil von … vom Hundert
[v.H.] im Verhältnis zur Abgabe von Getränken auf … EUR, im Streitjahr 2000 mit einen Anteil von … v.H. auf … EUR und im Streitjahr
2001 mit einen Anteil von … v.H. auf … EUR belaufen habe, auch der ermäßigte Steuersatz für die Lieferung von Speisen in Höhe
von 7 v.H. nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG 1999-2001 zustehen müssen. Lediglich ihre entsprechenden Einnahmen aus dem Verkauf
alkoholischer Getränke, im Einzelnen in Höhe von … EUR (1999), … EUR (2000) und … EUR (2001), könnten insoweit dem regelmäßigen
Steuersatz von (seinerzeit) 16 v.H. unterworfen werden.
Von der Umsatzsatzbesteuerung ausgenommen müsste dagegen ihr Bordverpflegungsangebot auf Destinationen außerhalb des Gemeinschaftsgebiets
in sog. Drittstaaten bleiben. Dies gebe § 3 Abs. 7 Satz 1 UStG vor. Insofern seien die streitgegenständlichen Speisen und
Getränke jeweils erst nach Verlassen des bundesdeutschen Luftraums ausgegeben worden.
Die Klägerin beantragt,
die Umsatzsteuer der Streitjahre 1999 bis 2001 abweichend von den geänderten Umsatzsteuerbescheiden 1999 bis 2001 alle vom
6. September 2006 sämtlich in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 1. April 2009 nur nach um den Betrag von 5 DM (1999),
5 DM (2000) und 5 DM (2001) verminderten steuerpflichtigen Umsätzen zum Regelsteuersatz festzusetzen,
die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren für notwendig zu erklären,
hilfsweise für den Unterliegensfall,
die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
hilfsweise für den Unterliegensfall,
die Revision zuzulassen.
Er stützt seine Rechtsverteidigung zunächst wiederholend und vertiefend auf die Begründung der angegriffenen Einspruchsentscheidung,
an der er festhält. Er hebt ergänzend hervor, dass sich § 26 Abs. 3 UStG 1999-2001 unmittelbar nur auf die mit dem eigentlichen
Beförderungsgeschäft verbundenen Umsätze beziehe, nicht aber auch zugleich auf mit dem Beförderungsvorgang verbundene Nebenleistungen;
eine sie betreffende (Steuerfreistellungs-)Entscheidung müsse einem separaten Billigkeitsverfahren vorbehalten bleiben. Unter
diesen Umständen führten die auf die innerstaatlichen Flugstreckenanteile entfallenden Restaurationsleistungen im Lichte von
§ 3b Abs. 1 Satz 2 UStG 1999-2001 zu steuerpflichtigen Umsätzen, sollten sie überhaupt als unselbständige Nebenleistung zur
Flugbeförderung angesehen werden können. Letzteres sei in Wahrheit zu verneinen. Bildeten in der BFH-Rechtsprechung Verpflegungsleistungen
im Rahmen von Kinovorführungen (Beschluss vom 7. Januar 2011 – V B 55/10 –, Sammlung nicht amtlich veröffentlichter Entscheidungen
des BFH – BFH/NV – 2011, 660), Theater- und Variete-Aufführungen oder auch im Zusammenhang mit Seminar-/Fortbildungsveranstaltungen
(Urteil vom 7. Oktober 2010 – V R 12/10 – BFHE 231, 349, BStBl II 2011, 303,UR 2011, 154) keine unselbständigen Nebenleistungen,
könne anderes auch nicht für Restaurationsleistungen an Bord von Flugzeugen gelten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten ausgetauschten Schriftsätze
nebst deren Anlagen sowie auf die von dem Beklagten vorgelegten Steuerakten (1 Band Umsatzsteuerakten; 2 Bände Gesellschaftsverträge
mit Ergänzungen, Handelsregisterauszüge; 1 Band Betriebsprüfungsberichte) zur St.-Nr. … sowie eine weitere Heftung (Arbeitsbogen
Bundeszentralamt für Steuern) zur AB-Nr. … Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat nur in dem aus dem Tenor hervorgehenden Umfang Erfolg. Die angegriffenen Umsatzsteuerbescheide 1999 bis 2001
alle vom 6. September 2006 sämtlich in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 1. April 2009 haben Bestand, soweit sie darauf
beruhen, dass die entgeltlichen Restaurationsleistungen auf Flügen in das übrige Gebiet der Europäischen Union mit dem ermäßigten
Steuersatz betreffend die Abgabe von Speisen und mit dem Regelsteuersatz hinsichtlich der Abgabe alkoholischer Getränke in
die Bemessungsgrundlage der steuerpflichtigen Umsätze der Klägerin einzubeziehen waren. Darüber hinaus sind die angefochtenen
Umsatzsteuerfestsetzungen 1999 bis 2001 rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1, Abs.
2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO –).
Das streitgegenständliche Restaurationsangebot (entgeltliche Abgabe von Süßigkeiten und von alkoholischen Getränken) an Bord
der Flugzeuge der Klägerin ist zunächst nicht unmittelbar zu demjenigen Flugbeförderungsgeschäft zu zählen, das seinerseits
nach einer auf § 26 Abs. 3 Satz 1 UStG 1999-2001 gründenden Ausnahmeregelung von der Umsatzbesteuerung ausgenommen ist. So
kann hiernach das Bundesministerium der Finanzen – BMF – unbeschadet der Vorschriften der §§ 163 und 227 AO anordnen, dass
die Steuer für grenzüberschreitende Beförderungen von Personen im Luftverkehr niedriger festgesetzt oder ganz oder zum Teil
erlassen wird, soweit der Unternehmer keine Rechnungen mit gesondertem Ausweis der (Umsatz-)Steuer erteilt hat. Grenzüberschreitende
Beförderungen im Luftverkehr haben sich dabei auf die Verkehrsbeförderung von einem ausländischen Flughafen zu einem Flughafen
im Inland, von einem inländischen Flughafen zu einem ausländischen oder von einem ausländischen Flughafen zu einem ausländischen
Flughafen über das Inland zu beziehen (Abschnitt 277, 278 Abs. 1 der Umsatzsteuer-Richtlinien – UStR –). Die damit angesprochene
eigentliche Fluggastbeförderung ist aber nicht mit der entgeltlichen Abgabe von Gegenständen gleichzusetzen, die wie Speisen
und Getränke zum Verbrauch an Bord bestimmt sind (Mößlang, in: Sölch/Ringleb, UStG, Stand: April 2006, § 26 UStG Rn. 8).
Die Einbeziehung der streitgegenständlichen Restaurationsleistungen in die bestehende Umsatzsteuerausnahmeregelung nach §
26 Abs. 3 Satz 1 UStG 1999-2001 betreffend grenzüberschreitende Luftverkehrsbeförderungsleistungen lässt sich auch nicht in
der Weise begründen, dass sie als unselbständige Nebenleistungen einen Teil des eigentlichen Kerngeschäfts der Klägerin in
Form der Fluggastbeförderung bilden und dem gemäß von der bezeichneten Ausnahmeregelung miterfasst sein sollten. Stellt sich
ein Umsatz als ein Leistungsbündel mehrerer Einzelakte dar, ist für die Frage, ob mehrere zusammenhängende Leistungen als
eine Gesamtleistung zu behandeln sind, eine Gesamtbetrachtung erforderlich. In der Regel ist zwar jede Leistung als eigene
selbständige Leistung anzusehen. Eine wirtschaftlich einheitliche Leistung darf aber im Interesse eines funktionierenden Mehrwertsteuersystems
auch nicht künstlich aufgespalten werden. Deshalb ist das Wesen beziehungsweise [bzw.] sind die charakteristischen Merkmale
des fraglichen Umsatzes zu ermitteln, um festzustellen, ob der Steuerpflichtige gegenüber dem Leistungsempfänger mehrere selbständige
Leistungen oder eine einheitliche Leistung erbringt, wobei auf die Sicht des Durchschnittsverbrauchers abzustellen ist (BFH,
Urteil vom 2. März 2011 – XI R 25/09 – aaO. S. 738 Rn. 15).
Eine einheitliche Leistung liegt insbesondere dann vor, wenn ein oder mehrere Teile die Hauptleistung, ein oder mehrere andere
Teile dagegen Nebenleistungen darstellen, die das steuerliche Schicksal der Hauptleistung teilen. Eine Leistung ist als Nebenleistung
zu einer Hauptleistung anzusehen, wenn sie für den Leistungsempfänger keinen eigenen Zweck erfüllt, sondern das Mittel darstellt,
um die Hauptleistung des Leistenden unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen. Dem Umstand, dass ein Gesamtpreis in
Rechnung gestellt wird, kommt keine entscheidende Bedeutung zu. Freilich kann es für das Vorliegen einer einheitlichen Leistung
sprechen, wenn ein Leistungserbringer seinen Kunden eine aus mehreren Teilen zusammengesetzte Dienstleistung gegen Zahlung
eines Gesamtpreises erbringt (EuGH, Urteil vom 11. Juni 2009 – C-572/07 – [RLRE Tellmar Property] UR 2009, 557, 559 Rn. 23;
dasselbe gilt für den Umstand, dass Leistungen aufgrund einer einzigen Vertragsgrundlage erbracht werden (BFH, Urteil vom
2. März 2011 – XI R 25/09 – aaO. S. 738 Rn. 16).
Im Rahmen von Verpflegungs-/Bewirtungsleistungen ist in der Rechtsprechung die Ausgabe von Speisen und Getränken aus Anlass
eines Hochseeangeltörns (BFH, Urteil vom 2. März 2011 – XI R 25/09 – aaO.) ebenso wie bei einer Kabinenschiffreise (BFH, Urteil
vom 1. August 1996 – V R 58/94 – aaO.) als derartige unselbständige Nebenleistung eingestuft worden. Des Weiteren galt die
Beköstigung anlässlich einer nächtlichen Sylvesterrundfahrt auf einem bayerischen See als unselbständige Nebenleistung (Finanzgericht
– FG – Nürnberg, Urteil vom 27. März 2012 – 2 K 854/10 – Entscheidungen der Finanzgerichte – EFG – 2012, 1975, Nichtzulassungsbeschwerde
beim BFH anhängig zum Aktenzeichen [Az.] V B 67/12).
Dem gegenüber bildete die Verpflegung im Zusammenhang mit Kinovorführungen (BFH, Beschluss vom 7. Januar 2011 – V B 55/10
– aaO.), Theater- und Varieteaufführungen oder mit Seminar-/Fortbildungsveranstaltungen (BFH, Urteil vom 7. Oktober 2010 –
V R 12/10 – aaO.) keine unselbständigen Nebenleistungen. Auch Frühstücksleistungen an Hotelgäste auf der Grundlage von Pauschalpreisen,
die die Übernachtung und das Frühstück umfassten, sind als selbständige Leistungen behandelt worden (Sächsisches FG, Urteil
vom 14. Dezember 2010 – 3 K 1116/10 – DStRE 2011, 1408, Revision beim BFH anhängig zum Az. XI R 3/11).
Hieran gemessen teilen die streitgegenständlichen Restaurationsleistungen der Klägerin nicht das Schicksal deren den Passagierflugtransport
bildenden Hauptleistungsangebots. Vielmehr kommt der entgeltlichen Abgabe von Speisen und Getränken an Bord ihrer Flugzeuge
eine eigenständige Bedeutung zu, so dass von keinen (nur) unselbständigen Nebenleistungen zu sprechen ist.
Als entscheidend für diese Abgrenzung erweist sich an erster Stelle, dass die fraglichen Restaurationsleistungen erst auf
spezielle Nachfrage des Fluggastes hin angeboten, darüber hinaus – mit Blick auf das eigentliche Beförderungsverhältnis –
aufgrund separater vertraglicher Grundlage erbracht sowie nicht zuletzt auch eigenständig abgerechnet und bezahlt werden.
In besonderer Weise kommt die Eigenständigkeit dieses Geschäftsvorgangs dann vor allem auch gegenüber denjenigen Fluggästen
der Klägerin zum Ausdruck, die sie im Rahmen eines von einem Reiseunternehmen bzw. möglicherweise auch von einem Reisebüro
veranstalteten Charterfluges an Bord ihrer Flugzeuge aufnimmt und und mit ihnen daher betreffend die Flugbeförderung in keinerlei
unmittelbarer Vertragsbeziehung steht. Denn Voraussetzung für die Annahme einer einheitlichen Leistung ist, dass es sich um
Tätigkeiten desselben Unternehmers handelt (BFH, Urteil vom 19. März 2009 – V R 50/07 – BFHE 225, 224, BStBl II 2010, 78,
80, DStR 2009, 1364, UR 2009, 560).
Aber auch soweit die Fluggäste hinsichtlich der Beförderungsleistung in einer unmittelbaren Leistungsbeziehung zur Klägerin
standen, liegen betreffend die streitgegenständlichen Restaurationsumsätze keine unselbständigen Nebenleistungen vor. Denn
die streitgegenständliche Bordverpflegung hängt nicht eng und unmittelbar mit der Inanspruchnahme der eigentlichen Flugbeförderungsleistung
zusammen. Die Aufnahme von Süßigkeiten und alkoholischen Getränken ist weder örtlich noch zeitlich an einen Flug gebunden.
Deren Verzehr macht auch unabhängig von einem Flug einen Sinn. So steht keine Grundversorgung, sondern eine darüber hinaus
gehende allgemeine Genussbefriedigung im Vordergrund, deren Erfüllung ansonsten rund um die Uhr an jeder Stelle geschieht.
Insofern ruft nicht nur eine Flugreise ein Süßigkeiten- und Alkoholangebot hervor. Dieses hebt nicht den Wert eines Fluges.
Es wird auch sonst nicht erkennbar, dass sich ein Flug und die Genussbefriedigung mit Süßigkeiten und sinnlichen Getränken
gegenseitig bedingen sollten.
Ebenso wenig lässt sich sagen, dass ein geeignetes Verpflegungsangebot mit Süßigkeiten und alkoholischen Getränken für die
Inanspruchnahme der eigentlichen Flugleistung deshalb unabdingbar sein sollte, weil ansonsten eine nennenswerte Zahl von Passagieren
von Flugreisen Abstand nehmen würde. Hierin liegt der Unterschied zu den Fällen des Hochseeangeltörns und der Kabinenschiffreise.
Da bei einer mehrtägigen Schifffahrt auch weniger auf die Nahrungsaufnahme bedachte Personen einmal essen und trinken müssen,
ist ein geeignetes Verpflegungsangebot für die Inanspruchnahme solcher (Haupt-) Leistungen als „dazugehörig” zu bezeichnen.
Wenige Personen würden einen Segeltörn/ eine Schiffsreise antreten, hätten sie damit zu rechnen, ihre Verpflegung selbst organisieren
oder gar Verzicht üben zu müssen.
Als unselbständige Nebenleistungen zum Hauptgeschäft der Fluggastbeförderung sind daher nur die (Reise-)Gepäckmitnahme, die
Verwahrungsmöglichkeiten für das Handgepäck und die Benutzung der Flugzeugtoiletten anzusehen. Gleiches ließe sich beispielsweise
[bspw.] auch für die Bereitstellung größerer Sitze („XXL-Seats”) erwägen.
Den selbständigen Leistungscharakter des streitgegenständlichen Restaurationsangebots der Klägerin teilten dabei nicht etwa
in gleicher Weise auch die von ihr auf ihren Flügen darüber hinaus erbrachten, indes im Flugticketpreis inbegriffenen Bewirtungsleistungen
(die sog. includierte Restauration). Derartiges ist zwar zwischen den Beteiligten schriftsätzlich nicht erörtert worden. Der
Senat musste jedoch gleichwohl eine dahin gehende Prüfung vornehmen, da eine entsprechende steuerliche Saldierung (hierzu:
BFH, Urteil vom 1. Dezember 2010 – XI R 46/08 – BFHE 232, 232, DStR 2011, 362, UR 2011, 348, 353 Rn. 52) zu erwägen war. Der
sog. includierten Beköstigung fehlte aber im Unterschied zu den streitgegenständlichen Restaurationsumsätzen der eigenständige
Leistungscharakter. So wurden diese Bewirtungsleistungen von Seiten der Klägerin unterschiedslos gegenüber allen Flugpassagieren
ohne besondere Bestellung erbracht. Ebenso wenig erfolgte eine separate Abrechnung bzw. Bezahlung. Diese Bewirtungsleistungen
prägte – mindestens weniger deutlich – auch nicht wie bei Süßigkeiten und alkoholischen Getränken die Befriedigung eines allgemeinen
Genussbedürfnisses, sondern mehr – vornehmlich bezogen auf längere, bspw. auf die D. oder in die E. führenden Flugstrecken
– eine gewisse Grundversorgung mit Getränken und Lebensmitteln. In dieser Beziehung gehörten solche Restaurationsleistungen
aus der Betrachtung des sog. „Durchschnittsfluggastes” geradezu wie selbstverständlich zum Flug dazu.
Die Besteuerung der von der Klägerin an Bord ihrer Flugzeuge gegen besonderes Entgelt ausgegebenen Speisen und Getränke richtete
sich danach für diejenigen Flüge, die in einen anderen Staat innerhalb der Europäischen Union führten, nach § 3e UStG 1999-2001.
Unterliegen der Umsatzsteuer laut § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG 1999-2001 im Grundsatz nur solche Umsätze, die ein Unternehmer
im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt, stellt § 3e Abs. 1 UStG 1999-2001 in den Fällen, in denen
ein Gegenstand an Bord eines Schiffs, in einem Luftfahrzeug oder in einer Eisenbahn während einer Beförderung innerhalb des
Unionsgebiets geliefert wird, auf den Abgangsort des jeweiligen Beförderungsmittels im Unionsgebiet als solchen inländischen
Ort der Lieferung ab. Eine Lieferung ist ihrerseits die Verschaffung der Verfügungsmacht an einem Gegenstand, § 3 Abs. 1 UStG
1999-2001. Ihr stehen sonstige Leistungen, das heißt [d.h.] Leistungen, die keine Lieferungen bilden (§ 3 Abs. 9 UStG 1999-2001),
gegenüber.
§ 3e Abs. 1 UStG 1999-2001 bezog sich zunächst nur auf die Lieferung von Gegenständen, also den Verkauf der typischen sog.
„Duty-Free-Waren” an Bord, zum Beispiel [z.B.] Alkoholica, Parfums, Kosmetikartikel. Nicht erfasst von dieser Bestimmung waren
nach früherer Auffassung dagegen die hier streitgegenständlichen Restaurationsleistungen (Leonard, in: Bunjes/Geist, UStG,
8. Aufl. 2005, § 3e UStG Rn. 3). Erst § 3e Abs. 1 UStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2009 (Bundesgesetzblatt – BGBl
– I S. 2794) bezieht mit Geltung ab dem 1. Januar 2010 nunmehr ausdrücklich auch Restaurationsleistungen in Form der Abgabe
von Speisen und Getränken zum Verkehr an Ort und Stelle u.a. in einem Flugzeug in seinem Anwendungsbereich mit ein.
Indes erfasste aber auch bereits § 3e Abs. 1 UStG 1999-2001, soweit er die Lieferung von Gegenständen regelte, die hier streitgegenständlichen
Restaurationsleistungen an Bord von Flugzeugen auf Flugstrecken innerhalb des Unionsgebiets. Denn die Ausgabe von Speisen
und Getränken an Bord von Flugzeugen betraf keine sonstige Leistung, sondern die Lieferung von (Nahrungsmittel-)Gegenständen.
Die Abgabe frisch zubereiteter Speisen oder Nahrungsmittel zum sofortigen Verzehr an Ort und Stelle stellt sich als bloße
Lieferung von Gegenständen dar, wenn eine qualitative Prüfung des gesamten Umsatzes ergibt, dass die Dienstleistungselemente,
die der Lieferung der Nahrungsmittel voraus- und mit ihr einhergehen, nicht überwiegen (EuGH, Urteil vom 10. März 2011 – C-497/09
u.a. – aaO. S. 515 Leitsatz [LS] 1). Wenn auch die Vermarktung eines Gegenstands stets mit einer minimalen Dienstleistung,
wie dem Darbieten der Waren in Regalen oder dem Ausstellen einer Rechnung, verbunden ist, können bei der Beurteilung des Anteils
der Dienstleistung an der Gesamtheit eines komplexen Geschäfts, zu dem auch die Lieferung eines Gegenstands gehört, nur diejenigen
Dienstleistungen berücksichtigt werden, die sich von denen unterscheiden, die notwendig mit der Vermarktung eines Gegenstands
verbunden sind. Insofern ist bei Restaurationsumsätzen in der Regel eine Reihe einzelner Vorgänge angesprochen, von denen
nur ein Teil in der Lieferung von Nahrungsmitteln besteht, während die Dienstleistungen bei Weitem überwiegen. Sind sie daher
grundsätzlich als Dienstleistung zu betrachten, kann etwas anderes nur dann gelten, wenn sich der Umsatz auf Nahrungsmittel
zum Mitnehmen bezieht und daneben keine Dienstleistungen erbracht werden, die den Verzehr an Ort und Stelle in einem geeigneten
Rahmen ansprechend gestalten sollen (EuGH, Urteil vom 10. März 2011 – C-497/09 u.a. – aaO. S. 519 Rn. 63, 64).
Insofern kommt es allerdings von vornherein nur beim Vorliegen einer Standardspeise für die Abgrenzung von Lieferung und sonstiger
Leistung auf zusätzliche Dienstleistungselemente wie zum Beispiel [z.B.] die Überlassung, die Abholung und Reinigung von Geschirr
und die Ausgabe von Besteck an. Handelt es sich um eine qualitativ höherwertige Speise als eine Standardzubereitung, liegt
demgegenüber auch ohne derartige zusätzliche Dienstleistungselemente eine dem Regelsteuersatz unterliegende sonstige Leistung
vor (BFH, Beschluss vom 22. Dezember 2011 – V R 47/10 – BFH/NV 2012, 812).
Dem entsprechend macht die Abgabe von Bratwürsten, Pommes frites und ähnlichen standardisiert zubereiteten Speisen an einem
nur mit behelfsmäßigen Verzehrvorrichtungen ausgestatteten Imbissstand eine einheitliche Leistung aus, die als Lieferung dem
ermäßigten Steuersatz unterliegt (BFH, Urteil vom 30. Juni 2011 – V R 35/08 – BFHE 234, 491, DStRE 2011, 1208, UR 2011, 696).
Ebenso sind die Umsätze aus dem Verkauf von Nachos und Popcorn an Verkaufstheken im Eingangsbereich zu Kinosälen als dem ermäßigten
Steuersatz unterfallende Lieferungen angesehen worden, wobei dem von Seiten des Leistenden bereitgestellten Mobiliar kein
besonderes Dienstleistungselement innewohnte, wenn es nicht ausschließlich dazu bestimmt war, den Verzehr von Lebensmitteln
zu erleichtern (BFH, Urteil vom 30. Juni 2011 – V R 3/07 – BFHE 234, 484, DStR 2011, 1995, UR 2012, 37).
Darüber hinaus stellen sich Restaurationsumsätze an Bord von Fährschiffen, die die Abgabe von Speisen und Getränken zum sofortigen
Verzehr betreffen, als Ergebnis einer Reihe von Dienstleistungen vom Zubereiten bis zum Darreichen der Speisen dar. So wird
dem Gast zugleich eine organisatorische (Leistungs-)Gesamtheit zur Verfügung gestellt, die sowohl einen Speisesaal mit Nebenräumen
(u.a. Garderobe) als auch das Mobiliar und das Geschirr umfasst. Gegebenenfalls werden Kellner das Gedeck auflegen, den Gast
beraten, die angebotenen Speisen oder Getränke erläutern, diese auftragen und schließlich nach dem Verzehr die Tische abräumen
(EuGH, Urteil vom 10. März 2011 – C-497/09 u.a. – aaO. S. 519 Rn. 65).
Auf diesem Hintergrund ist das streitgegenständliche Verpflegungsangebot der Klägerin an Bord ihrer Flugzeuge in Form der
Abgabe von Süßigkeiten und alkoholischen Getränken als Lieferung von (Genuss-)Nahrungsmitteln einzustufen. Hinsichtlich der
an Bord nicht weiter zubereiteten, sondern vorverpackt ausgegebenen Süßigkeiten steht ebenso wie hinsichtlich der bereits
abgefüllten alkoholischen Getränke die Ausgabe einfacher, standardisiert hergestellter/ausgegebener Genussmittel in Rede.
Eine spezielle Zubereitung der angebotenen Nahrungsmittel, die Bereitstellung der Verzehrörtlichkeiten, von Mobiliar und Geschirr
für die Nahrungsaufnahme, die Beratung der Fluggäste und die Erläuterung der Speisen und Getränke prägen abweichend von den
Verzehrverhältnissen insbesondere auch an Bord von Fährschiffen den Vorgang erkennbar nicht. Die Ausgabe der Speisen und Getränke
durch das Bordpersonal und deren Vereinnahmung auf dem Passagiersitz stellt sich auch nicht als verzehrfördernde Annehmlichkeit
dar, sondern erklärt sich allein aus den Gegebenheiten der Gewährleistung der Sicherheit der Fluggäste und ist zudem bedingt
durch die nicht zu verändernde Enge der Flugzeuge. Auch die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Klapptische zum Verzehr der
streitgegenständlichen Bordverpflegungsleistungen führt nicht dazu, dass von einem besonderen Dienstleistungselement gesprochen
werden müsste. Denn die aus der Lehne des Vordersitzes herauszunehmenden Klapptische weisen keinen engen Zusammenhang mit
der Einnahme gerade von Süßigkeiten und alkoholischen Getränken auf. Sie dienen von vornherein vielmehr auch anderen Zwecken,
nämlich zum Ablegen von (Bord-)Zeitungen/Zeitschriften, Telefonen, Laptops, Musikabspielgeräten samt Kopfhörern u.ä. Ebenso
eignen sie sich für die Einnahme des sog. includierten Bewirtungsangebots.
Hinsichtlich der danach als Liefervorgang anzusehenden streitgegenständlichen Restaurationsleistungen kommt der Klägerin allerdings
auf der Grundlage von § 12 Abs. 2 UStG 1999-2001 in Verbindung mit den Nummern 29, 30 und 31 der Anlage zum UStG 1999-2001
betreffend die Ausgabe der Süßigkeiten der ermäßigte Steuersatz betreffend Speisen zu, der sich (anstelle des in den Streitjahren
geltenden allgemeinen Steuersatzes in Höhe von sechzehn v.H.) auf sieben vom Hundert belief. Dies ist für sich genommen zwischen
den Beteiligten auch nicht umstritten. Lediglich die Ausgabe der alkoholischen Getränke unterfällt dem regulären Steuersatz.
Eine Steuerbefreiung gestützt auf § 4 Nr. 6 Buchstabe e) Satz 1 UStG 1999-2001 steht der Klägerin in dieser Beziehung dagegen
nicht zur Seite. Zwar bleiben von den unter § 1 Abs. 1 Satz 1 UStG 1999-2001 fallenden Umsätzen, d.h. von Lieferungen und
von sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt, laut § 4 Nr.
6 Buchstabe e) Satz 1 UStG 1999-2001 die Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle im Verkehr mit Wasserfahrzeugen
für die Schifffahrt zwischen einem inländischen und einem ausländischen Seehafen und zwischen zwei ausländischen Seehäfen
(umsatz-)steuerfrei. Diese Voraussetzungen einer auf § 4 Nr. 6 Buchstabe e) Satz 1 UStG 1999-2001 zurückzuführenden Steuerbefreiung
erfüllt die Klägerin hinsichtlich ihrer streitgegenständlichen Restaurationsumsätze an Bord ihrer Flugzeuge aber nicht.
Ihr Unternehmensgegenstand betrifft nicht den Bereich der Schifffahrt mit Wasserfahrzeugen; dem entsprechend lassen sich ihre
Flugzeuge auch nicht als Wasserfahrzeuge ansehen. Ebenso wenig ist ein (Beförderungs-)Verkehr zwischen verschiedenen Seehäfen
angesprochen.
Eine entsprechende Anwendung von § 4 Nr. 6 Buchstabe e) Satz 1 UStG 1999-2001 im Sinne einer Gleichstellung von Wasserfahrzeugen
mit Fluggeräten/Flugzeugen ist nicht angängig. Der unmissverständliche Wortlaut von § 4 Nr. 6 Buchstabe e) Satz 1 UStG 1999-2001,
der grundsätzlich eine äußere Grenze für eine mögliche Auslegung des Wortsinns der Tatbestandsvoraussetzungen einer Rechtsvorschrift
bildet, ist auf die Schifffahrt, Wasserfahrzeuge bzw. Seehäfen beschränkt und ermöglicht unter diesen Umständen keine Einbeziehung
des Bereichs der Luftfahrt, der Flugzeuge oder der Flughäfen.
Eine Regelungslücke, die im Falle eines (noch) offenen Wortlauts Raum und Möglichkeit für eine Einbeziehung auch anderer Verkehrsbereiche/Verkehrsmittel
geben könnte, ist nicht auszumachen. Insofern lässt sich § 4 Nr. 6 Buchstabe e) Satz 1 UStG 1999-2001 nicht für Restaurationsums ätze
an Bord (auch) von Flugzeugen heranziehen (Stadie, UStG, 2. Aufl. 2012, § 4 Nr. 6 UStG Rn. 5; a.A: Jorczyk, in: DStR 2007,
1660, 1662).
Gegenteiliges legen auch die Gesetzgebungsmaterialien nicht nahe. Mit § 4 Nr. 6 Buchstabe e) Satz 1 UStG 1999-2001 sollte
den (umsatzsteuerrechtlichen) Auswirkungen der EuGH-Rechtsprechung (Urteil vom 2. Mai 1996 – C-231/94 [Rs. Faaborg/Gelting]
– aaO.) insbesondere für den Bereich des Fährverkehrs an Bord von Seeschiffen, für den für inländische Unternehmer Wettbewerbsnachteile
befürchtet wurden, entgegen gewirkt werden (Bundestags-Drucksache – BT-DrS – 13/10635, S. 13/14). Andere Wirtschaftsbereiche,
insbesondere der Bereich von Luftverkehrsunternehmen, klingen hinsichtlich der Zielstellungen der Neuregelung von § 4 Nr.
6 Buchstabe e) Satz 1 UStG 1999-2001 dem gegenüber nicht an. Neben dem mit dem Wort „insbesondere” herausgestellten Fährverkehr”
sind keine andere Unternehmensbereiche herausgestellt.
Eine Erstreckung von § 4 Nr. 6 Buchstabe e) Satz 1 UStG 1999-2001 auch auf das Geschäftsfeld von Luftverkehrsunternehmen wird
des Weiteren nicht durch vorrangiges Unionsrecht nahe gelegt. Im Gegenteil: bereits die durch § 4 Nr. 6 Buchstabe e) Satz
1 UStG 1999-2001 für den Schifffahrtsverkehr eröffnete Steuerbefreiung lässt sich auf keine unionsrechtliche Ermächtigung
zurückführen und ist deshalb als unionsrechtswidrig zu bezeichnen (Treiber, in: Sölch/Ringleb, UStG, Stand: April 2008, §
4 Nr. 6 UStG Rn. 8; Schlienkamp, in: Plückebaum/Malitzky, UStG, § 4 Nr. 6 UStG Rn. 6 ff.; a.A.: Schuhmann, in: Rau/Dürrwächter,
Stand: Februar 2004, § 4 Nr. 6 UStG Rn. 17). Eine erweiternde Auslegung von § 4 Nr. 6 Buchstabe e) Satz 1 UStG 1999-2001 im
Wege analoger Anwendung verbietet sich unter diesen Umständen.
Auch der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) drängt zu keiner erweiternden Anwendung von § 4 Nr. 6 Buchstabe
e) Satz 1 UStG 1999-2001 auf den Bereich des Luftfahrtverkehrs. Eine etwaige Wettbewerbsverzerrung ist zwischen dem (Fähr-)Schifffahrts-
und dem Flugverkehr nicht angesprochen. Beide Beförderungsträger bedienen ganz unterschiedliche, nicht miteinander in unmittelbarer
Konkurrenz stehende Verkehre. So gibt es in der Regel zwischen zwei im Inland und dem Ausland bzw. zwischen zwei im Ausland
belegenen (Küsten-)Häfen kein paralleles Beförderungsangebot von Schifffahrts- und Luftverkehrsgesellschaften. Im Übrigen
steht anders als im Flugverkehr bei Fährdiensten keine rein personenbezogene, möglichst rasche Beförderung zwischen zwei Bodenpunkten
im Vordergrund; vielmehr wird der deutlich langsamere Fährverkehr wegen des maritimen Erlebnischarakters und vor allem wegen
der Möglichkeit der Mitbeförderung von Fahrzeugen benutzt. Unter diesen Umständen sind strukturell andere, auch im Hinblick
auf die Vermeidung von Benachteiligungen im Konkurrenzkampf nicht notwendigerweise über Art. 3 Abs. 1 GG gleich zu stellende
Verkehre angesprochen.
Schließlich müssen die streitgegenständlichen Restaurationsleistungen der Klägerin auf Flugstrecken in sog. Drittstaaten im
Lichte von § 3 Abs. 7 Satz 1 UStG 1999-2001 als nicht (umsatz-)steuerbar von der Umsatzbesteuerung ausgenommen bleiben. Wird
der Gegenstand der Lieferung nicht befördert oder versendet, wird die Lieferung dort ausgeführt, wo sich der Gegenstand zur
Zeit der Verschaffung der Verfügungsmacht befindet (§ 3 Abs. 7 Satz 1 UStG 1999-2001). Auf den Drittstaatenflugrouten lag
der Lieferort der streitgegenständlichen Restaurationsleistungen der Klägerin insofern jeweils außerhalb des bundesdeutschen
Luftraums. Unwidersprochen hat die Klägerin mit ihrem Schriftsatz vom 20. April 2012 in dieser Beziehung angegeben, dass gemäß
ihren internen Arbeitsanweisungen die Ausgabe der fraglichen Speisen und Getränke jeweils erst nach Überfliegen des Bundesgebiets
geschehen sei. Unter diesen Umständen fehlt es insoweit an einem im Inland im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG 1999-2001
bewirkten Umsatz.
Im Einzelnen waren der (Umsatz-)Besteuerung der streitgegenständlichen Restaurationsleistungen der Klägerin in tatsächlicher
Hinsicht das von ihr mit Schriftsatz vom 15. Januar 2013 angegebene Zahlenwerk zugrunde zu legen. Der erkennende Senat hat
allerdings aus den für die Abgabe von Süßigkeiten und Getränken mitgeteilten (Brutto-)Verkaufswerten hinsichtlich der maßgeblichen
Bemessungsgrundlage der steuerpflichtigen Umsätze den Mehrwertsteueranteil herausgerechnet und – betreffend die noch von der
DM-Währung bestimmten Streitjahre 1999-2001 – eine Umrechnung der EUR-Angaben in DM vorgenommen. Danach ergaben sich laut
nachfolgender Tabellenaufstellung folgende Einzelansätze:
Die Entscheidung zur Kostentragung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO, diejenige zur Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im
Vorverfahren auf § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 151 Abs. 3, 155
FGO, 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung – ZPO –.
Die Zulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO. Es ist bisher höchstrichterlich nicht geklärt und es liegen
auch ansonsten weder eine einheitliche erstinstanzliche Rechtsprechung noch übereinstimmende Kommentierungen zur Umsatzbesteuerung
von entgeltlichen, nicht bereits in den Flugticketpreis eingeschlossenen Restaurationsleistungen an Bord von Flugzeugen vor.