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  • 26.11.2013 · IWW-Abrufnummer 133703

    Finanzgericht Nürnberg: Urteil vom 06.08.2013 – 2 K 1964/10

    Die Voraussetzungen der Geschäftsveräußerung
    im Ganzen wurden bisher nur in Fällen, in denen der Geschäftsbetrieb
    oder ein Teilbetrieb auf ein Umsatzsteuersubjekt übertragen
    wurde, das den übertragenen (Teil-)Betrieb weiterführte,
    als erfüllt angesehen. Es ist jedoch, ausgehend vom Zweck
    der Vorschrift des Art. 19 MwStSystRL, die Übertragung
    von Unternehmen oder Unternehmensteilen zu erleichtern und zu vereinfachen,
    und unter Beachtung des Grundsatzes der Neutralität der
    Umsatzsteuer nicht anders zu entscheiden, wenn der Geschäftsbetrieb
    zwar auf mehrere Umsatzsteuersubjekte übertragen wird,
    diese aber den früheren Geschäftsbetrieb in der
    bisherigen Form nur gemeinsam weiterführen können
    und dies auch tun.


    Tatbestand
    Streitig ist, ob eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung
    im Ganzen vorliegt.
    Der Kläger betrieb seit über 30 Jahren und
    auch in den Streitjahren ein Bauunternehmen (Eintragung Handelsregister
    des AG F. ... vom 10.09.1976, Gewerbeabmeldung vom 10.01.2007: „Fuhrunternehmen,
    Baggerbetrieb”). Die Umsatzsteuererklärung 2005 ging am 24.01 .2007
    beim Finanzamt ein, die Umsatzsteuererklärung 2006 am 28.04.2008. Die
    Erklärungen wurden ohne Abweichung verarbeitet. Sie standen
    damit einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung
    gleich, §§ 168, 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO).
    Zum 31.12.2006 wurde das Einzelunternehmen in eine Gesellschaft
    bürgerlichen Rechts (GbR) und eine GmbH & Co.
    KG aufgeteilt. Einzelheiten ergeben sich aus dem privatschriftlichen
    Vertrag vom 21.11.2006, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen
    wird. Nach diesem Vertrag hat der Kläger zunächst
    eine bereits bestehende GmbH als persönlich haftende Gesellschafterin
    ohne Kapitaleinlage in sein Einzelunternehmen aufgenommen (dort
    11.1). Gesellschafter und Geschäftsführer der
    GmbH waren der Kläger und seine beiden Söhne.
    Sodann wurde seine Beteiligung in eine Kommanditbeteiligung umgewandelt
    (11.2). Die Haftsumme von 25.000 € sollte dadurch erbracht
    werden, dass der Kläger das bisher von ihm allein betriebene
    Einzelunternehmen, jedoch ohne das gesamte Anlagevermögen
    gemäß § 266 Abs. 2 Buchst. a Handelsgesetzbuch
    (HGB), in die Gesellschaft einbringt. Anschließend schenkte und übereignete
    er jeweils einen Anteil seiner Kommanditbeteiligung i.H.v. 10.000 € an
    jeden seiner beiden Söhne, so dass sich ein Beteiligungsverhältnis von
    20:40:40 ergab. Schließlich beteiligte er seine beiden
    Söhne in gesamthänderischer Verbundenheit an dem
    nicht in die Kommanditgesellschaft (KG) eingebrachten Anlagevermögen,
    indem er es in die mit den Söhnen gegründete GbR
    einbrachte und diesen jeweils so viele Teile des gesamthänderisch
    gebundenen Vermögens schenkte und übertrug, dass
    sich auch in der GbR ein Beteiligungsverhältnis von 20:40:40
    ergab (1V.1-3). Abschließend (1V.4) vereinbarten die Vertreter
    von GbR und KG, dass die GbR der KG „das dieser vorenthaltene und
    vom Vertragsschließenden zu 1 [dem Kläger] in
    die Gesellschaft bürgerlichen Rechts eingebrachte Betriebsvermögen
    unentgeltlich zur uneingeschränkten Nutzung überlassen
    wird.” Gesellschaftszweck der KG ist nach § 2
    des Gesellschaftsvertrags (Anlage 1 zum Vertrag vom 21.11.2006):
    Tiefbau, Fuhrunternehmen, Baustoffhandel, Erdbewegungen. Gesellschaftszweck
    der GbR ist nach § 2 des Gesellschaftsvertrags (Anlage
    2 zum Vertrag vom 21.11.2006) die unentgeltliche Überlassung
    des sich im Gesellschaftsvermögen befindlichen Betriebsvermögens
    an die KG, sowie dessen Erhalt und Pflege.
    Im Jahr 2009 fand beim Kläger für die Jahre
    2004 bis 2006 eine Betriebsprüfung statt (Betriebsprüfungsbericht
    vom 28.10.2009). Der Prüfer traf u.a. folgende Feststellungen:
    Umsatzsteuer 2006 :
    Die Einbringung des Anlagevermögens
    des Einzelunternehmens „J. G.” in die „G.
    Betriebsvermögens-GbR” (im Folgenden „GbR”)
    und des restlichen Betriebsvermögens in die „G.
    GmbH & Co. KG” (im Folgenden „KG”) stelle
    keine Geschäftsveräußerung im Ganzen
    gemäß § 1 Abs. 1a UStG dar. Die einzelnen
    Einbringungen seien als steuerpflichtige Umsätze zu behandeln
    (Tz. 5.1 und 5.2 Prüfungsbericht). Dies führe
    zu einer Erhöhung der steuerpflichtigen Umsätze
    um 233.447 € aus der Einbringung in die GbR und 82.956 € aus
    der Einbringung in die KG.
    Der Kläger hatte im Jahr 2004 für
    90.101,40 € eine Photovoltaikanlage gekauft und dafür
    Vorsteuer i.H.v. 14.416,22 € geltend gemacht. Geplant war eine
    Verwendung für 60 Monate; tatsächlich wurde die
    Anlage nur von 01.09 .2004
    bis 31.12.2006 für das Unternehmen des Klägers
    genutzt. Danach wurde sie nach den Feststellungen des Prüfers
    unentgeltlich der KG überlassen. Die GbR erzielte keine
    Einnahmen aus der Energieeinspeisung. Der Prüfer berichtigte
    deshalb die Vorsteuer nach § 15a Umsatzsteuergesetz (UStG)
    um insgesamt 8.988,50 € (Tz. 5.4 und 5.5 Prüfungsbericht).
    Die Vorsteuer i.H.v. 2.089 € aus den Herstellungskosten
    der Lagerhallenaufstockung sei gemäß § 15
    Abs. 2 UStG zu mindern, weil das Grundstück steuerfrei
    zur Nutzung überlassen werde (Tz. 5.1 und 5.3 Prüfungsbericht).
    - Der aufgestockte Teil der Halle wurde erst ab dem Jahr 2007 (von
    der KG) genutzt.
    Umsatzsteuer 2005:
    Auch hier sei die Vorsteuer
    aus den Herstellungskosten der Lagerhalle entsprechend um 2.776 € zu
    mindern (Tz. 5.1 und 5.3 Prüfungsbericht).
    Das Finanzamt erließ, den Feststellungen und der Rechtsauffassung
    des Prüfers folgend, jeweils am 28.01.2010 nach § 164
    Abs. 2 AO geänderte Umsatzsteuerbescheide für
    die Streitjahre und hob den Vorbehalt der Nachprüfung jeweils auf, § 164
    Abs. 3 AO.
    Gegen die geänderten Bescheide legte der Kläger
    unter Bezugnahme auf sein Vorbringen im Rahmen der Betriebsprüfung
    Einspruch ein.
    Er trug vor, sein Einzelunternehmen sei mit Ablauf des 30.12.2006
    in die GbR und die KG „aufgespalten” worden. Dadurch
    seien auch seine beiden Söhne beteiligt worden. Das Anlagevermögen,
    das sich in der GbR befinde, werde der KG unentgeltlich überlassen.
    Die Gesellschafter von GbR und KG seien identisch; die GmbH sei
    an der (GmbH & Co.) KG vermögenslos beteiligt.
    Diese zivilrechtliche Gestaltung sei nicht aus steuerlichen Gründen
    gewählt worden, sondern aus haftungsrechtlichen. Durch
    die Aufspaltung habe eine Haftung des wertvollen Anlagevermögens
    ausgeschlossen werden sollen. Die Überlassung des Anlagevermögens
    als Gesellschaftsbeitrag und nicht in Form einer entgeltlichen umsatzsteuerpflichtigen
    Vermietung sei gewählt worden, um die damals noch geltende
    BGH-Rechtsprechung zur Eigenkapital ersetzenden Nutzungsüberlassung
    nicht zur Anwendung kommen zu lassen.
    Es handle sich um zwei unter § 1 Abs. 1 a UStG zu subsumierende,
    nicht steuerbare Teilgeschäftsveräußerungen.
    Die GbR sei Unternehmerin. Gegenstand ihres Unternehmens sei
    zwar die unentgeltliche Überlassung des eingebrachten Anlagevermögens
    des früheren Einzelunternehmens an die KG sowie dessen
    Erhalt und Pflege. Daneben sei sie aber nachhaltig und in Einnahmeerzielungsabsicht
    - und damit unternehmerisch - tätig, indem sie bei jedem
    geschäftlich begründeten Anlass Gegenstände
    ihres Unternehmensvermögens veräußere
    und durch neue ersetze. Die GbR sei auch bereits im Zeitpunkt der Übertragung
    des früheren Anlagevermögens des Einzelunternehmens
    Unternehmerin gewesen. Die Unternehmereigenschaft werde nicht erst
    mit der Ausführung des ersten entgeltlichen Ausgangsumsatzes erworben,
    sondern - wenn, wie hier, die spätere Ausführung
    entgeltlicher Leistungen beabsichtigt und die Ernsthaftigkeit dieser
    Absicht durch objektive Merkmale nachgewiesen oder glaubhaft gemacht
    sei - mit dem ersten nach außen erkennbaren, auf eine unternehmerische
    Tätigkeit gerichteten Tätigwerden. Im Streitfall
    werde der Zusammenhang durch den Erwerb umfangreicher Anlagewirtschaftsgüter
    eines eingebrachten Baugeschäfts nachgewiesen. Außerdem
    sei sie gemäß § 2 Gesellschaftsvertrag
    zum Erhalt des übernommenen Betriebsvermögens
    verpflichtet. Dazu müsse sie Wirtschaftsgüter
    ersetzen, wenn sie den geschäftlichen Anforderungen nicht
    mehr entsprächen. Deshalb müsse sie solche Wirtschaftsgüter
    veräußern und durch andere zu ersetzen. (Näher
    hierzu das Gutachten von Dr. W. vom 06.06.2009, auf das wegen der Einzelheiten
    Bezug genommen wird.)
    Jedenfalls (hilfsweise) liege ein Fall des § 2 Abs.
    2 Nr. 1 UStG vor. Die GbR sei Unternehmerin (s.o.). Sie habe in
    den Jahren ab 2007 jeweils Umsätze - nicht nur Hilfsumsätze
    - in folgender Höhe erbracht:


    2007

    8.000,00 €

    2008

    168,07 €

    2009

    41.450,00 €

    2010

    21.600,00 €
    Auf die Unterscheidung zwischen „Hauptumsätzen” und „Hilfsumsätzen” komme
    es im Übrigen nicht an.
    Aufgrund der Geschäftsveräußerung
    im Ganzen seien auch die von der Betriebsprüfung als nicht
    abzugsfähig bzw. nach § 15a UStG zu berichtigend
    behandelten Vorsteuerbeträge abzugsfähig.
    Als Anlagen wurden beigefügt: der Gründungsvertrag
    der KG und der GbR (IV. des KG-Vertrages) vom 21.11.2006, der Gesellschaftsvertrag
    der KG, der Gesellschaftsvertrag der GbR und eine gutachtliche Stellungnahme
    von Dr. W. vom 06.06.2009.
    Auf die Anlagen wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.
    Der Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 23.11.2010
    als unbegründet zurückgewiesen.
    Im Klageverfahren haben die Beteiligten im Wesentlichen auf ihr
    Vorbringen im Einspruchsverfahren Bezug genommen. Der Klägervertreter
    hat ergänzend insbesondere (Schriftsatz vom 02.08.2013)
    vorgetragen, die GbR habe folgende Umsätze ausgeführt:
    Im Jahr 2008 habe sie einen gebrauchten PKW für 168,07 € netto
    an die KG verkauft; im Jahr 2009 habe sie 9.450 € netto
    aus der Vermietung von Gegenständen des Anlagevermögens
    an die KG eingenommen und 32.000 € aus Verkäufen
    von Anlagevermögen (teils an die KG, teils an Dritte), außerdem
    habe sie einen Radlader für 101.700 € über
    das Verrechnungskonto der KG gekauft und einen weiteren Radlader
    für 42.700 € über ihr eigenes Bankkonto;
    im Jahr 2010 habe sie einen Minibagger für 54.390 € und
    Gerüstteile gekauft und über ihr Bankkonto bezahlt,
    der Kauf einer Rüttelplatte für 7.730 € sei über
    das Verrechnungskonto der KG gelaufen; im Jahr 2011 habe sie einen
    Raupenbagger für 133.000 €, einen LKW für
    58.000 € und Gerüstteile über das Bankkonto
    bezahlt, ein Radlader für 44.000 € sei als Verbindlichkeit gebucht
    worden. Die Arbeitnehmer des früheren Einzelunternehmens
    seien von der KG weiterbeschäftigt worden. Neu angeschaffte
    Gegenstände (z.B. der im Jahr 2009 angeschaffte Radlader)
    seien an die KG vermietet worden. Die unentgeltliche Überlassung
    habe, so der Klägervertreter in der mündlichen
    Verhandlung nur für das am 31.12.2006 vorhandene Anlagevermögen
    gelten sollen.
    Der Kläger beantragt, die Umsatzsteuerbescheide 2005
    und 2006, jeweils vom 28.01.2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung
    vom 23.11.2010 dahin zu ändern, dass die Umsatzsteuer 2005
    auf 143.583,73 € und die Umsatzsteuer 2006 auf 242.123,96 € herabgesetzt
    wird.
    Das Finanzamt beantragt, die Klage abzuweisen.
    Es bleibt bei seiner Auffassung, wonach bei der Einbringung des
    Anlagevermögens des Einzelunternehmens in die GbR keine
    Geschäftsveräußerung im Ganzen vorliege,
    sondern eine umsatzsteuerpflichtige Lieferung einzelner Gegenstände,
    wobei die Einbringung des Grundstücks umsatzsteuerfrei
    bleibe. Die GbR sei mit ihrem Betrieb der Erhaltung und Pflege dieses
    Anlagevermögens nicht Unternehmer i.S.d. Umsatzsteuerrechts,
    weil es an der Einnahmeerzielungsabsicht fehle. Da für
    die Überlassung kein Entgelt vereinbart worden sei, sei
    Art. 9 der MwSt-Systemrichtlinie nicht erfüllt. Da die
    GbR nicht Unternehmerin sei, könne auch keine Geschäftsveräußerung
    im Ganzen nach § 1 Abs. 1a UStG vorliegen.
    Der Hilfsargumentation könne ebenfalls nicht zugestimmt
    werden, weil die GbR das Anlagevermögen unentgeltlich überlasse
    und daher keine umsatzsteuerpflichtigen Umsätze erziele,
    die die KG zum Vorsteuerabzug berechtigen würden (Hinweis
    auf A 206 Abs. 2 UStR, dort Beispiel 1).
    In der mündlichen Verhandlung hat das Finanzamt eingeräumt,
    dass die GbR seit jeher und auch nach der Betriebsprüfung
    (trotz eines entgegenstehenden Aktenvermerks) mit Umsatzsteuersignal
    geführt werde, Umsatzsteuererklärungen abgebe
    und entsprechend Steuern zahle.
    Gründe
    Die Klage ist begründet. Das Finanzamt hat zu Unrecht
    eine Geschäftsveräußerung im Ganzen verneint
    und folglich auch unzutreffende Folgerungen bzgl. der geltend gemachten
    Vorsteuer aus der Aufstockung der Lagerhalle und dem Erwerb der
    Photovoltaikanlage gezogen. Der Kläger ist durch die angefochtenen
    Bescheide in seinen Rechten verletzt, § 100 Abs. 1 Satz
    1 und Satz 2 Finanzgerichtsordnung (FGO).
    1. Nach § 1 Abs. 1a Satz
    1 UStG unterliegen die Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung
    an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen nicht
    der Umsatzsteuer. Eine Geschäftsveräußerung
    liegt vor, wenn ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines
    Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich
    oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft
    eingebracht wird (§ 1 Abs. 1 a Satz 2 UStG). Der erwerbende
    Unternehmer tritt an die Stelle des Veräußerers
    1 Abs. 1a Satz 3 UStG).
    § 1 Abs. 1a UStG dient der Umsetzung von Art. 5 Abs.
    8 und Art. 6 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG
    in nationales Recht und ist entsprechend dieser Bestimmung richtlinienkonform
    auszulegen (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 29.08.2012 XI R 10/12 , BFH/NV
    2013, 484 m.w.N.).
    Nach Art. 5 Abs. 8 der Richtlinie 77/388/EWG
    (nunmehr Art. 19 der Richtlinie 2006/112/EG des
    Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem
    -MwStSystRL-) können die Mitgliedstaaten die Übertragung
    eines Gesamt- oder Teilvermögens, die entgeltlich erfolgt,
    so behandeln, als ob keine Lieferung vorliegt, und den Begünstigten
    der Übertragung als Rechtsnachfolger des Übertragenden
    ansehen.
    Die Bestimmung bezweckt nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs
    der Europäischen Union (EuGH), die Übertragung
    von Unternehmen oder Unternehmensteilen zu erleichtern und zu vereinfachen
    (EuGH-Urteile vom 27.11.2003 C-497/01 --Zita Modes--, Sig.
    2003, 1-14393, BFH/NV Beilage 2004, 128, Rz 39; vom 10.11.2011 C-444/10
    --Schriever--, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2011, 937 ,
    Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2011, 2196 , Rz 23), und erfasst dementsprechend
    die Übertragung von Geschäftsbetrieben und von
    selbständigen Unternehmensteilen, die als Zusammenfassung
    materieller und immaterieller Bestandteile ein Unternehmen oder
    einen Unternehmensteil bilden, mit dem eine selbständige
    wirtschaftliche Tätigkeit fortgeführt werden kann (EuGH-Urteile
    in Sig. 2003, 1-14393, BFH/NV Beilage 2004, 128, Rz 40;
    in UR 2011, 937 , DStR 2011, 2196 ,
    Rz 25; BFH-Urteil vom 18.01.2012 XI R 27/08 , BFH/NV
    2012, 677 ).
    Der Erwerber muss dabei beabsichtigen, den übertragenen
    Geschäftsbetrieb oder Unternehmensteil zu betreiben. Nicht
    begünstigt ist die sofortige Abwicklung der übernommenen
    Geschäftstätigkeit (EuGH-Urteil in Sig. 2003,
    1-14393, BFH/NV Beilage 2004, 128, Rz 44; BFH-Urteile vom 30.04.2009 V R 4/07 , BStBl. II 2009,
    863 ; und vom 18.01.2012 XI R 27/08 , BFH/NV
    2012, 677 ).
    Im Rahmen einer Gesamtwürdigung ist es für
    die Geschäftsveräußerung entscheidend,
    ob das übertragene Unternehmensvermögen als hinreichendes Ganzes
    die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit
    ermöglicht, und ob die vor und nach der Übertragung
    ausgeübten Tätigkeiten übereinstimmen oder
    sich hinreichend ähneln. Die Übertragung aller
    wesentlichen Betriebsgrundlagen und die Möglichkeit zur
    Unternehmensfortführung ohne großen finanziellen
    Aufwand sind nicht erforderlich. Der Fortsetzung der bisher durch
    den Veräußerer ausgeübten Tätigkeit
    steht es nicht entgegen, wenn der Erwerber den von ihm erworbenen
    Geschäftsbetrieb in seinem Zuschnitt ändert oder
    modernisiert. Vgl. hierzu BFH-Urteil vom 29.08.2012 XI R 10/12 , BFH/NV
    2013, 484 mit zahlreichen weiteren Nachweisen.
    2. Soweit ersichtlich wurden die Voraussetzungen
    der Geschäftsveräußerung im Ganzen bisher
    nur in Fällen, in denen der Geschäftsbetrieb oder
    ein Teilbetrieb auf ein Umsatzsteuersubjekt übertragen
    wurde, das den übertragenen (Teil-)Betrieb weiterführte,
    als erfüllt angesehen. Nach Meinung des Senates ist aber,
    ausgehend vom Zweck der Vorschrift, die Übertragung von
    Unternehmen oder Unternehmensteilen zu erleichtern und zu vereinfachen,
    und unter Beachtung des Grundsatzes der Neutralität der
    Umsatzsteuer nicht anders zu entscheiden, wenn - wie im Streitfall
    - der Geschäftsbetrieb zwar auf mehrere Umsatzsteuersubjekte übertragen
    wird, diese aber den früheren Geschäftsbetrieb
    in der bisherigen Form nur gemeinsam weiterführen können
    und dies auch tun.
    Im Streitfall hat die KG zwar die unternehmerische Tätigkeit
    (Tiefbauunternehmen u.a.) des Klägers fortgeführt,
    doch ermöglichte der ihr übertragene Teil des
    Unternehmensvermögens die Ausübung dieser Tätigkeit
    nicht, weil sie über keinerlei Anlagevermögen,
    insbesondere keine Baufahrzeuge verfügte.
    Das der GbR übertragene Anlagevermögen hätte
    dagegen die Ausübung einer der ursprünglichen
    wirtschaftlichen Tätigkeit des Klägers vergleichbaren
    Tätigkeit ermöglicht, doch wurde es dafür
    nicht genutzt. Die GbR hat es der KG wie vereinbart unentgeltlich überlassen.
    Selbst wenn im Verkauf abgenutzter Teile des Anlagevermögens
    eine wirtschaftliche Tätigkeit zu sehen sein sollte, wäre
    diese („Handel mit gebrauchten Baufahrzeugen”) nicht
    hinreichend ähnlich mit der vor der Vermögensübertragung
    ausgeübten Tätigkeit des Klägers („Tiefbauunternehmen”).
    Gesellschaftszweck der GbR ist zudem nicht der Handel mit gebrauchten
    Baufahrzeugen, sondern „die unentgeltliche Überlassung
    des im Gesellschaftsvermögen befindlichen Betriebsvermögens
    an die ...KG, sowie dessen Erhalt und Pflege.”
    Die beiden Gesellschaften waren nur gemeinsam in der Lage, den
    bisherigen Geschäftsbetrieb fortzuführen. Das
    sollten sie nach dem Willen des Klägers tun und das haben
    sie auch getan. Im Streitfall kommt hinzu, dass an sämtlichen
    beteiligten Gesellschaften jeweils dieselben natürlichen
    Personen im selben Verhältnis beteiligt sind. Wirtschaftlich
    gewollt war die Beteiligung der Söhne am Unternehmen des
    Vaters unter gleichzeitiger Begrenzung des Haftungsrisikos durch
    Auslagerung des Anlagevermögens in eine eigenständige
    Gesellschaft, die gerade „nichts tun” sollte,
    außer eben der Betriebsgesellschaft dieses „ihr
    vorenthaltene” Anlagevermögen wieder zum Gebrauch zur
    Verfügung zu stellen. Bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise
    bilden die beiden Gesellschaften zusammen das frühere Einzelunternehmen
    des Klägers ab. Das zeigt sich nach Auffassung des Senats
    auch daran, dass die GbR den Ankauf neuer Fahrzeuge, den sie aus
    dem vorhandenen Vermögen nicht leisten konnte, über
    ein Verrechnungskonto bei der KG finanzierte.
    3. Da das Gericht von einer Geschäftsveräußerung
    im Ganzen ausgeht, ist auch kein Raum für die vom Finanzamt
    vorgenommenen Änderungen betreffend die Vorsteuer für
    die Lagerhalle und die Photovoltaikanlage.
    Die EuGH-Vorlage vom 20.02.2013 Az. XI R 26/10 , BStBl. II 2013,
    464 - Vorsteuerabzug des Leistenden bei unentgeltlicher Überlassung
    zur unternehmerischen Nutzung - bleibt für den Streitfall
    ohne Auswirkung.
    Die Revision wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung und
    zur Fortbildung des Rechts zugelassen, § 115 Abs. 2 Nr.
    1 und 2 FGO.
    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

    VorschriftenMwStSystRL Art. 19