26.11.2013 · IWW-Abrufnummer 133703
Finanzgericht Nürnberg: Urteil vom 06.08.2013 – 2 K 1964/10
Die Voraussetzungen der Geschäftsveräußerung
im Ganzen wurden bisher nur in Fällen, in denen der Geschäftsbetrieb
oder ein Teilbetrieb auf ein Umsatzsteuersubjekt übertragen
wurde, das den übertragenen (Teil-)Betrieb weiterführte,
als erfüllt angesehen. Es ist jedoch, ausgehend vom Zweck
der Vorschrift des Art. 19 MwStSystRL, die Übertragung
von Unternehmen oder Unternehmensteilen zu erleichtern und zu vereinfachen,
und unter Beachtung des Grundsatzes der Neutralität der
Umsatzsteuer nicht anders zu entscheiden, wenn der Geschäftsbetrieb
zwar auf mehrere Umsatzsteuersubjekte übertragen wird,
diese aber den früheren Geschäftsbetrieb in der
bisherigen Form nur gemeinsam weiterführen können
und dies auch tun.
Tatbestand
Streitig ist, ob eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung
im Ganzen vorliegt.
Der Kläger betrieb seit über 30 Jahren und
auch in den Streitjahren ein Bauunternehmen (Eintragung Handelsregister
des AG F. ... vom 10.09.1976, Gewerbeabmeldung vom 10.01.2007: „Fuhrunternehmen,
Baggerbetrieb”). Die Umsatzsteuererklärung 2005 ging am 24.01 .2007
beim Finanzamt ein, die Umsatzsteuererklärung 2006 am 28.04.2008. Die
Erklärungen wurden ohne Abweichung verarbeitet. Sie standen
damit einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung
gleich, §§ 168, 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO).
Zum 31.12.2006 wurde das Einzelunternehmen in eine Gesellschaft
bürgerlichen Rechts (GbR) und eine GmbH & Co.
KG aufgeteilt. Einzelheiten ergeben sich aus dem privatschriftlichen
Vertrag vom 21.11.2006, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen
wird. Nach diesem Vertrag hat der Kläger zunächst
eine bereits bestehende GmbH als persönlich haftende Gesellschafterin
ohne Kapitaleinlage in sein Einzelunternehmen aufgenommen (dort
11.1). Gesellschafter und Geschäftsführer der
GmbH waren der Kläger und seine beiden Söhne.
Sodann wurde seine Beteiligung in eine Kommanditbeteiligung umgewandelt
(11.2). Die Haftsumme von 25.000 € sollte dadurch erbracht
werden, dass der Kläger das bisher von ihm allein betriebene
Einzelunternehmen, jedoch ohne das gesamte Anlagevermögen
gemäß § 266 Abs. 2 Buchst. a Handelsgesetzbuch
(HGB), in die Gesellschaft einbringt. Anschließend schenkte und übereignete
er jeweils einen Anteil seiner Kommanditbeteiligung i.H.v. 10.000 € an
jeden seiner beiden Söhne, so dass sich ein Beteiligungsverhältnis von
20:40:40 ergab. Schließlich beteiligte er seine beiden
Söhne in gesamthänderischer Verbundenheit an dem
nicht in die Kommanditgesellschaft (KG) eingebrachten Anlagevermögen,
indem er es in die mit den Söhnen gegründete GbR
einbrachte und diesen jeweils so viele Teile des gesamthänderisch
gebundenen Vermögens schenkte und übertrug, dass
sich auch in der GbR ein Beteiligungsverhältnis von 20:40:40
ergab (1V.1-3). Abschließend (1V.4) vereinbarten die Vertreter
von GbR und KG, dass die GbR der KG „das dieser vorenthaltene und
vom Vertragsschließenden zu 1 [dem Kläger] in
die Gesellschaft bürgerlichen Rechts eingebrachte Betriebsvermögen
unentgeltlich zur uneingeschränkten Nutzung überlassen
wird.” Gesellschaftszweck der KG ist nach § 2
des Gesellschaftsvertrags (Anlage 1 zum Vertrag vom 21.11.2006):
Tiefbau, Fuhrunternehmen, Baustoffhandel, Erdbewegungen. Gesellschaftszweck
der GbR ist nach § 2 des Gesellschaftsvertrags (Anlage
2 zum Vertrag vom 21.11.2006) die unentgeltliche Überlassung
des sich im Gesellschaftsvermögen befindlichen Betriebsvermögens
an die KG, sowie dessen Erhalt und Pflege.
Im Jahr 2009 fand beim Kläger für die Jahre
2004 bis 2006 eine Betriebsprüfung statt (Betriebsprüfungsbericht
vom 28.10.2009). Der Prüfer traf u.a. folgende Feststellungen:
Umsatzsteuer 2006 :
Die Einbringung des Anlagevermögens
des Einzelunternehmens „J. G.” in die „G.
Betriebsvermögens-GbR” (im Folgenden „GbR”)
und des restlichen Betriebsvermögens in die „G.
GmbH & Co. KG” (im Folgenden „KG”) stelle
keine Geschäftsveräußerung im Ganzen
gemäß § 1 Abs. 1a UStG dar. Die einzelnen
Einbringungen seien als steuerpflichtige Umsätze zu behandeln
(Tz. 5.1 und 5.2 Prüfungsbericht). Dies führe
zu einer Erhöhung der steuerpflichtigen Umsätze
um 233.447 € aus der Einbringung in die GbR und 82.956 € aus
der Einbringung in die KG.
Der Kläger hatte im Jahr 2004 für
90.101,40 € eine Photovoltaikanlage gekauft und dafür
Vorsteuer i.H.v. 14.416,22 € geltend gemacht. Geplant war eine
Verwendung für 60 Monate; tatsächlich wurde die
Anlage nur von 01.09 .2004
bis 31.12.2006 für das Unternehmen des Klägers
genutzt. Danach wurde sie nach den Feststellungen des Prüfers
unentgeltlich der KG überlassen. Die GbR erzielte keine
Einnahmen aus der Energieeinspeisung. Der Prüfer berichtigte
deshalb die Vorsteuer nach § 15a Umsatzsteuergesetz (UStG)
um insgesamt 8.988,50 € (Tz. 5.4 und 5.5 Prüfungsbericht).
Die Vorsteuer i.H.v. 2.089 € aus den Herstellungskosten
der Lagerhallenaufstockung sei gemäß § 15
Abs. 2 UStG zu mindern, weil das Grundstück steuerfrei
zur Nutzung überlassen werde (Tz. 5.1 und 5.3 Prüfungsbericht).
- Der aufgestockte Teil der Halle wurde erst ab dem Jahr 2007 (von
der KG) genutzt.
Umsatzsteuer 2005:
Auch hier sei die Vorsteuer
aus den Herstellungskosten der Lagerhalle entsprechend um 2.776 € zu
mindern (Tz. 5.1 und 5.3 Prüfungsbericht).
Das Finanzamt erließ, den Feststellungen und der Rechtsauffassung
des Prüfers folgend, jeweils am 28.01.2010 nach § 164
Abs. 2 AO geänderte Umsatzsteuerbescheide für
die Streitjahre und hob den Vorbehalt der Nachprüfung jeweils auf, § 164
Abs. 3 AO.
Gegen die geänderten Bescheide legte der Kläger
unter Bezugnahme auf sein Vorbringen im Rahmen der Betriebsprüfung
Einspruch ein.
Er trug vor, sein Einzelunternehmen sei mit Ablauf des 30.12.2006
in die GbR und die KG „aufgespalten” worden. Dadurch
seien auch seine beiden Söhne beteiligt worden. Das Anlagevermögen,
das sich in der GbR befinde, werde der KG unentgeltlich überlassen.
Die Gesellschafter von GbR und KG seien identisch; die GmbH sei
an der (GmbH & Co.) KG vermögenslos beteiligt.
Diese zivilrechtliche Gestaltung sei nicht aus steuerlichen Gründen
gewählt worden, sondern aus haftungsrechtlichen. Durch
die Aufspaltung habe eine Haftung des wertvollen Anlagevermögens
ausgeschlossen werden sollen. Die Überlassung des Anlagevermögens
als Gesellschaftsbeitrag und nicht in Form einer entgeltlichen umsatzsteuerpflichtigen
Vermietung sei gewählt worden, um die damals noch geltende
BGH-Rechtsprechung zur Eigenkapital ersetzenden Nutzungsüberlassung
nicht zur Anwendung kommen zu lassen.
Es handle sich um zwei unter § 1 Abs. 1 a UStG zu subsumierende,
nicht steuerbare Teilgeschäftsveräußerungen.
Die GbR sei Unternehmerin. Gegenstand ihres Unternehmens sei
zwar die unentgeltliche Überlassung des eingebrachten Anlagevermögens
des früheren Einzelunternehmens an die KG sowie dessen
Erhalt und Pflege. Daneben sei sie aber nachhaltig und in Einnahmeerzielungsabsicht
- und damit unternehmerisch - tätig, indem sie bei jedem
geschäftlich begründeten Anlass Gegenstände
ihres Unternehmensvermögens veräußere
und durch neue ersetze. Die GbR sei auch bereits im Zeitpunkt der Übertragung
des früheren Anlagevermögens des Einzelunternehmens
Unternehmerin gewesen. Die Unternehmereigenschaft werde nicht erst
mit der Ausführung des ersten entgeltlichen Ausgangsumsatzes erworben,
sondern - wenn, wie hier, die spätere Ausführung
entgeltlicher Leistungen beabsichtigt und die Ernsthaftigkeit dieser
Absicht durch objektive Merkmale nachgewiesen oder glaubhaft gemacht
sei - mit dem ersten nach außen erkennbaren, auf eine unternehmerische
Tätigkeit gerichteten Tätigwerden. Im Streitfall
werde der Zusammenhang durch den Erwerb umfangreicher Anlagewirtschaftsgüter
eines eingebrachten Baugeschäfts nachgewiesen. Außerdem
sei sie gemäß § 2 Gesellschaftsvertrag
zum Erhalt des übernommenen Betriebsvermögens
verpflichtet. Dazu müsse sie Wirtschaftsgüter
ersetzen, wenn sie den geschäftlichen Anforderungen nicht
mehr entsprächen. Deshalb müsse sie solche Wirtschaftsgüter
veräußern und durch andere zu ersetzen. (Näher
hierzu das Gutachten von Dr. W. vom 06.06.2009, auf das wegen der Einzelheiten
Bezug genommen wird.)
Jedenfalls (hilfsweise) liege ein Fall des § 2 Abs.
2 Nr. 1 UStG vor. Die GbR sei Unternehmerin (s.o.). Sie habe in
den Jahren ab 2007 jeweils Umsätze - nicht nur Hilfsumsätze
- in folgender Höhe erbracht:
2007 | 8.000,00 € |
2008 | 168,07 € |
2009 | 41.450,00 € |
2010 | 21.600,00 € |
es im Übrigen nicht an.
Aufgrund der Geschäftsveräußerung
im Ganzen seien auch die von der Betriebsprüfung als nicht
abzugsfähig bzw. nach § 15a UStG zu berichtigend
behandelten Vorsteuerbeträge abzugsfähig.
Als Anlagen wurden beigefügt: der Gründungsvertrag
der KG und der GbR (IV. des KG-Vertrages) vom 21.11.2006, der Gesellschaftsvertrag
der KG, der Gesellschaftsvertrag der GbR und eine gutachtliche Stellungnahme
von Dr. W. vom 06.06.2009.
Auf die Anlagen wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.
Der Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 23.11.2010
als unbegründet zurückgewiesen.
Im Klageverfahren haben die Beteiligten im Wesentlichen auf ihr
Vorbringen im Einspruchsverfahren Bezug genommen. Der Klägervertreter
hat ergänzend insbesondere (Schriftsatz vom 02.08.2013)
vorgetragen, die GbR habe folgende Umsätze ausgeführt:
Im Jahr 2008 habe sie einen gebrauchten PKW für 168,07 € netto
an die KG verkauft; im Jahr 2009 habe sie 9.450 € netto
aus der Vermietung von Gegenständen des Anlagevermögens
an die KG eingenommen und 32.000 € aus Verkäufen
von Anlagevermögen (teils an die KG, teils an Dritte), außerdem
habe sie einen Radlader für 101.700 € über
das Verrechnungskonto der KG gekauft und einen weiteren Radlader
für 42.700 € über ihr eigenes Bankkonto;
im Jahr 2010 habe sie einen Minibagger für 54.390 € und
Gerüstteile gekauft und über ihr Bankkonto bezahlt,
der Kauf einer Rüttelplatte für 7.730 € sei über
das Verrechnungskonto der KG gelaufen; im Jahr 2011 habe sie einen
Raupenbagger für 133.000 €, einen LKW für
58.000 € und Gerüstteile über das Bankkonto
bezahlt, ein Radlader für 44.000 € sei als Verbindlichkeit gebucht
worden. Die Arbeitnehmer des früheren Einzelunternehmens
seien von der KG weiterbeschäftigt worden. Neu angeschaffte
Gegenstände (z.B. der im Jahr 2009 angeschaffte Radlader)
seien an die KG vermietet worden. Die unentgeltliche Überlassung
habe, so der Klägervertreter in der mündlichen
Verhandlung nur für das am 31.12.2006 vorhandene Anlagevermögen
gelten sollen.
Der Kläger beantragt, die Umsatzsteuerbescheide 2005
und 2006, jeweils vom 28.01.2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung
vom 23.11.2010 dahin zu ändern, dass die Umsatzsteuer 2005
auf 143.583,73 € und die Umsatzsteuer 2006 auf 242.123,96 € herabgesetzt
wird.
Das Finanzamt beantragt, die Klage abzuweisen.
Es bleibt bei seiner Auffassung, wonach bei der Einbringung des
Anlagevermögens des Einzelunternehmens in die GbR keine
Geschäftsveräußerung im Ganzen vorliege,
sondern eine umsatzsteuerpflichtige Lieferung einzelner Gegenstände,
wobei die Einbringung des Grundstücks umsatzsteuerfrei
bleibe. Die GbR sei mit ihrem Betrieb der Erhaltung und Pflege dieses
Anlagevermögens nicht Unternehmer i.S.d. Umsatzsteuerrechts,
weil es an der Einnahmeerzielungsabsicht fehle. Da für
die Überlassung kein Entgelt vereinbart worden sei, sei
Art. 9 der MwSt-Systemrichtlinie nicht erfüllt. Da die
GbR nicht Unternehmerin sei, könne auch keine Geschäftsveräußerung
im Ganzen nach § 1 Abs. 1a UStG vorliegen.
Der Hilfsargumentation könne ebenfalls nicht zugestimmt
werden, weil die GbR das Anlagevermögen unentgeltlich überlasse
und daher keine umsatzsteuerpflichtigen Umsätze erziele,
die die KG zum Vorsteuerabzug berechtigen würden (Hinweis
auf A 206 Abs. 2 UStR, dort Beispiel 1).
In der mündlichen Verhandlung hat das Finanzamt eingeräumt,
dass die GbR seit jeher und auch nach der Betriebsprüfung
(trotz eines entgegenstehenden Aktenvermerks) mit Umsatzsteuersignal
geführt werde, Umsatzsteuererklärungen abgebe
und entsprechend Steuern zahle.
Gründe
Die Klage ist begründet. Das Finanzamt hat zu Unrecht
eine Geschäftsveräußerung im Ganzen verneint
und folglich auch unzutreffende Folgerungen bzgl. der geltend gemachten
Vorsteuer aus der Aufstockung der Lagerhalle und dem Erwerb der
Photovoltaikanlage gezogen. Der Kläger ist durch die angefochtenen
Bescheide in seinen Rechten verletzt, § 100 Abs. 1 Satz
1 und Satz 2 Finanzgerichtsordnung (FGO).
1. Nach § 1 Abs. 1a Satz
1 UStG unterliegen die Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung
an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen nicht
der Umsatzsteuer. Eine Geschäftsveräußerung
liegt vor, wenn ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines
Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich
oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft
eingebracht wird (§ 1 Abs. 1 a Satz 2 UStG). Der erwerbende
Unternehmer tritt an die Stelle des Veräußerers
(§ 1 Abs. 1a Satz 3 UStG).
§ 1 Abs. 1a UStG dient der Umsetzung von Art. 5 Abs.
8 und Art. 6 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG
in nationales Recht und ist entsprechend dieser Bestimmung richtlinienkonform
auszulegen (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 29.08.2012 XI R 10/12 , BFH/NV
2013, 484 m.w.N.).
Nach Art. 5 Abs. 8 der Richtlinie 77/388/EWG
(nunmehr Art. 19 der Richtlinie 2006/112/EG des
Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem
-MwStSystRL-) können die Mitgliedstaaten die Übertragung
eines Gesamt- oder Teilvermögens, die entgeltlich erfolgt,
so behandeln, als ob keine Lieferung vorliegt, und den Begünstigten
der Übertragung als Rechtsnachfolger des Übertragenden
ansehen.
Die Bestimmung bezweckt nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs
der Europäischen Union (EuGH), die Übertragung
von Unternehmen oder Unternehmensteilen zu erleichtern und zu vereinfachen
(EuGH-Urteile vom 27.11.2003 C-497/01 --Zita Modes--, Sig.
2003, 1-14393, BFH/NV Beilage 2004, 128, Rz 39; vom 10.11.2011 C-444/10
--Schriever--, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2011, 937 ,
Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2011, 2196 , Rz 23), und erfasst dementsprechend
die Übertragung von Geschäftsbetrieben und von
selbständigen Unternehmensteilen, die als Zusammenfassung
materieller und immaterieller Bestandteile ein Unternehmen oder
einen Unternehmensteil bilden, mit dem eine selbständige
wirtschaftliche Tätigkeit fortgeführt werden kann (EuGH-Urteile
in Sig. 2003, 1-14393, BFH/NV Beilage 2004, 128, Rz 40;
in UR 2011, 937 , DStR 2011, 2196 ,
Rz 25; BFH-Urteil vom 18.01.2012 XI R 27/08 , BFH/NV
2012, 677 ).
Der Erwerber muss dabei beabsichtigen, den übertragenen
Geschäftsbetrieb oder Unternehmensteil zu betreiben. Nicht
begünstigt ist die sofortige Abwicklung der übernommenen
Geschäftstätigkeit (EuGH-Urteil in Sig. 2003,
1-14393, BFH/NV Beilage 2004, 128, Rz 44; BFH-Urteile vom 30.04.2009 V R 4/07 , BStBl. II 2009,
863 ; und vom 18.01.2012 XI R 27/08 , BFH/NV
2012, 677 ).
Im Rahmen einer Gesamtwürdigung ist es für
die Geschäftsveräußerung entscheidend,
ob das übertragene Unternehmensvermögen als hinreichendes Ganzes
die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit
ermöglicht, und ob die vor und nach der Übertragung
ausgeübten Tätigkeiten übereinstimmen oder
sich hinreichend ähneln. Die Übertragung aller
wesentlichen Betriebsgrundlagen und die Möglichkeit zur
Unternehmensfortführung ohne großen finanziellen
Aufwand sind nicht erforderlich. Der Fortsetzung der bisher durch
den Veräußerer ausgeübten Tätigkeit
steht es nicht entgegen, wenn der Erwerber den von ihm erworbenen
Geschäftsbetrieb in seinem Zuschnitt ändert oder
modernisiert. Vgl. hierzu BFH-Urteil vom 29.08.2012 XI R 10/12 , BFH/NV
2013, 484 mit zahlreichen weiteren Nachweisen.
2. Soweit ersichtlich wurden die Voraussetzungen
der Geschäftsveräußerung im Ganzen bisher
nur in Fällen, in denen der Geschäftsbetrieb oder
ein Teilbetrieb auf ein Umsatzsteuersubjekt übertragen
wurde, das den übertragenen (Teil-)Betrieb weiterführte,
als erfüllt angesehen. Nach Meinung des Senates ist aber,
ausgehend vom Zweck der Vorschrift, die Übertragung von
Unternehmen oder Unternehmensteilen zu erleichtern und zu vereinfachen,
und unter Beachtung des Grundsatzes der Neutralität der
Umsatzsteuer nicht anders zu entscheiden, wenn - wie im Streitfall
- der Geschäftsbetrieb zwar auf mehrere Umsatzsteuersubjekte übertragen
wird, diese aber den früheren Geschäftsbetrieb
in der bisherigen Form nur gemeinsam weiterführen können
und dies auch tun.
Im Streitfall hat die KG zwar die unternehmerische Tätigkeit
(Tiefbauunternehmen u.a.) des Klägers fortgeführt,
doch ermöglichte der ihr übertragene Teil des
Unternehmensvermögens die Ausübung dieser Tätigkeit
nicht, weil sie über keinerlei Anlagevermögen,
insbesondere keine Baufahrzeuge verfügte.
Das der GbR übertragene Anlagevermögen hätte
dagegen die Ausübung einer der ursprünglichen
wirtschaftlichen Tätigkeit des Klägers vergleichbaren
Tätigkeit ermöglicht, doch wurde es dafür
nicht genutzt. Die GbR hat es der KG wie vereinbart unentgeltlich überlassen.
Selbst wenn im Verkauf abgenutzter Teile des Anlagevermögens
eine wirtschaftliche Tätigkeit zu sehen sein sollte, wäre
diese („Handel mit gebrauchten Baufahrzeugen”) nicht
hinreichend ähnlich mit der vor der Vermögensübertragung
ausgeübten Tätigkeit des Klägers („Tiefbauunternehmen”).
Gesellschaftszweck der GbR ist zudem nicht der Handel mit gebrauchten
Baufahrzeugen, sondern „die unentgeltliche Überlassung
des im Gesellschaftsvermögen befindlichen Betriebsvermögens
an die ...KG, sowie dessen Erhalt und Pflege.”
Die beiden Gesellschaften waren nur gemeinsam in der Lage, den
bisherigen Geschäftsbetrieb fortzuführen. Das
sollten sie nach dem Willen des Klägers tun und das haben
sie auch getan. Im Streitfall kommt hinzu, dass an sämtlichen
beteiligten Gesellschaften jeweils dieselben natürlichen
Personen im selben Verhältnis beteiligt sind. Wirtschaftlich
gewollt war die Beteiligung der Söhne am Unternehmen des
Vaters unter gleichzeitiger Begrenzung des Haftungsrisikos durch
Auslagerung des Anlagevermögens in eine eigenständige
Gesellschaft, die gerade „nichts tun” sollte,
außer eben der Betriebsgesellschaft dieses „ihr
vorenthaltene” Anlagevermögen wieder zum Gebrauch zur
Verfügung zu stellen. Bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise
bilden die beiden Gesellschaften zusammen das frühere Einzelunternehmen
des Klägers ab. Das zeigt sich nach Auffassung des Senats
auch daran, dass die GbR den Ankauf neuer Fahrzeuge, den sie aus
dem vorhandenen Vermögen nicht leisten konnte, über
ein Verrechnungskonto bei der KG finanzierte.
3. Da das Gericht von einer Geschäftsveräußerung
im Ganzen ausgeht, ist auch kein Raum für die vom Finanzamt
vorgenommenen Änderungen betreffend die Vorsteuer für
die Lagerhalle und die Photovoltaikanlage.
Die EuGH-Vorlage vom 20.02.2013 Az. XI R 26/10 , BStBl. II 2013,
464 - Vorsteuerabzug des Leistenden bei unentgeltlicher Überlassung
zur unternehmerischen Nutzung - bleibt für den Streitfall
ohne Auswirkung.
Die Revision wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung und
zur Fortbildung des Rechts zugelassen, § 115 Abs. 2 Nr.
1 und 2 FGO.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.