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  • 07.08.2019 · IWW-Abrufnummer 210429

    Finanzgericht Hamburg: Urteil vom 09.05.2019 – 6 K 32/19

    1. Grundsätzlich können Kosten für die Inanspruchnahme aus einer Bürgschaft als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend gemachten werden. Entscheidend für die Qualifizierung als Werbungskosten ist der Zeitpunkt, in dem das Bürgschaftsversprechen gegeben wird.

    2. Kosten aus Insolvenzanfechtungen können ebenfalls nachträgliche Werbungskosten darstellen, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf vorliegt und die Aufwendungen subjektiv zur Förderung des Berufs getätigt worden sind.


    FINANZGERICHT HAMBURG


    09.05.2019

    Urteil

    Tatbestand

    Streitig ist, ob Aufwendungen aus zwei Insolvenzanfechtungen und aus einer Bürgschaftsinanspruchnahme als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt werden können.

    Der Kläger wendet sich gegen die Nichtberücksichtigung von (nachträglichen) Werbungskosten aus nichtselbständiger Tätigkeit bei seiner Einkommensteuer 2014. Diesen Werbungskosten liegen folgende Sachverhalte zugrunde:

    Zum einen machte der Kläger Prozesskosten in Höhe von ... € aus einem Prozess gegen den Insolvenzverwalter A über das Vermögen der B GmbH als Werbungskosten geltend: Der Kläger war bei der B GmbH als Geschäftsführer beschäftigt. Alleingesellschafterin der GmbH war die Mutter des Klägers. Der Kläger wurde am 30. November 2006 mit Wirkung zum 1. Januar 2007 als Geschäftsführer abberufen. Mit Vertrag vom 2. Dezember 2006 trat die B GmbH verschiedene Forderungen in Höhe von ... € an den Kläger ab. Nach Angaben des Klägers erfolgte die Abtretung zur Besicherung von Darlehensrückzahlungsansprüchen des Klägers. Im Mai 2008 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft eröffnet und der Insolvenzverwalter A erklärte die Insolvenzanfechtung hinsichtlich der Abtretungsvereinbarung. Es folgte ein Zivilprozess. Mit Urteil vom ... 2013 verurteilte das Landgericht Hamburg den Kläger, die am 2. Dezember 2006 abgetretenen Forderungen (zurück)abzutreten bzw. ... € nebst Zinsen als Wertersatz zu zahlen. Im Prozess machte der Kläger geltend, er habe der B GmbH drei Darlehen über insgesamt ... € gewährt, deren Absicherung die Abtretung gedient habe.

    Des Weiteren machte der Kläger Prozesskosten in Höhe von ... € wegen der Inanspruchnahme durch den Insolvenzverwalter C über das Vermögen der D GmbH geltend: Insoweit hatte der Insolvenzverwalter ein Verfahren gegen den Kläger angestrengt, weil er behauptete, der Kläger sei in der Zeit vom 1. bis zum 22. August 2005 faktischer Geschäftsführer der D GmbH gewesen. Mit Urteil des Landgerichts Hamburg vom ... 2010 wurde der Kläger zur Zahlung von ... € nebst Zinsen verurteilt. Im Urteil wurde ausgeführt, die D GmbH sei spätestens zum 1. August 2005 zahlungsunfähig gewesen. In der Zeit vom 1. bis zum 22. August 2005 habe es keinen Geschäftsführer gegeben. Der Kläger habe in dieser Zeit die Stellung eines faktischen Geschäftsführers eingenommen und dafür gesorgt, dass am 16. August 2005 die B GmbH eine Zahlung in Höhe von ... € auf ein debitorisches Konto der D GmbH geleistet habe. Gegen dieses Urteil legte der Kläger Berufung beim Hanseatischen OLG ein. Mit Urteil des Hanseatischen OLG vom ... 2011 wurde die Klage des Insolvenzverwalters mit der Begründung abgewiesen, der Kläger habe nicht die Stellung eines faktischen Geschäftsführers innegehabt. Die Zwangsvollstreckung aus diesem Urteil zugunsten des Klägers scheiterte allerdings aufgrund einer durch den Insolvenzverwalter erhobenen Vollstreckungsabwehrklage: So wurde mit Urteil des Landgerichts Hamburg vom ... 2013 die Vollstreckung wegen Neumasseunzulänglichkeit für unzulässig erklärt.

    Schließlich machte der Kläger Kosten im Zusammenhang mit einer Bürgschaftsübernahme in Höhe von insgesamt ... € geltend: Der Kläger war vom 18. Dezember 2007 bis zum 20. September 2009 Geschäftsführer der E GmbH. Seine Mutter hielt die Geschäftsanteile. Ab dem 21. September 2009 war sein Vater Geschäftsführer. Vom 1. Januar 2010 bis zum 30. April 2011 war der Kläger bei der E GmbH angestellt. Im Juli 2010 schloss der Vater des Klägers einen Gastronomievertrag mit der F GmbH für den Gaststättenbetrieb "XXX" an der X-Straße in Hamburg und der Kläger übernahm eine selbstschuldnerische Bürgschaft. Da die Mindestabgabemenge nicht erreicht wurde, kündigte die F GmbH den Gastronomievertrag und nahm den Kläger als Bürgen in Anspruch. Mit Urteil des Landgerichts Hamburg vom ... 2012 wurde der Kläger verurteilt, ... € nebst Zinsen an die F GmbH zu zahlen.

    Mit Bescheid vom 29. Februar 2016 setzte der Beklagte eine Einkommensteuer in Höhe von ... € fest. Dabei berücksichtigte der Beklagte die geltend gemachten Aufwendungen für die Prozesskosten und die Inanspruchnahme aus der Bürgschaft nicht als Werbungskosten mit der Begründung, dass entsprechende Unterlagen nicht eingereicht worden seien.

    Am 7. März 2016 erhob der Kläger Einspruch. Zur Begründung führte er aus: Bei der D GmbH habe er sich in einem Beschäftigungsverhältnis befunden und könne daher Werbungskosten geltend machen. Auch die anderen geltend gemachten Kosten stünden im Zusammenhang mit seiner unselbständigen Arbeit.

    Mit Einspruchsentscheidung vom 9. August 2017 wies der Beklagte den Einspruch zurück. Zur Begründung führte er aus: Die geltend gemachten Aufwendungen seien nicht durch die Einkünfteerzielung veranlasst.

    Hinsichtlich der Prozesskosten des Insolvenzverwalters A gelte folgendes: Mit der Abberufung am 30. November 2006 habe festgestanden, dass der Kläger kein Geschäftsführer mehr sein werde. Daher stehe die Hingabe eines Darlehens am 2. Dezember 2006 nicht im Veranlassungszusammenhang mit der Tätigkeit als Geschäftsführer. Vielmehr sei dieses privat veranlasst gewesen, weil die Mutter des Klägers zu diesem Zeitpunkt Anteilseignerin der B GmbH gewesen sei.

    Die Aufwendungen für die Prozesskosten im Verfahren mit dem Insolvenzverwalter C könnten nicht anerkannt werden, weil es bei einem faktischen Geschäftsführer an dem notwendigen unmittelbaren beruflichen Zusammenhang fehle.

    Die Bürgschaftsinanspruchnahme und die daraus resultierenden Prozesskosten seien ebenfalls privat veranlasst: Der Arbeitslohn des Klägers habe für 16 Monate insgesamt nur brutto ... € betragen. Seine Mutter habe die Geschäftsanteile gehalten und sein Vater sei Geschäftsführer gewesen. Es müsse davon ausgegangen werden, dass die Bürgschaftsinanspruchnahme erfolgt sei, um den Eltern die berufliche Existenz zu sichern.

    Der Kläger hat am 12. September 2017 Klage erhoben. Zur Begründung führt er aus:
    Im Verfahren gegen den Insolvenzverwalter A habe er gegnerische Kosten in Höhe von ... € und eigene Anwaltskosten hin Höhe von ... € gezahlt. Am 29. Oktober 2014 habe er zudem ... € an den Insolvenzverwalter gezahlt. Bei all diesen Zahlungen handele es sich um nachträgliche Werbungskosten, die im Jahr der Leistung abzugsfähig seien. Die B GmbH habe sich in einer aktuellen Notlage befunden. Die Zahlung habe nichts mit dem privaten Bereich zu tun. Er habe drei Darlehensverträge über insgesamt ... € abgeschlossen.

    Hinsichtlich des Prozesses mit dem Insolvenzverwalter C gelte, dass er seit 2002 für die D GmbH tätig gewesen sei. Er sei in den Jahren 2002 bis 2004 dort geringfügig beschäftigt gewesen. Als der Geschäftsführer ausgefallen sei, habe er sich um die geschäftlichen Abläufe gekümmert. Er habe sich in einem faktischen Arbeitsverhältnis mit allen Rechten und Pflichten eines Arbeitnehmers befunden. Daher könne er auch seine diesbezüglichen Werbungskosten geltend machen. Insgesamt habe er im Jahr 2014 ... € an eigenen Rechtsanwaltskosten aufgewendet.

    Bei der E GmbH habe er sich auch nach seiner Abberufung als Geschäftsführer um die Organisation und die Geschäftsabläufe gekümmert. Die Bürgschaftsübernahme sei erfolgt, weil anders das Projekt der E GmbH nicht durchgeführt hätte werden können. Er, der Kläger, sei vom Konzept der Gesellschaft überzeugt gewesen und habe daher die Bürgschaft übernommen und nicht wegen familiären Bindungen. Im Jahr 2014 habe er ... € an die Gerichtsvollzieherin G gezahlt.

    Der Kläger beantragt,
    die Einkommensteuer 2014 auf 0 € festzusetzen.

    Der Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen.

    Zur Begründung bezieht er sich auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung. Ergänzend führt er aus:
    Es stehe nicht fest, dass der Kläger der B GmbH ein Darlehen gewährt habe, so dass nicht sicher sei, dass die am 30. November 2006 erfolgte Abtretung überhaupt der Sicherung von Darlehen gedient habe. Am 2. Dezember 2006 sei er bereits als Geschäftsführer abberufen gewesen. Die Forderungsabtretung habe daher nicht mehr der Sicherung der Einkünfte des Klägers aus seiner Geschäftsführertätigkeit oder aus Kapitalvermögen dienen können.

    Hinsichtlich der Angelegenheit D GmbH gelte, dass der Kläger als faktischer Geschäftsführer gerade nicht im Angestelltenverhältnis gestanden habe. Er habe keine Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit erzielt und könne daher auch keine damit im Zusammenhang stehenden Werbungskosten geltend machen. Selbst wenn das Hanseatische OLG entschieden habe, dass er kein faktischer Geschäftsführer sei, habe er keine Nachweise für eine nichtselbständige Tätigkeit bei der D GmbH 2005 erbracht. Die vorherige geringfügige Beschäftigung bei der D GmbH berechtige nicht zum Werbungskostenabzug, weil insoweit keine pauschale Versteuerung erfolge.
    Hinsichtlich der Bürgschaftsverpflichtung gelte, dass ein familienfremder Geschäftsführer mit einem monatlichen Gehalt von ... € ein derartiges Risiko nicht übernommen hätte.

    ...
    ...

    E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

    I. Die Entscheidung konnte durch die Berichterstatterin ohne mündliche Verhandlung ergehen, da die Beteiligten mit einer Entscheidung durch die Berichterstatterin einverstanden waren, vgl. § 79a Abs. 3 und 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO) und einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt haben, vgl. § 90a Abs. 2 FGO.

    II. Die zulässige Klage - insbesondere liegt keine Klageänderung in der nunmehr auch geltend gemachten Hauptforderung als Werbungskosten in Höhe von ... € (vgl. dazu BFH [GrS], Beschl. v. 23. Oktober 1989, BStBl. II, 1990, 327, juris, Rn. 34ff.) - ist nicht begründet. Der Einkommensteuerbescheid 2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine Änderung der Bescheide, vgl. § 100 Abs. 2 FGO. Der Kläger kann die Kosten für die Inanspruchnahme aus der Bürgschaft zwar als Werbungskosten geltend machen, fällt aber unter die Werbungskostenpauschale (dazu unter 1.)). Die Kosten für den Prozess sowie die Hauptforderung aus der Inanspruchnahme des Insolvenzverwalters A sind ebenso wenig als Werbungskosten einzustufen wie die Prozesskosten aus der Inanspruchnahme des Insolvenzverwalters C (dazu unter 2.).

    1. Ob der Kläger die Prozesskosten für die Inanspruchnahme aus der Bürgschaft in Höhe von ... € als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend machen kann, könnte vor dem Hintergrund, dass er mit diesen Kosten weiterhin unter die Werbungskostenpauschale fällt, offenbleiben. Weil aber weitere Kosten für die Bürgschaft in den folgenden Jahren noch anfallen, stellt das Gericht für das hier geltend gemachte Streitjahr 2014 fest, dass es davon überzeugt ist, dass diese Kosten als Werbungskosten geltend gemacht werden können.

    Werbungskosten sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit im Sinne von § 19 Abs. 1 EStG sind dies Aufwendungen, die durch den Beruf des Steuerpflichtigen veranlasst sind. Eine solche Veranlassung liegt vor, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf besteht und wenn die Aufwendungen subjektiv zur Förderung des Berufs getätigt worden sind (BFH, Urteil vom 17. Mai 2017, VI R 1/16, BStBl. II 2017, 1073, juris, Rn. 25; Urteil vom 8. Juli 2015, VI R 77/14, BStBl. II, 2016, 60, juris, Rn.19). Dies gilt auch für nachträgliche Werbungskosten. Diese können entstehen, wenn der Arbeitnehmer nach Beendigung des Dienstverhältnisses Aufwendungen im Zusammenhang mit demselben erbringen muss. Dann muss schon in dem Zeitpunkt, in dem der Grund für die Aufwendungen gelegt wurde, der dargestellte berufliche Zusammenhang bestehen (BFH, Urteil vom 8. Juli 2015, VI R 77/14, BStBl. II, 2016, 60, juris, Rn.19). Dagegen sind Aufwendungen, die ausschließlich die private Lebensführung des Steuerpflichtigen betreffen, keine Werbungskosten, vgl. auch § 12 Nr. 1 EStG.

    Bürgschaftsaufwendungen können grundsätzlich Werbungskosten darstellen (BFH, Urteil vom 24. April 1997, IV R 42/96, DStRE 1997, 909, juris, Rn. 21). Entscheidend für die Qualifizierung der Aufwendungen ist der Zeitpunkt, in dem das Bürgschaftsversprechen gegeben wird (BFH, Beschluss vom 10. Februar 2005, IX B 169/03, BFH/NV 2005, 1057, juris, Rn. 3; Urteil vom 24. April 1997, IV R 42/96, DStRE 1997, 909, juris, Rn. 13). Insoweit sind Aufwendungen als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen, wenn der Bürge das Risiko aus beruflichen Gründen bewusst auf sich genommen hat. Dabei muss sich aus den Gesamtumständen des Einzelfalles ableiten lassen, dass das Risiko aus beruflichen und nicht aus sonstigen Gründen übernommen worden ist (vgl. BFH, Beschluss vom 10. Februar 2005, IX B 169/03, BFH/NV 2005, 1057, juris, Rn. 3; vgl. zum Darlehen: BFH, Urteil vom 7. Februar 1997, VI R 33/96, juris, Rn. 14 f.). Ist der Arbeitnehmer zugleich als Gesellschafter an seiner in Form einer Kapitalgesellschaft betriebenen Arbeitgeberin beteiligt, spricht umso mehr für eine innere wirtschaftliche Verbindung zu den Einkünften aus Kapitalvermögen und damit für nachträgliche Anschaffungskosten der GmbH-Beteiligung, je höher die Beteiligung des Gesellschafter-Geschäftsführers ist (BFH, Beschluss vom 16. Februar 2017, VI B 65/16, BFH/NV 2017, 734, juris, Rn. 5; Urteil vom 17. Mai 2017, VI R 1/16, BStBl. II 2017, 1073, juris, Rn. 29f.). Denn ein fremder, nicht mit dem Arbeitgeber durch eine Kapitalbeteiligung verbundener Arbeitnehmer wird nur in Ausnahmefällen bereit sein, zu Gunsten seines offenbar gefährdeten Arbeitsplatzes das Risiko einer Bürgschaft zu übernehmen. Umgekehrt bedeutet dies zugleich, dass bei einem an der Gesellschaft in nur sehr geringem Umfang beteiligten Arbeitnehmer, der eine Bürgschaft für seinen Arbeitgeber übernimmt, dies als Indiz dafür gilt, dass diese Bürgschaftsübernahme durch das Arbeitsverhältnis veranlasst ist. Dies gilt erst recht, wenn der Arbeitnehmer an der Gesellschaft überhaupt nicht beteiligt ist und durch die Bürgschaftsübernahme keine weiteren Einkünfte erzielt und dementsprechend damit ausschließlich seine Lohneinkünfte zu sichern und zu erhalten sucht (zum Ganzen: BFH, Beschluss vom 16. Februar 2017, VI B 65/16, BFH/NV 2017, 734, juris, Rn. 5; Urteil vom 8. Juli 2015, VI R 77/14, BStBl. II, 2016, 60, juris, Rn. 21). Demgegenüber besteht bei einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft nicht nur die Gefahr eines Wertverlustes, sondern das übernommene Risiko enthält umgekehrt auch die Chance einer Wertsteigerung (BFH, Urteil vom 17. Mai 2017, VI R 1/16, BStBl. II 2017, 1073, juris, Rn. 30).

    Nach diesen Maßstäben ist das Gericht im vorliegenden Fall davon überzeugt, dass das Bürgschaftsversprechen aus beruflichen Gründen gegeben worden ist, so dass die damit im Zusammenhang stehenden Kosten grundsätzlich als Werbungskosten abziehbar sind. Die Einkünfte stehen nicht in engerer Verbindung mit eventuellen Einkünften aus Kapitalvermögen, denn der Kläger war im Zeitpunkt des Bürgschaftsversprechens (Juli 2010) nicht an der E GmbH beteiligt. Vielmehr war er dort als Arbeitnehmer angestellt. Nach den schriftlichen Ausführungen des Klägers im Prozess und seinen mündlichen Ausführungen in den Erörterungsterminen ist das Gericht davon überzeugt, dass er das Bürgschaftsrisiko aus beruflichen Gründen bewusst auf sich genommen hat und nicht aus familiärer Rücksicht auf seine Eltern. Zwar war seine Mutter Gesellschafterin der E GmbH und sein Vater Geschäftsführer, aber dies führt im folgenden Fall nicht dazu einen beruflichen Zusammenhang zu verneinen. Die Bürgschaft hat der Kläger nämlich hinsichtlich des Gaststättenbetriebes "XXX" übernommen, die von der E GmbH betrieben wurde. Der Kläger hat im Erörterungstermin glaubhaft dargelegt, dass er selbst die "XXX" - zunächst in der Y-Straße - eröffnet und betrieben hat. Überzeugend hat er den Grund für den Umzug in die X-Straße und die Notwendigkeit, für den Umbau eine Finanzierung zu erhalten, dargestellt. Wie sich aus seinen Ausführungen glaubhaft ergibt, hat er das Bürgschaftsversprechen abgegeben, um die Finanzierungslücke schließen zu können. Die "XXX" hat der Kläger nach seinen überzeugenden Ausführungen selbst betrieben, seine Eltern standen nur auf "dem Papier". Diese Ausführungen werden bestätigt durch einen Artikel aus der AHGZ-Druckausgabe, der sich in der insoweit nicht paginierten Einkommensteuerakte des Beklagten befindet. Danach wurde der Kläger selbst von seinen Freunden "..." genannt und wird in dem Artikel als Restaurant"inhaber" bezeichnet. Dem steht auch nicht entgegen, dass der Kläger einen geringen Arbeitslohn bezog. Zwar kann dies gegen ein Bürgschaftsversprechen aus beruflichen Gründen sprechen, im vorliegenden Fall war der geringe Arbeitslohn aber dem Umstand geschuldet, dass die "XXX" noch keine großen Gewinne abwarf und daher keine höheren Gehälter zahlen konnte. Auch ist zu berücksichtigen, dass gerade in solchen schwierigen Finanzierungslagen eher Bürgschaftsversprechen abgegeben werden, weil Finanzierungslücken oftmals nur über persönliche Haftungsübernahmen geschlossen werden können.

    Durch die Kontoauszüge, aus denen sich die Zahlungen an die Gerichtsvollzieherin ergeben, hat der Kläger die im Prozess geltend gemachten ... € nachgewiesen. Hinsichtlich des darüberhinausgehenden Betrages, der sich aus der eingereichten Einkommensteuererklärung 2014 ergibt, ist ein Zahlungsfluss im Jahr 2014 nicht nachgewiesen. Dies geht zulasten des Klägers, den insoweit die Feststellungslast trifft.

    Da dem Kläger im Einkommensteuerbescheid 2014 aber erst ... € als tatsächliche Werbungskosten zugesprochen worden sind, fallen die ... € unter die Werbungskostenpauschale von 1.000 €, vgl. § 9a Satz 1 Nr. 1a) EStG. Das bedeutet, dass sich diese weiteren Werbungskosten nicht steuerlich zugunsten des Klägers auswirken.

    2. Die Kosten für den Prozess sowie die Hauptforderung aus der Inanspruchnahme des Insolvenzverwalters A sowie die Prozesskosten aus der Inanspruchnahme des Insolvenzverwalters C kann der Kläger hingegen nicht mit Erfolg als zusätzliche Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend machen.

    Auch hier gilt, dass ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf bestehen muss und die Aufwendungen subjektiv zur Förderung des Berufs getätigt worden sein müssen, um als Werbungskosten im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG geltend gemacht werden zu können. Kosten einer Rechtsverfolgung (Beratungs-, Vertretungs- und Prozesskosten) können Werbungskosten sein, wenn der Gegenstand des Prozesses mit der Einkunftsart zusammenhängt, in deren Rahmen die Aufwendungen geltend gemacht werden. Der Zusammenhang mit der Einkunftsart richtet sich dabei nach objektiven Gesichtspunkten, nicht nach den Vorstellungen des Steuerpflichtigen (BFH, Urteil vom 9. Februar 2012, VI R 23/10, BStBl. II, 2012, 829, juris, Rn. 11).

    Nach diesen Maßstäben liegen weder bei den geltend gemachten Kosten hinsichtlich der Auseinandersetzung mit dem Insolvenzverwalter A (dazu unter a)) noch bei den Prozesskosten hinsichtlich der Inanspruchnahme durch den Insolvenzverwalter C (dazu unter b)) Werbungskosten vor.

    a) Hinsichtlich der Auseinandersetzung mit dem Insolvenzverwalter A kann das Gericht keinen objektiven Zusammenhang mit der nichtselbständigen Tätigkeit als Geschäftsführer der B GmbH erkennen oder mit etwaigen Kapitaleinkünften des Klägers.

    Als der Kläger sich die Forderungen am 2. Dezember 2006 abtreten ließ, war bereits klar, dass er das Unternehmen zum 1. Januar 2007 verlassen würde, denn er war bereits einige Tage zuvor (am 30. November 2006) als Geschäftsführer abberufen worden. Welche beruflichen Gründe in dieser Lage noch dafür sprechen können, sich Forderungen abtreten zu lassen, kann das Gericht nicht erkennen. Dass die Abtretung etwa der Sicherung des Arbeitslohnanspruches für den nachfolgenden Dezember gedient hätte, ist nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich. Auch andere Gründe die rein beruflich wären, sind nicht erkennbar. Das Gericht ist vielmehr davon überzeugt, dass die familiäre Verbundenheit mit der GmbH ausschlaggebend dafür war, dass dem Kläger diese Forderungen abgetreten wurden. Denn die Mutter des Klägers war Alleingesellschafterin der GmbH.

    Dass der Kläger die Abtretungen als Sicherungen für von ihm an die GmbH gezahlte Darlehen erhalten haben will, überzeugt das Gericht nicht. Aus den drei vom Kläger vorgelegten Darlehensverträgen ergibt sich schon kein Zusammenhang mit den am 2. Dezember 2006 erfolgten Abtretungen. Auch die Erläuterungen im Erörterungstermin vom 30. Januar 2019 können das Gericht nicht von einem Zusammenhang zwischen Darlehen und der Abtretung überzeugen. Insoweit hat der Kläger nur ausgeführt, wie die Darlehen geflossen sein sollen, nicht aber den Zusammenhang mit der Abtretung überzeugend erläutert. Im Übrigen hat der Kläger damit nicht nachgewiesen, dass die Darlehen tatsächlich geflossen sind. Dem stehen die Angaben des Insolvenzverwalters A, die sich dem Urteil des Landgerichts Hamburg vom ... 2012 (...) entnehmen lassen, entgegen. Danach konnte der Insolvenzverwalter keine Geschäftsunterlagen auffinden, aus denen sich Zahlungen hätten ergeben können.

    b) Hinsichtlich der Inanspruchnahme durch den Insolvenzverwalter C liegen keine nachträglichen Werbungskosten vor, weil insoweit ebenfalls kein objektiver Zusammenhang mit einer nichtselbständigen Tätigkeit erkennbar ist.

    Der Kläger hat nicht nachgewiesen, dass er zu dem Zeitpunkt, als er veranlasste, dass die B GmbH eine Zahlung in Höhe von ... € auf ein debitorisches Konto der D GmbH leistete (16. August 2005), bei der D GmbH beschäftigt war. Dies wäre aber Voraussetzung für die Geltendmachung auch bei nachträglichen Werbungskosten. Denn auch bei diesen muss in dem Zeitpunkt, in dem der Grund für die Aufwendungen gelegt wurde, der berufliche Zusammenhang bestehen. Die vorgelegten Nachweise über eine geringfüge Beschäftigung datieren aus den Vorjahren. Im Übrigen wird das Entgelt aus dieser Tätigkeit pauschal versteuert und berechtigt nicht zum Werbungskostenabzug. Selbst wenn der Kläger im Zeitpunkt, als er die Zahlung veranlasste, faktischer Geschäftsführer gewesen sein sollte - was er selbst bestreitet und wogegen sich auch das Hanseatische OLG (Urteil vom ... 2011, ...) ausgesprochen hat - könnte er insoweit keine Werbungskosten geltend machen. Denn bei einem faktischen Geschäftsführer fehlt es gerade an dem rechtlichen Bindungswillen, ein unselbständiges Arbeitsverhältnis einzugehen. Der faktische Geschäftsführer schuldet seine Arbeitskraft gerade nicht. Aus diesem Grunde können dann auch keine Werbungskosten geltend gemacht werden.

    III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 Satz 1 FGO.

    IV. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 115 Abs. 2 FGO).

    RechtsgebietEStGVorschriftenEStG § 9 Abs. 1 S. 1, EStG § 12 Nr. 1, EStG § 19

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