07.08.2014 · IWW-Abrufnummer 142305
Hessisches Finanzgericht: Urteil vom 07.04.2014 – 6 K 1612/11
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
6 K 1612/11
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
1
Die Beteiligten streiten darüber, ob Umsätze des Klägers im Zusammenhang mit der Beherbergung und Verpflegung von Erntehelfern nach Durchschnittssätzen zu besteuern sind.
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Der Kläger ist Landwirt. In den Jahren 2005 bis 2007 wiesen die von ihm erstellten Gewinn- und Verlustrechnungen Umsatzerlöse zwischen rund 1 Mio. € und 1,4 Mio. € aus. In diesen Jahren beherbergte er in Wohncontainern und festen Unterkünften bis zu 150 Erntehelfer ausschließlich für die Spargelernte und gewährte diesen auch Verpflegung. Hierfür wurde durch den Kläger vom Arbeitslohn ein Entgelt in Höhe der jeweils geltenden Sätze der Sachbezugsverordnung (SachBezV) bzw. der Sozialversicherungsentgeltverordnung (SvEV), soweit es das Jahr 2007 betrifft, einbehalten. In den Arbeitsverträgen, die der Kläger mit den Erntehelfern abschloss, fand die entgeltliche Gewährung von Unterkunft und Verpflegung keine Erwähnung. Wegen Einzelheiten zum Inhalt der Verträge wird auf den beispielhaft vorgelegten Arbeitsvertrag (Bl. 82 der Verfahrensakten) verwiesen.
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Während der Zeiten, in denen die vorhandenen Unterkünfte nicht durch Erntehelfer belegt waren, erfolgte durch den Kläger bei Gelegenheit eine kurzfristige Vermietung der Unterkünfte an betriebsfremde Monteure.
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Im Rahmen einer mit Bericht vom 01.12.2009 abgeschlossenen Außenprüfung traf der Beklagte (das Finanzamt, FA) u.a. die Feststellung, dass außer den bislang erklärten Umsätzen auch Unterbringung und Verpflegung der Erntehelfer der Regelbesteuerung zu unterwerfen seien. Davon betroffen seien Umsätze zum Steuersatz von 7 % im Jahr 2005 in Höhe von 44.273,00 €, im Jahr 2006 in Höhe von 39.956,00 € und im Jahr 2007 in Höhe von 39.991,00 €. Die Umsätze zum allgemeinen Steuersatz von 16 % seien im Jahr 2005 um 40.838,00 € und im Jahr 2006 um 36.856,00 € zu erhöhen. Im Jahr 2007 seien die Umsätze zum allgemeinen Steuersatz von 19 % um 35.958,00 € zu erhöhen. Zusätzlich zu berücksichtigen seien Vorsteuerbeträge für 2005 in Höhe von 7.246,36 €, für 2006 in Höhe von 5.284,78 € und für 2007 in Höhe von 6.790,23 € (vgl. BP-Bericht, Bl. 30 der Verfahrensakten). Wegen der Aufteilung der Vorsteuerbeträge auf solche, die auf die Gewährung von Verpflegung und solche, die auf die Gewährung von Unterkunft entfallen, wird auf Anlage 8 zum Bericht der Betriebsprüfung Bezug genommen (Bl. 32 der Verfahrensakten).
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Mit Bescheiden vom 02.02.2010 änderte das FA aufgrund der Feststellungen im Rahmen der Betriebsprüfung die Umsatzsteuerfestsetzungen 2005 bis 2007 dahingehend, dass es die Steuern auf 8.137,31 €, 8.700,34 € bzw. 8.206,42 € festsetzte. Wegen des Inhalts der Bescheide wird im Übrigen auf Bl. 18 bis 26 der Verfahrensakten Bezug genommen. Mit Schreiben vom 17.02.2010 legte der Kläger gegen die Bescheide Einsprüche ein, die mit Entscheidung vom 01.06.2011 als unbegründet zurückgewiesen wurden.
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Am 28.06.2011 hat der Kläger beim Hessischen Finanzgericht Klage erhoben.
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Diese begründet er dahingehend, dass es sich bei der Gewährung von Unterkunft und Verpflegung an Saisonarbeitskräfte um ein landwirtschaftliches Hilfsgeschäft handele, das der Pauschalierung unterliege. Dies entspreche auch dem Gemeinschaftsrecht, da die Umsätze im Sinne von Art. 295 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) im Rahmen des und für den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb erbracht würden. Da die erbrachte Leistung der Erzeugung von Feldfrüchten diene, handele es sich bei der Beköstigung und Gewährung von Unterkunft um eine landwirtschaftliche Dienstleistung.
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Die in der Einspruchsentscheidung des FA geäußerte Rechtsauffassung sei in den Streitjahren weder aus der Rechtsprechung noch aus den Schreiben der Finanzverwaltung hervorgegangen. Das FA könne sich auch nicht auf das für den Landwirt ungünstigere Gemeinschaftsrecht berufen. Vielmehr könne der Unternehmer verlangen, dass das für ihn günstigere inländische Recht Anwendung finde.
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Die neue Rechtsauffassung, wonach die Gewährung von Kost und Wohnung kein Umsatz mehr sei, der unter die Pauschalierung falle, sei erstmals im Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) vom 01.10.2010 bundeseinheitlich geäußert worden. Gemäß BMF-Schreiben vom 27.10.2010 (IV D 2 – S 7410/07/10016) seien die betreffenden Regelungen des UStAE zudem erst auf Umsätze anzuwenden, die nach dem 31.12.2010 ausgeführt worden seien. Soweit das FA davon ausgehe, dass die Regelungen des UStAE bereits auf die in den Jahren 2005 bis 2007 verwirklichten Sachverhalte anzuwenden seien, stelle dies eine echte Rückwirkung dar und verstoße gegen die verfassungsrechtlichen Grundsätze des Vertrauensschutzes.
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Außerdem führe die in der Vergangenheit lediglich im Zuge von Betriebsprüfungen geäußerte Rechtsauffassung des FA zu einer Ungleichbehandlung, denn es seien nur diejenigen Betriebe betroffen, bei denen eine steuerliche Außenprüfung stattgefunden habe. Zudem sei nach einer Verfügung des Bayerischen Landesamtes für Steuern vom 16.07.2013 bis zum 31.12.2010 von Hilfsumsätzen im Rahmen der Durchschnittsbesteuerung auszugehen.
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Sollte die Gewährung von Kost und Wohnung nicht mehr unter die Pauschalierung fallen, wäre zwischen beiden zu differenzieren. Die Überlassung von Personalunterkünften, wozu auch die Überlassung von Wohncontainern gehöre, diene nicht nur der „vorübergehenden Beherbergung“ und sei steuerfrei. Für die Gewährung von Kost sei die Regelbesteuerung erst ab dem 01.11.2011 anzuwenden. Für Zeiträume davor gelte aus den bereits genannten Gründen die Umsatzsteuerpauschalierung.
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Ginge man von der Befriedigung privater Interessen der Erntehelfer durch die Erbringung der streitgegenständlichen Leistungen aus, habe im Hinblick auf die Entscheidungen des BFH vom 09.12.2010, Az. V R 17/10 und des EuGH vom 11.12.2008, Az. C-371/07, Danfoss und Astrazeneca, gegebenenfalls keine Lieferung von Kost und Wohnung, d.h. kein Leistungsaustausch, vorgelegen. Tatsächlich habe die Unterbringung und Verköstigung der Saisonarbeiter aber ausschließlich im eigenbetrieblichen Interesse des Klägers stattgefunden. H ätte er die Erntehelfer nicht selber untergebracht, wäre der Betriebsablauf gestört gewesen. Zudem sei die Verpflegung notwendige Voraussetzung für die harte körperliche Arbeit des Spargelerntens; sie diene auch der Verbesserung der Arbeitsleistung. In Anbetracht der Konkurrenzsituation zu den anderen Spargelbauern in der Region habe der Kläger die Unterkunft zur Führung seines landwirtschaftlichen Betriebs gewähren müssen. Es sei schon gar nicht praktikabel gewesen, die bis zu 150 Erntehelfer außerhalb des Betriebs unterzubringen, zumal an dem Betriebssitz entsprechende geeignete Unterkünfte fehlten. Damit hätten Unterkunft und Verpflegung unmittelbar der Urproduktion gedient.
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Hinsichtlich der Qualifizierung der streitgegenständlichen Leistungen als landwirtschaftliche Hilfsgeschäfte fehle es der Gestellung von Unterkunft und Verpflegung an einer Nachhaltigkeit. Zu berücksichtigen sei dabei, dass in den Zeiten, in denen die Unterkünfte nicht durch Erntehelfer belegt gewesen seien, bei Gelegenheit an externe Monteure vermietet worden sei.
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Der Kläger beantragt,
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die Umsatzsteuerbescheide 2005, 2006 und 2007 vom 02.02.2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 01.06.2011 zu ändern und die Umsatzsteuer
für 2005 in Höhe von 4.534,92 €,
für 2006 in Höhe von 4.453,40 € und
für 2007 in Höhe von 4.723,46 € festzusetzen,
sowie die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären,
hilfsweise die Revision zuzulassen.
16
Das FA beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Hierzu führt es aus, die umsatzsteuerliche Behandlung der Gewährung von Verpflegung und Unterkunft an Erntehelfer durch landwirtschaftliche Erzeuger, deren Umsätze grundsätzlich der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG unterlägen, sei auf Bundesebene problematisiert worden. Entsprechend den Ausführung auf Bundes-Länder-Ebene sei unter Verweisung auf den UStAE vom 01.10.2010, Abschnitt 24.1 Abs. 1 die Auffassung zu vertreten, dass für die Unterbringung in festen Unterkünften keine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) in Betracht komme, da es sich um eine kurzfristige Vermietung von Wohn- und Schlafräumen zur Beherbergung von Fremden handele. Als Bemessungsgrundlage seien die vom Arbeitslohn als Erntehelfer einbehaltenen Werte der Sozialversicherungsentgeltverordnung anzusetzen.
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Nach Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder werde durch das BMF-Schreiben vom 27.10.2010 festgelegt, § 24 UStG sei unter Beachtung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs dahingehend auszulegen, dass solche Umsätze, die im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ausgeführt würden, nur die Lieferung selbst erzeugter landwirtschaftlicher Erzeugnisse und die landwirtschaftlichen Dienstleistungen seien, auf die die Pauschalregelung nach Art. 295 bis 305 MwStSystRL Anwendung finde. Damit unterlägen die entgeltliche Unterbringung und Verpflegung von Arbeitnehmern eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs nicht der Durchschnittssatzbesteuerung, denn diese Leistungen dienten überwiegend den privaten Bedürfnissen dieser Arbeitnehmer.
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Zur zeitlichen Anwendbarkeit des BMF-Schreibens vom 27.10.2010 sei anzumerken, dass dessen Regelungen auf nach dem 31.12.2010 ausgeführte Umsätze anzuwenden seien. Bisher ergangene Verwaltungsanweisungen, die hierzu im Widerspruch stünden, seien ab diesem Zeitpunkt nicht mehr anzuwenden. Da es zu den streitigen Rechtsfragen bislang keine anderslautenden Anweisungen gegeben habe, seien auf alle offenen Fälle insoweit die nunmehr ergangenen Anweisungen anzuwenden. Diese legten letztlich nur das bereits früher gültige Recht aus.
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Hinsichtlich der Frage, ob die streitgegenständlichen Umsätze landwirtschaftliche Hilfsumsätze darstellten, sei von Nachhaltigkeit auszugehen. Aufgrund der Verhältnisse des Streitfalls spiele es keine Rolle, ob die Unterkunft intern im Betrieb oder außerhalb in einer nahegelegenen Pension gewährt würde. In beiden Fällen, d.h. sowohl bei einer externen als auch bei einer internen Unterkunft, sei ein Leistungsaustausch gegeben.
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Dem Gericht haben 1 Band Umsatzsteuer-Akten ab 2005, 1 Band Einkommensteuer-Akten, 1 Bilanz-Heft, 1 Sonderband für Betriebsprüfungsberichte, 1 Fallheft der Betriebsprüfung Prüfungszeitraum 2000 bis 2003 und 1 Fallheft der Betriebsprüfung Prüfungszeitraum 2005 bis 2007 vorgelegen.
Entscheidungsgründe
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1. Die Klage ist unbegründet, weil die angefochtenen Umsatzsteuerbescheide rechtmäßig sind und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzen.
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Insbesondere hat das FA bei der Steuerfestsetzung zu Recht die Gewährung von Unterkunft an Erntehelfer der Umsatzbesteuerung zum Regelsteuersatz von 16 v. H. bzw. 19 v. H. und die Gewährung von Verpflegung an Erntehelfer der Umsatzbesteuerung zum ermäßigten Steuersatz von 7 v. H. unterworfen.
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Der Kläger hat durch die Gewährung von Unterkunft und Verpflegung gegen Lohneinbehalt gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG entgeltliche Leistungen an die Erntehelfer erbracht. Der nach dieser Vorschrift erforderliche Leistungsaustausch ergibt sich daraus, dass der Lohneinbehalt zu Lasten des Erntehelfers wie eine Zahlung durch diesen wirkt (Urteil des BFH vom 08.08.2013 V R 7/13, BFH/NV 2013, 1952).
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Soweit der Kläger es unter Verweisung auf das Urteil des BFH vom 09.12.2010 (Az. V R 17/10, BFHE 232, 243, BStBl II 2012, 53) sowie das Urteil des EuGH vom 11.12.2008 (Az. C-371/07, Danfoss und Astrazeneca, Slg. 2008, I-9549) für denkbar hält, dass kein steuerbarer Leistungsaustausch vorliege, soweit private Interessen der Erntehelfer befriedigt worden seien, ist aus den genannten Entscheidungen – unabhängig von einer Qualifizierung der erbrachten Leistungen – nicht auf eine derartige Rechtsfolge zu schließen. Während in den dortigen Sachverhalten insbesondere streitig war, wann Leistungen den privaten Bedürfnissen von Arbeitnehmern dienen und inwieweit bei derartigen Leistungen ein Vorsteuerabzug möglich ist, handelt es sich vorliegend um Leistungen, welche der Kläger gegenüber seinen Erntehelfern gegen Entgelt erbracht hat und deren Steuerbarkeit daher nicht ernstlich zweifelhaft ist.
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a) Die Beherbergung der Erntehelfer war entgegen der Ansicht des Klägers nicht von der Umsatzsteuer befreit.
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aa) Steuerfrei ist nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG die Vermietung und die Verpachtung von Grundstücken, von Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten, und von staatlichen Hoheitsrechten, die Nutzungen von Grund und Boden betreffen. Dies beruhte in den Streitjahren 2005 und 2006 unionsrechtlich auf Art. 13 Teil B Buchst. b der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17.05.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG), wonach die „Vermietung und Verpachtung von Grundstücken“ steuerfrei war. Seit dem 01.01.2007 gilt die MwStSystRL, nach deren Art. 135 Abs. 1 Buchst. l die Mitgliedstaaten die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken von der Steuer befreien.
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Eine Vermietung nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG liegt aufgrund richtlinienkonformer Auslegung vor, wenn der Vermieter dem Mieter das Recht einräumt, einen Gegenstand auf bestimmte Zeit gegen Vergütung so in Besitz zu nehmen, als ob er dessen Eigentümer wäre, und jede andere Person von diesem Recht auszuschließen (vgl. z.B. Urteile des BFH vom 12.05.2011 V R 50/10, BFH/NV 2011, 1407, vom 08.11.2012 V R 15/12, BFHE 239, 509, BStBl II 2013, 455 und vom 08.08.2013 V R 7/13, BFH/NV 2013, 1952).
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bb) Vorliegend kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger den Erntehelfern jeweils das für eine Vermietung charakteristische Besitzrecht eingeräumt hat. Denn selbst wenn von einer nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG steuerfreien Vermietung auszugehen wäre, wären die Leistungen des Klägers zumindest nach § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG steuerpflichtig.
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Nicht steuerfrei ist nach § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG u. a. die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält. Diese Regelung beruht hinsichtlich der Streitjahre 2005 und 2006 unionsrechtlich auf Art. 13 Teil B Buchst. b Nr. 1 der Richtlinie 77/388/EWG und bezüglich des Streitjahres 2007 auf Art. 135 Abs. 2 Buchst. a der MwStSystRL. Danach sind insbesondere die „Gewährung von Unterkunft nach den gesetzlichen Bestimmungen der Mitgliedstaaten im Rahmen des Hotelgewerbes oder in Sektoren mit ähnlicher Zielsetzung, einschließlich der Vermietung in Ferienlagern“ von der Steuerfreiheit für die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken ausgeschlossen.
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Hierzu zählt nach der Rechtsprechung des BFH regelmäßig die Unterbringung von Erntehelfern, soweit die beabsichtigte Dauer der Nutzungsüberlassung zur Beherbergung wie auch im vorliegenden Fall einen Zeitraum von sechs Monaten nicht überschreitet (vgl. Urteil BFH vom 08.08.2013 V R 7/13, BFH/NV 2013, 1952).
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Dem Kläger ist zuzugeben, dass der BFH in früheren Entscheidungen unabhängig von der konkret beabsichtigten Vermietungsdauer eine nicht nur vorübergehende Beherbergung im Sinne von § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG angenommen hat (Urteile des BFH vom 30.07.1986 V R 99/76, BFHE 147, 284, BStBl II 1986, 877 und vom 07.10.1987 V R 2/79, BFHE 151, 228, BStBl II 1988, 88). Zum einen ist die höchstrichterliche Finanzrechtsprechung allerdings schon frühzeitig dann von einer generellen Umsatzsteuerpflicht ausgegangen, wenn dieselben Räume wahlweise zur vorübergehenden Beherbergung von Gästen oder zur Unterbringung von Saisonpersonal bereitgehalten wurden (Urteile des BFH vom 20.04.1988 X R 5/82, BFHE 153, 451 und vom 13.09.1988 V R 46/83, BFHE 154, 280, BStBl II 1988, 1021), zum anderen sah auch der BFH es seit dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 12.02.1998 (Rs. C-346/95 - Elisabeth Blasi), aber auch schon zuvor als maßgebliches Abgrenzungskriterium für eine kurz- bzw. langfristige Vermietung an, ob das konkrete Mietverhältnis nach den Vorstellungen des Vermieters nicht länger als sechs Monate dauern sollte (Urteil des BFH vom 27.10.1993 XI R 69/90, BFH/NV 1994, 744 und vom 06.08.1998 V R 26/98, BFH/NV 1999, 84).
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b) Zudem unterlagen weder die Gewährung von Unterkunft an Erntehelfer noch deren Verpflegung der Besteuerung nach Durchschnittssätzen, sondern der Regelbesteuerung.
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aa) Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) in der im jeweiligen Streitjahr geltenden Fassung (nachfolgend: a. F.) wird für „die im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes ausgeführten Umsätze“ vorbehaltlich der Sätze 2 bis 4 die Steuer für die nicht näher bezeichneten „übrigen Umsätze“ auf 9 v. H. bzw. für 2007 auf 10,4 v. H. der Bemessungsgrundlage festgesetzt. Nach § 24 Abs. 1 Satz 2 UStG a. F. bleiben die Befreiungen nach § 4 UStG mit Ausnahme der Nummern 1 bis 6 unberührt; § 9 UStG (Verzicht auf Steuerbefreiung) findet keine Anwendung. Die Vorsteuerbeträge werden, soweit sie den „übrigen Umsätzen“ zuzurechnen sind, auf 9 v. H. bzw. für 2007 auf 10,4 v. H. der Bemessungsgrundlage für diese Umsätze festgesetzt; ein weiterer Vorsteuerabzug entfällt (§ 24 Abs. 1 Sätze 3 und 4 UStG a. F.).
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Durch diese Regelung gleichen sich mithin Steuer und Vorsteuer aus, so dass der Landwirt im Ergebnis für diese Umsätze keine Umsatzsteuer zu entrichten hat. Gleichwohl darf der Landwirt die Umsatzsteuer seinem Vertragspartner in Rechnung stellen; wenn die Abwälzung auf den Rechnungsempfänger gelingt, erhöht sie also seine Einnahmen.
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Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist § 24 UStG richtlinienkonform auszulegen (Urteile des BFH vom 25.11.2004 V R 8/01, BFHE 208, 73, BStBl II 2005, 896; vom 22.09.2005 V R 28/03, BFHE 211, 566, BStBl II 2006, 280; vom 13.01.2011 V R 65/09, BFHE 233, 72, BStBl II 2011, 465; vom 23.01.2013 XI R 27/11, BFHE 240, 422, BStBl II 2013, 458 und vom 13.11.2013 XI R 2/11, BFH/NV 2014, 467). Die Norm „beruht“ ausweislich der Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drucks. 8/1779, 49) auf Art. 25 der Richtlinie 77/388/EWG. Dessen Wortlaut entspricht den seit dem 01.01.2007 geltenden Art. 295 ff. der MwStSystRL.
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Die richtlinienkonforme Auslegung von § 24 UStG hat zur Folge, dass er seinem Wortlaut nach zwar auf „die im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ausgeführten Umsätze“ Anwendung findet, damit aber nur die Lieferungen landwirtschaftlicher Erzeugnisse und landwirtschaftlichen Dienstleistungen gemeint sind, auf die die Pauschalregelung des Art. 25 der Richtlinie 77/388/EWG bzw. seit dem 01.01.2007 Art. 295 ff. MwStSystRL Anwendung findet (Urteil des BFH vom 13.11.2013 XI R 2/11, BFH/NV 2014, 467 m. w. N.).
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Nach Art. 25 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG bzw. Art. 296 Abs. 1 der MwStSystRL können die Mitgliedstaaten auf landwirtschaftliche Erzeuger, bei denen die Anwendung der normalen Mehrwertsteuerregelung oder gegebenenfalls der vereinfachten Regelung nach Art. 24 der Richtlinie 77/388/EWG auf Schwierigkeiten stoßen würde, als Ausgleich für die Belastung durch die Mehrwertsteuer, die auf die von den Pauschallandwirten bezogenen Gegenstände und Dienstleistungen gezahlt wird, eine Pauschalregelung anwenden. Nach Art. 25 Abs. 2 fünfter Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG bzw. Art. 295 Abs. 1 Nr. 5 der MwStSystRL gelten als landwirtschaftliche Dienstleistungen die in Anhang B bzw. Anhang VIII aufgeführten Dienstleistungen, die von einem landwirtschaftlichen Erzeuger mit Hilfe seiner Arbeitskräfte und/oder der normalen Ausrüstung seines landwirtschaftlichen, forstwirtschaftlichen oder Fischereibetriebs vorgenommen werden. Als landwirtschaftliche Dienstleistungen gelten nach Anhang B der Richtlinie 77/388/EWG bzw. Anhang VIII der MwStSystRL Dienstleistungen, die normalerweise zur landwirtschaftlichen Produktion beitragen, u.a. „Vermietung normalerweise in land-, forst- und fischwirtschaftlichen Betrieben verwendeter Mittel zu landwirtschaftlichen Zwecken“ (fünfter Gedankenstrich).
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Da Art. 25 Abs. 2 Gedankenstrich 5 der Richtlinie 77/388/EWG und deren Anhang B bzw. Art. 295 Abs. 1 Nr. 5 der MwStSystRL und deren Anhang VIII ausdrücklich aufeinander verweisen und deshalb zusammen gelesen werden müssen, fällt eine Vermietung nur dann unter die in Art. 25 Abs. 2 Gedankenstrich 5 bzw. Art. 295 Abs. 1 Nr. 5 genannten Dienstleistungen, wenn sie die Mittel betrifft, die der landwirtschaftliche Erzeuger gewöhnlich zum Betrieb seiner eigenen Landwirtschaft verwendet (vgl. Urteil des BFH vom 06.10.2005 V R 64/00, BFHE 212, 132, BStBl II 2006, 212 unter Verweisung auf das Urteil des EuGH vom 15.07.2004, C-321/02 -Harbs-, Slg. 2004, I-7101-7138 zur Richtlinie 77/388/EWG).
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Grundsätzlich ist eine enge Auslegung geboten, da die Pauschalregelung eine Ausnahme von der allgemeinen Mehrwertsteuerregelung der Richtlinie darstellt (vgl. Urteile des EuGH vom 15.07.2004, C-321/02 -Harbs-, Slg. 2004, I-7101 und vom 26.05.2005 C-43/04 -Stadt Sundern-, Slg. 2005, I-4491).
42
bb) Der Senat hat bereits erhebliche Zweifel, ob es mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist, dass ein landwirtschaftliches Unternehmen von der Größe, wie es der Kläger betreibt, nach nationalem Recht dem Grunde nach der Pauschalbesteuerung unterliegt. Während Art. 25 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG bzw. Art. 295 ff. der MwStSystRL den Mitgliedstaaten anheim stellt, eine Pauschalregelung auf diejenigen landwirtschaftlichen Erzeuger anzuwenden, bei denen die Anwendung der normalen oder gegebenenfalls der vereinfachten Mehrwertsteuerregelung auf Schwierigkeiten stoßen würde, enthält § 24 UStG insoweit keine Einschränkungen seines Anwendungsbereichs. Vor dem Hintergrund, dass insbesondere bei buchführungs- und bilanzierungspflichtigen landwirtschaftlichen Betrieben nicht erkennbar ist, inwieweit die reguläre Umsatzbesteuerung auf Schwierigkeiten stoßen würde, erscheint eine Gleichbehandlung aller landwirtschaftlichen Betriebe als sachlich nicht gerechtfertigt (so auch: Klenk, in Sölch/Ringleb, Komm. UStG, § 24 Rz. 10, Stand April 2008 und Schilcher, in Hartmann/Metzenmacher, Komm. UStG, § 24 Rz. 26, Stand November 2008).
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Abgesehen davon scheitert die Anwendung der Besteuerung nach Durchschnittssätzen unter Berücksichtigung der genannten Grundsätze vorliegend daran, dass es sich weder bei der entgeltlichen Gewährung von Unterkunft an Erntehelfer noch bei deren entgeltlicher Verköstigung um landwirtschaftliche Dienstleistungen im Sinne von Art. 25 Abs. 2 Gedankenstrich 5 der Richtlinie 77/388/EWG bzw. Art. 295 Abs. 1 Nr. 5 der MwStSystRL handelte.
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Soweit die Überlassung von Unterkünften an Erntehelfer durch den Kläger eine Vermietungsleistung war, stünde deren Besteuerung nach Durchschnittssätzen entgegen, dass es sich bei den Unterkünften nach Ansicht des Senats zum einen nicht um „normalerweise in land-, forst- und fischwirtschaftlichen Betrieben verwendeter Mittel“ handelte und dass die Unterkünfte zum anderen nicht im Sinne von Anhang B Gedankenstrich 5 der Richtlinie 77/388/EWG bzw. Anhang VIII Nr. 5 der MwStSystRL „zu landwirtschaftlichen Zwecken“ vermietet wurden. Hinsichtlich beider Tatbestandsmerkmale ist im Hinblick auf den Ausnahmecharakter der Pauschalregelung eine enge Auslegung angezeigt, aufgrund der im Ergebnis ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Verwendung des Mittels u.a. in einem landwirtschaftlichen Betrieb und der Urproduktion zu fordern ist. Dieser Zusammenhang besteht insbesondere bei Gerätschaften, die der Feldbearbeitung, Aussaat und Ernte dienen, nicht jedoch bei Unterkünften, die primär den dort untergebrachten Personen als Schlafstätte und Rückzugsraum und nur mittelbar der Urproduktion dienen, indem sie nicht etwa Feriengästen, sondern Erntehelfer entgeltlich zur Verfügung gestellt werden.
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Ob es eine Möglichkeit gegeben hätte, die bis zu 150 Erntehelfer, welche für den Kläger in den Streitjahren tätig waren, anderweitig unterzubringen und zu verpflegen und ob dies notwendigerweise zu einer Störung des Betriebsablaufs geführt hätte, kann im Ergebnis dahingestellt bleiben. Nach Überzeugung des Senats ist es für die Annahme des notwendigen unmittelbaren Zusammenhangs nicht allein ausreichend, dass die streitigen Umsätze unabdingbar für den landwirtschaftlichen Produktionsprozess sind.
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Aber auch wenn es sich bei der Gestellung von Unterkünften nicht um eine Vermietung gehandelt hätte, wäre dafür und auch für die Verpflegung der Erntehelfer aus den bereits genannten Gründen ein unmittelbarer Zusammenhang zur Urproduktion zu fordern, welcher in beiden Fällen nicht gegeben ist. Die Verpflegung dient ebenso wie die Gewährung von Unterkunft vor allem der Befriedigung grundlegender Bedürfnisse der als Erntehelfer beschäftigten Personen und damit nur mittelbar der durch den Kläger betriebenen Spargelproduktion. Diese Sichtweise wird dadurch bestätigt, dass die vorliegend streitigen Umsätze in der Aufzählung von Beispielen für landwirtschaftliche Dienstleistungen in Anhang B Gedankenstrich 5 der Richtlinie 77/388/EWG bzw. Anhang VIII Nr. 5 der MwStSystRL nicht enthalten sind, dass bei den ausdrücklich erwähnten Dienstleistungen ein unmittelbarer Zusammenhang zur Urproduktion aber in jedem einzelnen Fall zu bejahen ist.
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c) Der Besteuerung der Beherbergungs- und Verpflegungsumsätze stand auch nicht die dem Vertrauensschutz dienende Regelung in § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO entgegen. Danach darf bei der Aufhebung oder Änderung eines Steuerbescheids nicht zuungunsten des Steuerpflichtigen berücksichtigt werden, dass sich die Rechtsprechung eines obersten Gerichtshofs geändert hat, die bei der bisherigen Steuerfestsetzung von der Finanzbehörde angewandt worden ist.
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Zwar ist § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO im vorliegenden Fall grundsätzlich anwendbar, da es sich bei den angefochtenen Umsatzsteuerbescheiden nicht um erstmalige Steuerbescheide, sondern um Änderungsbescheide handelt. Auch könnte zumindest darin eine Änderung der Rechtsprechung eines obersten Gerichtshofs des Bundes bestehen, dass der BFH in früheren Entscheidungen landwirtschaftliche Hilfsumsätze in den Anwendungsbereich der Besteuerung nach Durchschnittssätzen einbezogen hat (vgl. Urteile des BFH vom 20.10.1994 V R 24/92, BFH/NV 1995, 928 und vom 10.11.1994 V R 87/93, BFHE 176, 477, BStBl II 1995, 218), daran aber in Folge der erst in neueren Entscheidungen konsequent vorgenommenen richtlinienkonformen Auslegung von § 24 UStG nicht mehr festzuhalten sein dürfte (Urteil des BFH vom 30.03.2011 XI R 19/10, BFHE 233, 353, BStBl II 2011, 772).
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Allerdings handelt es sich entgegen der Ansicht des Klägers bei der durch diesen in den Streitjahren erfolgten Unterbringung und Verköstigung von Erntehelfern nicht um Hilfsumsätze zu seiner landwirtschaftlichen Tätigkeit.
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Landwirtschaftliche Hilfsumsätze sind Umsätze, welche die übrigen Umsätze im land- und forstwirtschaftlichen Betrieb unterstützen und abrunden, selbst aber nicht nachhaltig ausgeführt werden (vgl. Urteil des BFH vom 20.10.1994 V R 24/92, BFH/NV 1995, 928 und vom 11.02.1999 V R 27/97, BFHE 187, 359, BStBl II 1999, 378).
51
Von der gemeinsprachlichen Bedeutung des Wortes „nachhaltig“, nämlich „sich auf längere Zeit stark auswirkend“, ist nach der Rechtsprechung des BFH auch umsatzsteuerrechtlich auszugehen (BFH vom 18.07.1991 V R 86/87, BFHE 165, 116, BStBl II 1991, 776 und vom 30.07.1986 V R 41/76, BFHE 147, 279, BStBl II 1986, 874). Dementsprechend müsse also eine auf Dauer angelegte Tätigkeit zur Erzielung von Entgelten (im weitesten Sinne gewerbliche oder berufliche Tätigkeit) gegeben sein.
52
Für die Beurteilung der Frage, ob jemand im Einzelfall im oben bezeichneten Sinne "nachhaltig" tätig geworden ist, ist auf das Gesamtbild der Verhältnisse abzustellen. Dabei müssen sämtliche für und gegen die Nachhaltigkeit sprechenden Merkmale gegeneinander abgewogen werden. Als Kriterien, die für eine Nachhaltigkeit sprechen können, kommen insbesondere in Betracht: eine mehrjährige Tätigkeit, das planmäßige Handeln, eine auf Wiederholung angelegte Tätigkeit, die Ausführung mehr als nur eines Umsatzes, die Vornahme mehrerer gleichartiger Handlungen unter Ausnutzung derselben Gelegenheit oder desselben dauernden Verhältnisses, die langfristige Duldung eines Eingriffes in den eigenen Rechtskreis, die Intensität des Tätigwerdens, die Beteiligung am Markt, das Auftreten wie ein Händler, das Unterhalten eines Geschäftslokals sowie das Auftreten gegenüber Behörden.
53
Nach Ansicht des Senats stellen die wiederholte Unterbringung und Verpflegung von Erntehelfern gegen Entgelt durch den Kläger zumindest deshalb keine landwirtschaftlichen Hilfsumsätze dar, weil es sich nach dem Gesamtbild der Verhältnisse um eine nachhaltige Tätigkeit handelte. Im Gegensatz zum Verkauf einer gebrauchten landwirtschaftlichen Maschine, der in den Gesetzesmaterialien als Beispiel für einen typischen landwirtschaftlichen Hilfsumsatz genannt wird (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum Ersten Gesetz zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes, BTDrucks 10/1483, S.6) und auf den der BFH bei der Auslegung des Begriffs „Hilfsumsätze“ Bezug genommen hat (vgl. Urteil des BFH vom 20.10.1994 V R 24/92, BFH/NV 1995, 928), beherbergte und verköstigte der Kläger nicht nur gelegentlich und vereinzelt Erntehelfer, sondern tat dies planmäßig und jährlich über mehrere Wochen bzw. Monate hinweg. Wie sich anhand der jährlich in diesem Zusammenhang durch den Kläger ausgeführten Umsätzen in Höhe von 85.111,00 € im Jahr 2005, von 76.812,00 € im Jahr 2006 und von 75.949,00 € im Jahr 2007 erkennen lässt, hatte die Tätigkeit einen beträchtlichen Umfang angenommen, welcher ebenfalls für deren Nachhaltigkeit spricht.
54
Über die mögliche Berücksichtigung der streitgegenständliche Umsätze als landwirtschaftliche Hilfsumsätze hinaus, welche aus den genannten Gründen vorliegend jedoch nicht in Betracht kommt, ist der früheren Rechtsprechung des BFH, auf welche durch den Kläger ohne konkrete Verweise allgemein Bezug genommen wird, nicht zu entnehmen, dass die entgeltliche Unterbringung und Verpflegung von Erntehelfern der Besteuerung nach Durchschnittssätzen gemäß § 24 UStG zu unterwerfen ist.
55
d) Der Einwand des Klägers, die neue Rechtsauffassung, wonach die Gewährung von Kost und Wohnung kein Umsatz mehr sei, der unter die Pauschalierung falle, sei erstmals im UStAE vom 01.10.2010 bundeseinheitlich geäußert worden und die betreffenden Regelungen seien gemäß BMF-Schreiben vom 27.10.2010 (IV D 2 – S 7410/07/10016) erst auf nach dem 31.12.2010 ausgeführte Umsätze anzuwenden, vermag im vorliegenden Verfahren schon aus grundsätzlichen Erwägungen heraus keine Änderung der angefochtenen Umsatzsteuerfestsetzung zu rechtfertigen.
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Zwar sind Billigkeits- bzw. Übergangsregelungen der Finanzverwaltung beispielsweise zur Anpassung an eine geänderte Rechtsprechung unter bestimmten Voraussetzungen auch von den Gerichten zu beachten (Drüen in Tipke/Kruse, AO/FGO Komm., § 4 AO Rz. 86, m. w. N.). Da die Entscheidung über eine abweichende Steuerfestsetzung oder eine abweichende Feststellung von Besteuerungsgrundlagen jedoch Gegenstand eines eigenständigen Verwaltungsakts ist (§§ 163, 181 Abs. 1 AO), kann sie im Rahmen eines gerichtlichen Rechtsstreits, in dem nur die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Änderungsbescheids zu beurteilen ist, nicht geprüft und erst nach Durchführung des Billigkeitsverfahrens berücksichtigt werden (Urteil des BFH vom 18.11.1998 X R 110/95, BFHE 187, 488, BStBl II 1999, 225; Loose in Tipke/Kruse, AO/FGO Komm., § 163 AO Rz 20 f.).
57
Davon abgesehen wäre, soweit sich der Kläger verfahrensrechtlich auf frühere Verwaltungsanweisungen bzw. entsprechende Übergangsregelungen berufen könnte, zu prüfen, inwieweit die streitgegenständlichen Umsätze danach abweichend von der geltenden Rechtslage zu beurteilen wären. Nach den bereits gemachten Ausführungen ist es insbesondere ausgeschlossen, vorliegend eine Besteuerung nach Durchschnittssätzen mit der Begründung vorzunehmen, es habe sich um landwirtschaftliche Hilfsgeschäfte gehandelt.
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e) Schließlich kann eine abweichende rechtliche Würdigung auch nicht mit dem Vortrag des Klägers begründet werden, die in der Vergangenheit lediglich im Zuge von Betriebsprüfungen geäußerte Rechtsauffassung des FA führe zu einer Ungleichbehandlung, denn es seien nur diejenigen Betriebe betroffen, bei denen eine steuerliche Außenprüfung stattgefunden habe.
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Eine möglicherweise unzutreffende Besteuerung eines Konkurrenten kann allein im Wege der Konkurrentenklage geltend gemacht werden (vgl. Urteil des BFH vom 26.01. 2012 VII R 4/11, BFHE 236, 481, BStBl II 2012, 541), in deren Rahmen zu klären ist, ob dem Kläger insoweit ein subjektives Recht auf Schutz gegenüber der Konkurrenz zusteht. Der allgemeine Gleichheitssatz in Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes vermittelt jedenfalls nach ständiger Rechtsprechung keinen Anspruch auf Anwendung einer rechtswidrigen Verwaltungspraxis und damit auf „Gleichheit im Unrecht“ (Beschluss des BFH vom 01.07.2010 V B 62/09, BFH/NV 2010, 2136 m. w. N.).
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2. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger als unterliegender Beteiligter zu tragen.
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3. Die Revision war nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache ist anzunehmen, wenn in dem zuzulassenden Revisionsverfahren eine Rechtsfrage zu entscheiden ist, an deren Beantwortung ein allgemeines Interesse besteht, weil ihre Klärung das (abstrakte) Interesse der Allgemeinheit an der Fortentwicklung und Handhabung des Rechts berührt (vgl. Urteile des BFH vom 18.05.2010 I B 204/09 BFH/NV 2010, 1636 und vom 15.06.10 VI B 11/10, BFH/NV 2010, 1631). Hinsichtlich der vorliegenden Rechtssache ist ein allgemeines Interesse an der Beantwortung der Rechtsfrage anzunehmen, ob die entgeltliche Unterbringung und Verpflegung von Saisonarbeitskräften, welche in einer Vielzahl landwirtschaftlicher Betriebe erfolgt, gemäß § 24 UStG nach Durchschnittssätzen oder entsprechend den einschlägigen Verwaltungsvorschriften nach allgemeinen Grundsätzen zu besteuern ist.