28.09.2022 · IWW-Abrufnummer 231500
Finanzgericht Niedersachsen: Urteil vom 20.06.2022 – 4 K 136/20
1. Beim Beziehen von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit ist das FA nur unter den einschränkenden Voraussetzungen des § 46 Abs. 2 EStG zur Durchführung einer Veranlagung berechtigt. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, darf das FA auch dann keinen Einkommensteuerbescheid erlassen, wenn der Lohnsteuerabzug fehlerhaft vorgenommen wurde.
2. Die Aufforderung zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung in derartigen Fällen ist zwar möglich. Hieraus folgt aber nichts für die Frage, ob eine Veranlagung durchgeführt werden darf.
3. Ein Einkommensteuerbescheid kann nicht in einen Lohnsteuernachforderungsbescheidet umgedeutet werden.
Niedersächsisches Finanzgericht 4. Senat
Urteil vom 20.06.2022
TATBESTAND
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Die Beteiligten streiten über die Frage, ob der Beklagte ‒ das Finanzamt (FA) ‒ zum Erlass der angefochtenen Bescheide befugt war sowie inhaltlich über die steuerliche Behandlung von Zahlungen an den Kläger, die dieser von seinem Arbeitgeber zwecks Verspielens an Geldspielautomaten erhielt.2
Der Kläger war in den Streitjahren Angestellter eines von seinem Vater betriebenen privaten Sicherheitsdienstes, der bundesweit Überwachungsmaßnahmen in Spielhallen durchführte, um die Einhaltung der für deren Betrieb geltenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu überwachen und eventuelle Manipulationen an den eingesetzten Spielautomaten festzustellen und zu dokumentieren. Eine genaue Aufstellung der Tätigkeiten ergibt sich aus der in der mündlichen Verhandlung überreichten Aufstellung, auf welche insofern verwiesen wird. Der vom Kläger erzielte (Grund-) Lohn wurde vom Arbeitgeber dem Lohnsteuerabzug unterworfen.
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Damit der Kläger bei der Durchführung seiner Überwachungsmaßnahmen nicht auffiel, stellte ihm sein Arbeitgeber Testgelder bzw. „Spielgelder“ zur Verfügung, die er an den Spielautomaten einsetzen konnte. Die dem Kläger als „Spielgeld“ überlassenen Beträge verbuchte der Arbeitgeber auf dem Konto 4905. Er stellte diese Beträge außerdem seinen Kunden in einem Gesamtbetrag in Rechnung unter Auflistung der besuchten Spielhallen. In einer an den Steuerberater des Arbeitgebers weitergeleiteten Liste wurde das „Spielgeld“ neben jeder der besuchten Spielhallen vermerkt. Im Steuerbüro wurden Kontierungsvermerke angebracht. Lohnsteuerliche Folgerungen zog der Arbeitgeber des Klägers aus der Überlassung des „Spielgelds“ nicht. Vielmehr sah er dieses wie auch die verauslagten Beträge für Reisekosten als steuerfrei an.
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Im Rahmen einer bei dem Arbeitgeber durchgeführten Lohnsteueraußenprüfung kam der Prüfer zu dem Ergebnis, dass es sich bei diesen Testgeldern nicht um nach § 3 Nr. 50 des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerbefreiten Auslagenersatz handele, weil der Kläger keine Aufzeichnungen über die in den einzelnen Spielstätten eingesetzten Beträge geführt habe. Hiernach sei der Bruttoarbeitslohn des Klägers um Zahlungen in Höhe von ... € für das Jahr 2013 und ... € für das Jahr 2014 zu erhöhen.
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Nachdem die Veranlagungsstelle des FA durch eine Kontrollmitteilung vom ... von diesem Sachverhalt Kenntnis erlangt hatte, forderte es den Kläger zur Abgabe von Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre auf. Der damalige steuerliche Berater verweigerte dies unter Hinweis darauf, dass für 2013 und 2014 eine Veranlagung gemäß § 46 EStG nicht durchgeführt werden dürfe. Gleichwohl erließ das FA unter dem ... erstmals Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre. Das FA orientierte sich dabei an den elektronisch übermittelten Daten unter Berücksichtigung der Feststellungen der Lohnsteueraußenprüfung.
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Gegen diese Bescheide legte der Kläger am ... Einspruch ein. Neben Ausführungen zur Sache ließ der Kläger den Einwand auf das fehlende Veranlagungsrecht des FA wiederholen. Durch Einspruchsbescheide vom ... wies das FA die Einsprüche als unbegründet zurück und blieb im Wesentlichen bei der Argumentation der Lohnsteueraußenprüfung.
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Hiergegen richtet sich die Klage, zu deren Begründung der Kläger zur materiellen Rechtslage vorträgt.
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Nach Einreichung einer Anlage AV durch den Antragsteller hat das FA durch Bescheid vom ... die Einkommensteuer 2014 unter Gewährung des Sonderausgabenabzugs nach § 10a EStG für die von vom Kläger geleisteten Altersvorsorgebeiträge herabgesetzt.
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Der Kläger beantragt sinngemäß,
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die Einkommensteuerbescheide 2013 und 2014 ... aufzuheben, hilfsweise die zusätzlich als Löhne berücksichtigten Beträge von ... € im Jahr 2013 und ... € im Jahr 2014 außer Betracht zu lassen und die Einkommensteuer entsprechend niedriger festzusetzen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Das FA trägt insofern ebenfalls zur Frage der Steuerpflicht der Zahlungen an den Kläger vor.
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Der Berichterstatter hat im Vorfeld der mündlichen Verhandlung telefonisch darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtige, die im Verwaltungsverfahren angesprochene Frage der Veranlagungsbefugnis des FA aufzugreifen. Die Beteiligten haben sich hierzu telefonisch geäußert.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE
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I. Der Senat versteht den zu Protokoll gegebenen Antrag des Klägers für das Jahr 2014 abweichend vom Wortlaut dergestalt, dass die Bescheide des Jahres 2014 insgesamt aufgehoben werden sollen. Der Änderungsbescheid vom 18. September 2020 war isoliert betrachtet für den Kläger begünstigend, so dass schon kein Rechtsschutzbedürfnis für eine isolierte Aufhebung desselben bestünde. Vielmehr war rechtsschutzgewährend der Antrag dahin auszulegen, wie es auch dem Ergebnis des im Vorfeld der mündlichen Verhandlung geführten Telefonats entsprach, dass der Kläger insgesamt die Aufhebung der Bescheide begehrt, da nach seiner Ansicht das FA die Veranlagungen nicht hätte durchführen dürfen. Das Begehren an der Aufhebung der Bescheide setzt sich an dem aufgrund von § 68 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Verfahrens gewordenen Änderungsbescheid für das Jahr 2014 fort.16
II. Die so verstandene Klage ist begründet.
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1. Das FA durfte den Kläger für die Streitjahre nicht zur Einkommensteuer veranlagen.
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a) Im Grundsatz werden Steuerpflichtige gemäß § 25 Abs. 1 EStG nach Ablauf des Kalenderjahres zur Einkommensteuer veranlagt. Die gesetzliche Regelung steht aber ausdrücklich unter dem Vorbehalt, dass nicht ‒ ausnahmsweise ‒ eine Veranlagung nach § 46 EStG unterbleibt.
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Gemäß dem Einleitungssatz des § 46 Abs. 2 EStG wird eine Veranlagung zur Einkommen-steuer nur unter weiteren Voraussetzungen durchgeführt, wenn das Einkommen ganz oder teilweise aus Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit besteht, von denen ein Steuerabzug vorgenommen worden ist. Eine Veranlagung ist konkret nur dann möglich, wenn entweder die Voraussetzungen einer sog. Amtsveranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 1 ‒ 7 EStG oder diejenigen einer Antragsveranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG vorliegen.
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Hinsichtlich der Frage, ob ein Steuerabzug von den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit vorgenommen worden ist, kommt es dabei nur darauf an, ob tatsächlich ein Lohnsteuerabzug vorgenommen wurde, nicht hingegen, ob die Lohnsteuer in der richtigen Höhe erhoben wurde (Brandis/Heuermann/Brandl § 46 Rn. 40; Kirchhof/Seer/Eisgruber § 46 Rn. 4). Sofern Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit dem Grunde nach vorliegen, scheidet die Anwendung des § 46 Abs. 2 EStG darum insbesondere dann aus, wenn ein Steuerabzug insgesamt unterblieben ist. Dazu gehören Fallgestaltungen, in denen die Einkünfte ggf. fälschlich nicht als solche aus nichtselbständiger Arbeit behandelt worden sind (vgl. BFH-Urteil vom 13. November 1987 VI R 4/84, BFH/NV 1988, 566 zu § 46 Abs. 1 Nr. 2 EStG aF) oder in denen etwa aufgrund von Schwarzlohnzahlungen insgesamt ein Steuerabzug unterblieben ist (vgl. Schmidt/Kulosa § 46 Rn. 6).
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Übertragen auf den Streitfall folgt hieraus, dass der Kläger nicht zur Einkommensteuer zu veranlagen war. Denn der Kläger erzielte ausschließlich Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, von denen ‒ unstreitig ‒ dem Grunde nach ein Steuerabzug vorgenommen worden ist. Dementsprechend setzte das FA die für den Kläger gezahlte Lohnsteuer im Abrechnungsteil der Bescheide von der festgesetzten Einkommensteuer ab. Auch wenn die materiell-rechtliche Auffassung des FA zuträfe und die in Streit stehenden Zahlungen als Arbeitslohn zu behandeln wären, von denen kein Steuerabzug vorgenommen worden ist, würde dies nichts an der Anwendung des § 46 Abs. 2 EStG ändern (vgl. FG Düsseldorf, Urteil vom 24. April 2012 13 K 799/09 L, EFG 2012, 1781; FG München, Urteil vom 15. Mai 2003 11 K 2986/02, EFG 2003, 1281).
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Schließlich liegt auch kein Fall der enumerativ in § 46 Abs. 2 Nr. 1 ‒ 8 EStG genannten Fälle vor. Insbesondere einen Antrag auf Veranlagung durch Abgabe einer Einkommensteuererklärung stellte der Kläger ‒ ausdrücklich ‒ nicht.
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b) Die Aufforderung zur Abgabe von Steuererklärungen für die Streitjahre ändert hieran nichts.
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Gemäß § 149 Abs. 1 Satz 2 der Abgabenordnung (AO) ist zur Abgabe einer Steuererklärung (jedenfalls) verpflichtet, wer hierzu von der Finanzbehörde aufgefordert wird. Eine solche Aufforderung war im Streitfall ohne weiteres möglich, allein, um dem FA die Möglichkeit zur Nachprüfung, ob ein Fall der Amtsveranlagung vorliegt, einzuräumen. Gleichwohl folgt hieraus nach Auffassung des Senats nichts für die Frage, ob der Kläger zur Einkommensteuer veranlagt werden darf.
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Denn es ist zwischen der Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung einerseits und der Möglichkeit, eine Veranlagung durchzuführen andererseits, zu unterscheiden. Aus der bloßen Pflicht, eine Steuererklärung abzugeben, folgt nicht, dass diese auch im Wege der Veranlagung in einen Bescheid umzusetzen ist (vgl. BFH-Urteil vom 30. März 2017 VI R 43/15, BStBl. II 2017, 1046 zum Verhältnis von § 56 Satz 2 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung ‒ EStDV ‒ zur Antragsveranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG). Dies folgt im Übrigen auch als Umkehrschluss aus § 56 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStDV, wonach eine Steuererklärung unter weiteren Voraussetzungen abzugeben ist, wenn eine Amtsveranlagung in Betracht kommt. Die Vorschrift bringt deutlich zum Ausdruck, dass nicht aus jeder Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung auch eine Veranlagung folgt.
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Zwar ist gemäß § 162 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 AO das FA ggf. verpflichtet, die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen, wenn eine Steuererklärung nicht abgegeben wird. Dabei hat es jedoch gleichwohl die rechtlich gezogenen Grenzen zur Frage, ob eine Veranlagung durchgeführt werden darf, zu beachten. Es muss hier nicht entschieden werden, ob ein Schätzungsbescheid erlassen werden dürfte, in dem Besteuerungsgrundlagen enthalten sind, die ihrerseits zu einer Amtsveranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 1 ‒ 7 EStG geführt hätten. Denn einerseits sind hierfür im Streitfall keinerlei Anhaltspunkte vorhanden, andererseits ging das FA auch nicht dementsprechend vor.
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2. Das FA hätte im Wege der Lohnsteuernachforderung gegen den Kläger vorgehen können. Eine Umdeutung der Einkommensteuerbescheide in Lohnsteuernachforderungsbescheide kommt indessen nicht in Betracht.
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a) Das FA war trotz der Ausführungen unter 1. dem Grunde nach nicht gehindert, den Kläger im Hinblick auf den nach Ansicht des FA zu niedrig bemessenen Lohnsteuereinbehalt in Anspruch zu nehmen. Denn ‒ auch für abgelaufene Jahre ‒ ist dem Grunde nach eine Inanspruchnahme des Klägers als Schuldner der Lohnsteuer (§ 38 Abs. 2 Satz 1 EStG) im Wege des Lohnsteuernachforderungsbescheids möglich (vgl. etwa FG Düsseldorf, Urteil vom 24. April 2012 13 K 799/09 L, EFG 2012, 1781 und nachfolgend BFH-Urteil vom 17. Oktober 2013 VI R 44,12, BStBl. II 2014, 892 ‒ bloße Erwähnung im Tatbestand; FG München, Urteil vom 15. Mai 2003 11 K 2986/02, EFG 2003, 1281; Schmidt/Krüger § 42d EStG Rn. 22; Brandis/Heuermann/Wagner § 42d EStG Rn. 89).
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b) Eine Umdeutung der Einkommensteuerbescheide in Lohnsteuernachforderungsbescheide kommt jedoch nicht in Betracht. Ein fehlerhafter Verwaltungsakt kann in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Finanzbehörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind (§ 128 Abs. 1 AO). Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt, in den der fehlerhafte Verwaltungsakt umzudeuten wäre, der erkennbaren Absicht der erlassenden Finanzbehörde widerspräche oder seine Rechtsfolgen für die betroffene Person ungünstiger wären als die des fehlerhaften Verwaltungsakts (§ 128 Abs. 2 Satz 1 AO). Gemäß § 128 Abs. 3 AO kann eine Entscheidung, die nur als gesetzlich gebundene Entscheidung ergehen kann, nicht in eine Ermessensentscheidung umgedeutet werden. Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor.
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Dabei kommt es nach Ansicht des Senats nicht entscheidend darauf an, ob eine Umdeutung schon an § 128 Abs. 3 AO scheitert, da die Einkommensteuerfestsetzung ein gebundener Verwaltungsakt ist und die Frage, ob eine Lohnsteuernachforderung oder eine Inhaftungnahme des Arbeitgebers geboten erscheint, gemäß § 42d Abs. 3 Satz 2 EStG im Ermessen des FA steht (vgl. zu diesem Aspekt FG München, Urteil vom 15. Mai 2003 11 K 2986/02, EFG 2003, 1281).
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Denn es fehlt bereits an der „Zielgleichheit“ von Einkommensteuerbescheid einerseits und Lohnsteuernachforderungsbescheid andererseits. Zwei Bescheide verfolgen das gleiche Ziel im Sinne des § 128 Abs. 1 AO, wenn sich beide in der Rechtsfolge im Wesentlichen entsprechen und die Rechtsfolgen des umgedeuteten Bescheids jedenfalls nicht weiterreichen als diejenigen des fehlerhaften Bescheids (BFH-Urteil vom 22. August 2007 II R 44/05, BStBl. II 2009, 754). Hierbei ist einerseits zu berücksichtigen, dass eine Lohnsteuernachforderung im Ergebnis nur zu einer Vorauszahlung auf die Einkommensteuerjahresschuld führt (§ 36 Abs. 2 Nr. 1 EStG, vgl. auch Schmidt/Krüger § 42d EStG Rn. 22), also anders als im Einkommensteuerbescheid gerade nicht die endgültige Jahressteuerschuld festgesetzt wird, wenngleich sich beides im Einzelfall entsprechen mag. Zudem werden im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzung anderweitige Abzüge wie Werbungskosten, Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt, die bei der Lohnsteuernachforderung nicht oder ‒ etwa bei entsprechenden Berücksichtigung bei den Lohnsteuerabzugsmerkmalen ‒ nur eingeschränkt berücksichtigt werden können. Demzufolge sind beide Bescheide nicht im Wesentlichen auf dieselbe Rechtsfolge gerichtet.
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III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO, diejenige über die Revisionszulassung auf § 115 Abs. 2 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 151 Abs. 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.