14.08.2020 · IWW-Abrufnummer 217349
Bundesfinanzhof: Urteil vom 22.01.2020 – II R 13/18
Junges Verwaltungsvermögen - Aktivtausch
1. Zum nicht begünstigten jungen Verwaltungsvermögen i.S. des § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG i.d.F. des ErbStRG gehört jedes einzelne Wirtschaftsgut des Verwaltungsvermögens, das sich weniger als zwei Jahre vor dem Stichtag durchgehend im Betriebsvermögen befand. Es ist keine gruppenbezogene Betrachtung vorzunehmen.2. Auf die Herkunft des Vermögensgegenstandes oder der zu seiner Finanzierung verwendeten Mittel kommt es nicht an.
Tenor:
Die Revision der Kläger gegen das Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 14.03.2018 ‒ 2 K 1056/15 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens haben die Kläger zu tragen.
Gründe
I.
1
Die Klägerin und Revisionsklägerin zu 1. (Klägerin zu 1.) ist eine KGaA. An ihrem Kommanditkapital waren V zu 48 %, der Kläger und Revisionskläger zu 2. (Kläger zu 2.) und die Klägerin und Revisionsklägerin zu 3. (Klägerin zu 3.) zu jeweils 26 % beteiligt. Mit Vertrag vom 12.12.2011 schenkte V dem Kläger zu 2. und der Klägerin zu 3. jeweils ein Paket Stückaktien.
2
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) stellte mit einem unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Bescheid vom 11.12.2013 erklärungsgemäß nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 des Bewertungsgesetzes (BewG) den Wert der durch die Kläger zu 2. und 3. jeweils erworbenen Anteile an einer Kapitalgesellschaft auf den Stichtag 12.12.2011 mit … € sowie die Summe der gemeinen Werte der Wirtschaftsgüter des Verwaltungsvermögens mit insgesamt … € fest. Die Summe der gemeinen Werte der Wirtschaftsgüter des jungen Verwaltungsvermögens stellte es auf 0 € fest.
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Nach einer Außenprüfung bei der Klägerin zu 1. stellte das FA mit Bescheid vom 02.10.2014 den Wert der jeweiligen Anteile an der Kapitalgesellschaft auf … €, eine Summe der gemeinen Werte der Wirtschaftsgüter des Verwaltungsvermögens von … € und eine Summe der gemeinen Werte der Wirtschaftsgüter des jungen Verwaltungsvermögens von … € fest. Nach den Feststellungen der Außenprüfung handelte es sich um Wertpapierzugänge zwischen dem 02.11.2011 und dem 31.12.2011, die aus betrieblichen Mitteln angeschafft worden seien.
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Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) ist davon ausgegangen, dass auch die innerhalb des Zweijahreszeitraums aus betrieblichen Mitteln angeschafften Wertpapiere nicht begünstigtes sog. "junges Verwaltungsvermögen" i.S. des § 13b Abs. 2 Satz 3 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes i.d.F. des Erbschaftsteuerreformgesetzes (ErbStRG) vom 24.12.2008 (BGBl I 2008, 3018) —ErbStG a.F.— seien. Die Vorschrift sei nicht auf Fälle zu beschränken, in denen das Verwaltungsvermögen zuvor eingelegt worden sei, sondern finde nach Wortlaut und Gesetzeshistorie auch Anwendung, wenn es aus betrieblichen Mitteln angeschafft oder hergestellt worden sei (sog. Aktivtausch). Eine auf Einlagen beschränkte Regelung könne leicht umgangen werden. Eine teleologische Reduktion in Bezug auf Fälle der Umschichtung von (Alt‒)Verwaltungsvermögen in neues Verwaltungsvermögen widerspreche der Ausgestaltung der Norm als abstrakter Missbrauchsvorschrift. Das Urteil des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2018, 1378 veröffentlicht.
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Mit der Revision rügen die Kläger eine Verletzung von § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG a.F. Zwar sei es zutreffend, dass die Vorschrift zwecks Vermeidung von Missbräuchen nicht auf Einlagen beschränkt werden könne und grundsätzlich auch den Aktivtausch umfasse. Jedoch sei der Begriff "Verwaltungsvermögen" im Rahmen des § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG a.F. nicht mit den einzelnen Gegenständen des Verwaltungsvermögens gleichzusetzen, sondern erfasse entweder das Verwaltungsvermögen insgesamt oder zumindest die in § 13b Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Nrn. 1 bis 5 ErbStG a.F. definierten Kategorien des Verwaltungsvermögens. Damit seien Umschichtungen von Verwaltungsvermögen durch Aktivtausch zumindest innerhalb der jeweils maßgebenden Verwaltungsvermögenskategorie unschädlich, da diese den Umfang des Verwaltungsvermögens nicht ausweiteten. Entsprechendes gelte, wenn, wie im Streitfall, der Erwerb von Verwaltungsvermögen durch Aufnahme von Darlehen finanziert werde. Wenn der Erhöhung des Aktivvermögens Schulden gegenüberstünden und sich der Unternehmenswert nicht erhöhe, könne das nie Gestaltungsmissbrauch sein.
6
Die Kläger beantragen,
die Vorentscheidung aufzuheben und den Bescheid vom 02.10.2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17.12.2014 über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Summen der gemeinen Werte der Wirtschaftsgüter des jungen Verwaltungsvermögens der KGaA auf den 12.12.2011 auf 0 € zu ändern.
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Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
8
Das Gesetz stelle auf die Mittelherkunft nicht ab. Ob im Übrigen Umschichtungen im Verwaltungsvermögen begünstigungsschädlich seien, sei unerheblich. Der Ankauf der Wertpapiere aus Geldmitteln —die zum damaligen Zeitpunkt noch nicht zum Verwaltungsvermögen gehörten—, sei ein normaler Aktivtausch, der nie zu einer Ausweitung des Unternehmenswerts führe.
9
Das dem Verfahren beigetretene Bundesministerium der Finanzen unterstützt das Vorbringen des FA und stellt keinen Antrag.
II.
10
Die Revision ist unbegründet und nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Das FG hat zu Recht erkannt, dass die Feststellung der Summe der gemeinen Werte der Wirtschaftsgüter des jungen Verwaltungsvermögens rechtmäßig ist.
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1. Das FA hat neben dem Wert der Anteile an einer Kapitalgesellschaft nach § 12 Abs. 2 ErbStG i.V.m. § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BewG auch die Summen der gemeinen Werte der Wirtschaftsgüter des Verwaltungsvermögens und des jungen Verwaltungsvermögens verfahrensrechtlich zutreffend gesondert festgestellt.
12
a) Gemäß § 37 Abs. 6 ErbStG i.d.F. des Steuervereinfachungsgesetzes 2011 (StVereinfG 2011) vom 01.11.2011 (BGBl I 2011, 2131) sind u.a. § 13b Abs. 2 und Abs. 2a ErbStG i.d.F. des StVereinfG 2011 auf Erwerbe anzuwenden, für die die Steuer nach dem 30.06.2011 entsteht. Nach § 13b Abs. 2a Satz 1 ErbStG i.d.F. des StVereinfG 2011 stellt das für die Bewertung der wirtschaftlichen Einheit örtlich zuständige Finanzamt i.S. des § 152 Nrn. 1 bis 3 BewG die Summen der gemeinen Werte der Wirtschaftsgüter des Verwaltungsvermögens i.S. des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nrn. 1 bis 5 ErbStG a.F. und des jungen Verwaltungsvermögens i.S. des § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG a.F. gesondert fest, wenn diese Werte für die Erbschaftsteuer oder eine andere Feststellung i.S. dieser Vorschrift von Bedeutung sind. Für die Übertragung eines Anteils am Betriebsvermögen gilt dies nach § 13b Abs. 2a Satz 2 ErbStG i.d.F. des StVereinfG 2011 entsprechend.
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b) Die Schenkung der Aktien ist nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) i.V.m. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG steuerbar. Die Steuer ist nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG mit dem Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung am 12.12.2011 und damit nach dem 30.06.2011 entstanden, so dass eine gesonderte Feststellung durchzuführen ist.
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2. Als steuerpflichtiger Erwerb gilt nach § 10 Abs. 1 Satz 1 ErbStG die Bereicherung des Erwerbers, soweit sie nicht u.a. nach § 13a ErbStG steuerfrei ist.
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a) Anzuwenden sind im Streitfall §§ 13a, 13b ErbStG a.F., die in den im Streitfall maßgebenden Teilen bis 2011 unverändert geblieben sind. Die Vorschriften in der im Streitfall anwendbaren Fassung sind nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 17.12.2014 ‒ 1 BvL 21/12 (BGBl I 2015, 4, BVerfGE 138, 136, BStBl II 2015, 50) mit Art. 3 des Grundgesetzes unvereinbar. Das BVerfG hat jedoch ihre Anwendbarkeit bis zu einer Neuregelung angeordnet, die spätestens bis zum 30.06.2016 zu treffen war.
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b) Nach § 13a Abs. 1 Satz 1 ErbStG a.F. i.V.m. § 13b Abs. 1 Nr. 3, Abs. 4 ErbStG a.F. bleibt vorbehaltlich des § 13b Abs. 2 ErbStG a.F. unter weiteren, hier nicht streitigen Voraussetzungen u.a. der Erwerb von Anteilen an Kapitalgesellschaften, wenn die Kapitalgesellschaft zur Zeit der Entstehung der Steuer Sitz oder Geschäftsleitung im Inland oder in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums hat und der Erblasser oder Schenker am Nennkapital dieser Gesellschaft zu mehr als 25 % unmittelbar beteiligt war, zu 85 % außer Ansatz (Verschonungsabschlag). Die KGaA ist handelsrechtlich (Schmidt in Schmidt/Lutter, Aktiengesetz, 3. Aufl. 2015, § 278 Rz 1) und steuerrechtlich (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 des Körperschaftsteuergesetzes) Kapitalgesellschaft. § 13a Abs. 8 ErbStG a.F. ermöglicht einen Verschonungsabschlag von 100 %, wenn u.a. der Anteil des Verwaltungsvermögens die Grenze von 10 % nicht überschreitet.
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c) Gemäß § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG a.F. bleibt ausgenommen Vermögen im Sinne des Absatzes 1, wenn das Betriebsvermögen der Betriebe oder der Gesellschaften zu mehr als 50 % aus Verwaltungsvermögen besteht. Zum Verwaltungsvermögen gehören nach § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG a.F. nach jeweils näherer Maßgabe, Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke (Nr. 1), Anteile an Kapitalgesellschaften, wenn die unmittelbare Beteiligung am Nennkapital dieser Gesellschaften 25 % oder weniger beträgt (Nr. 2), Beteiligungen an Personen- und Kapitalgesellschaften, wenn bei diesen Gesellschaften das Verwaltungsvermögen mehr als 50 % beträgt (Nr. 3), Wertpapiere sowie vergleichbare Forderungen (Nr. 4) sowie Kunstgegenstände u.Ä. (Nr. 5).
18
d) Kommt § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG a.F. nicht zur Anwendung, gehört solches Verwaltungsvermögen i.S. des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nrn. 1 bis 5 ErbStG a.F. nicht zum begünstigten Vermögen im Sinne des Absatzes 1, welches dem Betrieb im Besteuerungszeitpunkt weniger als zwei Jahre zuzurechnen war (§ 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG a.F.). Dieses nicht zum begünstigten Vermögen gehörende Verwaltungsvermögen i.S. des § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG a.F. ist durch Art. 8 Nr. 2 Buchst. a StVereinfG 2011 als "junges Verwaltungsvermögen" legal definiert worden.
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3. § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG a.F. ist wirtschaftsgutsbezogen zu verstehen. Ein Wirtschaftsgut des Verwaltungsvermögens, das sich weniger als zwei Jahre durchgehend im Betriebsvermögen desjenigen Betriebes befand, der unmittelbar oder vermittelt durch einen Gesellschaftsanteil Gegenstand des Erwerbs ist, ist "junges Verwaltungsvermögen" und als solches nicht begünstigt. Es ist keine Saldierung oder gattungsbezogene Betrachtung vorzunehmen. Auf die Herkunft des Vermögensgegenstandes oder der zu seiner Finanzierung verwendeten Mittel kommt es nicht an. Eine einzelfallbezogene Missbrauchsprüfung findet nicht statt.
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a) Die Auslegung der Vorschrift ist umstritten. Die Finanzverwaltung bezieht die Vorschrift auf das einzelne Wirtschaftsgut. Sie geht in R E 13b.27 Satz 2 der Erbschaftsteuer-Richtlinien (ErbStR) 2019 vom 16.12.2019 (BStBl I 2019, Sondernr. 1/2019, 2; früher R E 13b.19 Abs. 1 Satz 2 der ErbStR 2011, BStBl I 2011, Sondernr. 1/2011, 2) davon aus, dass zum jungen Verwaltungsvermögen nicht nur innerhalb des Zweijahreszeitraums eingelegtes Verwaltungsvermögen gehört, sondern auch Verwaltungsvermögen, das innerhalb dieses Zeitraums aus betrieblichen Mitteln angeschafft oder hergestellt worden ist. Dies erfasst dem Wortlaut der Richtlinie nach zumindest Anschaffungen aus solchem Betriebsvermögen, das nicht zum Verwaltungsvermögen gehört, aber wohl auch Umschichtungen von einem Wirtschaftsgut des Verwaltungsvermögens in ein anderes Wirtschaftsgut des Verwaltungsvermögens. Im Schrifttum wird teilweise die Umschichtung wegen fehlender Missbrauchsgefahr für begünstigungsunschädlich erachtet (vgl. etwa Geck in Kapp/Ebeling, § 13b ErbStG, Rz 171; S. Viskorf in Viskorf/ Schuck/Wälzholz, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Bewertungsgesetz, 5. Aufl., § 13b ErbStG Rz 284; differenzierend Wachter, in Fischer/Pahlke/Wachter, ErbStG, 6. Aufl., § 13b Rz 681 bis 684). Insoweit wird der Begriff des Verwaltungsvermögens als Gattungsbegriff angesehen. Zur Begründung wird u.a. auf die Ausführungen in der BRDrucks 778/06 vom 03.11.2006 (S. 22 f.) verwiesen. Teilweise wird aber auch mit der Finanzverwaltung eine restriktive Betrachtungsweise unter Bezugnahme auf die Vorstellungen des Gesetzgebers befürwortet (vgl. etwa Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher/ Gottschalk, ErbStG, § 13b Rz 391; Stalleiken in von Oertzen/Loose, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, § 13b Rz 225; Weinmann in Moench/Weinmann, § 13b ErbStG Rz 231; Kirnberger in Wilms/Jochum, ErbStG/BewG/GrEStG, § 13b ErbStG Rz 102, Stand 01.06.2018).
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b) Mit den Worten "solches Verwaltungsvermögen im Sinne des Satzes 2 Nr. 1 bis 5" in § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG a.F. ist nach der gesetzlichen Systematik jeder einzelne Vermögensgegenstand gemeint (vgl. § 240 Abs. 1 i.V.m. § 252 Abs. 1 Nr. 3 des Handelsgesetzbuchs).
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aa) Der Begriff "Verwaltungsvermögen" kann zwar einen Gattungsbegriff darstellen, steht aber in der Vorschrift nicht isoliert. Der Hinweis "solches" und die in Bezug genommene Aufzählung in § 13b Abs. 2 Satz 2 Nrn. 1 bis 5 ErbStG a.F. machen deutlich, dass die Vorschrift die einzelnen Wirtschaftsgüter des jungen Verwaltungsvermögens meint. Hinzu tritt, dass die in der Vorschrift vorgesehene Zurechnung sich für jedes einzelne Wirtschaftsgut unterschiedlich darstellen kann und deshalb denknotwendig auf das einzelne Wirtschaftsgut zu beziehen ist.
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bb) Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass der unmittelbar folgende § 13b Abs. 2 Satz 4 ErbStG a.F. ausdrücklich zwischen dem Verwaltungsvermögen und den Einzelwirtschaftsgütern des Verwaltungsvermögens differenziert und dort mit dem an erster Stelle genannten Begriff ersichtlich die Gesamtheit aller im Betrieb befindlichen Gegenstände des Verwaltungsvermögens meint. Da sich die Bedeutung des Begriffs in § 13b Abs. 2 Satz 4 ErbStG a.F. allein aus der Funktion des Satzes (Berechnungsvorschrift) erschließt, zeigt dies, dass auch bei Auslegung des vorgehenden § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG a.F. in erster Linie dessen Funktionsweise und Zusammenhang in den Blick zu nehmen sind.
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cc) Die BRDrucks 778/06 vom 03.11.2006 rechtfertigt keine andere Auslegung. Der darin enthaltene Gesetzentwurf ist nicht in das ErbStG a.F. aufgenommen worden.
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c) Eine teleologische Reduktion der Vorschrift in der Weise, dass die Zurechnung des Einzelwirtschaftsguts ergänzt wird durch eine konkrete missbräuchliche Gestaltung im Einzelfall, durch die Verknüpfung der Anschaffung oder Herstellung des Wirtschaftsguts mit einer Privateinlage, ist nicht möglich. Die Grenzen vertretbarer Auslegung und zulässiger richterlicher Rechtsfortbildung sind zwar weit gezogen, dürfen sich aber nicht dem vom Gesetzgeber festgelegten Sinn und Zweck des Gesetzes entziehen, sondern müssen die gesetzgeberische Grundentscheidung respektieren. Eine Interpretation, die sich über den klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers hinwegsetzt, greift unzulässig in die Kompetenz des demokratisch legitimierten Gesetzgebers ein (im Einzelnen Nichtannahmebeschluss des BVerfG vom 26.11.2018 ‒ 1 BvR 318/17, 1 BvR 1474/17, 1 BvR 2207/17, Neue Juristische Wochenschrift 2019, 351, Rz 29 bis 32).
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aa) Nach diesem Maßstab ist eine Auslegung der Vorschrift in der Weise, dass im Einzelfall ein denkbarer Missbrauch zu prüfen ist, nicht zulässig. Sie stünde mit der Regelungskonzeption des Gesetzes nicht in Einklang. Wäre eine Missbrauchsprüfung im Einzelfall gewollt, hätte ein Missbrauchselement zwingend zum Tatbestandsmerkmal erhoben werden müssen. Knüpft die Vorschrift an anderweit definierte Merkmale an, ist stattdessen eine Typisierung gewollt. Der zulässige Auslegungsspielraum bezieht sich allein auf die Reichweite der Typisierung. Diese impliziert, dass im Einzelfall kein Missbrauch vorliegen muss. Umschichtungen, auch innerhalb des Verwaltungsvermögens, oder auch Kapitalanlagen in Gestalt von Verwaltungsvermögen können betriebswirtschaftlich sinnvoll und angezeigt sein und trotzdem grundsätzlich zu jungem Verwaltungsvermögen führen. Gleichgültig ist demnach auch, ob das erworbene Verwaltungsvermögen aus angesparter Liquidität oder aus Kreditmitteln finanziert wurde.
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bb) Die Vorschrift ist nicht auf Fälle der Einlage von Verwaltungsvermögen aus dem Privatvermögen in das Betriebsvermögen innerhalb der Zweijahresfrist beschränkt. Zum einen ist die Einlage gerade nicht gesetzliches Tatbestandsmerkmal geworden, obwohl dies rechtstechnisch ohne Weiteres möglich gewesen wäre, wie etwa § 13a Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 ErbStG a.F. zeigt. Zum anderen könnte der Zweck der Vorschrift, Missbräuche durch kurzfristige Einlagen aus dem Privatvermögen zu verhindern, so nicht erreicht werden. Eine derartige Eingrenzung wäre ohne Weiteres durch Einlage eines nicht zum Verwaltungsvermögen gehörenden Wirtschaftsguts und Erwerb von Verwaltungsvermögen aus der so erlangten Liquidität zu umgehen. Im Streitjahr wäre dies sogar noch durch Einlage von Finanzmitteln möglich gewesen, denn Geldforderungen, die nicht Wertpapiere oder Wertpapieren vergleichbar sind, wie etwa Sichteinlagen, Sparanlagen und Festgeldkonten bei Kreditinstituten sowie Forderungen aus Lieferungen und Leistungen und Forderungen an verbundene Unternehmen sowie Bargeld, rechneten seinerzeit noch nicht zum jungen Verwaltungsvermögen (vgl. Vorlagebeschluss des Bundesfinanzhofs vom 27.09.2012 ‒ II R 9/11, BFHE 238, 241, BStBl II 2012, 899, Rz 38 bis 43). Dies ist erst seit Einfügung des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a ErbStG durch Art. 30 des Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetzes vom 26.06.2013 —AmtshilfeRLUmsG— (BGBl I 2013, 1809) der Fall, und zwar für Erwerbe, für die die Steuer nach dem 06.06.2013 entsteht (§ 37 Abs. 8 ErbStG, eingefügt durch Art. 30 Nr. 3 AmtshilfeRLUmsG). Dem entspricht die Vorschrift des § 13b Abs. 4 Nr. 5 ErbStG i.d.F. des Gesetzes zur Anpassung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vom 04.11.2016 —ErbStGAnpG 2016— (BGBl I 2016, 2464), die nach § 37 Abs. 12 Satz 1 ErbStG i.d.F. des ErbStGAnpG 2016 auf Erwerbe anzuwenden ist, für die die Steuer nach dem 30.06.2016 entsteht.
28
d) Die Entstehungsgeschichte des Gesetzes lässt ebenfalls nicht erkennen, dass der Gesetzgeber den Anwendungsbereich des § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG a.F. auf die Fälle der innerhalb der Zweijahresfrist getätigten Einlage aus dem Privatvermögen hätte beschränken wollen. Die zu § 13b Abs. 2 ErbStG a.F. gegebene Begründung zum Entwurf des ErbStRG der Bundesregierung vom 28.01.2008 (BTDrucks 16/7918, S. 35, 36) skizzierte allgemein die Intention, überwiegend vermögensverwaltende Betriebe von den Verschonungen auszunehmen. Die späteren Bestrebungen des Bundesrates im Gesetzgebungsverfahren zum Jahressteuergesetz 2010 vom 08.12.2010 —JStG 2010— (BGBl I 2010, 1768), Verwaltungsvermögen nicht generell, sondern nur im Falle der Einlage für nicht begünstigt zu erachten, waren weder 2008 noch zu einem späteren Zeitpunkt Gesetz geworden (Entwurf des JStG 2010 der Bundesregierung vom 21.06.2010, BTDrucks 17/2249, S. 28; Stellungnahme des Bundesrates, BTDrucks 17/2823, S. 31, 32, Nr. 48; Gegenäußerung der Bundesregierung in BTDrucks 17/2823, S. 40 zu Nr. 48; Bericht des Finanzausschusses vom 28.10.2010, BTDrucks 17/3549, S. 11). Sie zeigen vielmehr, dass alle am Gesetzgebungsverfahren Beteiligten § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG a.F. nicht auf Einlagefälle beschränkt sahen. Die späteren Änderungsbestrebungen erlauben zwar einerseits keinen Rückschluss auf die Intention des ursprünglichen Gesetzgebers. Sie erlauben jedoch andererseits auch nicht, dem Gesetz einen Inhalt beizulegen, den es erst bei Durchführung der Änderung gehabt hätte. Daher ist auch nichts daraus herzuleiten, dass nach dem BVerfG-Urteil in BGBl I 2015, 4, BVerfGE 138, 136, BStBl II 2015, 50 die Bundesregierung im Zusammenhang mit ihrem Entwurf des ErbStGAnpG 2016 u.a. ausgeführt hat, die Regelungen für junges nicht begünstigtes Vermögen sollten den Missbrauch durch kurzfristige Einlage vermeiden (BTDrucks 18/5923 vom 07.09.2015, S. 12, 29).
29
e) Nach diesen Maßstäben hat das FA das junge Verwaltungsvermögen in zutreffender Höhe festgestellt. Die erfassten Wertpapiere wurden innerhalb von zwei Jahren vor der Schenkung aus betrieblichen Mitteln angeschafft.
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4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.