02.09.2020 · IWW-Abrufnummer 217659
Finanzgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 30.10.2019 – 1 K 1540/18
Zur Berücksichtigung eines nicht steuerbaren Veräußerungsgewinns bei der Berechnung eines "fiktiven" Kapitalkontos.
Im Hinblick auf deren grundsätzliche steuerliche Neutralität sind nicht steuerbare Vorgänge in die Ermittlung der Grenze, ab der das Verlustausgleichsverbot greift, nicht einzubeziehen.
Finanzgericht Rheinland-Pfalz
In dem Finanzrechtsstreit
der Firma ..., vertr. d. d. GF V.T. und eine weitere Person
- Klägerin -
prozessbevollmächtigt:
gegen
das Finanzamt
- Beklagter -
beigeladen:
Herr V. T.
den Richter am Finanzgericht xxx
die Richterin am Finanzgericht xxx
den ehrenamtlichen Richter Polizeibeamter und Dipl.-Verwaltungswirt xxx
den ehrenamtlichen Richter Dipl.Ing. (FH) xxx
für Recht erkannt:
Tenor:
I.
Der Bescheid vom 5. Juli 2017 über die Feststellung des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG für den Veranlagungszeitraum 2015 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 8. Mai 2015 wird dahingehend abgeändert, dass der in Höhe von 91.491,-- Euro festgestellte Verlust aus laufenden Einkünften in Höhe von 51.129,19 Euro als ausgleichsfähig anerkannt wird.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II.
Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu 5/9 zu tragen, im Übrigen die Klägerin.
III.
Das Urteil ist hinsichtlich der vom Beklagten zu tragenden Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung abwenden, indem er Sicherheit leistet, es sei denn, dass die Klägerin zuvor Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
IV.
Tatbestand
Streitig ist, ob ein Verlust ausgleichsfähig oder gem. § 21 Abs. 1 S. 2 EStG i.V.m. § 15a EStG nur verrechenbar ist.
Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG, an der die C GmbH als persönlich haftende Gesellschafterin ohne Kapitalanteil und Herr V. T. als Kommanditist beteiligt sind. Nach § 8 des Vertrags vom 30. November 1999 zur Errichtung der Klägerin nehmen die Gesellschafter an Gewinn und Verlust im Verhältnis ihrer Kapitalanteile teil. In § 4 des Vertrags ist festgelegt, dass für jeden Gesellschafter ein Kapital-, ein Rücklagen- und ein Darlehenskonto geführt werden sollte. Auf dem Darlehenskonto sollten die entnahmefähigen Gewinnanteile, Entnahmen, Tätigkeitsvergütungen, Zinsen sowie sonstiger Zahlungsverkehr zwischen der Gesellschaft und dem Gesellschafter gebucht werden (s. Bl. 1 - 7 Vertragsakte "Gesellschaftsvertrag").
Mit Vertrag vom 1. Dezember 1999 hatte die Klägerin ein Erbbaurecht an einem auf dem Gelände des Flughafens X belegenen Grundstück erworben, um dort eine Frachthalle zu errichten und zu vermieten (s. Bl. 1 - 6 Vertragsakte "Erbbaurechtsvertrag"). Mit notariellem Vertrag vom 3. Juni 2015 veräußerte die Klägerin das Erbbaurecht für 2.300.000,00 € (s. Bilanzakte 2015).
Der Jahresabschluss zum 31. Dezember 2015 wies einen Jahresüberschuss von 2.015.829,25 € aus, hierin enthalten ein Gewinn aus der Veräußerung des Erbbaurechts i.H.v. 2.107.476,00 €. Unter Berücksichtigung nicht abzugsfähiger Bewirtungskosten i.H.v. 156,00 € ergaben sich negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung i.H.v. 91.490,75 € (s Bl. 1 Feststellungsakte). Im Bescheid vom 5. Juli 2017 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen stellte der Beklagte die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung mit ./. 90.212,77 € fest. Einen Gewinn aus Sonderbetriebsvermögen (Haftungsvergütung) i.H.v. 1.278,23 € wies der Beklagte der Komplementär-GmbH zu, die laufenden Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von ./. 91.491,00 € stellte er als verrechenbaren Verlust gem. § 15a EStG des Kommanditisten fest.
Am 4. August 2017 beantragte der Klägervertreter, den Feststellungsbescheid dahingehend zu ändern, dass der festgestellte Verlust als ausgleichsfähiger Verlust qualifiziert werden sollte. Bei der Kapitalkontenentwicklung sei die Einlage des Veräußerungserlöses in das Gesellschaftsvermögen nicht berücksichtigt worden. Entnahmen von Darlehenskonten seien keine Entnahmen i.S.d. § 15a EStG. In der übermittelten Bilanz zum 31. Dezember 2015 gebe es kein negatives Kapitalkonto eines beschränkt haftenden Gesellschafters.
Mit Bescheid vom 24. August 2017 lehnte der Beklagte die Änderung des Feststellungsbescheids ab (Bl. 16 Feststellungsakte). Das Darlehenskonto gehöre nicht zum Eigenkapital des Kommanditisten. Die Entnahme im Feststellungsbescheid stelle daher keine Entnahme aus dem Darlehenskonto dar. Da der Bilanzgewinn im Moment der Verbuchung auf dem Darlehenskonto das Eigenkapital der KG verlasse, liege eine Entnahme aus dem Gesamthandsvermögen vor, die nach § 15a EStG zu berücksichtigen sei. Die Gesellschaft erziele Einkünfte nach § 21 EStG, die eigentlich nach den Grundsätzen des § 11 EStG zu ermitteln seien. Dies sei nicht beachtet worden. Das steuerlich maßgebliche Kapitalkonto könne bei einer vermögensverwaltenden Gesellschaft niemals mit dem Kapital laut Bilanz übereinstimmen. Da bisher die Einkünfte der KG immer aus der Bilanz übernommen worden seien, habe es bisher keine Abweichung zum Bilanzkapital gegeben. Aufgrund der nicht steuerbaren Grundstücksveräußerung weiche in 2015 der Bilanzgewinn von den Einkünften nach § 21 EStG ab.
Im Einspruchsverfahren trug der Klägervertreter vor, dass es in der Bilanz der wirtschaftlich gesunden Gesellschaft keinen beschränkt haftenden Gesellschafter mit einem negativen Kapitalkonto gebe. Die Handelsbilanz sei für die Feststellung der Kapitalkonten i.S.d. § 15a EStG maßgeblich. Wenn diese kein Fehlkapital ausweise und die Berechnung des Kapitals nach § 15a EStG ein Fehlkapital von mehr als 2 Millionen € ergebe, sei die Berechnung offenkundig falsch und müsse modifiziert werden. Der Fehler liege darin, dass der Zufluss des steuerfreien Veräußerungsgewinns nicht berücksichtigt werde, wohl aber der Abgang des Gewinns durch Gutschrift auf dem Kapitalkonto des Gesellschafters. Die Behauptung, die Differenz sei auf die Überschussrechnung zurückzuführen, sei falsch. Aus Praktikabilitätsgründen sei der Jahresüberschuss laut Bilanz der Besteuerung zugrunde gelegt worden; der Veräußerungserlös wäre auch bei einer Überschussrechnung zu berücksichtigen, da er im Veranlagungszeitraum vereinnahmt worden sei. Die eingereichte Bilanz sei die Handels- und Steuerbilanz, eine sogenannte Einheitsbilanz. Ob der Vermögenszuwachs durch die Grundstücksveräußerung als Gewinn oder als Einlage gewertet und ob er durch Vermögensvergleich oder durch Überschussrechnung ermittelt werde, sei irrelevant, da sich stets ein positives Kapitalkonto für alle Gesellschafter ergebe. Die Auffassung, dass zur Berechnung des Kapitalkontos die steuerlichen Gewinnermittlungsvorschriften maßgeblich seien, sei sehr minoritär. Nach herrschender Meinung seien alle Einnahmen und Ausgaben unabhängig von ihrer ertragsteuerlichen Relevanz bei der Berechnung des Kapitalkontos zu berücksichtigen.
Mit Einspruchsentscheidung vom 8. Mai 2018 wies der Beklagte den Einspruch zurück. Im Streitfall liege ein verrechenbarer Verlust i.S.d. § 15a Abs. 1 S. 1 EStG vor, da das maßgebliche sogenannte fiktive Kapitalkonto, das bei einer vermögensverwaltenden KG zu bilden sei, zum 31. Dezember 2015 einen negativen Wert ausweise. Bei einer vermögensverwaltenden KG könne für die Anwendung des § 15a EStG nicht unmittelbar auf das Kapitalkonto der Handelsbilanz zurückgegriffen werden, da dieses für die steuerliche Einkunftsermittlung ohne Bedeutung sei, weil es nicht in die Einnahmeüberschussrechnung und damit in die Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung eingehe. Zur Ermittlung des Ausgleichsvolumens i.S.d. § 15a EStG sei daher bei Einkünften gem. § 21 EStG ein "fiktives" Kapitalkonto zu bilden, das, soweit möglich, dem Kapitalkonto i.S.d. § 15a EStG entspreche. Es handele sich um das Ergebnis einer Hilfsrechnung, die nach den für die Ermittlung von Überschusseinkünften geltenden Grundsätzen vorzunehmen sei. Da das in 2015 veräußerte Grundstück bereits 1999 erworben worden sei, habe der Veräußerungserlös bei der Einkunftsermittlung keine Rolle gespielt, weil kein Fall des § 23 EStG vorgelegen habe. Es sei zutreffend, dass das Kapitalkonto in der Handelsbilanz einen positiven Wert in Höhe der Kommanditeinlage ausweise. Der Gewinn aus der Grundstücksveräußerung sei handelsrechtlich zu erfassen; er sei dem Kapitalkonto gutgeschrieben und in einem zweiten Schritt aus der Gesamthand entnommen und auf das Darlehenskonto des Kommanditisten umgebucht worden. Das Kapitalkonto i.S.d. § 15a EStG weiche aber vom handelsrechtlichen Kapitalkonto ab. Ausgangsgröße sei die tatsächlich geleistete Vermögenseinlage von 51.129,00 €. In einem weiteren Schritt sei die Korrektur um Entnahmen und Einlagen vorzunehmen, deren Erträge das "fiktive" Kapitalkonto beeinflussten. Der Handelsbilanzgewinn der KG habe sich auf 2.015.829,00 € belaufen. Das nach dem Gesellschaftsvertrag geführte Darlehenskonto diene nach § 4 Nr. 3 des Vertrags der Verbuchung von entnahmefähigen Gewinnanteilen, Entnahmen, Tätigkeitsvergütungen und Zinsen. Die Verlustverrechnung sei nicht vorgesehen, so dass es sich nicht um ein Eigenkapitalkonto, sondern um Fremdkapital handele, das in der Handelsbilanz als Verbindlichkeit ausgewiesen werde. Der Handelsbilanzgewinn sei auf diesem Darlehenskonto gutgeschrieben worden, somit auf einem Fremdkapitalkonto ohne Verlustverrechnung, und gelte daher als aus dem Eigenkapital entnommen. Im Gegenzug stelle der Veräußerungsgewinn keine Einlage dar. Es finde keine Verrechnung des Veräußerungsgewinns mit bisher zugewiesenen Anteilen aus den Einnahmen und Werbungskosten statt, die ebenfalls in die Ermittlung des "fiktiven" Kapitalkontos einflössen. Bei dem Veräußerungsvorgang handele es sich um eine reine Vermögensmehrung. Der Gewinn aus der Grundstücksveräußerung sei - vorbehaltlich des § 23 EStG - bei einer Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielenden Personengesellschaft steuerfrei. Er sei zwar handelsbilanzrechtlich zu erfassen, aber nicht von den Gesellschaftern erzielt und in die Gesellschaft eingelegt worden, sondern von der Gesellschaft erwirtschaftet. Die Gesellschafter hätten der Gesellschaft keine Einlagen aus ihrem Privatvermögen zugeführt, vielmehr habe sich lediglich ihr Kapitalkonto in der Handelsbilanz um den anteiligen Veräußerungsgewinn erhöht. Zudem sei der Veräußerungsgewinn einem Fremdkapitalkonto gutgeschrieben worden und habe keinen Einfluss auf die Höhe des Eigenkapitalkontos des Kommanditisten gehabt. Hinsichtlich des Inhalts der Einspruchsentscheidung im Übrigen wird auf die Aktenausfertigung (Bl. 33 - 39 Feststellungsakte) verwiesen.
Zur Begründung der Klage trägt der Klägervertreter vor, dass es dahingestellt bleiben könne, ob das Kapital durch Vermögensvergleich oder durch eine Hilfsrechnung im Rahmen der Einnahmeüberschussrechnung zu ermitteln sei, da der Veräußerungsgewinn im Streitjahr entstanden sei und vereinnahmt worden sei. Auch bei einer Überschussrechnung sei das Vollständigkeitsgebot zu beachten. Auch nach Auffassung der Finanzverwaltung (Hinweis auf LfSt Bayern, Rvfg. v. 27. Oktober 2015 S 2241a2.1-10/11 St32) seien bei der Berechnung des Kapitalkontos alle Einnahmen und Ausgaben unabhängig von ihrer ertragsteuerlichen Relevanz zu berücksichtigen. Der festgestellte Vermietungsverlust habe den Kommanditisten im Streitjahr wirtschaftlich belastet. Der Veräußerungsgewinn habe 2.107.476,00 € betragen, dem Verrechnungskonto seien aber nur 2.015.829,00 € gutgeschrieben worden. Die Differenz sei zum Ausgleich des Vermietungsverlustes verwandt worden. Es entspreche daher dem Gesetzeszweck des § 15a EStG, den Verlust als ausgleichsfähig festzustellen, da der Kommanditist den Vermietungsverlust auch im Streitjahr ausgeglichen habe. Es sei unzutreffend, dass der Veräußerungsgewinn einem Fremdkapitalkonto gutgeschrieben worden sei. Vielmehr sei er, wie die anderen Erträge, dem Bankkonto der Gesellschaft und damit dem Gesamthandsvermögen und erst am Jahresende im Rahmen der Gewinnverteilung den Darlehenskonten der Gesellschafter gutgeschrieben worden. Nach § 21 Abs. 1 EStG sei § 15a EStG sinngemäß anzuwenden. Soweit der Beklagte vortrage, dass bei Überschusseinkünften das Kapitalkonto völlig anders als bei gewerblichen Einkünften zu berechnen sei, stelle sich die Frage, auf welche rechtliche Grundlage sich diese Rechtsmeinung stütze. Der Beklagte vertrete implizit die Auffassung, dass bei der Berechnung des Kapitalkontos nach § 15a EStG der Gewinn anzusetzen sei, der sich nach § 2 Abs. 2 EStG ergebe. Diese Rechtsauffassung sei singulär und werde durch vage Thesen zur Berechnung des "fiktiven" Kapitalkontos verschleiert. Die vorherrschende Rechtsauffassung sei differenzierter und berücksichtige den Unterschied zwischen Gewinn nach Steuerbilanz und Einkünften nach dem EStG bei der Berechnung des Kapitalkontos und beziehe auch steuerfreie Einkünfte bei der Berechnung mit ein. Daher müssten auch die steuerfreien Überschüsse in die Ermittlung des Ausgleichsvolumens einbezogen werden, da diese beim Kommanditisten eine rechtliche sowie wirtschaftliche Vermögensmehrung bzw. -einbuße, die lediglich von der Ertragsbesteuerung befreit sei, darstelle.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 5. Juli 2017 über die Feststellung des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG für den Veranlagungszeitraum 2015 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 8. Mai 2018 dahingehend abzuändern, dass der in Höhe von 91.491,00 € festgestellte Verlust aus laufenden Einkünften als ausgleichsfähig anerkannt wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verweist zur Begründung auf seine Einspruchsentscheidung und trägt ergänzend vor, dass es in den Vorjahren keine Abweichung bei den Entwicklungen des handelsrechtlichen Eigenkapitals und der Kapitalveränderung i.S.d. § 15a EStG gegeben habe. Ausgehend von der tatsächlich geleisteten Vermögenseinlage i.H.v. 51.129,00 € hätten sich das Kapitalkonto laut Handelsbilanz und das "fiktive" Kapitalkonto um den Handelsbilanzgewinn bzw. die Vermietungseinkünfte erhöht und um die entsprechenden Entnahmen gemindert. Im Ergebnis sei am Ende des Veranlagungszeitraums wieder der Ausgangswert von 51.129,00 € geblieben. Im Streitjahr liege mit der Veräußerung des Grundstücks ein anderer Sachverhalt vor. Handelsrechtlich fließe dieses Veräußerungsgeschäft in den Handelsbilanzgewinn, steuerlich habe es mangels Steuerpflicht keinen Einfluss auf die Vermietungseinkünfte. An diesem Punkt entwickelten sich die (fiktiven) Kapitalkonten auseinander. Das handelsrechtliche Eigenkapital weise nach Verbuchung des Saldos aus laufendem Verlust und Veräußerungsgewinn sowie entsprechender Entnahme wieder den Ausgangswert der Kommanditeinlage aus. Auf dem "fiktiven" Kapitalkonto werde nur der Überschuss der Werbungskosten verbucht, während die Entnahme auch den Veräußerungsverlust enthalte, der dem Darlehenskonto des Kommanditisten gutgeschrieben worden sei. Im Ergebnis führe dies zu einem fiktiven negativen Kapitalkonto von 2.056.191,00 €. Im Streitfall bestehe nur eine handelsrechtliche Verpflichtung zur Bilanzierung. Eine Steuerbilanz sei nicht erforderlich, die Einkünfte der vermögensverwaltenden Klägerin würden grundsätzlich nach Einnahme-Grundsätzen ermittelt. Hierdurch werde die Bedeutung des Begriffs "fiktives" Kapitalkonto für die Frage der Verlustzurechnung gem. § 15a EStG nochmals deutlich, da die Steuerbilanz nicht zur Ermittlung des Verlustausgleichsvolumens verwandt werden dürfe. Die Klägerin habe den handelsrechtlichen Gewinn von 2.015.829,00 € nicht dem Eigenkapitalkonto des Kommanditisten, sondern dessen Darlehenskonto zugewiesen. Unabhängig vom tatsächlichen Verbleib des Veräußerungserlöses sei auch ein Gewinnanspruch des Kommanditisten entstanden. Mit der Verbuchung als Verbindlichkeit habe dieser den Anspruch nicht verwirklicht und somit der Klägerin ein Darlehen in entsprechender Höhe gewährt.
Nach vorheriger Anhörung der Beteiligten (s. Bl. 62 R Prozessakte) hat der Senat mit Beschluss vom 23. August 2019 den Kommanditisten, Herrn V. T., zum Verfahren beigeladen (s. Bl. 63 - 66 Prozessakte).
Entscheidungsgründe
Die Klage ist teilweise begründet. In Höhe der tatsächlich geleisteten Vermögenseinlage von 51.129,00 € ist der im Jahr 2015 erzielte laufende Verlust aus Vermietung und Verpachtung ausgleichsfähig. Der darüberhinausgehende Verlust ist demgegenüber nur verrechenbar.
§ 21 Abs. 1 S. 2 EStG steht im Zusammenhang mit dem Versuch, Verlustzuweisungen aus vermögensverwaltenden Gesellschaften einzudämmen. Hierzu werden die Beschränkungen des § 15a EStG auch für den Bereich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für sinngemäß anwendbar erklärt. Der einem Kommanditisten zuzurechnende Anteil am Verlust der Kommanditgesellschaft darf danach weder mit Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden, soweit dadurch ein negatives Kapitalkonto des Kommanditisten entsteht oder sich erhöht. Insoweit ist auch ein Abzug nach § 10d EStG ausgeschlossen. Unklarheiten ergeben sich bei Anwendung des § 21 Abs. 1 S. 2 EStG daraus, dass mit dem Verweis auf § 15a EStG eine Regelung einbezogen wird, die eine Ermittlung der Einkünfte durch Betriebsvermögensvergleich voraussetzt. Viele der in § 15a EStG verwendeten Begriffe, u.a. "Kapitalkonto", sind daher nicht ohne weiteres auf eine Vermietung und Verpachtung übertragbar. Es ist daher erforderlich, nur für den Zweck der Ermittlung der Grenze, ab der das Verlustausgleichsverbot greift, ein "fiktives" Kapitalkonto zu führen. Nach dem Normzweck des § 21 Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 15a EStG soll die Berechnung des Kapitalkontos bei einer Kommanditgesellschaft mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung so weit wie möglich der Berechnung des Kapitalkontos bei einer Kommanditgesellschaft mit Einkünften aus Gewerbebetrieb angeglichen werden. Bei Letzterer führt die Veräußerung von Betriebsvermögen stets zu Auswirkungen auf die Höhe des Kapitalkontos und des steuerlich relevanten Gewinns. Allerdings ergeben sich Unterschiede zwischen einer gewerblich tätigen Kommanditgesellschaft und einer Kommanditgesellschaft mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung daraus, dass die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung durch Überschussrechnung zu ermitteln sind und nicht durch Betriebsvermögensvergleich. Für die sinngemäße Anwendung des § 15a EStG kann daher nicht auf das Kapitalkonto der Steuerbilanz zurückgegriffen werden. Vielmehr ist das Kapitalkonto jedes Gesellschafters selbständig zu ermitteln. Dabei ist von den von den einzelnen Gesellschaftern geleisteten Einlagen auszugehen. Diese Einlagen sind um spätere Einlagen und um die positiven Einkünfte der Vorjahre zu erhöhen und um die Entnahmen und negativen Einkünfte der Vorjahre zu vermindern (siehe BFH-Urteil vom 2. September 2014 IX R 52/13, BStBl II 2015, 263; Jachmann-Michel, jurisPR-SteuerR 39/2015 Anm 3). Die Berechnung des Kapitalkontos als Überschuss der Vermögenszuwächse und -abflüsse des einzelnen Kommanditisten lässt es als nicht gerechtfertigt erscheinen, für jede Einkunftsart ein gesondertes Kapitalkonto zu ermitteln. Hieraus ergäben sich auch praktische Schwierigkeiten, da Einlagen und Entnahmen jede Einkunftsart beträfen. Auch bei einer Kommanditgesellschaft, die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt, sind Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften grundsätzlich in die Berechnung des Ausgleichsvolumens einzubeziehen (BFH-Urteil vom 2. September 2014 IX R 52/13, a.a.O.).
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist der auf ./.91.491,00 € festgestellte laufende Verlust in der Höhe ausgleichsfähig, in der ein positives Kapitalkonto des Kommanditisten bestand. Wie vom Beklagten selbst dargestellt, ist das aus der tatsächlich geleisteten Vermögenseinlage i.H.v. 51.129,00 € resultierende Kapitalkonto des Beigeladenen unter Berücksichtigung der laufenden Einkünfte der Vorjahre sowie der vorangegangenen Entnahmen und Einlagen bis zum Ende des Veranlagungszeitraums 2015 in unveränderter - und positiver - Höhe bestehen geblieben. Insoweit steht § 21 Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 15a EStG nach Auffassung des Senats einem Ausgleich des laufenden Verlustes mit anderen Einkünften nicht entgegen.
Eine weitergehende, aber auch eine einschränkende Berechnung des ausgleichsfähigen Verlustes ist nach Auffassung des Gerichts nicht geboten. Der steuerfreie Veräußerungsgewinn ist nicht in die Ermittlung des fiktiven Kapitalkontos einzubeziehen. Das Gericht folgt dem Beklagten darin, dass insoweit eine Einlage schon deshalb nicht vorliegen kann, da die Klägerin den Veräußerungserlös auf das nach § 4 des Gesellschaftsvertrags gebildete Darlehenskonto gebucht hat, das nicht als Eigen-, sondern als nicht dem Verlustausgleich unterliegendes Fremdkapitalkonto zu qualifizieren ist. Der Annahme einer Einlage steht zudem entgegen, dass nach dem BFH-Beschluss vom 28. März 1994 IX B 81/93 (BStBl II 1994, 793) bei einer gewerblich tätigen Personengesellschaft die Erhöhung des Kapitalkontos des Gesellschafters infolge der gewinnbringenden Veräußerung eines Wirtschaftsguts keine Einlage darstellt und dass entsprechend auch bei einer Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielenden Personengesellschaft der - steuerfreie - Gewinn aus der Veräußerung eines Grundstücks nicht von den Gesellschaftern erzielt und von diesen in die Gesellschaft eingelegt, sondern von der Gesellschaft erwirtschaftet wird. Der Gesellschaft werden hierdurch keine Einlagen aus dem Privatvermögen der Gesellschafter zugeführt, sondern es erhöht sich lediglich ihr in der Handelsbilanz geführtes Kapitalkonto.
Eine Erweiterung des Verlustausgleichsvolumens ergibt sich nach Auffassung des Senats auch nicht daraus, dass die Klägerin im Streitjahr einen den laufenden Verlust aus Vermietung und Verpachtung weit übersteigenden Veräußerungsgewinn erzielt hat. Zwar hält Holste genannt Göcke in dem von der Klägerin zitierten Aufsatz "§ 21 Abs. 1 S. 2 EStG: Die sinngemäße Anwendung von § 15a EStG" (DStR 2016, 1246) die Einbeziehung auch steuerfreier Überschüsse in die Ermittlung des Ausgleichsvolumens für geboten, da diese beim Kommanditisten eine rechtliche und wirtschaftliche Vermögensmehrung darstellten, die lediglich von der Ertragsbesteuerung befreit ist. Für die Auffüllung eines negativ gewordenen handelsrechtlichen Kapitalkontos sei es unbeachtlich, ob die Erträge einer Besteuerung unterlegen hätten; dieser Grundsatz müsse daher auch für die Ermittlung des fiktiven Kapitalkontos gelten. Das Urteil des BFH vom 2. September 2014 IX R 52/13 (a.a.O.) könnte auf den ersten Blick ebenfalls dafür sprechen, dass die von einer Gesellschaft erzielten Einkünfte aller Einkunftsarten in die Ermittlung des fiktiven Kapitalkontos einzubeziehen sein könnten. Dem Urteilsfall lag allerdings zugrunde, dass die dortige Klägerin im Streitjahr steuerpflichtige Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften erzielt hatte und insoweit - nach Meinung des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg und des BFH zu Recht - die Verrechnung ihrer zuvor festgestellten Verluste aus Vermietung und Verpachtung auch mit dem steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn begehrt hatte. Im hier vorliegenden Streitfall ist allerdings die in § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG normierte Voraussetzung, dass der Zeitraum zwischen der Anschaffung und der Veräußerung des Grundstücks nicht mehr als 10 Jahre beträgt, nicht erfüllt. Nach dem Wortlaut des § 22 EStG ("Sonstige Einkünfte sind"...) i.V.m. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG führt die Veräußerung des Erbbaurechts der Klägerin daher nicht zu Einkünften i.S.d. EStG; der Vorgang ist nicht nur steuerbefreit, sondern nicht steuerbar. Der Gewinn aus der Veräußerung kann nach Auffassung des Senats schon aus diesem Grund nicht in die Berechnung eines zwar nur fiktiven, aber steuerlich relevanten Kapitalkontos einbezogen werden. Im Übrigen steht nach Auffassung des Senats einer Einbeziehung entgegen, dass dieser nicht steuerbare Vorgang insgesamt steuerneutral bleiben muss. Dies wäre nicht gewährleistet, wenn er über den Umweg eines Ausgleichs ansonsten nur verrechenbarer Verluste aus anderen Einkunftsarten unmittelbar Einfluss auf die Festsetzung der Einkommensteuer des Kommanditisten hätte. Die gebotene steuerliche Neutralität des Vorgangs steht allerdings auch der Annahme entgegen, dass die Zuweisung und Verbuchung des Veräußerungsgewinns als Entnahme gewertet werden müsste, die im Rahmen der Ermittlung des fiktiven Kapitalkontos des Beigeladenen zur Entstehung eines negativen Kapitalkontos führen würde.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 FGO.
Die Entscheidung hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen beruht auf § 139 Abs. 4 FGO. Etwaige außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten, da der Beigeladene keinen eigenen Antrag gestellt und damit kein Kostenrisiko getragen hat und das Verfahren nicht durch eigenen Sachvortrag oder eigene Rechtsausführungen wesentlich gefördert hat.
Die Revision war nach § 115 Abs. 2 FGO im Hinblick darauf zuzulassen, dass - soweit ersichtlich - bisher keine Entscheidung des Bundesfinanzhofs zur Frage, ob nicht steuerbare Einkünfte in die Berechnung des fiktiven Kapitalkontos einzubeziehen sind, ergangen ist.
Urteil vom 30.10.2019
Az.: 1 K 1540/18
In dem Finanzrechtsstreit
der Firma ..., vertr. d. d. GF V.T. und eine weitere Person
- Klägerin -
prozessbevollmächtigt:
gegen
das Finanzamt
- Beklagter -
beigeladen:
Herr V. T.
wegen gesonderter und einheitlicher Feststellung des verrechenbaren Verlustes gem. § 15a EStG zum 31. Dezember 2015
hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz - 1. Senat - aufgrund mündlicher Verhandlung vom 30. Oktober 2019 durch
den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht xxxden Richter am Finanzgericht xxx
die Richterin am Finanzgericht xxx
den ehrenamtlichen Richter Polizeibeamter und Dipl.-Verwaltungswirt xxx
den ehrenamtlichen Richter Dipl.Ing. (FH) xxx
für Recht erkannt:
Tenor:
I.
Der Bescheid vom 5. Juli 2017 über die Feststellung des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG für den Veranlagungszeitraum 2015 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 8. Mai 2015 wird dahingehend abgeändert, dass der in Höhe von 91.491,-- Euro festgestellte Verlust aus laufenden Einkünften in Höhe von 51.129,19 Euro als ausgleichsfähig anerkannt wird.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II.
Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu 5/9 zu tragen, im Übrigen die Klägerin.
III.
Das Urteil ist hinsichtlich der vom Beklagten zu tragenden Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung abwenden, indem er Sicherheit leistet, es sei denn, dass die Klägerin zuvor Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
IV.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob ein Verlust ausgleichsfähig oder gem. § 21 Abs. 1 S. 2 EStG i.V.m. § 15a EStG nur verrechenbar ist.
Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG, an der die C GmbH als persönlich haftende Gesellschafterin ohne Kapitalanteil und Herr V. T. als Kommanditist beteiligt sind. Nach § 8 des Vertrags vom 30. November 1999 zur Errichtung der Klägerin nehmen die Gesellschafter an Gewinn und Verlust im Verhältnis ihrer Kapitalanteile teil. In § 4 des Vertrags ist festgelegt, dass für jeden Gesellschafter ein Kapital-, ein Rücklagen- und ein Darlehenskonto geführt werden sollte. Auf dem Darlehenskonto sollten die entnahmefähigen Gewinnanteile, Entnahmen, Tätigkeitsvergütungen, Zinsen sowie sonstiger Zahlungsverkehr zwischen der Gesellschaft und dem Gesellschafter gebucht werden (s. Bl. 1 - 7 Vertragsakte "Gesellschaftsvertrag").
Mit Vertrag vom 1. Dezember 1999 hatte die Klägerin ein Erbbaurecht an einem auf dem Gelände des Flughafens X belegenen Grundstück erworben, um dort eine Frachthalle zu errichten und zu vermieten (s. Bl. 1 - 6 Vertragsakte "Erbbaurechtsvertrag"). Mit notariellem Vertrag vom 3. Juni 2015 veräußerte die Klägerin das Erbbaurecht für 2.300.000,00 € (s. Bilanzakte 2015).
Der Jahresabschluss zum 31. Dezember 2015 wies einen Jahresüberschuss von 2.015.829,25 € aus, hierin enthalten ein Gewinn aus der Veräußerung des Erbbaurechts i.H.v. 2.107.476,00 €. Unter Berücksichtigung nicht abzugsfähiger Bewirtungskosten i.H.v. 156,00 € ergaben sich negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung i.H.v. 91.490,75 € (s Bl. 1 Feststellungsakte). Im Bescheid vom 5. Juli 2017 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen stellte der Beklagte die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung mit ./. 90.212,77 € fest. Einen Gewinn aus Sonderbetriebsvermögen (Haftungsvergütung) i.H.v. 1.278,23 € wies der Beklagte der Komplementär-GmbH zu, die laufenden Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von ./. 91.491,00 € stellte er als verrechenbaren Verlust gem. § 15a EStG des Kommanditisten fest.
Am 4. August 2017 beantragte der Klägervertreter, den Feststellungsbescheid dahingehend zu ändern, dass der festgestellte Verlust als ausgleichsfähiger Verlust qualifiziert werden sollte. Bei der Kapitalkontenentwicklung sei die Einlage des Veräußerungserlöses in das Gesellschaftsvermögen nicht berücksichtigt worden. Entnahmen von Darlehenskonten seien keine Entnahmen i.S.d. § 15a EStG. In der übermittelten Bilanz zum 31. Dezember 2015 gebe es kein negatives Kapitalkonto eines beschränkt haftenden Gesellschafters.
Mit Bescheid vom 24. August 2017 lehnte der Beklagte die Änderung des Feststellungsbescheids ab (Bl. 16 Feststellungsakte). Das Darlehenskonto gehöre nicht zum Eigenkapital des Kommanditisten. Die Entnahme im Feststellungsbescheid stelle daher keine Entnahme aus dem Darlehenskonto dar. Da der Bilanzgewinn im Moment der Verbuchung auf dem Darlehenskonto das Eigenkapital der KG verlasse, liege eine Entnahme aus dem Gesamthandsvermögen vor, die nach § 15a EStG zu berücksichtigen sei. Die Gesellschaft erziele Einkünfte nach § 21 EStG, die eigentlich nach den Grundsätzen des § 11 EStG zu ermitteln seien. Dies sei nicht beachtet worden. Das steuerlich maßgebliche Kapitalkonto könne bei einer vermögensverwaltenden Gesellschaft niemals mit dem Kapital laut Bilanz übereinstimmen. Da bisher die Einkünfte der KG immer aus der Bilanz übernommen worden seien, habe es bisher keine Abweichung zum Bilanzkapital gegeben. Aufgrund der nicht steuerbaren Grundstücksveräußerung weiche in 2015 der Bilanzgewinn von den Einkünften nach § 21 EStG ab.
Im Einspruchsverfahren trug der Klägervertreter vor, dass es in der Bilanz der wirtschaftlich gesunden Gesellschaft keinen beschränkt haftenden Gesellschafter mit einem negativen Kapitalkonto gebe. Die Handelsbilanz sei für die Feststellung der Kapitalkonten i.S.d. § 15a EStG maßgeblich. Wenn diese kein Fehlkapital ausweise und die Berechnung des Kapitals nach § 15a EStG ein Fehlkapital von mehr als 2 Millionen € ergebe, sei die Berechnung offenkundig falsch und müsse modifiziert werden. Der Fehler liege darin, dass der Zufluss des steuerfreien Veräußerungsgewinns nicht berücksichtigt werde, wohl aber der Abgang des Gewinns durch Gutschrift auf dem Kapitalkonto des Gesellschafters. Die Behauptung, die Differenz sei auf die Überschussrechnung zurückzuführen, sei falsch. Aus Praktikabilitätsgründen sei der Jahresüberschuss laut Bilanz der Besteuerung zugrunde gelegt worden; der Veräußerungserlös wäre auch bei einer Überschussrechnung zu berücksichtigen, da er im Veranlagungszeitraum vereinnahmt worden sei. Die eingereichte Bilanz sei die Handels- und Steuerbilanz, eine sogenannte Einheitsbilanz. Ob der Vermögenszuwachs durch die Grundstücksveräußerung als Gewinn oder als Einlage gewertet und ob er durch Vermögensvergleich oder durch Überschussrechnung ermittelt werde, sei irrelevant, da sich stets ein positives Kapitalkonto für alle Gesellschafter ergebe. Die Auffassung, dass zur Berechnung des Kapitalkontos die steuerlichen Gewinnermittlungsvorschriften maßgeblich seien, sei sehr minoritär. Nach herrschender Meinung seien alle Einnahmen und Ausgaben unabhängig von ihrer ertragsteuerlichen Relevanz bei der Berechnung des Kapitalkontos zu berücksichtigen.
Mit Einspruchsentscheidung vom 8. Mai 2018 wies der Beklagte den Einspruch zurück. Im Streitfall liege ein verrechenbarer Verlust i.S.d. § 15a Abs. 1 S. 1 EStG vor, da das maßgebliche sogenannte fiktive Kapitalkonto, das bei einer vermögensverwaltenden KG zu bilden sei, zum 31. Dezember 2015 einen negativen Wert ausweise. Bei einer vermögensverwaltenden KG könne für die Anwendung des § 15a EStG nicht unmittelbar auf das Kapitalkonto der Handelsbilanz zurückgegriffen werden, da dieses für die steuerliche Einkunftsermittlung ohne Bedeutung sei, weil es nicht in die Einnahmeüberschussrechnung und damit in die Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung eingehe. Zur Ermittlung des Ausgleichsvolumens i.S.d. § 15a EStG sei daher bei Einkünften gem. § 21 EStG ein "fiktives" Kapitalkonto zu bilden, das, soweit möglich, dem Kapitalkonto i.S.d. § 15a EStG entspreche. Es handele sich um das Ergebnis einer Hilfsrechnung, die nach den für die Ermittlung von Überschusseinkünften geltenden Grundsätzen vorzunehmen sei. Da das in 2015 veräußerte Grundstück bereits 1999 erworben worden sei, habe der Veräußerungserlös bei der Einkunftsermittlung keine Rolle gespielt, weil kein Fall des § 23 EStG vorgelegen habe. Es sei zutreffend, dass das Kapitalkonto in der Handelsbilanz einen positiven Wert in Höhe der Kommanditeinlage ausweise. Der Gewinn aus der Grundstücksveräußerung sei handelsrechtlich zu erfassen; er sei dem Kapitalkonto gutgeschrieben und in einem zweiten Schritt aus der Gesamthand entnommen und auf das Darlehenskonto des Kommanditisten umgebucht worden. Das Kapitalkonto i.S.d. § 15a EStG weiche aber vom handelsrechtlichen Kapitalkonto ab. Ausgangsgröße sei die tatsächlich geleistete Vermögenseinlage von 51.129,00 €. In einem weiteren Schritt sei die Korrektur um Entnahmen und Einlagen vorzunehmen, deren Erträge das "fiktive" Kapitalkonto beeinflussten. Der Handelsbilanzgewinn der KG habe sich auf 2.015.829,00 € belaufen. Das nach dem Gesellschaftsvertrag geführte Darlehenskonto diene nach § 4 Nr. 3 des Vertrags der Verbuchung von entnahmefähigen Gewinnanteilen, Entnahmen, Tätigkeitsvergütungen und Zinsen. Die Verlustverrechnung sei nicht vorgesehen, so dass es sich nicht um ein Eigenkapitalkonto, sondern um Fremdkapital handele, das in der Handelsbilanz als Verbindlichkeit ausgewiesen werde. Der Handelsbilanzgewinn sei auf diesem Darlehenskonto gutgeschrieben worden, somit auf einem Fremdkapitalkonto ohne Verlustverrechnung, und gelte daher als aus dem Eigenkapital entnommen. Im Gegenzug stelle der Veräußerungsgewinn keine Einlage dar. Es finde keine Verrechnung des Veräußerungsgewinns mit bisher zugewiesenen Anteilen aus den Einnahmen und Werbungskosten statt, die ebenfalls in die Ermittlung des "fiktiven" Kapitalkontos einflössen. Bei dem Veräußerungsvorgang handele es sich um eine reine Vermögensmehrung. Der Gewinn aus der Grundstücksveräußerung sei - vorbehaltlich des § 23 EStG - bei einer Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielenden Personengesellschaft steuerfrei. Er sei zwar handelsbilanzrechtlich zu erfassen, aber nicht von den Gesellschaftern erzielt und in die Gesellschaft eingelegt worden, sondern von der Gesellschaft erwirtschaftet. Die Gesellschafter hätten der Gesellschaft keine Einlagen aus ihrem Privatvermögen zugeführt, vielmehr habe sich lediglich ihr Kapitalkonto in der Handelsbilanz um den anteiligen Veräußerungsgewinn erhöht. Zudem sei der Veräußerungsgewinn einem Fremdkapitalkonto gutgeschrieben worden und habe keinen Einfluss auf die Höhe des Eigenkapitalkontos des Kommanditisten gehabt. Hinsichtlich des Inhalts der Einspruchsentscheidung im Übrigen wird auf die Aktenausfertigung (Bl. 33 - 39 Feststellungsakte) verwiesen.
Zur Begründung der Klage trägt der Klägervertreter vor, dass es dahingestellt bleiben könne, ob das Kapital durch Vermögensvergleich oder durch eine Hilfsrechnung im Rahmen der Einnahmeüberschussrechnung zu ermitteln sei, da der Veräußerungsgewinn im Streitjahr entstanden sei und vereinnahmt worden sei. Auch bei einer Überschussrechnung sei das Vollständigkeitsgebot zu beachten. Auch nach Auffassung der Finanzverwaltung (Hinweis auf LfSt Bayern, Rvfg. v. 27. Oktober 2015 S 2241a2.1-10/11 St32) seien bei der Berechnung des Kapitalkontos alle Einnahmen und Ausgaben unabhängig von ihrer ertragsteuerlichen Relevanz zu berücksichtigen. Der festgestellte Vermietungsverlust habe den Kommanditisten im Streitjahr wirtschaftlich belastet. Der Veräußerungsgewinn habe 2.107.476,00 € betragen, dem Verrechnungskonto seien aber nur 2.015.829,00 € gutgeschrieben worden. Die Differenz sei zum Ausgleich des Vermietungsverlustes verwandt worden. Es entspreche daher dem Gesetzeszweck des § 15a EStG, den Verlust als ausgleichsfähig festzustellen, da der Kommanditist den Vermietungsverlust auch im Streitjahr ausgeglichen habe. Es sei unzutreffend, dass der Veräußerungsgewinn einem Fremdkapitalkonto gutgeschrieben worden sei. Vielmehr sei er, wie die anderen Erträge, dem Bankkonto der Gesellschaft und damit dem Gesamthandsvermögen und erst am Jahresende im Rahmen der Gewinnverteilung den Darlehenskonten der Gesellschafter gutgeschrieben worden. Nach § 21 Abs. 1 EStG sei § 15a EStG sinngemäß anzuwenden. Soweit der Beklagte vortrage, dass bei Überschusseinkünften das Kapitalkonto völlig anders als bei gewerblichen Einkünften zu berechnen sei, stelle sich die Frage, auf welche rechtliche Grundlage sich diese Rechtsmeinung stütze. Der Beklagte vertrete implizit die Auffassung, dass bei der Berechnung des Kapitalkontos nach § 15a EStG der Gewinn anzusetzen sei, der sich nach § 2 Abs. 2 EStG ergebe. Diese Rechtsauffassung sei singulär und werde durch vage Thesen zur Berechnung des "fiktiven" Kapitalkontos verschleiert. Die vorherrschende Rechtsauffassung sei differenzierter und berücksichtige den Unterschied zwischen Gewinn nach Steuerbilanz und Einkünften nach dem EStG bei der Berechnung des Kapitalkontos und beziehe auch steuerfreie Einkünfte bei der Berechnung mit ein. Daher müssten auch die steuerfreien Überschüsse in die Ermittlung des Ausgleichsvolumens einbezogen werden, da diese beim Kommanditisten eine rechtliche sowie wirtschaftliche Vermögensmehrung bzw. -einbuße, die lediglich von der Ertragsbesteuerung befreit sei, darstelle.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 5. Juli 2017 über die Feststellung des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG für den Veranlagungszeitraum 2015 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 8. Mai 2018 dahingehend abzuändern, dass der in Höhe von 91.491,00 € festgestellte Verlust aus laufenden Einkünften als ausgleichsfähig anerkannt wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verweist zur Begründung auf seine Einspruchsentscheidung und trägt ergänzend vor, dass es in den Vorjahren keine Abweichung bei den Entwicklungen des handelsrechtlichen Eigenkapitals und der Kapitalveränderung i.S.d. § 15a EStG gegeben habe. Ausgehend von der tatsächlich geleisteten Vermögenseinlage i.H.v. 51.129,00 € hätten sich das Kapitalkonto laut Handelsbilanz und das "fiktive" Kapitalkonto um den Handelsbilanzgewinn bzw. die Vermietungseinkünfte erhöht und um die entsprechenden Entnahmen gemindert. Im Ergebnis sei am Ende des Veranlagungszeitraums wieder der Ausgangswert von 51.129,00 € geblieben. Im Streitjahr liege mit der Veräußerung des Grundstücks ein anderer Sachverhalt vor. Handelsrechtlich fließe dieses Veräußerungsgeschäft in den Handelsbilanzgewinn, steuerlich habe es mangels Steuerpflicht keinen Einfluss auf die Vermietungseinkünfte. An diesem Punkt entwickelten sich die (fiktiven) Kapitalkonten auseinander. Das handelsrechtliche Eigenkapital weise nach Verbuchung des Saldos aus laufendem Verlust und Veräußerungsgewinn sowie entsprechender Entnahme wieder den Ausgangswert der Kommanditeinlage aus. Auf dem "fiktiven" Kapitalkonto werde nur der Überschuss der Werbungskosten verbucht, während die Entnahme auch den Veräußerungsverlust enthalte, der dem Darlehenskonto des Kommanditisten gutgeschrieben worden sei. Im Ergebnis führe dies zu einem fiktiven negativen Kapitalkonto von 2.056.191,00 €. Im Streitfall bestehe nur eine handelsrechtliche Verpflichtung zur Bilanzierung. Eine Steuerbilanz sei nicht erforderlich, die Einkünfte der vermögensverwaltenden Klägerin würden grundsätzlich nach Einnahme-Grundsätzen ermittelt. Hierdurch werde die Bedeutung des Begriffs "fiktives" Kapitalkonto für die Frage der Verlustzurechnung gem. § 15a EStG nochmals deutlich, da die Steuerbilanz nicht zur Ermittlung des Verlustausgleichsvolumens verwandt werden dürfe. Die Klägerin habe den handelsrechtlichen Gewinn von 2.015.829,00 € nicht dem Eigenkapitalkonto des Kommanditisten, sondern dessen Darlehenskonto zugewiesen. Unabhängig vom tatsächlichen Verbleib des Veräußerungserlöses sei auch ein Gewinnanspruch des Kommanditisten entstanden. Mit der Verbuchung als Verbindlichkeit habe dieser den Anspruch nicht verwirklicht und somit der Klägerin ein Darlehen in entsprechender Höhe gewährt.
Nach vorheriger Anhörung der Beteiligten (s. Bl. 62 R Prozessakte) hat der Senat mit Beschluss vom 23. August 2019 den Kommanditisten, Herrn V. T., zum Verfahren beigeladen (s. Bl. 63 - 66 Prozessakte).
Entscheidungsgründe
Die Klage ist teilweise begründet. In Höhe der tatsächlich geleisteten Vermögenseinlage von 51.129,00 € ist der im Jahr 2015 erzielte laufende Verlust aus Vermietung und Verpachtung ausgleichsfähig. Der darüberhinausgehende Verlust ist demgegenüber nur verrechenbar.
§ 21 Abs. 1 S. 2 EStG steht im Zusammenhang mit dem Versuch, Verlustzuweisungen aus vermögensverwaltenden Gesellschaften einzudämmen. Hierzu werden die Beschränkungen des § 15a EStG auch für den Bereich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für sinngemäß anwendbar erklärt. Der einem Kommanditisten zuzurechnende Anteil am Verlust der Kommanditgesellschaft darf danach weder mit Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden, soweit dadurch ein negatives Kapitalkonto des Kommanditisten entsteht oder sich erhöht. Insoweit ist auch ein Abzug nach § 10d EStG ausgeschlossen. Unklarheiten ergeben sich bei Anwendung des § 21 Abs. 1 S. 2 EStG daraus, dass mit dem Verweis auf § 15a EStG eine Regelung einbezogen wird, die eine Ermittlung der Einkünfte durch Betriebsvermögensvergleich voraussetzt. Viele der in § 15a EStG verwendeten Begriffe, u.a. "Kapitalkonto", sind daher nicht ohne weiteres auf eine Vermietung und Verpachtung übertragbar. Es ist daher erforderlich, nur für den Zweck der Ermittlung der Grenze, ab der das Verlustausgleichsverbot greift, ein "fiktives" Kapitalkonto zu führen. Nach dem Normzweck des § 21 Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 15a EStG soll die Berechnung des Kapitalkontos bei einer Kommanditgesellschaft mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung so weit wie möglich der Berechnung des Kapitalkontos bei einer Kommanditgesellschaft mit Einkünften aus Gewerbebetrieb angeglichen werden. Bei Letzterer führt die Veräußerung von Betriebsvermögen stets zu Auswirkungen auf die Höhe des Kapitalkontos und des steuerlich relevanten Gewinns. Allerdings ergeben sich Unterschiede zwischen einer gewerblich tätigen Kommanditgesellschaft und einer Kommanditgesellschaft mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung daraus, dass die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung durch Überschussrechnung zu ermitteln sind und nicht durch Betriebsvermögensvergleich. Für die sinngemäße Anwendung des § 15a EStG kann daher nicht auf das Kapitalkonto der Steuerbilanz zurückgegriffen werden. Vielmehr ist das Kapitalkonto jedes Gesellschafters selbständig zu ermitteln. Dabei ist von den von den einzelnen Gesellschaftern geleisteten Einlagen auszugehen. Diese Einlagen sind um spätere Einlagen und um die positiven Einkünfte der Vorjahre zu erhöhen und um die Entnahmen und negativen Einkünfte der Vorjahre zu vermindern (siehe BFH-Urteil vom 2. September 2014 IX R 52/13, BStBl II 2015, 263; Jachmann-Michel, jurisPR-SteuerR 39/2015 Anm 3). Die Berechnung des Kapitalkontos als Überschuss der Vermögenszuwächse und -abflüsse des einzelnen Kommanditisten lässt es als nicht gerechtfertigt erscheinen, für jede Einkunftsart ein gesondertes Kapitalkonto zu ermitteln. Hieraus ergäben sich auch praktische Schwierigkeiten, da Einlagen und Entnahmen jede Einkunftsart beträfen. Auch bei einer Kommanditgesellschaft, die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt, sind Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften grundsätzlich in die Berechnung des Ausgleichsvolumens einzubeziehen (BFH-Urteil vom 2. September 2014 IX R 52/13, a.a.O.).
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist der auf ./.91.491,00 € festgestellte laufende Verlust in der Höhe ausgleichsfähig, in der ein positives Kapitalkonto des Kommanditisten bestand. Wie vom Beklagten selbst dargestellt, ist das aus der tatsächlich geleisteten Vermögenseinlage i.H.v. 51.129,00 € resultierende Kapitalkonto des Beigeladenen unter Berücksichtigung der laufenden Einkünfte der Vorjahre sowie der vorangegangenen Entnahmen und Einlagen bis zum Ende des Veranlagungszeitraums 2015 in unveränderter - und positiver - Höhe bestehen geblieben. Insoweit steht § 21 Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 15a EStG nach Auffassung des Senats einem Ausgleich des laufenden Verlustes mit anderen Einkünften nicht entgegen.
Eine weitergehende, aber auch eine einschränkende Berechnung des ausgleichsfähigen Verlustes ist nach Auffassung des Gerichts nicht geboten. Der steuerfreie Veräußerungsgewinn ist nicht in die Ermittlung des fiktiven Kapitalkontos einzubeziehen. Das Gericht folgt dem Beklagten darin, dass insoweit eine Einlage schon deshalb nicht vorliegen kann, da die Klägerin den Veräußerungserlös auf das nach § 4 des Gesellschaftsvertrags gebildete Darlehenskonto gebucht hat, das nicht als Eigen-, sondern als nicht dem Verlustausgleich unterliegendes Fremdkapitalkonto zu qualifizieren ist. Der Annahme einer Einlage steht zudem entgegen, dass nach dem BFH-Beschluss vom 28. März 1994 IX B 81/93 (BStBl II 1994, 793) bei einer gewerblich tätigen Personengesellschaft die Erhöhung des Kapitalkontos des Gesellschafters infolge der gewinnbringenden Veräußerung eines Wirtschaftsguts keine Einlage darstellt und dass entsprechend auch bei einer Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielenden Personengesellschaft der - steuerfreie - Gewinn aus der Veräußerung eines Grundstücks nicht von den Gesellschaftern erzielt und von diesen in die Gesellschaft eingelegt, sondern von der Gesellschaft erwirtschaftet wird. Der Gesellschaft werden hierdurch keine Einlagen aus dem Privatvermögen der Gesellschafter zugeführt, sondern es erhöht sich lediglich ihr in der Handelsbilanz geführtes Kapitalkonto.
Eine Erweiterung des Verlustausgleichsvolumens ergibt sich nach Auffassung des Senats auch nicht daraus, dass die Klägerin im Streitjahr einen den laufenden Verlust aus Vermietung und Verpachtung weit übersteigenden Veräußerungsgewinn erzielt hat. Zwar hält Holste genannt Göcke in dem von der Klägerin zitierten Aufsatz "§ 21 Abs. 1 S. 2 EStG: Die sinngemäße Anwendung von § 15a EStG" (DStR 2016, 1246) die Einbeziehung auch steuerfreier Überschüsse in die Ermittlung des Ausgleichsvolumens für geboten, da diese beim Kommanditisten eine rechtliche und wirtschaftliche Vermögensmehrung darstellten, die lediglich von der Ertragsbesteuerung befreit ist. Für die Auffüllung eines negativ gewordenen handelsrechtlichen Kapitalkontos sei es unbeachtlich, ob die Erträge einer Besteuerung unterlegen hätten; dieser Grundsatz müsse daher auch für die Ermittlung des fiktiven Kapitalkontos gelten. Das Urteil des BFH vom 2. September 2014 IX R 52/13 (a.a.O.) könnte auf den ersten Blick ebenfalls dafür sprechen, dass die von einer Gesellschaft erzielten Einkünfte aller Einkunftsarten in die Ermittlung des fiktiven Kapitalkontos einzubeziehen sein könnten. Dem Urteilsfall lag allerdings zugrunde, dass die dortige Klägerin im Streitjahr steuerpflichtige Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften erzielt hatte und insoweit - nach Meinung des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg und des BFH zu Recht - die Verrechnung ihrer zuvor festgestellten Verluste aus Vermietung und Verpachtung auch mit dem steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn begehrt hatte. Im hier vorliegenden Streitfall ist allerdings die in § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG normierte Voraussetzung, dass der Zeitraum zwischen der Anschaffung und der Veräußerung des Grundstücks nicht mehr als 10 Jahre beträgt, nicht erfüllt. Nach dem Wortlaut des § 22 EStG ("Sonstige Einkünfte sind"...) i.V.m. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG führt die Veräußerung des Erbbaurechts der Klägerin daher nicht zu Einkünften i.S.d. EStG; der Vorgang ist nicht nur steuerbefreit, sondern nicht steuerbar. Der Gewinn aus der Veräußerung kann nach Auffassung des Senats schon aus diesem Grund nicht in die Berechnung eines zwar nur fiktiven, aber steuerlich relevanten Kapitalkontos einbezogen werden. Im Übrigen steht nach Auffassung des Senats einer Einbeziehung entgegen, dass dieser nicht steuerbare Vorgang insgesamt steuerneutral bleiben muss. Dies wäre nicht gewährleistet, wenn er über den Umweg eines Ausgleichs ansonsten nur verrechenbarer Verluste aus anderen Einkunftsarten unmittelbar Einfluss auf die Festsetzung der Einkommensteuer des Kommanditisten hätte. Die gebotene steuerliche Neutralität des Vorgangs steht allerdings auch der Annahme entgegen, dass die Zuweisung und Verbuchung des Veräußerungsgewinns als Entnahme gewertet werden müsste, die im Rahmen der Ermittlung des fiktiven Kapitalkontos des Beigeladenen zur Entstehung eines negativen Kapitalkontos führen würde.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 FGO.
Die Entscheidung hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen beruht auf § 139 Abs. 4 FGO. Etwaige außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten, da der Beigeladene keinen eigenen Antrag gestellt und damit kein Kostenrisiko getragen hat und das Verfahren nicht durch eigenen Sachvortrag oder eigene Rechtsausführungen wesentlich gefördert hat.
Die Revision war nach § 115 Abs. 2 FGO im Hinblick darauf zuzulassen, dass - soweit ersichtlich - bisher keine Entscheidung des Bundesfinanzhofs zur Frage, ob nicht steuerbare Einkünfte in die Berechnung des fiktiven Kapitalkontos einzubeziehen sind, ergangen ist.