05.06.2023 · IWW-Abrufnummer 235599
Finanzgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 20.04.2023 – 4 K 1614/22
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Rheinland-Pfalz
2. der Frau
- Kläger -
prozessbevollmächtigt: zu 1-2:
gegen
das Finanzamt
- Beklagter -
für Recht erkannt:
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger zu tragen.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Kläger sind zusammenveranlagte Ehegatten und erzielten im Streitjahr (2019) u. a. Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit, Einkünfte aus Kapitalvermögen, sonstige Einkünfte und - insoweit verfahrensgegenständlich - Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.
Am 23. Juli 2018 gingen bei der zuständigen Verbandsgemeinde X die Bauunterlagen der Kläger für die Freistellung des Bauvorhabens "Neubau 4-Familienwohnhaus auf dem Grundstück ..." nach § 67 LBauO ein (Bl. 80 Einkommensteuerakten). Mit Schreiben vom 2. August 2018 (Bl. 113 Einkommensteuerakten) bestätigte die Verbandsgemeinde X den Klägern, dass ihre Bauunterlagen im Freistellungsverfahren nach § 67 LBauO am 23. Juli 2018 eingegangen seien. Weil die Kläger und ihr Architekt dokumentiert hätten, dass die Bestimmungen des Bebauungsplans in vollem Umfang eingehalten würden und weil die Erschließung gesichert sei, bedürfe es keiner Baugenehmigung. Aufgrund dessen könne mit den Bauarbeiten begonnen werden.
Am 3. August 2018 gingen bei der Kreisverwaltung des Y-Kreises die Bauunterlagen der Kläger für die Freistellung des Bauvorhabens "Neubau 4-Familienwohnhaus auf dem Grundstück ..." nach § 67 LBauO ein (Bl. 9 Einkommensteuerakten).
Mit Baubeginnsmitteilung vom 27. Oktober 2018 teilte der Kläger der zuständigen Kreisverwaltung mit, dass mit den Bauarbeiten am 5. November 2018 begonnen werde (Bl. 10 Einkommensteuerakten).
In ihrer Einkommensteuererklärung für 2019 vom 10. September 2021 (Bl. 14 ff. Einkommensteuerakten) erklärten die Kläger Einkünfte im Zusammenhang mit dem vorgenannten, verfahrensgegenständlichen Objekt "..." als Mietobjekt "V+V: 5" und gaben negative Einkünfte hieraus in Höhe von -5.934,00 € an. Diese errechneten sich aus Einnahmen in Höhe von 1.855,00 €, von denen Werbungskosten in Höhe von 7.789,00 € für die reguläre 2%-AfA in Höhe von 799,00 €, für Darlehenszinsen sowie für den Erwerb von Mietverträgen abgezogen waren. Die Kosten für die Errichtung des verfahrensgegenständlichen Objekts waren mit 478.457,37 € angegeben (Bl. 49 f. Einkommensteuerakten).
Mit Einkommensteuerbescheid für 2019 vom 20. Oktober 2021 (Bl. 66 ff. Einkommensteuerakten) veranlagte der Beklagte die Kläger - soweit verfahrensgegenständlich - erklärungsgemäß und legte negative Einkünfte aus der Vermietung des vorgenannten Objekts in Höhe von -5.934,00 € zugrunde. Der Bescheid war zwar teilweise vorläufig, stand jedoch nicht gemäß § 164 Abs. 1 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
Mit Änderungsantrag nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a der Abgabenordnung (AO), dem Beklagten übersandt durch E-Mail vom 18. November 2021 (Bl. 69 Einkommensteuerakten), beantragten die Kläger - neben einem nicht verfahrensgegenständlichen Streitpunkt - die Berücksichtigung der AfA gemäß § 7b EStG für das neue Vermietungsobjekt gemäß den beigefügten Berechnungen und Unterlagen. Ausgehend von den insgesamt entstandenen Herstellungskosten in Höhe von 479.957,00 € und der maßgebenden Wohnfläche von 372,04 m2 ergebe sich ein Herstellungskostenbetrag pro Quadratmeter in Höhe von 1.287,65 €, sodass das Objekt insgesamt förderfähig sei. Der maximale AfA-Satz in Höhe von 5% für das Streitjahr führe daher zu einer zusätzlichen AfA in Höhe von 23.952,90 €, ohne dass eine zeitanteilige Berücksichtigung im Streitjahr zu erfolgen habe (Bl. 70 ff. Einkommensteuerakten).
Mit Ablehnungsbescheid vom 2. Dezember 2021 (Bl. 82 f. Einkommensteuerakten) lehnte der Beklagte die Gewährung der Sonderabschreibung nach § 7b EStG ab. Diese könnte nur beantragt werden, wenn der Bauantrag nach dem 31. August 2018 und vor dem 1. Januar 2022 gestellt bzw. die Bauanzeige innerhalb des vorgenannten Zeitraums getätigt worden seien. Der Bauantrag der Kläger sei allerdings bereits am 23. Juli 2018 und damit verfrüht bei der Kreisverwaltung eingegangen.
Mit Änderungsbescheid vom 10. Dezember 2021 (Bl. 85 f. Einkommensteuerakten) änderte der Beklagte den Einkommensteuerbescheid der Kläger aus nicht verfahrensgegenständlichen Gründen, ohne die negativen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung des verfahrensgegenständlichen Objekts zu verändern.
Mit Schreiben vom 23. Dezember 2021 (Bl. 87 ff. Einkommensteuerakten) bezogen sich die Kläger auf eine Mitteilung der zuständigen Kreisverwaltung, wonach die Bauanzeige erst am 27. Oktober 2018 - und damit nach Inkrafttreten des § 7b EStG - getätigt worden sei. Zudem bezogen sie sich auf ein BMF-Schreiben vom 21. September 2021, wonach für die Errichtung von Mietwohnungen, die ohne Bauantrag bzw. ohne Bauanzeige errichtet werden könnten, auf den Zeitpunkt des Beginns der Bauausführung abgestellt werden könne. An ihrem Änderungsantrag würden sie daher weiter festhalten.
Zusätzlich legten die Kläger mit E-Mail vom 31. Dezember 2021 (Bl. 101 Einkommensteuerakten) auch formell noch Einspruch gegen die Ablehnungsentscheidung vom 2. Dezember 2021 ein und bezogen sich hierzu auch auf ihr früheres Vorbringen zu § 7b EStG.
In einem Telefonat des Beklagten mit einer Sachbearbeiterin der Verbandsgemeinde X vom 10. Januar 2022 (Bl. 112 Einkommensteuerakten) teilte diese dem Beklagten mit, dass der Bau eines 4-Familienhauses ohne jegliche Beantragung nicht möglich sei. Es sei immer ein "Bauantrag" zu stellen. Die Bauunterlagen seien zunächst bei der Verbandsgemeinde einzureichen, damit diese Kenntnis von dem Bauvorhaben erhalte. Diese müssen dann klären, ob ein Genehmigungsverfahren durchgeführt werden solle, ansonsten könne das Freistellungsverfahren nach § 67 LBauO erfolgen. Die Verbandsgemeinde leite die Unterlagen an die Kreisverwaltung als Bauaufsichtsbehörde weiter, die den Bauherren sodann ggf. Zusagen verschicke. Eine "Bauanzeige" gebe es im rheinland-pfälzischen Baurecht nicht. Wenn § 67 Abs. 2 LBauO von "erforderlichen Bauunterlagen" spreche, dann meine dies die umgangssprachlich als "Bauantrag" bezeichneten Unterlagen. Diese Unterlagen seien am 23. Juli 2018 bei der Verbandsgemeinde X eingegangen und von ihr an die Kreisverwaltung des Y-Kreises weitergeleitet worden, wo sie am 3. August 2018 eingegangen seien.
In einem weiteren Telefonat des Beklagten mit einem Sachbearbeiter des Y-Kreises vom 11. Januar 2022 (Bl. 115 Einkommensteuerakten) teilte dieser mit, dass die erforderliche "Genehmigung" für das Vorhaben der Kläger durch das Schreiben der Verbandsgemeinde X vom 2. August 2018 erteilt worden sei, da es sich hierbei um einen sogenannten Freistellungsbescheid handele. Zu beachten sei, dass auch in den Fällen des Freistellungsverfahren nach § 67 LBauO ein Antrag nach amtlichem Formular sowie dieselben Unterlagen wie für eine förmliche Baugenehmigung einzureichen seien. Eine Bauanzeige, wie sie in anderen Bundesländern existiere, sei in Rheinland-Pfalz nicht vorgesehen.
Nach Rücksprache mit dem zuständigen Landesamt für Steuern (Bl. 116 ff. Einkommensteuerakten) wies der Beklagte den Einspruch der Kläger mit Einspruchsentscheidung vom 24. Juli 2022 (Bl. 39 ff. Einkommensteuerakten, zum Postaufgabevermerk vgl. Bl. 145 Einkommensteuerakten) als unbegründet zurück. Im Streitfall sei allein auf den Zeitpunkt der Einreichung der Bauunterlagen im Freistellungsverfahren nach § 67 LBauO abzustellen. Die "Genehmigung" des Bauvorhabens der Kläger sei durch die Entscheidung der zuständigen Verbandsgemeinde, für deren Bauvorhaben gerade kein Genehmigungsverfahren durchführen zu wollen, erteilt worden. Die Errichtung des Hauses ohne Beantragung sei nicht erlaubt. Wenngleich § 7b EStG insofern lückenhaft sei, als der Normwortlaut den Fall der genehmigungsfreien Bauvorhaben nicht ausdrücklich regele, sei dieser jedenfalls nicht dahin auszulegen, dass dann stets auf den Baubeginn abzustellen sei. Vielmehr sei die Vorschrift dahin auszulegen, dass bei genehmigungsfreien Bauvorhaben, für die jedoch Unterlagen einzureichen seien, der Zeitpunkt der Einreichung der Bauunterlagen der maßgebliche Zeitpunkt sei. Nur wenn ausnahmsweise auch keine Bauunterlagen eingereicht werden müssten, dürfe auf den Zeitpunkt des Baubeginns abgestellt werden. Dies entspreche auch der Erlasslage gemäß R 7.2 Abs. 4 Sätze 5 und 6 der Einkommensteuer-Richtlinien (EStR) und sei im Zusammenhang mit der Eigenheimzulage auch durch das BFH-Urteil im Verfahren IX R 67/04 sowie im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme der degressiven Abschreibung durch Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg im Verfahren 7 K 7063/09 entschieden worden. Für den Streitfall folge hieraus, dass auf die Einreichung der Bauunterlagen am 21. Juli 2018 und nicht auf den Baubeginn am 5. November 2018 abzustellen sei. Folglich komme § 7b EStG im Streitfall der Kläger nicht zur Anwendung.
Mit ihrer Klageschrift vom 22. Juni 2022 (Bl. 5 ff. Gerichtsakte) und nachfolgenden Begründungsschreiben (Bl. 22 ff. und 73 ff. Gerichtsakte) wiederholen und vertiefen die Kläger ihr Vorbringen, dass ihr Vorhaben in den zeitlichen Anwendungsbereich des § 7b EStG falle, weil sie mit dem Baubeginn des verfahrensgegenständlichen Mehrfamilienhauses erst nach dem 30. August 2018 begonnen hätten, worauf es allein ankomme. Der Gesetzestext des § 7b EStG enthalte eine "planwidrige Unvollständigkeit", weil das in Rheinland-Pfalz durch § 67 LBauO praktizierte Freistellungsverfahren dort nicht erwähnt sei, obwohl durch die einkommensteuerliche Vorschrift auch solche Baumaßnahmen gefördert werden sollten, die keines Bauantrags und keiner Bauanzeige bedürften. Diese Lücke sei durch das BMF-Schreiben der Finanzverwaltung vom 21. September 2021 dahin geschlossen worden, dass ergänzend zu einem früheren Schreiben vom 3. Juli 2020 für den Fall, dass Mietwohnungen nach den baurechtlichen Vorschriften ohne Bauantrag bzw. ohne Bauanzeige errichtet werden könnten, allgemein auf den Zeitpunkt des Beginns der Bauausführung abgestellt werden könne.
Überdies formuliere das letzte BMF-Schreiben lediglich ein Ermessen, nicht aber die Verpflichtung, allein auf den Zeitpunkt der Einreichung von Bauunterlagen oder allein auf den Zeitpunkt der Baubeginnsanzeige abzustellen. Es sei dem Gesetzgeber zwar darum gegangen, dass ein Steuerpflichtiger spätestens am 31. Dezember 2021 einen Entschluss zum Bauen gefasst und diesen erkennbar nach außen dokumentiert habe. Mit einem Bauantrag oder einer Bauanzeige dokumentiere ein Steuerpflichtiger zwar seinen Entschluss zur Investition, aber erst mit dem tatsächlichen Baubeginn stehe fest, dass die Investition tatsächlich durchgeführt werde. Nach Sinn und Zweck des Gesetzes gebe es daher keinen Grund dafür, die von einem Steuerpflichtigen in der Zeit vom 1. September 2018 bis zum 31. Dezember 2021 tatsächlich bereits konkret begonnenen, nicht genehmigungspflichtigen Bauprojekte schlechter zu stellen als solche Bauprojekte, für deren Umsetzung in diesem Zeitraum lediglich eine Absichtsbekundung in Form eines Bauantrags oder einer Bauanzeige erfolgt sei, ohne dass möglicherweise bereits mit der Bauausführung begonnen werde. Die von den Klägern vorgetragene Auslegung trage dem Regelungszweck des § 7b EStG gerade in besonderer Weise Rechnung, indem die benötigten Mietwohnungen nicht nur projektiert, sondern gerade konkret realisiert würden.
Gegen die Auslegung der Kläger spreche auch die Erlasslage nicht. Es müsse trotz der fehlenden ausdrücklichen Benennung des Freistellungsverfahren nach § 67 LBauO von einer bewussten Entscheidung des BMF, auch für diesen Fall auf den Zeitpunkt des Baubeginns abzustellen, und nicht von einer neuerlichen Auslegungs- bzw. Regelungslücke ausgegangen werden. Möglicherweise habe sich das BMF im Hinblick auf die unklare Gesetzeslage sogar zugunsten der Steuerpflichtigen für den späteren Zeitpunkt des Baubeginns entschieden, um die Begünstigung auch solchen Steuerpflichtigen gewähren zu können, die ihre Bauunterlagen bereits vor dem 1. September 2018 eingereicht hätten. Es gehe nicht, dass sich der Beklagte durch die beiden vorgenannten BMF-Schreiben nicht gebunden sehe, bei seiner Argumentation jedoch Entscheidungen heranziehe, die zum einen auf einen anderen Sachverhalt und zum anderen gerade nicht durch Aufnahme in das Bundessteuerblatt II als für die Finanzverwaltung verbindlich erklärt worden seien. Soweit der Beklagte sich in seiner Argumentation, es komme nicht auf den Baubeginn an, auf den allgemeinen Gleichheitssatz beziehe, sei dies bereits deshalb nicht überzeugend, weil damit keine Besserstellung für Steuerpflichtige einhergehe.
Die Kläger beantragen sinngemäß,
den Einkommensteuerbescheid für 2019 vom 10. Dezember 2021 unter Aufhebung des Bescheids über die Ablehnung der Änderung der Einkommensteuerfestsetzung für 2019 vom 2. Dezember 2021 sowie der Einspruchsentscheidung vom 24. Juli 2022 dahin zu ändern, dass bei den Einkünften der Kläger aus Vermietung und Verpachtung weitere Werbungskosten für eine Sonderabschreibung gemäß § 7b EStG in Höhe von 23.953,00 € berücksichtigt werden,
und hilfsweise: die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
und hilfsweise: die Revision zuzulassen.
Zur Begründung verweist der Beklagte im Wesentlichen auf sein vorgerichtliches Vorbringen. Ergänzend und vertiefend hierzu trägt er vor, dass für die Anwendung besonderer Abschreibungsmöglichkeiten auf den Zeitpunkt abzustellen sei, in dem ein Steuerpflichtiger der zuständigen Baubehörde ein konkretes Baubegehren in der nach dem Baurecht vorgeschriebenen Weise signalisiert habe, wenn das Vorhaben später auch so umgesetzt werde. Reine Bauvoranfragen oder Ähnliches seien hingegen nicht ausreichend.
Insbesondere müsse auch für ein Freistellungsverfahren nach § 67 LBauO das für Baugenehmigungen geltende Formular verwendet und alle für die Baugenehmigung erforderlichen Angaben eingetragen werden.
So sei das rheinland-pfälzische Freistellungsverfahren nach § 67 LBauO im Wesentlichen inhaltsgleich mit dem Verfahren der Bauanzeige, wie es etwa in Brandenburg praktiziert werde, und selbst in baurechtlichen Fachkreisen würden beide Verfahren teilweise gleichgestellt. Lediglich in einem kleinen Punkt bestünden Unterschiede darin, dass im Bauanzeigeverfahren die Untersagung der Bauausführung erreicht werden könne, während im Freistellungsverfahren neben der Anordnung einer vorläufigen Untersagung auch ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren durchgeführt werden könne.
Außerdem folge aus Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG), dass aus der von Bundesland zu Bundesland unterschiedlichen Bezeichnung eines Bauverfahrens keine steuerliche Besser- oder Schlechterstellung resultieren könne. So fänden sich in nahezu allen Landesbauordnungen der Länder Verfahren, die dem rheinland-pfälzischen Freistellungsverfahren entsprächen. Das Verfahren der sog. Bauanzeige gebe es hingegen nur in der Landesbauordnung für Brandenburg. Es sei nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber nur für das Bundesland Brandenburg eine Ausnahme habe schaffen wollen. Vielmehr spreche einiges für die Auslegung, dass der Gesetzgeber die Unterschiede des Bauanzeige- sowie des Freistellungsverfahrens zwar erkannt, diesen aber keinen großen Unterschied beigemessen habe. Vielmehr handele es sich in beiden Fällen um Verfahren, bei denen keine förmliche Genehmigung abgewartet werden müsse, sondern nach einer Information der Baubehörden und Verstreichenlassen einer bestimmten Zeit mit dem Bau begonnen werden dürfe, falls keine Einwände durch die Baubehörden erhoben würden.
Für die Auslegung des Beklagten spreche auch der Aspekt der in § 7b EStG angelegten Anreizwirkung, dringend benötigte Mietwohnungen spätestens im Jahr 2023 herzustellen und sodann bis zum Jahr 2026 in den vollständigen Genuss der durch § 7b EStG eröffneten Möglichkeiten der Sonderabschreibungen zu kommen. Durch die zeitliche Begrenzung der Sonderabschreibungen werde vermieden, dass es nicht auf den Fertigstellungszeitpunkt ankomme, da eine anderenfalls nötige Abstellung auf den Fertigstellungszeitpunkt zu einem erheblichen Verwaltungsaufwand sowie zur Gefahr vorgezogener Bauabnahmen geführt hätte, was der Gesetzgeber habe vermeiden wollen.
Beide Aspekte ließen sich auch gegen die Auslegung der Kläger anführen. Denn wenn es im Wesentlichen auf den tatsächlichen Baubeginn ankomme, dann bestünde auch hier ein erheblicher Verwaltungsaufwand sowie die Gefahr vor- oder rückdatierter Baubeginnsmitteilungen. Auf den Eingang der Bauunterlagen abzustellen, schaffe hingegen Rechtsicherheit und sei wesentlich leichter fest- bzw. nachprüfbar.
Soweit sich die Kläger auf das BMF-Schreiben vom 21. September 2021 bezögen, wonach für Wohnungen, die ohne Bauantrag bzw. Bauanzeige errichtet werden könnten, auf den Zeitpunkt des Baubeginns abgestellt werde, sei dies dahin zu verstehen, dass es sich um Fälle handele, in denen die Herstellung der Wohnung ohne jegliche Beteiligung der Baubehörde möglich sei. Anlass dieser Ergänzung sei ein Einzelfall gewesen, in dem Kellerräume zu Wohnräumen umgewidmet worden seien, ohne dass dies baurechtlich habe genehmigt, angezeigt oder den Baubehörden habe mitgeteilt werden müssen.
Soweit die Kläger rügten, dass sich der Beklagte auf das nicht im Bundessteuerblatt II veröffentlichte BFH-Urteil IX R 67/04 beziehe, sei dies zulässig, weil das BMF für den Beklagten keinen sogenannten Nichtanwendungserlass ausgesprochen habe.
Die Beteiligten haben auf eine mündliche Verhandlung verzichtet.
Die Klage, über die das Gericht im Einverständnis mit den Beteiligten (Bl. 82 und 86 Gerichtsakte) gemäß § 90 Abs. 2 FGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, ist zulässig, aber unbegründet.
I.
Der Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, die Vorschrift des § 7b EStG in zeitlicher Hinsicht bereits auf den Streitfall der Kläger anzuwenden.
1.
Die Möglichkeit der Sonderabschreibung für neue Mietwohnungen nach § 7b EStG beruhte auf einem Gesetzesentwurf der 18. Wahlperiode des Deutschen Bundestags, wurde jedoch erst durch Art. 1 Nr. 2 des Gesetzes zur steuerlichen Förderung des Mietwohnungsneubaus vom 4. August 2019 (BGBl. I 2019, S. 1122) eingeführt und trat gemäß Art. 3 des Gesetzes am Tag nach seiner Verkündigung im Bundesgesetzblatt, mithin am 9. August 2019 in Kraft. Nach § 52 Abs. 15a EStG in der Fassung des Gesetzes kann die Inanspruchnahme der Sonderabschreibungen nach § 7b letztmalig für den Veranlagungszeitraum 2026 geltend gemacht werden. Das gilt auch dann, wenn der Abschreibungszeitraum nach § 7b Abs. 1 EStG dann noch nicht abgelaufen ist.
Nach § 7b Abs. 2 Nr. 1 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung können die Sonderabschreibungen - neben weiteren Voraussetzungen - nur in Anspruch genommen werden, wenn durch Baumaßnahmen auf Grund eines nach dem 31. August 2018 und vor dem 1. Januar 2022 gestellten Bauantrags oder einer in diesem Zeitraum getätigten Bauanzeige neue, bisher nicht vorhandene, Wohnungen geschaffen werden.
a)
Ein Regierungsentwurf für ein Gesetz zur steuerlichen Förderung des Mietwohnungsneubaus war bereits im Jahr 2016 - in der 18. Wahlperiode des Deutschen Bundestags - in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht worden, ohne jedoch wegen des Ablaufs der Wahlperiode verabschiedet worden zu sein.
Hierin war bereits eine - dem heutigen § 7b Abs. 2 Nr. 1 EStG ähnliche - Regelung zur zeitlichen Anwendbarkeit der Sonderabschreibungsmöglichkeiten in Gestalt eines § 7b Abs. 3 EStG-E (BT-Drucksache 18/7736, S. 3) enthalten:
"(3) Sonderabschreibungen kommen nur für begünstigte Investitionen in Betracht, die auf Grund eines nach dem 31. Dezember 2015 und vor dem 1. Januar 2019 gestellten Bauantrags oder, sofern ein Bauantrag nicht erforderlich ist, einer nach dem 31. Dezember 2015 und vor dem 1. Januar 2019 getätigten Bauanzeige hergestellt worden sind, wenn (...)."
Mit dem Gesetzentwurf, so die Entwurfsbegründung, setze die Bundesregierung ihr Ziel einer Förderung des Wohnungsneubaus in Gebieten mit angespannter Wohnungslage um. Die Maßnahme ziele auf Investoren ab, sich verstärkt im preiswerten (Miet-) Wohnungsneubau zu engagieren (BT-Drucksache 18/7736, S. 8). Die beschränkte Anwendbarkeit der Regelung auf Anschaffungen oder Herstellungsvorgänge, für die der Bauantrag in den Jahren 2016 bis Ende 2018 gestellt oder die Bauanzeige in dieser Zeit getätigt worden sei, solle Anreize für eine zeitnahe Investitionsentscheidung schaffen. Auf den Zeitpunkt der Fertigstellung komme es für die Inanspruchnahme der Sonderabschreibung "grundsätzlich" (gemeint ist damit wohl: dem Grunde nach) nicht an; dieser Zeitpunkt erlaube lediglich die erstmalige Inanspruchnahme der Sonderabschreibung (BT-Drucksache 18/7736, S. 8 f.).
Im weiteren Gesetzgebungsverfahren schlug der Bundesrat vor, den Förderzeitraum auf fünf Jahre - mithin bis zum Jahr 2020 - auszuweiten. Hierdurch würden Anreize für echte Neuplanungen und gerade für ambitionierte Wohnungsbauprojekte geschaffen und begleitende Bauleitplanungen für Neuprojekte ermöglicht. Zudem könnten dadurch Mitnahmeeffekte und übereilte Planungen vermieden werden. Durch die zugleich vorgesehene verlängerte Möglichkeit, die Sonderabschreibungen bis in das Jahr 2023 geltend zu machen, solle der Anreiz zu einer zeitnahen Umsetzung nach Ablauf des Förderzeitraums erhalten bleiben (BR-Drucksache 67/1/16, S. 8).
Eine Definition der Begriffe "Bauantrag" oder "Bauanzeige" enthielten die Gesetzgebungsmaterialien nicht.
b)
Nach Ablauf der 18. Wahlperiode des Deutschen Bundestags griff der Gesetzgeber das Thema der steuerlichen Förderung des Mietwohnungsneubaus auch in der 19. Wahlperiode auf und führte die für das Streitjahr geltende Fassung des § 7b EStG ein.
aa)
Das BMF veröffentlichte einen Referentenentwurf eines Gesetzes zur steuerlichen Förderung des Mietwohnungsneubaus, der den Bearbeitungsstand "29.08.2018 15:24 Uhr" auswies (abrufbar unter: https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Gesetzestexte/Gesetze_Gesetzesvorhaben/Abteilungen/Abteilung_IV/19_Legislaturperiode/Gesetze_Verordnungen/2019-08-08-Foerderung-Mietwohnungsneubau/1-Referentenentwurf.pdf?__blob=publicationFile&v=3) und mit § 7b Abs. 2 Nr. 1 EStG-E bereits den für das Streitjahr geltenden Gesetzeswortlaut vorsah.
Ausweislich der Entwurfsbegründung sei die Maßnahme in zwei Richtungen befristet: Zum einen würden nur solche Investitionen begünstigt, für die ein Bauantrag zwischen dem 1. September 2018 und dem 31. Dezember 2021 gestellt werde. Zum anderen sei die Inanspruchnahme der Sonderabschreibungen letztmalig im Jahr 2026 möglich (Referentenentwurf, S. 8). Zur Begründung der Regelung führte das BMF - wie bereits für den Entwurf der 18. Wahlperiode - die beabsichtigte Schaffung von Anreizen für eine zeitnahe Investitionsentscheidung, insbesondere durch private Immobilieninvestoren, an (Referentenentwurf, S. 10). Die zeitliche Beschränkung auf die Inanspruchnahme der Sonderabschreibungen in § 52 Abs. 15a EStG-E bis zum Jahr 2023 solle seinerseits einen Anreiz dafür setzen, die dringend benötigten Mietwohnungen spätestens im Jahr 2023 fertig zu stellen, um noch in den Genuss des vierjährigen Abschreibungszeitraums und damit des vollen Umfangs der Sonderabschreibung zu kommen (Referentenentwurf, S. 13).
bb)
Im Rahmen der Verbandsanhörungen gab der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes e.V. in seiner Stellungnahme zum Referentenentwurf vom 4. September 2018 (abrufbar unter: https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Gesetzestexte/Gesetze_Gesetzesvorhaben/Abteilungen/Abteilung_IV/19_Legislaturperiode/Gesetze_Verordnungen/2019-08-08-Foerderung-Mietwohnungsneubau/Stellungnahme-13-ZDB.pdf?__blob=publicationFile&v=3) zu bedenken, dass die vorgesehene Frist für Bauanträge oder Bauanzeigen in dem Zeitraum nach dem 31. August 2018 und vor dem 1. Januar 2022 einerseits und das Förderungsende der vierjährigen Förderungsdauer bereits im Jahr 2026 zu knapp bemessen seien, um die durch die vorgesehene Regelung ausgerufene Nachfragesteigerung auch baulich tatsächlich abarbeiten zu können. So betrage bereits die Bauzeit für ein Mehrfamilienhaus zwischen Erteilung der Baugenehmigung und Baufertigstellung bereits 20 Monate.
Der ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss e.V. schlug in seiner Stellungnahme zum Referentenentwurf vom 7. September 2018 (abrufbar unter: https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Gesetzestexte/Gesetze_Gesetzesvorhaben/Abteilungen/Abteilung_IV/19_Legislaturperiode/Gesetze_Verordnungen/2019-08-08-Foerderung-Mietwohnungsneubau/Stellungnahme-14-ZIA.pdf?__blob=publicationFile&v=3) ausdrücklich die tatbestandliche Erweiterung des Förderungstatbestands um die Baubeginnsanzeige vor. Damit würden sinnvollerweise auch die Fälle erfasst, bei denen ein genehmigter Bauantrag vorliege und zwischen dem 31. August 2018 und dem 1. Januar 2022 tatsächlich mit dem Wohnungsneubau begonnen werde. So lägen in der Praxis für eine Vielzahl von Vorhaben bereits Bauanträge bzw. Baugenehmigungen vor, die bisher jedoch aus unterschiedlichsten Gründen noch nicht realisiert seien (sog. "Schubladenprojekte"). Gerade für solche Projekte, die nach der vorgesehenen Regelung aus dem Anwendungsbereich der Sonderabschreibung fallen würden, sei jedoch eine schnelle Realisierung möglich, wenn sie auch in den Anwendungsbereich des § 7b EStG aufgenommen würden. Die geplante Sonderabschreibung könnte in diesen Fällen aber der ausschlaggebende Punkt einer Entscheidung zugunsten der alsbaldigen Realisierung solcher Bauprojekte sein. Zudem könnten Fehlanreize vermieden werden, die darin lägen, dass Bauherren für ihre zum Stichtag 1. September 2018 bereits beantragten oder genehmigten Vorhaben in einem erneuten Bauantragsverfahren (kleine) Änderungen beantragten, ggf. nur um in den Anwendungsbereich der Sonderabschreibung zu kommen. Diese Änderungsanträge könnten nicht verhindert werden, würden aber die Umsetzung von Baumaßnahmen um etwa sechs bis zwölf Monate verzögern und die Bauverwaltungen zusätzlich belasten.
cc)
Der hierauf folgende Regierungsentwurf vom 20. September 2018 (BR-Drucksache 470/18, vgl. auch BT-Drucksache 19/4949) übernahm den bereits im Referentenentwurf zu § 7b Abs. 2 Nr. 1 EStG-E vorgesehenen Normwortlaut. Im Begründungsteil führte die Bundesregierung sodann - insoweit über den Begründungsteil des Referentenentwurfs hinausgehend - aus, die vorgesehene Regelung des § 7b EStG werde "auf solche Herstellungsvorgänge beschränkt, für die der Bauantrag oder - in den Fällen, in denen eine Baugenehmigung nicht erforderlich ist - die Bauanzeige nach dem 31. August 2018 und vor dem 1. Januar 2022 gestellt wird", um Anreize für eine zeitnahe Investitionsentscheidung zu schaffen (BR-Drucksache 470/18, S. 9). Eine Definition der Begriffe "Bauantrag" oder "Bauanzeige" erfolgte in der Gesetzesbegründung nicht. Bezugnahmen auf landesrechtliche Baurechtsbegriffe oder Ähnliches wurden nicht vorgenommen. Eine Auseinandersetzung mit dem Vorschlag des ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss e.V., explizit auch die Baubeginnsanzeige zu regeln, ist nicht erfolgt.
In der parlamentarischen Debatte zu § 7b EStG-E wies die damalige Parlamentarische Staatssekretärin des BMF Lambrecht darauf hin, dass durch die Einführung dieser zeitlich befristeten Sonderabschreibung die erforderlichen Anreize für eine zeitnahe Investition in den Mietwohnungsneubau gesetzt würden. Allerdings müsse auch klar sein, dass die Sonderabschreibung auf solche Baumaßnahmen beschränkt werde, bei denen "der Bauantrag oder auch die Bauanzeige zwischen dem 1. September 2018 und dem 31. Dezember 2021 gestellt bzw. eingereicht" würden. Hierbei gehe es "nicht darum, in irgendeiner Weise Leute zu drangsalieren, sondern es geht darum, Druck zu machen, damit zeitnah etwas geschieht." Man dürfe "nicht auf irgendwelche Zeiträume verschieben, sondern jetzt ist Handlungsbedarf, und deswegen gibt es diese zeitlichen Befristungen." (Deutscher Bundestag, Plenarprotokoll 19/59, S. 6654 f.). Hierauf wurden mehrfach Mitnahmeeffekte für bereits geplante und genehmigte Bauvorhaben, die wegen der Kürze der Planungszeit drohen würden, entgegnet (Deutscher Bundestag, Plenarprotokoll 19/59, S. 6656 und 6660 f.).
dd)
Der Finanzausschuss des Bundestages empfahl - soweit dies § 7b Abs. 2 Nr. 1 EStG-E betraf - die unveränderte Annahme des Gesetzentwurfs (BT-Drucksache 19/6140, S. 6), der sodann auch durch den Bundestag (Plenarprotokoll 19/68, S. 7809) und den Bundesrat (BR-Drucksache 303/19) angenommen wurde.
c)
Das BMF hat den für den Streitfall maßgeblichen Begriff "Bauantrag" norminterpretierend in R 7.2 Abs. 4 EStR 2018 sowie R 7.2 Abs. 4 EStR 2019 wie folgt ausgelegt:
(4) 1Unter Bauantrag ist das Schreiben zu verstehen, mit dem die landesrechtlich vorgesehene Genehmigung für den beabsichtigten Bau angestrebt wird. 2Zeitpunkt der Beantragung einer Baugenehmigung ist der Zeitpunkt, zu dem der Bauantrag bei der nach Landesrecht zuständigen Behörde gestellt wird; maßgebend ist regelmäßig der Eingangsstempel dieser Behörde. 3Das gilt auch dann, wenn die Bauplanung nach Beantragung der Baugenehmigung geändert wird, ohne dass ein neuer Bauantrag erforderlich ist. (...) 5Bei baugenehmigungsfreien Bauvorhaben, für die Bauunterlagen einzureichen sind, ist der Zeitpunkt maßgebend, zu dem die Bauunterlagen eingereicht werden. 6Bei baugenehmigungsfreien Bauvorhaben, für die keine Bauunterlagen einzureichen sind, tritt an die Stelle des Bauantrags der Beginn der Herstellung."
Weiter führte das BMF in H 7.2 EStH 2018 sowie H 7.2 EStH 2019 aus, dass Anträge, die die Finanzierung des geplanten Baus beträfen, sowie sog. Bauvoranfragen bei der Baugenehmigungsbehörde nicht als Bauanträge anzusehen seien, weil sie nicht die Erlangung der Baugenehmigung, sondern nur die Klärung von Vorfragen zum Ziel hätten. Zudem stehe die Bauanzeige einem Bauantrag gleich (mit Verweis auf BFH-Rechtsprechung zum Investitionszulagengesetz: BFH, Urteil vom 18. April 1990 - III R 12/88 -, BFHE 160, 383, BStBl II 1990, 754), wobei der Begriff der Bauanzeige durch das BMF nicht näher erläutert wurde und sich auf die Bauordnung für Nordrhein-Westfalen bezog, die Gegenstand der in Bezug genommenen BFH-Entscheidung war.
In seinem ersten Anwendungserlass zu § 7b EStG (BMF, Schreiben vom 7. Juli 2020 - IV C 3-S 2197/19/10009:008, BStBl I 2020, 623) führte das BMF aus, die Sonderausschreibung könne in Anspruch genommen werden, wenn der "Bauantrag oder - wenn eine Baugenehmigung nicht erforderlich ist - die Bauanzeige nach dem 31. August 2018 und vor dem 1. Januar 2022 gestellt bzw. getätigt worden ist" (Rn. 9 des Schreibens). Ergänzend betonte das BMF, dass die Inanspruchnahme der Sonderabschreibung nach § 7b EStG nicht zulässig sei, wenn ein Bauantrag vor dem 1. September 2018 gestellt oder die Bauanzeige vor diesem Zeitpunkt getätigt worden sei, auch wenn mit der tatsächlichen Bautätigkeit erst nach diesem Stichtag begonnen werde, da die Regelung nicht auf den Beginn der Bautätigkeit, sondern auf den Zeitpunkt der Bauantragstellung bzw. der Tätigung der Bauanzeige abstelle (Rn. 10 des Schreibens). Ein Bauantrag bzw. eine Bauanzeige würden mittels des von der nach Landesrecht zuständigen Behörde veröffentlichten Vordrucks gestellt bzw. getätigt, mit dem die landesrechtlich vorgesehene Baugenehmigung für die beabsichtigte Herstellung der Mietwohnung angestrebt werde. Für die Bestimmung des Zeitpunkts sei regelmäßig das Datum des Eingangsstempels der nach Landesrecht zuständigen Behörde maßgebend (Rn. 11 f. des Schreibens). Für Mietwohnungen, die entgegen den baurechtlichen Vorschriften ohne Baugenehmigung errichtet worden seien, könne die Sonderabschreibung nach § 7b EStG nicht in Anspruch genommen werden (Rn. 15 des Schreibens).
Mit nachfolgendem Änderungsschreiben ergänzte das BMF die vorzitierte Rn. 9 des Schreibens vom 7. Juli 2020 um einen Satz 2. Danach könne für Mietwohnungen, die nach den baurechtlichen Vorschriften ohne Bauantrag bzw. Bauanzeige errichtet werden könnten, hinsichtlich des in Satz 1 genannten Zeitraums ("nach dem 31. August 2018 und vor dem 1. Januar 2022") auf den Zeitpunkt des Beginns der Bauausführung abgestellt werden (BMF, Schreiben vom 21. September 2021 - IV C 3-S 2197/19/10009:009 -, BStBl I 2021, 1805).
d)
Rechtsprechung zu § 7b EStG in der verfahrensgegenständlichen Gesetzesfassung ist - soweit erkennbar - noch nicht ergangen.
Die zu § 7b EStG in der Fassung des Gesetzes vom 4. August 2019 ergangene Literatur setzt sich mit der Auslegung der beiden Tatbestandsmerkmale "Bauantrag" und "Bauanzeige" in § 7b Abs. 2 Nr. 1 EStG weitgehend nicht näher auseinander, sondern bezieht sich im Wesentlichen auf die beiden vorgenannten BMF-Schreiben oder gibt diese in der Sache wieder.
Nur im Zusammenhang mit sog. "Schwarzbauten", die entgegen den baurechtlichen Vorschriften ohne Baugenehmigung errichtet worden seien, finden sich vereinzelt eigene Ausführungen in der Literatur. Hierbei wird das Tatbestandsmerkmal "auf Grund eines (...) gestellten Bauantrags" dahingehend ausgelegt, dass mangels Kausalität des Bauantrags für tatsächliche Errichtung in diesen Fällen keine Sonderabschreibung gewährt werden könne. Kausal für die Entrichtung sei dann vielmehr der Entschluss, ohne Bauantrag bzw. Bauanzeige mit den Baumaßnahmen zu beginnen. Tatbestandsvoraussetzung sei jedoch ein vor Baubeginn gestellter Bauantrag (Dornheim, in: Bordewin/Brandt, EStG, 451. Lieferung Stand 3/2023, § 7b EStG Rn. 41; Streck, DStZ 2020, 344 (345 f.)).
Zudem wird der im frühen Gesetzgebungsverfahren geäußerte Vorschlag, die Förderberechtigung an den Zeitpunkt der Baubeginnanzeige ab dem 1. September 2018 zu knüpfen, durch Mohaupt angelehnt. Investoren hätten sich in diesen Fällen bereits vor dem 1. September 2018 - und damit ohne Kenntnis über die Möglichkeit einer Sonderabschreibung - für die Baumaßnahme entschieden, sodass die Gewährung der Sonderabschreibung zu einem reinen Mitnahmeeffekt führen würde, wenn auch die Baubeginnsanzeige im Förderzeitraum ausreichend wäre. Ziel des Gesetzes sei es jedoch, zusätzliche Investitionen anzuregen, die ohne die Sonderabschreibung vielleicht nicht oder später durchgeführt worden wären (so Mohaupt, NWB 2019, 2153 (2162)).
2.
Das Gericht legt § 7b Abs. 2 Nr. 1 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung zunächst dahingehend aus, dass die Vorschrift mit den Tatbestandsmerkmalen "Bauantrag" und "Bauanzeige" keine umfassenden Rechtsgrundverweise auf konkrete baurechtliche Vorschriften enthält, sondern dass beide Rechtsbegriffe steuerrechtsautonom auszulegen sind und zueinander im Exklusivitätsverhältnis stehen.
a)
Dies folgt für das Gericht schon daraus, dass das Bundes-Baurecht grundsätzlich keine Regelungen zum formellen Bauordnungsrecht, etwa zur formellen Bauantragspflicht oder zu einem Bauanzeigeverfahren enthält. Vielmehr fällt das Bauordnungsrecht in den Kernbereich der Landesgesetzgebungskompetenz nach Art. 70 Abs. 1 GG, in den das Bundesrecht im Wesentlichen durch äußere, bauplanungsrechtliche Vorgaben einwirkt. Insbesondere das Verhältnis, in dem das Baugenehmigungs- und das Bauanzeigeverfahren zueinanderstehen, bestimmt sich im Wesentlichen nach Landesrecht. Es gibt keinen Grundsatz des Bundesrechts, der zu der Annahme zwänge, dass ein Baugenehmigungsantrag hilfsweise stets zugleich eine Bauanzeige enthält (BVerwG, Beschluss vom 14. Januar 1972 - IV B 172.70 -, Rn. 4, juris).
In diesem Zusammenhang stünde es nach Auffassung des Gerichts auch einer gleichheitskonformen Auslegung gemäß Art. 3 Abs. 1 GG entgegen, wenn § 7b Abs. 2 Nr. 1 EStG nicht für alle Bundesländer einheitlich auszulegen wäre und die Gewährung der Sonderausschreibungen für den - aus welchen Gründen des jeweiligen Landesbaurechts auch immer - nicht genehmigungs- und somit nicht bauantragspflichtigen Mietwohnungsneubauten davon abhängig machen würde, ob im jeweiligen Bundesland das Rechtsinstitut der "Bauanzeige" vorgesehen ist oder nicht. Denn dies käme nicht nur einer qualitativen Ungleichbehandlung nach der Art der errichteten Mietwohnungen bzw. Mietwohngebäude gleich, dies abhängig davon, ob deren Errichtung einen landesrechtlichen Bauantrag nebst förmlicher Baugenehmigung erforderlich machen oder auch ohne förmliche Einzelfallerlaubnis errichtet werden dürfen. Vielmehr ginge damit auch eine regionale Ungleichbehandlung zwischen der Errichtung genehmigungsfreier Mietwohnungsneubauten in Bundesländern mit bzw. ohne Instrument der Bauanzeige einher (zu diesem Aspekt der Gleichbehandlung der Steuerpflichtigen im Bundesgebiet im Zusammenhang mit den Regelungen zum Investitionszulagengesetz auch: BFH, Urteil vom 18. April 1990 - III R 12/88 -, BFHE 160, 383, BStBl II 1990, 754, Rn. 11). Anhaltspunkte oder sachliche Gründe dafür, dass bzw. warum sich derartige Unterschiede steuerlich unterschiedlich auf die Gewährung der Sonderabschreibungen nach § 7b EStG auswirken sollten, erkennt das Gericht nicht.
b)
Bei steuerrechtsautonomer und insbesondere bundeseinheitlicher Auslegung der beiden in § 7b Abs. 2 Nr. 1 EStG benutzten Rechtsbegriffe "Bauantrag" und "Bauanzeige" kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass es sich hierbei um einander ausschließende Tatbestandsvoraussetzungen zur Bestimmung des Förderzeitraums handelt.
Bereits nach dem Wortlaut der Vorschrift, der beide Begriffe alternativ ("oder") gegenüberstellt, aber auch bei historischer Auslegung geht das Gericht davon aus, dass beide Tatbestandsvoraussetzungen im Exklusivitätsverhältnis zueinander stehen.
Diese Exklusivität wurde zwar - anders als noch im Regierungsentwurf des § 7b Abs. 3 EStG-E für ein Gesetz zur steuerlichen Förderung des Mietwohnungsneubaus aus dem Jahr 2016, wo sie noch unmittelbar dem Gesetzeswortlaut der Vorschrift entnommen werden konnte - nur in der Begründung des Regierungsentwurfs vom 20. September 2018 ("Bauantrag oder - in den Fällen, in denen eine Baugenehmigung nicht erforderlich ist - die Bauanzeige nach dem 31. August 2018") benannt. Implizit geht der Gesetzgeber darin jedoch davon aus, dass der "Bauantrag" sich auf die Fälle bezieht, in denen eine Baugenehmigung erforderlich ist, während die "Bauanzeige" sich auf alle übrigen Fälle bezieht, in denen keine Baugenehmigung erforderlich ist.
c)
Während das Gericht den Begriff des "Bauantrags" - so wie durch BMF in R 7.2 EStR 2018 und 2019 vorgeschlagen - als ein Schreiben auslegt, mit dem die landesrechtlich vorgesehene Genehmigung für ein beabsichtigte Bauvorhaben angestrebt wird, legt es den Begriff der "Bauanzeige" dahingehend aus, dass damit jede amtliche vorgeschriebene Information der Baubehörden über ein geplantes Bauvorhaben erfasst wird.
So bezieht der Begriff des "Bauantrags" sich bereits bei grammatikalischer und binnensystematischer Auslegung auf ein Verfahren mit dem Erfordernis eines "Antrags", der förmlich zu bescheiden ist und durch die zuständige Baubehörde auch abgelehnt werden kann. Die "Bauanzeige" ist hiervon schon sprachlich dadurch zu unterscheiden, dass sie lediglich eine vom Steuerpflichtigen angestoßene, förmliche Information der Baubehörden über das Bauvorhaben ("Anzeige"), aber kein Element eines "Antrags" auf Erlaubnis enthält. Somit unterscheidet sich der "Bauantrag" von der bloßen "Bauanzeige" dadurch, dass Baubehörden bei einer derartigen "Bauanzeige" nur über das beabsichtigte Bauvorhaben informiert werden, über die Zulässigkeit des Bauvorhabens aber nicht zwingend eine Bescheidung vornehmen müssen. Dies kann systematisch nur bedeuten, dass der Begriff der "Bauanzeige" all diejenigen Bauvorhaben betrifft, für die kein "Bauantrag" zu stellen ist, also die keiner Genehmigungspflicht unterliegen, sondern grundsätzlich auch ohne förmliche Genehmigung rechtmäßig durchgeführt werden können.
Auch ein systematischer Vergleich mit § 52 Abs. 15 Satz 3 EStG spricht für die vorgenannte Auslegung. Dort hat der Gesetzgeber - ebenfalls im Zusammenhang mit einer Regelung zur zeitlichen Anwendbarkeit von AfA-Regelungen im Zusammenhang mit der Errichtung von Gebäuden - (nur) zwischen den Gebäuden, für die eine Baugenehmigung erforderlich ist, und baugenehmigungsfreien Gebäuden differenziert: Während bei genehmigungspflichtigen Gebäuden auf den Zeitpunkt abgestellt wird, in dem der Bauantrag gestellt wird, ist für baugenehmigungsfreie Gebäude, für die Bauunterlagen einzureichen sind, der Zeitpunkt maßgeblich, in dem die Bauunterlagen eingereicht werden. Diese Kontrastierung genehmigungspflichtiger und genehmigungsfreier Bauvorhaben, für die aber Bauunterlagen einzureichen sind, entspricht der in § 7b Abs. 2 Nr. 1 EStG angelegten Kontrastierung zwischen "Bauantrag" und "Bauanzeige".
d)
Zudem legt das Gericht § 7b Abs. 2 Nr. 1 EStG dahin aus, dass sich die Zulässigkeit der Sonderabschreibung für den Mietwohnungsneubau jedenfalls für genehmigungspflichtige Bauvorhaben sowie für genehmigungsfreie Bauvorhaben, bei denen aber die zuständige Baubehörde zwingend durch Einreichung förmlicher Bauunterlagen über das Bauvorhaben zu informieren ist, ausschließlich danach richtet, ob der Bauantrag oder die Bauanzeige innerhalb der Förderfrist bei der zuständigen Baubehörde eingegangen sind.
Die Notwendigkeit der Bauantragstellung oder der Bauanzeige entfaltet insofern bei systematischer und vor allem teleologischer Auslegung eine Sperrwirkung gegenüber der Baubeginnsanzeige oder dem tatsächlichen Baubeginn. Ein vor Beginn oder nach Ablauf der Förderfrist gestellter Bauantrag oder eine außerhalb der Förderfrist vorgenommene Bauanzeige kann einen Steuerpflichtigen deshalb auch dann nicht zur Inanspruchnahme der Sonderabschreibung für den Mietwohnungsneubau berechtigen, wenn die förmliche Baubeginnsanzeige innerhalb des Förderzeitraums gestellt wird oder der tatsächliche Baubeginn innerhalb des Förderzeitraums erfolgt.
Das Gericht leitet dies nicht nur aus der Gesetzgebungshistorie ab, bei der der ausdrückliche Regelungsvorschlag des ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss e.V. zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur steuerlichen Förderung des Mietwohnungsneubaus, die Möglichkeit der Sonderabschreibungen in § 7b Abs. 2 Nr. 1 EStG tatbestandlich um die Baubeginnsanzeige innerhalb des Förderungszeitraums zu erweitern, gerade keinen Eingang in das weitere Gesetzgebungsverfahren gefunden hat.
Auch die systematische Auslegung der zeitraumbezogenen Sonderabschreibung des § 7b EStG im Verhältnis zu anderen, zeitraumbezogenen Förderinstrumenten wie der Investitionszulage spricht dafür, dass es auf den Beginn der Bauarbeiten nur dann ankommt, wenn weder ein Bauantrag noch eine Bauanzeige erforderlich sind (vgl. zur Investitionszulage BFH, Urteil vom 18. April 1990 - III R 12/88 -, BFHE 160, 383, BStBl II 1990, 754; BFH, Urteil vom 30. September 2003 - III R 51/01 -, BFHE 204, 76, BStBl II 2004, 209; BFH, Beschluss vom 8. März 2005 - IX B 183/04 -, BFH/NV 2005, 1243).
Schließlich spricht auch der Regelungszweck des § 7b EStG, (vor allem private) Immobilieninvestoren zur Errichtung neuer Mietwohnungen zu bewegen, dafür, bei genehmigungs- oder anzeigepflichtigen Bauvorhaben allein auf die Bauantragstellung oder die Bauanzeige innerhalb des Förderungszeitraums abzustellen. Nur bei einer solchen Auslegung können Investoren zu einer verstärkten, zusätzlichen Investitionstätigkeit angeregt und gleichzeitig die Möglichkeit von Mitnahmeeffekten weitgehend ausgeschaltet werden (vgl. zu dieser Überlegung zur zeitraumbezogenen Investitionszulage auch BFH, Urteil vom 18. April 1990 - III R 12/88 -, BFHE 160, 383, BStBl II 1990, 754). Gerade wenn ein Bauantrag vor Beginn des Förderungszeitraums gestellt oder eine Bauanzeige zuvor eingereicht wurden, werden durch Verwirklichung dieses Bauvorhabens - bezogen auf den Beginn des Förderungszeitraums - keine zusätzlichen Investitionsentscheidungen zugunsten zusätzlicher, zuvor nicht geplanter neuer Mietwohnungen erreicht. Die beabsichtigte Anreizwirkung der Sonderabschreibungen nach § 7b EStG kann sich daher nicht entfalten, sodass es keinen hinreichenden Grund dafür gibt, derartige Bauvorhaben dem Anwendungsbereich der Vorschrift zu unterwerfen.
Als nicht überzeugend erachtet das Gericht, dass die Gewährung der Sonderabschreibung des § 7b EStG auch bei Baubeginnsanzeigen oder tatsächlichem Baubeginn innerhalb des Förderungszeitraums deshalb erfolgen solle, weil für Immobilieninvestoren davon ein Anreiz zur Realisierung von bisher noch nicht realisierten, sog. "Schubladenprojekten" ausgehen könnte. Das Gericht erachtet die tatsächlichen Möglichkeiten von Investoren, bereits geplante Bauvorhaben in nennenswertem Umfang zeitlich vorzuziehen, im Hinblick auf die langen Planungs-, Vorbereitungs-, Beschaffungs- und Errichtungszeiträume im Wohnungsbaubereich einerseits die üblicherweise nur zeitlich befristete Baugenehmigung andererseits (in Rheinland-Pfalz § 74 Abs. 1 LBauO: vier Jahre nach Zustellung der Baugenehmigung; auch für das Freistellungsverfahren gilt nach § 67 Abs. 6 LBauO eine Frist von vier Jahren) als gering. Vielmehr stünden bei einer solchen Auslegung in erheblichem Umfang Mitnahmeeffekte dadurch zu befürchten, dass Immobilieninvestoren für ihr bereits vor Beginn des Förderungszeitraums projektiertes, kalkuliertes und genehmigtes oder angezeigtes Bauvorhaben des Mietwohnungsneubaus, das ohnehin innerhalb des Förderungszeitraums errichtet worden wäre, durch die Möglichkeiten der Sonderabschreibung nach § 7b EStG nachträglich einen Sondervorteil erlangen würden, ohne dass dadurch zusätzlicher Wohnraum entstünde. Da die Befürchtung derartiger Mitnahmeeffekt ausdrücklich im Gesetzgebungsverfahren thematisiert wurde, geht das Gericht davon aus, dass deren Vermeidung auch ein gesetzgeberisch implizierter Regelungszweck des § 7b EStG war.
3.
Nach diesen Maßstäben haben die Kläger ihre "Bauanzeige" im Sinne des § 7b Abs. 2 Nr. 1 EStG bereits durch Vorlage der Bauunterlagen für das verfahrensgegenständliche Objekt am 23. Juli 2018 bei der Verbandsgemeinde X und damit in jedem Fall vor Beginn der Förderfrist ab dem 1. September 2018 eingereicht. Auf ihre spätere Baubeginnsanzeige vom 27. Oktober 2018, die innerhalb der Förderfrist erfolgte, kam es folglich nicht mehr an. Auch inwiefern die anderen Voraussetzungen des § 7b EStG zur Inanspruchnahme der Sonderabschreibung für den Mietwohnungsneubau vorlagen, konnte somit dahinstehen.
a)
Zwar unterlag das verfahrensgegenständliche Bauvorhaben der Kläger nach dem rheinland-pfälzischen Bauordnungsrecht keiner Genehmigungspflicht nach § 63 i.V.m. § 70 LBauO, sodass die Einreichung der Bauunterlagen durch die Kläger am 23. Juli 2018 nicht als "Antrag auf Erteilung der Baugenehmigung (Bauantrag)" im Sinne des § 63 Abs. 1 Satz 1 LBauO und nicht als "Bauantrag" im Sinne des § 7b Abs. 2 Nr. 1 EStG anzusehen war.
b)
Allerdings lag in der Einreichung der Bauunterlagen durch die Kläger am 23. Juli 2018 eine "Bauanzeige" des verfahrensgegenständlichen Bauvorhabens durch die Kläger. Denn obwohl das Bauvorhaben - zwischen den Beteiligten unstreitig - dem Freistellungsverfahren nach § 67 LBauO unterlag, hatten die Steuerpflichtigen als Bauherren die zuständige Baubehörde verpflichtend und durch amtliche Bauunterlagen über das von ihnen beabsichtigte Bauvorhaben zu informieren.
aa)
Zwar bedarf ein solches Bauvorhaben nach § 67 Abs. 1 Satz 1 LBauO keiner Baugenehmigung, wenn es den Festsetzungen des Bebauungsplans entspricht und die Erschließung gesichert ist. Allerdings gilt dies nach § 67 Abs. 1 Satz 2 LBauO nicht, wenn die Gemeinde erklärt, dass ein Genehmigungsverfahren durchgeführt werden soll.
Erklärt die Gemeinde nach § 67 Abs. 1 Satz 2 LBauO, dass ein Genehmigungsverfahren durchgeführt werden soll, so hat sie dem Bauherrn gemäß § 67 Abs. 3 Satz 2 LBauO die "vorgelegten Unterlagen" zurückzureichen, es sei denn, die Bauherrin oder der Bauherr hat bei Einreichung der Bauunterlagen zum Ausdruck gebracht, dass diese im Falle der Erklärung der Gemeinde nach § 67 Abs. 1 Satz 2 LBauO als Bauantrag zu behandeln sind. Zugleich gilt nach § 67 Abs. 4 LBauO die Vorschrift des § 63 Abs. 2 LBauO, der den Bauherren dazu verpflichtet, mit dem Bauantrag alle für die Beurteilung des Vorhabens und die Bearbeitung des Antrags erforderlichen Unterlagen (Bauunterlagen) einzureichen, entsprechend. Durch § 7 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 der Landesverordnung über Bauunterlagen und die bautechnische Prüfung (BauuntPrüfVO) vom 16. Juni 1987 wird der Umfang der einzelnen, einzureichenden Unterlagen bestimmt (vgl. dazu auch Dürr/Seiler-Dürr, Baurecht Rheinland-Pfalz, 4. Auflage 2020, Rn. 259).
Dies bedeutet, dass der Steuerpflichtige auch für Bauvorhaben im Sinne des § 67 LBauO zwar keinen förmlichen Bauantrag zu stellen, aber alle für die Beurteilung des Vorhabens und die Bearbeitung des Antrags erforderlichen Unterlagen (Bauunterlagen) im Sinne des § 63 Abs. 2 LBauO i.V.m. der BauuntPrüfVO einzureichen hat (vgl. auch Jeromin, in: ders., LBauO Rh-Pf, 5. Auflage 2022, § 67 LBauO Rn. 40).
bb)
Dass die Vorlage dieser Bauunterlagen somit eine zwingend vorzunehmende Information der Baubehörden über das Bauvorhaben darstellt, qualifiziert deren Vorlage somit als "Bauanzeige" im Sinne des § 7b Abs. 2 Nr. 1 EStG.
cc)
Diese Bauanzeige erfolgte jedoch bereits am 23. Juli 2018 und damit vor Beginn des Förderzeitraums, die erst für Bauanzeigen nach dem 31. August 2018 gilt.
Weil dies aus den vorgenannten Rechtsgründen eine Sperrwirkung entfaltet, konnten die Kläger im Streitfall auch dadurch nicht (mehr) in den Anwendungsbereich der Sonderabschreibung für den Mietwohnungsneubau fallen, dass sie - dies jeweils innerhalb des Förderzeitraums - die Baubeginnsmitteilung erst am 27. Oktober 2018 bei der Baubehörde eingereicht und mit den Bauarbeiten für das verfahrensgegenständliche Mehrfamilienhaus erst am 5. November 2018 begonnen hatten.
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
Die Zulassung der Revision erfolgte nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Höchstrichterliche Entscheidungen zur Auslegung des § 7b EStG sind - soweit erkennbar - noch nicht ergangen. Dabei ist die hier verfahrensgegenständliche Rechtsfrage auch nicht durch Zeitablauf überholt. Vielmehr hat sie unveränderte Aktualität aufgrund der jüngsten Erweiterung des § 7b Abs. 2 EStG durch das Art. 4 Nr. 2 des Jahressteuergesetzes 2022 (JStG 2022) vom 16. Dezember 2022 (BGBl. I 2022, S. 2294), der die Sonderabschreibung für den Mietwohnungsneubau auch für einen nach dem 31. Dezember 2022 und vor dem 1. Januar 2027 gestellten Bauantrag oder einer in diesem Zeitraum getätigten Bauanzeige gewährt. Insofern stellt sich dieselbe Rechtsfrage nicht nur für vergangene Streitjahre, sondern auch für künftige Bauvorhaben.
Urteil vom 20.04.2023
In dem Finanzrechtsstreit
1. des Herrn2. der Frau
- Kläger -
prozessbevollmächtigt: zu 1-2:
gegen
das Finanzamt
- Beklagter -
wegen Einkommensteuer 2019
hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz - 4. Senat - im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung am 20. April 2023 durch
xxxfür Recht erkannt:
Tenor:
II. Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger zu tragen.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Strittig ist die Anwendbarkeit der Vorschrift des § 7b EStG zur Sonderabschreibung für den Mietwohnungsneubau in zeitlicher Hinsicht.
Die Kläger sind zusammenveranlagte Ehegatten und erzielten im Streitjahr (2019) u. a. Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit, Einkünfte aus Kapitalvermögen, sonstige Einkünfte und - insoweit verfahrensgegenständlich - Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.
Am 23. Juli 2018 gingen bei der zuständigen Verbandsgemeinde X die Bauunterlagen der Kläger für die Freistellung des Bauvorhabens "Neubau 4-Familienwohnhaus auf dem Grundstück ..." nach § 67 LBauO ein (Bl. 80 Einkommensteuerakten). Mit Schreiben vom 2. August 2018 (Bl. 113 Einkommensteuerakten) bestätigte die Verbandsgemeinde X den Klägern, dass ihre Bauunterlagen im Freistellungsverfahren nach § 67 LBauO am 23. Juli 2018 eingegangen seien. Weil die Kläger und ihr Architekt dokumentiert hätten, dass die Bestimmungen des Bebauungsplans in vollem Umfang eingehalten würden und weil die Erschließung gesichert sei, bedürfe es keiner Baugenehmigung. Aufgrund dessen könne mit den Bauarbeiten begonnen werden.
Am 3. August 2018 gingen bei der Kreisverwaltung des Y-Kreises die Bauunterlagen der Kläger für die Freistellung des Bauvorhabens "Neubau 4-Familienwohnhaus auf dem Grundstück ..." nach § 67 LBauO ein (Bl. 9 Einkommensteuerakten).
Mit Baubeginnsmitteilung vom 27. Oktober 2018 teilte der Kläger der zuständigen Kreisverwaltung mit, dass mit den Bauarbeiten am 5. November 2018 begonnen werde (Bl. 10 Einkommensteuerakten).
In ihrer Einkommensteuererklärung für 2019 vom 10. September 2021 (Bl. 14 ff. Einkommensteuerakten) erklärten die Kläger Einkünfte im Zusammenhang mit dem vorgenannten, verfahrensgegenständlichen Objekt "..." als Mietobjekt "V+V: 5" und gaben negative Einkünfte hieraus in Höhe von -5.934,00 € an. Diese errechneten sich aus Einnahmen in Höhe von 1.855,00 €, von denen Werbungskosten in Höhe von 7.789,00 € für die reguläre 2%-AfA in Höhe von 799,00 €, für Darlehenszinsen sowie für den Erwerb von Mietverträgen abgezogen waren. Die Kosten für die Errichtung des verfahrensgegenständlichen Objekts waren mit 478.457,37 € angegeben (Bl. 49 f. Einkommensteuerakten).
Mit Einkommensteuerbescheid für 2019 vom 20. Oktober 2021 (Bl. 66 ff. Einkommensteuerakten) veranlagte der Beklagte die Kläger - soweit verfahrensgegenständlich - erklärungsgemäß und legte negative Einkünfte aus der Vermietung des vorgenannten Objekts in Höhe von -5.934,00 € zugrunde. Der Bescheid war zwar teilweise vorläufig, stand jedoch nicht gemäß § 164 Abs. 1 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
Mit Änderungsantrag nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a der Abgabenordnung (AO), dem Beklagten übersandt durch E-Mail vom 18. November 2021 (Bl. 69 Einkommensteuerakten), beantragten die Kläger - neben einem nicht verfahrensgegenständlichen Streitpunkt - die Berücksichtigung der AfA gemäß § 7b EStG für das neue Vermietungsobjekt gemäß den beigefügten Berechnungen und Unterlagen. Ausgehend von den insgesamt entstandenen Herstellungskosten in Höhe von 479.957,00 € und der maßgebenden Wohnfläche von 372,04 m2 ergebe sich ein Herstellungskostenbetrag pro Quadratmeter in Höhe von 1.287,65 €, sodass das Objekt insgesamt förderfähig sei. Der maximale AfA-Satz in Höhe von 5% für das Streitjahr führe daher zu einer zusätzlichen AfA in Höhe von 23.952,90 €, ohne dass eine zeitanteilige Berücksichtigung im Streitjahr zu erfolgen habe (Bl. 70 ff. Einkommensteuerakten).
Mit Ablehnungsbescheid vom 2. Dezember 2021 (Bl. 82 f. Einkommensteuerakten) lehnte der Beklagte die Gewährung der Sonderabschreibung nach § 7b EStG ab. Diese könnte nur beantragt werden, wenn der Bauantrag nach dem 31. August 2018 und vor dem 1. Januar 2022 gestellt bzw. die Bauanzeige innerhalb des vorgenannten Zeitraums getätigt worden seien. Der Bauantrag der Kläger sei allerdings bereits am 23. Juli 2018 und damit verfrüht bei der Kreisverwaltung eingegangen.
Mit Änderungsbescheid vom 10. Dezember 2021 (Bl. 85 f. Einkommensteuerakten) änderte der Beklagte den Einkommensteuerbescheid der Kläger aus nicht verfahrensgegenständlichen Gründen, ohne die negativen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung des verfahrensgegenständlichen Objekts zu verändern.
Mit Schreiben vom 23. Dezember 2021 (Bl. 87 ff. Einkommensteuerakten) bezogen sich die Kläger auf eine Mitteilung der zuständigen Kreisverwaltung, wonach die Bauanzeige erst am 27. Oktober 2018 - und damit nach Inkrafttreten des § 7b EStG - getätigt worden sei. Zudem bezogen sie sich auf ein BMF-Schreiben vom 21. September 2021, wonach für die Errichtung von Mietwohnungen, die ohne Bauantrag bzw. ohne Bauanzeige errichtet werden könnten, auf den Zeitpunkt des Beginns der Bauausführung abgestellt werden könne. An ihrem Änderungsantrag würden sie daher weiter festhalten.
Zusätzlich legten die Kläger mit E-Mail vom 31. Dezember 2021 (Bl. 101 Einkommensteuerakten) auch formell noch Einspruch gegen die Ablehnungsentscheidung vom 2. Dezember 2021 ein und bezogen sich hierzu auch auf ihr früheres Vorbringen zu § 7b EStG.
In einem Telefonat des Beklagten mit einer Sachbearbeiterin der Verbandsgemeinde X vom 10. Januar 2022 (Bl. 112 Einkommensteuerakten) teilte diese dem Beklagten mit, dass der Bau eines 4-Familienhauses ohne jegliche Beantragung nicht möglich sei. Es sei immer ein "Bauantrag" zu stellen. Die Bauunterlagen seien zunächst bei der Verbandsgemeinde einzureichen, damit diese Kenntnis von dem Bauvorhaben erhalte. Diese müssen dann klären, ob ein Genehmigungsverfahren durchgeführt werden solle, ansonsten könne das Freistellungsverfahren nach § 67 LBauO erfolgen. Die Verbandsgemeinde leite die Unterlagen an die Kreisverwaltung als Bauaufsichtsbehörde weiter, die den Bauherren sodann ggf. Zusagen verschicke. Eine "Bauanzeige" gebe es im rheinland-pfälzischen Baurecht nicht. Wenn § 67 Abs. 2 LBauO von "erforderlichen Bauunterlagen" spreche, dann meine dies die umgangssprachlich als "Bauantrag" bezeichneten Unterlagen. Diese Unterlagen seien am 23. Juli 2018 bei der Verbandsgemeinde X eingegangen und von ihr an die Kreisverwaltung des Y-Kreises weitergeleitet worden, wo sie am 3. August 2018 eingegangen seien.
In einem weiteren Telefonat des Beklagten mit einem Sachbearbeiter des Y-Kreises vom 11. Januar 2022 (Bl. 115 Einkommensteuerakten) teilte dieser mit, dass die erforderliche "Genehmigung" für das Vorhaben der Kläger durch das Schreiben der Verbandsgemeinde X vom 2. August 2018 erteilt worden sei, da es sich hierbei um einen sogenannten Freistellungsbescheid handele. Zu beachten sei, dass auch in den Fällen des Freistellungsverfahren nach § 67 LBauO ein Antrag nach amtlichem Formular sowie dieselben Unterlagen wie für eine förmliche Baugenehmigung einzureichen seien. Eine Bauanzeige, wie sie in anderen Bundesländern existiere, sei in Rheinland-Pfalz nicht vorgesehen.
Nach Rücksprache mit dem zuständigen Landesamt für Steuern (Bl. 116 ff. Einkommensteuerakten) wies der Beklagte den Einspruch der Kläger mit Einspruchsentscheidung vom 24. Juli 2022 (Bl. 39 ff. Einkommensteuerakten, zum Postaufgabevermerk vgl. Bl. 145 Einkommensteuerakten) als unbegründet zurück. Im Streitfall sei allein auf den Zeitpunkt der Einreichung der Bauunterlagen im Freistellungsverfahren nach § 67 LBauO abzustellen. Die "Genehmigung" des Bauvorhabens der Kläger sei durch die Entscheidung der zuständigen Verbandsgemeinde, für deren Bauvorhaben gerade kein Genehmigungsverfahren durchführen zu wollen, erteilt worden. Die Errichtung des Hauses ohne Beantragung sei nicht erlaubt. Wenngleich § 7b EStG insofern lückenhaft sei, als der Normwortlaut den Fall der genehmigungsfreien Bauvorhaben nicht ausdrücklich regele, sei dieser jedenfalls nicht dahin auszulegen, dass dann stets auf den Baubeginn abzustellen sei. Vielmehr sei die Vorschrift dahin auszulegen, dass bei genehmigungsfreien Bauvorhaben, für die jedoch Unterlagen einzureichen seien, der Zeitpunkt der Einreichung der Bauunterlagen der maßgebliche Zeitpunkt sei. Nur wenn ausnahmsweise auch keine Bauunterlagen eingereicht werden müssten, dürfe auf den Zeitpunkt des Baubeginns abgestellt werden. Dies entspreche auch der Erlasslage gemäß R 7.2 Abs. 4 Sätze 5 und 6 der Einkommensteuer-Richtlinien (EStR) und sei im Zusammenhang mit der Eigenheimzulage auch durch das BFH-Urteil im Verfahren IX R 67/04 sowie im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme der degressiven Abschreibung durch Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg im Verfahren 7 K 7063/09 entschieden worden. Für den Streitfall folge hieraus, dass auf die Einreichung der Bauunterlagen am 21. Juli 2018 und nicht auf den Baubeginn am 5. November 2018 abzustellen sei. Folglich komme § 7b EStG im Streitfall der Kläger nicht zur Anwendung.
Mit ihrer Klageschrift vom 22. Juni 2022 (Bl. 5 ff. Gerichtsakte) und nachfolgenden Begründungsschreiben (Bl. 22 ff. und 73 ff. Gerichtsakte) wiederholen und vertiefen die Kläger ihr Vorbringen, dass ihr Vorhaben in den zeitlichen Anwendungsbereich des § 7b EStG falle, weil sie mit dem Baubeginn des verfahrensgegenständlichen Mehrfamilienhauses erst nach dem 30. August 2018 begonnen hätten, worauf es allein ankomme. Der Gesetzestext des § 7b EStG enthalte eine "planwidrige Unvollständigkeit", weil das in Rheinland-Pfalz durch § 67 LBauO praktizierte Freistellungsverfahren dort nicht erwähnt sei, obwohl durch die einkommensteuerliche Vorschrift auch solche Baumaßnahmen gefördert werden sollten, die keines Bauantrags und keiner Bauanzeige bedürften. Diese Lücke sei durch das BMF-Schreiben der Finanzverwaltung vom 21. September 2021 dahin geschlossen worden, dass ergänzend zu einem früheren Schreiben vom 3. Juli 2020 für den Fall, dass Mietwohnungen nach den baurechtlichen Vorschriften ohne Bauantrag bzw. ohne Bauanzeige errichtet werden könnten, allgemein auf den Zeitpunkt des Beginns der Bauausführung abgestellt werden könne.
Überdies formuliere das letzte BMF-Schreiben lediglich ein Ermessen, nicht aber die Verpflichtung, allein auf den Zeitpunkt der Einreichung von Bauunterlagen oder allein auf den Zeitpunkt der Baubeginnsanzeige abzustellen. Es sei dem Gesetzgeber zwar darum gegangen, dass ein Steuerpflichtiger spätestens am 31. Dezember 2021 einen Entschluss zum Bauen gefasst und diesen erkennbar nach außen dokumentiert habe. Mit einem Bauantrag oder einer Bauanzeige dokumentiere ein Steuerpflichtiger zwar seinen Entschluss zur Investition, aber erst mit dem tatsächlichen Baubeginn stehe fest, dass die Investition tatsächlich durchgeführt werde. Nach Sinn und Zweck des Gesetzes gebe es daher keinen Grund dafür, die von einem Steuerpflichtigen in der Zeit vom 1. September 2018 bis zum 31. Dezember 2021 tatsächlich bereits konkret begonnenen, nicht genehmigungspflichtigen Bauprojekte schlechter zu stellen als solche Bauprojekte, für deren Umsetzung in diesem Zeitraum lediglich eine Absichtsbekundung in Form eines Bauantrags oder einer Bauanzeige erfolgt sei, ohne dass möglicherweise bereits mit der Bauausführung begonnen werde. Die von den Klägern vorgetragene Auslegung trage dem Regelungszweck des § 7b EStG gerade in besonderer Weise Rechnung, indem die benötigten Mietwohnungen nicht nur projektiert, sondern gerade konkret realisiert würden.
Gegen die Auslegung der Kläger spreche auch die Erlasslage nicht. Es müsse trotz der fehlenden ausdrücklichen Benennung des Freistellungsverfahren nach § 67 LBauO von einer bewussten Entscheidung des BMF, auch für diesen Fall auf den Zeitpunkt des Baubeginns abzustellen, und nicht von einer neuerlichen Auslegungs- bzw. Regelungslücke ausgegangen werden. Möglicherweise habe sich das BMF im Hinblick auf die unklare Gesetzeslage sogar zugunsten der Steuerpflichtigen für den späteren Zeitpunkt des Baubeginns entschieden, um die Begünstigung auch solchen Steuerpflichtigen gewähren zu können, die ihre Bauunterlagen bereits vor dem 1. September 2018 eingereicht hätten. Es gehe nicht, dass sich der Beklagte durch die beiden vorgenannten BMF-Schreiben nicht gebunden sehe, bei seiner Argumentation jedoch Entscheidungen heranziehe, die zum einen auf einen anderen Sachverhalt und zum anderen gerade nicht durch Aufnahme in das Bundessteuerblatt II als für die Finanzverwaltung verbindlich erklärt worden seien. Soweit der Beklagte sich in seiner Argumentation, es komme nicht auf den Baubeginn an, auf den allgemeinen Gleichheitssatz beziehe, sei dies bereits deshalb nicht überzeugend, weil damit keine Besserstellung für Steuerpflichtige einhergehe.
Die Kläger beantragen sinngemäß,
den Einkommensteuerbescheid für 2019 vom 10. Dezember 2021 unter Aufhebung des Bescheids über die Ablehnung der Änderung der Einkommensteuerfestsetzung für 2019 vom 2. Dezember 2021 sowie der Einspruchsentscheidung vom 24. Juli 2022 dahin zu ändern, dass bei den Einkünften der Kläger aus Vermietung und Verpachtung weitere Werbungskosten für eine Sonderabschreibung gemäß § 7b EStG in Höhe von 23.953,00 € berücksichtigt werden,
und hilfsweise: die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
und hilfsweise: die Revision zuzulassen.
Zur Begründung verweist der Beklagte im Wesentlichen auf sein vorgerichtliches Vorbringen. Ergänzend und vertiefend hierzu trägt er vor, dass für die Anwendung besonderer Abschreibungsmöglichkeiten auf den Zeitpunkt abzustellen sei, in dem ein Steuerpflichtiger der zuständigen Baubehörde ein konkretes Baubegehren in der nach dem Baurecht vorgeschriebenen Weise signalisiert habe, wenn das Vorhaben später auch so umgesetzt werde. Reine Bauvoranfragen oder Ähnliches seien hingegen nicht ausreichend.
Insbesondere müsse auch für ein Freistellungsverfahren nach § 67 LBauO das für Baugenehmigungen geltende Formular verwendet und alle für die Baugenehmigung erforderlichen Angaben eingetragen werden.
So sei das rheinland-pfälzische Freistellungsverfahren nach § 67 LBauO im Wesentlichen inhaltsgleich mit dem Verfahren der Bauanzeige, wie es etwa in Brandenburg praktiziert werde, und selbst in baurechtlichen Fachkreisen würden beide Verfahren teilweise gleichgestellt. Lediglich in einem kleinen Punkt bestünden Unterschiede darin, dass im Bauanzeigeverfahren die Untersagung der Bauausführung erreicht werden könne, während im Freistellungsverfahren neben der Anordnung einer vorläufigen Untersagung auch ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren durchgeführt werden könne.
Außerdem folge aus Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG), dass aus der von Bundesland zu Bundesland unterschiedlichen Bezeichnung eines Bauverfahrens keine steuerliche Besser- oder Schlechterstellung resultieren könne. So fänden sich in nahezu allen Landesbauordnungen der Länder Verfahren, die dem rheinland-pfälzischen Freistellungsverfahren entsprächen. Das Verfahren der sog. Bauanzeige gebe es hingegen nur in der Landesbauordnung für Brandenburg. Es sei nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber nur für das Bundesland Brandenburg eine Ausnahme habe schaffen wollen. Vielmehr spreche einiges für die Auslegung, dass der Gesetzgeber die Unterschiede des Bauanzeige- sowie des Freistellungsverfahrens zwar erkannt, diesen aber keinen großen Unterschied beigemessen habe. Vielmehr handele es sich in beiden Fällen um Verfahren, bei denen keine förmliche Genehmigung abgewartet werden müsse, sondern nach einer Information der Baubehörden und Verstreichenlassen einer bestimmten Zeit mit dem Bau begonnen werden dürfe, falls keine Einwände durch die Baubehörden erhoben würden.
Für die Auslegung des Beklagten spreche auch der Aspekt der in § 7b EStG angelegten Anreizwirkung, dringend benötigte Mietwohnungen spätestens im Jahr 2023 herzustellen und sodann bis zum Jahr 2026 in den vollständigen Genuss der durch § 7b EStG eröffneten Möglichkeiten der Sonderabschreibungen zu kommen. Durch die zeitliche Begrenzung der Sonderabschreibungen werde vermieden, dass es nicht auf den Fertigstellungszeitpunkt ankomme, da eine anderenfalls nötige Abstellung auf den Fertigstellungszeitpunkt zu einem erheblichen Verwaltungsaufwand sowie zur Gefahr vorgezogener Bauabnahmen geführt hätte, was der Gesetzgeber habe vermeiden wollen.
Beide Aspekte ließen sich auch gegen die Auslegung der Kläger anführen. Denn wenn es im Wesentlichen auf den tatsächlichen Baubeginn ankomme, dann bestünde auch hier ein erheblicher Verwaltungsaufwand sowie die Gefahr vor- oder rückdatierter Baubeginnsmitteilungen. Auf den Eingang der Bauunterlagen abzustellen, schaffe hingegen Rechtsicherheit und sei wesentlich leichter fest- bzw. nachprüfbar.
Soweit sich die Kläger auf das BMF-Schreiben vom 21. September 2021 bezögen, wonach für Wohnungen, die ohne Bauantrag bzw. Bauanzeige errichtet werden könnten, auf den Zeitpunkt des Baubeginns abgestellt werde, sei dies dahin zu verstehen, dass es sich um Fälle handele, in denen die Herstellung der Wohnung ohne jegliche Beteiligung der Baubehörde möglich sei. Anlass dieser Ergänzung sei ein Einzelfall gewesen, in dem Kellerräume zu Wohnräumen umgewidmet worden seien, ohne dass dies baurechtlich habe genehmigt, angezeigt oder den Baubehörden habe mitgeteilt werden müssen.
Soweit die Kläger rügten, dass sich der Beklagte auf das nicht im Bundessteuerblatt II veröffentlichte BFH-Urteil IX R 67/04 beziehe, sei dies zulässig, weil das BMF für den Beklagten keinen sogenannten Nichtanwendungserlass ausgesprochen habe.
Die Beteiligten haben auf eine mündliche Verhandlung verzichtet.
Entscheidungsgründe
I.
Der Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, die Vorschrift des § 7b EStG in zeitlicher Hinsicht bereits auf den Streitfall der Kläger anzuwenden.
1.
Die Möglichkeit der Sonderabschreibung für neue Mietwohnungen nach § 7b EStG beruhte auf einem Gesetzesentwurf der 18. Wahlperiode des Deutschen Bundestags, wurde jedoch erst durch Art. 1 Nr. 2 des Gesetzes zur steuerlichen Förderung des Mietwohnungsneubaus vom 4. August 2019 (BGBl. I 2019, S. 1122) eingeführt und trat gemäß Art. 3 des Gesetzes am Tag nach seiner Verkündigung im Bundesgesetzblatt, mithin am 9. August 2019 in Kraft. Nach § 52 Abs. 15a EStG in der Fassung des Gesetzes kann die Inanspruchnahme der Sonderabschreibungen nach § 7b letztmalig für den Veranlagungszeitraum 2026 geltend gemacht werden. Das gilt auch dann, wenn der Abschreibungszeitraum nach § 7b Abs. 1 EStG dann noch nicht abgelaufen ist.
Nach § 7b Abs. 2 Nr. 1 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung können die Sonderabschreibungen - neben weiteren Voraussetzungen - nur in Anspruch genommen werden, wenn durch Baumaßnahmen auf Grund eines nach dem 31. August 2018 und vor dem 1. Januar 2022 gestellten Bauantrags oder einer in diesem Zeitraum getätigten Bauanzeige neue, bisher nicht vorhandene, Wohnungen geschaffen werden.
a)
Ein Regierungsentwurf für ein Gesetz zur steuerlichen Förderung des Mietwohnungsneubaus war bereits im Jahr 2016 - in der 18. Wahlperiode des Deutschen Bundestags - in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht worden, ohne jedoch wegen des Ablaufs der Wahlperiode verabschiedet worden zu sein.
Hierin war bereits eine - dem heutigen § 7b Abs. 2 Nr. 1 EStG ähnliche - Regelung zur zeitlichen Anwendbarkeit der Sonderabschreibungsmöglichkeiten in Gestalt eines § 7b Abs. 3 EStG-E (BT-Drucksache 18/7736, S. 3) enthalten:
"(3) Sonderabschreibungen kommen nur für begünstigte Investitionen in Betracht, die auf Grund eines nach dem 31. Dezember 2015 und vor dem 1. Januar 2019 gestellten Bauantrags oder, sofern ein Bauantrag nicht erforderlich ist, einer nach dem 31. Dezember 2015 und vor dem 1. Januar 2019 getätigten Bauanzeige hergestellt worden sind, wenn (...)."
Mit dem Gesetzentwurf, so die Entwurfsbegründung, setze die Bundesregierung ihr Ziel einer Förderung des Wohnungsneubaus in Gebieten mit angespannter Wohnungslage um. Die Maßnahme ziele auf Investoren ab, sich verstärkt im preiswerten (Miet-) Wohnungsneubau zu engagieren (BT-Drucksache 18/7736, S. 8). Die beschränkte Anwendbarkeit der Regelung auf Anschaffungen oder Herstellungsvorgänge, für die der Bauantrag in den Jahren 2016 bis Ende 2018 gestellt oder die Bauanzeige in dieser Zeit getätigt worden sei, solle Anreize für eine zeitnahe Investitionsentscheidung schaffen. Auf den Zeitpunkt der Fertigstellung komme es für die Inanspruchnahme der Sonderabschreibung "grundsätzlich" (gemeint ist damit wohl: dem Grunde nach) nicht an; dieser Zeitpunkt erlaube lediglich die erstmalige Inanspruchnahme der Sonderabschreibung (BT-Drucksache 18/7736, S. 8 f.).
Im weiteren Gesetzgebungsverfahren schlug der Bundesrat vor, den Förderzeitraum auf fünf Jahre - mithin bis zum Jahr 2020 - auszuweiten. Hierdurch würden Anreize für echte Neuplanungen und gerade für ambitionierte Wohnungsbauprojekte geschaffen und begleitende Bauleitplanungen für Neuprojekte ermöglicht. Zudem könnten dadurch Mitnahmeeffekte und übereilte Planungen vermieden werden. Durch die zugleich vorgesehene verlängerte Möglichkeit, die Sonderabschreibungen bis in das Jahr 2023 geltend zu machen, solle der Anreiz zu einer zeitnahen Umsetzung nach Ablauf des Förderzeitraums erhalten bleiben (BR-Drucksache 67/1/16, S. 8).
Eine Definition der Begriffe "Bauantrag" oder "Bauanzeige" enthielten die Gesetzgebungsmaterialien nicht.
b)
Nach Ablauf der 18. Wahlperiode des Deutschen Bundestags griff der Gesetzgeber das Thema der steuerlichen Förderung des Mietwohnungsneubaus auch in der 19. Wahlperiode auf und führte die für das Streitjahr geltende Fassung des § 7b EStG ein.
aa)
Das BMF veröffentlichte einen Referentenentwurf eines Gesetzes zur steuerlichen Förderung des Mietwohnungsneubaus, der den Bearbeitungsstand "29.08.2018 15:24 Uhr" auswies (abrufbar unter: https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Gesetzestexte/Gesetze_Gesetzesvorhaben/Abteilungen/Abteilung_IV/19_Legislaturperiode/Gesetze_Verordnungen/2019-08-08-Foerderung-Mietwohnungsneubau/1-Referentenentwurf.pdf?__blob=publicationFile&v=3) und mit § 7b Abs. 2 Nr. 1 EStG-E bereits den für das Streitjahr geltenden Gesetzeswortlaut vorsah.
Ausweislich der Entwurfsbegründung sei die Maßnahme in zwei Richtungen befristet: Zum einen würden nur solche Investitionen begünstigt, für die ein Bauantrag zwischen dem 1. September 2018 und dem 31. Dezember 2021 gestellt werde. Zum anderen sei die Inanspruchnahme der Sonderabschreibungen letztmalig im Jahr 2026 möglich (Referentenentwurf, S. 8). Zur Begründung der Regelung führte das BMF - wie bereits für den Entwurf der 18. Wahlperiode - die beabsichtigte Schaffung von Anreizen für eine zeitnahe Investitionsentscheidung, insbesondere durch private Immobilieninvestoren, an (Referentenentwurf, S. 10). Die zeitliche Beschränkung auf die Inanspruchnahme der Sonderabschreibungen in § 52 Abs. 15a EStG-E bis zum Jahr 2023 solle seinerseits einen Anreiz dafür setzen, die dringend benötigten Mietwohnungen spätestens im Jahr 2023 fertig zu stellen, um noch in den Genuss des vierjährigen Abschreibungszeitraums und damit des vollen Umfangs der Sonderabschreibung zu kommen (Referentenentwurf, S. 13).
bb)
Im Rahmen der Verbandsanhörungen gab der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes e.V. in seiner Stellungnahme zum Referentenentwurf vom 4. September 2018 (abrufbar unter: https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Gesetzestexte/Gesetze_Gesetzesvorhaben/Abteilungen/Abteilung_IV/19_Legislaturperiode/Gesetze_Verordnungen/2019-08-08-Foerderung-Mietwohnungsneubau/Stellungnahme-13-ZDB.pdf?__blob=publicationFile&v=3) zu bedenken, dass die vorgesehene Frist für Bauanträge oder Bauanzeigen in dem Zeitraum nach dem 31. August 2018 und vor dem 1. Januar 2022 einerseits und das Förderungsende der vierjährigen Förderungsdauer bereits im Jahr 2026 zu knapp bemessen seien, um die durch die vorgesehene Regelung ausgerufene Nachfragesteigerung auch baulich tatsächlich abarbeiten zu können. So betrage bereits die Bauzeit für ein Mehrfamilienhaus zwischen Erteilung der Baugenehmigung und Baufertigstellung bereits 20 Monate.
Der ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss e.V. schlug in seiner Stellungnahme zum Referentenentwurf vom 7. September 2018 (abrufbar unter: https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Gesetzestexte/Gesetze_Gesetzesvorhaben/Abteilungen/Abteilung_IV/19_Legislaturperiode/Gesetze_Verordnungen/2019-08-08-Foerderung-Mietwohnungsneubau/Stellungnahme-14-ZIA.pdf?__blob=publicationFile&v=3) ausdrücklich die tatbestandliche Erweiterung des Förderungstatbestands um die Baubeginnsanzeige vor. Damit würden sinnvollerweise auch die Fälle erfasst, bei denen ein genehmigter Bauantrag vorliege und zwischen dem 31. August 2018 und dem 1. Januar 2022 tatsächlich mit dem Wohnungsneubau begonnen werde. So lägen in der Praxis für eine Vielzahl von Vorhaben bereits Bauanträge bzw. Baugenehmigungen vor, die bisher jedoch aus unterschiedlichsten Gründen noch nicht realisiert seien (sog. "Schubladenprojekte"). Gerade für solche Projekte, die nach der vorgesehenen Regelung aus dem Anwendungsbereich der Sonderabschreibung fallen würden, sei jedoch eine schnelle Realisierung möglich, wenn sie auch in den Anwendungsbereich des § 7b EStG aufgenommen würden. Die geplante Sonderabschreibung könnte in diesen Fällen aber der ausschlaggebende Punkt einer Entscheidung zugunsten der alsbaldigen Realisierung solcher Bauprojekte sein. Zudem könnten Fehlanreize vermieden werden, die darin lägen, dass Bauherren für ihre zum Stichtag 1. September 2018 bereits beantragten oder genehmigten Vorhaben in einem erneuten Bauantragsverfahren (kleine) Änderungen beantragten, ggf. nur um in den Anwendungsbereich der Sonderabschreibung zu kommen. Diese Änderungsanträge könnten nicht verhindert werden, würden aber die Umsetzung von Baumaßnahmen um etwa sechs bis zwölf Monate verzögern und die Bauverwaltungen zusätzlich belasten.
cc)
Der hierauf folgende Regierungsentwurf vom 20. September 2018 (BR-Drucksache 470/18, vgl. auch BT-Drucksache 19/4949) übernahm den bereits im Referentenentwurf zu § 7b Abs. 2 Nr. 1 EStG-E vorgesehenen Normwortlaut. Im Begründungsteil führte die Bundesregierung sodann - insoweit über den Begründungsteil des Referentenentwurfs hinausgehend - aus, die vorgesehene Regelung des § 7b EStG werde "auf solche Herstellungsvorgänge beschränkt, für die der Bauantrag oder - in den Fällen, in denen eine Baugenehmigung nicht erforderlich ist - die Bauanzeige nach dem 31. August 2018 und vor dem 1. Januar 2022 gestellt wird", um Anreize für eine zeitnahe Investitionsentscheidung zu schaffen (BR-Drucksache 470/18, S. 9). Eine Definition der Begriffe "Bauantrag" oder "Bauanzeige" erfolgte in der Gesetzesbegründung nicht. Bezugnahmen auf landesrechtliche Baurechtsbegriffe oder Ähnliches wurden nicht vorgenommen. Eine Auseinandersetzung mit dem Vorschlag des ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss e.V., explizit auch die Baubeginnsanzeige zu regeln, ist nicht erfolgt.
In der parlamentarischen Debatte zu § 7b EStG-E wies die damalige Parlamentarische Staatssekretärin des BMF Lambrecht darauf hin, dass durch die Einführung dieser zeitlich befristeten Sonderabschreibung die erforderlichen Anreize für eine zeitnahe Investition in den Mietwohnungsneubau gesetzt würden. Allerdings müsse auch klar sein, dass die Sonderabschreibung auf solche Baumaßnahmen beschränkt werde, bei denen "der Bauantrag oder auch die Bauanzeige zwischen dem 1. September 2018 und dem 31. Dezember 2021 gestellt bzw. eingereicht" würden. Hierbei gehe es "nicht darum, in irgendeiner Weise Leute zu drangsalieren, sondern es geht darum, Druck zu machen, damit zeitnah etwas geschieht." Man dürfe "nicht auf irgendwelche Zeiträume verschieben, sondern jetzt ist Handlungsbedarf, und deswegen gibt es diese zeitlichen Befristungen." (Deutscher Bundestag, Plenarprotokoll 19/59, S. 6654 f.). Hierauf wurden mehrfach Mitnahmeeffekte für bereits geplante und genehmigte Bauvorhaben, die wegen der Kürze der Planungszeit drohen würden, entgegnet (Deutscher Bundestag, Plenarprotokoll 19/59, S. 6656 und 6660 f.).
dd)
Der Finanzausschuss des Bundestages empfahl - soweit dies § 7b Abs. 2 Nr. 1 EStG-E betraf - die unveränderte Annahme des Gesetzentwurfs (BT-Drucksache 19/6140, S. 6), der sodann auch durch den Bundestag (Plenarprotokoll 19/68, S. 7809) und den Bundesrat (BR-Drucksache 303/19) angenommen wurde.
c)
Das BMF hat den für den Streitfall maßgeblichen Begriff "Bauantrag" norminterpretierend in R 7.2 Abs. 4 EStR 2018 sowie R 7.2 Abs. 4 EStR 2019 wie folgt ausgelegt:
(4) 1Unter Bauantrag ist das Schreiben zu verstehen, mit dem die landesrechtlich vorgesehene Genehmigung für den beabsichtigten Bau angestrebt wird. 2Zeitpunkt der Beantragung einer Baugenehmigung ist der Zeitpunkt, zu dem der Bauantrag bei der nach Landesrecht zuständigen Behörde gestellt wird; maßgebend ist regelmäßig der Eingangsstempel dieser Behörde. 3Das gilt auch dann, wenn die Bauplanung nach Beantragung der Baugenehmigung geändert wird, ohne dass ein neuer Bauantrag erforderlich ist. (...) 5Bei baugenehmigungsfreien Bauvorhaben, für die Bauunterlagen einzureichen sind, ist der Zeitpunkt maßgebend, zu dem die Bauunterlagen eingereicht werden. 6Bei baugenehmigungsfreien Bauvorhaben, für die keine Bauunterlagen einzureichen sind, tritt an die Stelle des Bauantrags der Beginn der Herstellung."
Weiter führte das BMF in H 7.2 EStH 2018 sowie H 7.2 EStH 2019 aus, dass Anträge, die die Finanzierung des geplanten Baus beträfen, sowie sog. Bauvoranfragen bei der Baugenehmigungsbehörde nicht als Bauanträge anzusehen seien, weil sie nicht die Erlangung der Baugenehmigung, sondern nur die Klärung von Vorfragen zum Ziel hätten. Zudem stehe die Bauanzeige einem Bauantrag gleich (mit Verweis auf BFH-Rechtsprechung zum Investitionszulagengesetz: BFH, Urteil vom 18. April 1990 - III R 12/88 -, BFHE 160, 383, BStBl II 1990, 754), wobei der Begriff der Bauanzeige durch das BMF nicht näher erläutert wurde und sich auf die Bauordnung für Nordrhein-Westfalen bezog, die Gegenstand der in Bezug genommenen BFH-Entscheidung war.
In seinem ersten Anwendungserlass zu § 7b EStG (BMF, Schreiben vom 7. Juli 2020 - IV C 3-S 2197/19/10009:008, BStBl I 2020, 623) führte das BMF aus, die Sonderausschreibung könne in Anspruch genommen werden, wenn der "Bauantrag oder - wenn eine Baugenehmigung nicht erforderlich ist - die Bauanzeige nach dem 31. August 2018 und vor dem 1. Januar 2022 gestellt bzw. getätigt worden ist" (Rn. 9 des Schreibens). Ergänzend betonte das BMF, dass die Inanspruchnahme der Sonderabschreibung nach § 7b EStG nicht zulässig sei, wenn ein Bauantrag vor dem 1. September 2018 gestellt oder die Bauanzeige vor diesem Zeitpunkt getätigt worden sei, auch wenn mit der tatsächlichen Bautätigkeit erst nach diesem Stichtag begonnen werde, da die Regelung nicht auf den Beginn der Bautätigkeit, sondern auf den Zeitpunkt der Bauantragstellung bzw. der Tätigung der Bauanzeige abstelle (Rn. 10 des Schreibens). Ein Bauantrag bzw. eine Bauanzeige würden mittels des von der nach Landesrecht zuständigen Behörde veröffentlichten Vordrucks gestellt bzw. getätigt, mit dem die landesrechtlich vorgesehene Baugenehmigung für die beabsichtigte Herstellung der Mietwohnung angestrebt werde. Für die Bestimmung des Zeitpunkts sei regelmäßig das Datum des Eingangsstempels der nach Landesrecht zuständigen Behörde maßgebend (Rn. 11 f. des Schreibens). Für Mietwohnungen, die entgegen den baurechtlichen Vorschriften ohne Baugenehmigung errichtet worden seien, könne die Sonderabschreibung nach § 7b EStG nicht in Anspruch genommen werden (Rn. 15 des Schreibens).
Mit nachfolgendem Änderungsschreiben ergänzte das BMF die vorzitierte Rn. 9 des Schreibens vom 7. Juli 2020 um einen Satz 2. Danach könne für Mietwohnungen, die nach den baurechtlichen Vorschriften ohne Bauantrag bzw. Bauanzeige errichtet werden könnten, hinsichtlich des in Satz 1 genannten Zeitraums ("nach dem 31. August 2018 und vor dem 1. Januar 2022") auf den Zeitpunkt des Beginns der Bauausführung abgestellt werden (BMF, Schreiben vom 21. September 2021 - IV C 3-S 2197/19/10009:009 -, BStBl I 2021, 1805).
d)
Rechtsprechung zu § 7b EStG in der verfahrensgegenständlichen Gesetzesfassung ist - soweit erkennbar - noch nicht ergangen.
Die zu § 7b EStG in der Fassung des Gesetzes vom 4. August 2019 ergangene Literatur setzt sich mit der Auslegung der beiden Tatbestandsmerkmale "Bauantrag" und "Bauanzeige" in § 7b Abs. 2 Nr. 1 EStG weitgehend nicht näher auseinander, sondern bezieht sich im Wesentlichen auf die beiden vorgenannten BMF-Schreiben oder gibt diese in der Sache wieder.
Nur im Zusammenhang mit sog. "Schwarzbauten", die entgegen den baurechtlichen Vorschriften ohne Baugenehmigung errichtet worden seien, finden sich vereinzelt eigene Ausführungen in der Literatur. Hierbei wird das Tatbestandsmerkmal "auf Grund eines (...) gestellten Bauantrags" dahingehend ausgelegt, dass mangels Kausalität des Bauantrags für tatsächliche Errichtung in diesen Fällen keine Sonderabschreibung gewährt werden könne. Kausal für die Entrichtung sei dann vielmehr der Entschluss, ohne Bauantrag bzw. Bauanzeige mit den Baumaßnahmen zu beginnen. Tatbestandsvoraussetzung sei jedoch ein vor Baubeginn gestellter Bauantrag (Dornheim, in: Bordewin/Brandt, EStG, 451. Lieferung Stand 3/2023, § 7b EStG Rn. 41; Streck, DStZ 2020, 344 (345 f.)).
Zudem wird der im frühen Gesetzgebungsverfahren geäußerte Vorschlag, die Förderberechtigung an den Zeitpunkt der Baubeginnanzeige ab dem 1. September 2018 zu knüpfen, durch Mohaupt angelehnt. Investoren hätten sich in diesen Fällen bereits vor dem 1. September 2018 - und damit ohne Kenntnis über die Möglichkeit einer Sonderabschreibung - für die Baumaßnahme entschieden, sodass die Gewährung der Sonderabschreibung zu einem reinen Mitnahmeeffekt führen würde, wenn auch die Baubeginnsanzeige im Förderzeitraum ausreichend wäre. Ziel des Gesetzes sei es jedoch, zusätzliche Investitionen anzuregen, die ohne die Sonderabschreibung vielleicht nicht oder später durchgeführt worden wären (so Mohaupt, NWB 2019, 2153 (2162)).
2.
Das Gericht legt § 7b Abs. 2 Nr. 1 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung zunächst dahingehend aus, dass die Vorschrift mit den Tatbestandsmerkmalen "Bauantrag" und "Bauanzeige" keine umfassenden Rechtsgrundverweise auf konkrete baurechtliche Vorschriften enthält, sondern dass beide Rechtsbegriffe steuerrechtsautonom auszulegen sind und zueinander im Exklusivitätsverhältnis stehen.
a)
Dies folgt für das Gericht schon daraus, dass das Bundes-Baurecht grundsätzlich keine Regelungen zum formellen Bauordnungsrecht, etwa zur formellen Bauantragspflicht oder zu einem Bauanzeigeverfahren enthält. Vielmehr fällt das Bauordnungsrecht in den Kernbereich der Landesgesetzgebungskompetenz nach Art. 70 Abs. 1 GG, in den das Bundesrecht im Wesentlichen durch äußere, bauplanungsrechtliche Vorgaben einwirkt. Insbesondere das Verhältnis, in dem das Baugenehmigungs- und das Bauanzeigeverfahren zueinanderstehen, bestimmt sich im Wesentlichen nach Landesrecht. Es gibt keinen Grundsatz des Bundesrechts, der zu der Annahme zwänge, dass ein Baugenehmigungsantrag hilfsweise stets zugleich eine Bauanzeige enthält (BVerwG, Beschluss vom 14. Januar 1972 - IV B 172.70 -, Rn. 4, juris).
In diesem Zusammenhang stünde es nach Auffassung des Gerichts auch einer gleichheitskonformen Auslegung gemäß Art. 3 Abs. 1 GG entgegen, wenn § 7b Abs. 2 Nr. 1 EStG nicht für alle Bundesländer einheitlich auszulegen wäre und die Gewährung der Sonderausschreibungen für den - aus welchen Gründen des jeweiligen Landesbaurechts auch immer - nicht genehmigungs- und somit nicht bauantragspflichtigen Mietwohnungsneubauten davon abhängig machen würde, ob im jeweiligen Bundesland das Rechtsinstitut der "Bauanzeige" vorgesehen ist oder nicht. Denn dies käme nicht nur einer qualitativen Ungleichbehandlung nach der Art der errichteten Mietwohnungen bzw. Mietwohngebäude gleich, dies abhängig davon, ob deren Errichtung einen landesrechtlichen Bauantrag nebst förmlicher Baugenehmigung erforderlich machen oder auch ohne förmliche Einzelfallerlaubnis errichtet werden dürfen. Vielmehr ginge damit auch eine regionale Ungleichbehandlung zwischen der Errichtung genehmigungsfreier Mietwohnungsneubauten in Bundesländern mit bzw. ohne Instrument der Bauanzeige einher (zu diesem Aspekt der Gleichbehandlung der Steuerpflichtigen im Bundesgebiet im Zusammenhang mit den Regelungen zum Investitionszulagengesetz auch: BFH, Urteil vom 18. April 1990 - III R 12/88 -, BFHE 160, 383, BStBl II 1990, 754, Rn. 11). Anhaltspunkte oder sachliche Gründe dafür, dass bzw. warum sich derartige Unterschiede steuerlich unterschiedlich auf die Gewährung der Sonderabschreibungen nach § 7b EStG auswirken sollten, erkennt das Gericht nicht.
b)
Bei steuerrechtsautonomer und insbesondere bundeseinheitlicher Auslegung der beiden in § 7b Abs. 2 Nr. 1 EStG benutzten Rechtsbegriffe "Bauantrag" und "Bauanzeige" kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass es sich hierbei um einander ausschließende Tatbestandsvoraussetzungen zur Bestimmung des Förderzeitraums handelt.
Bereits nach dem Wortlaut der Vorschrift, der beide Begriffe alternativ ("oder") gegenüberstellt, aber auch bei historischer Auslegung geht das Gericht davon aus, dass beide Tatbestandsvoraussetzungen im Exklusivitätsverhältnis zueinander stehen.
Diese Exklusivität wurde zwar - anders als noch im Regierungsentwurf des § 7b Abs. 3 EStG-E für ein Gesetz zur steuerlichen Förderung des Mietwohnungsneubaus aus dem Jahr 2016, wo sie noch unmittelbar dem Gesetzeswortlaut der Vorschrift entnommen werden konnte - nur in der Begründung des Regierungsentwurfs vom 20. September 2018 ("Bauantrag oder - in den Fällen, in denen eine Baugenehmigung nicht erforderlich ist - die Bauanzeige nach dem 31. August 2018") benannt. Implizit geht der Gesetzgeber darin jedoch davon aus, dass der "Bauantrag" sich auf die Fälle bezieht, in denen eine Baugenehmigung erforderlich ist, während die "Bauanzeige" sich auf alle übrigen Fälle bezieht, in denen keine Baugenehmigung erforderlich ist.
c)
Während das Gericht den Begriff des "Bauantrags" - so wie durch BMF in R 7.2 EStR 2018 und 2019 vorgeschlagen - als ein Schreiben auslegt, mit dem die landesrechtlich vorgesehene Genehmigung für ein beabsichtigte Bauvorhaben angestrebt wird, legt es den Begriff der "Bauanzeige" dahingehend aus, dass damit jede amtliche vorgeschriebene Information der Baubehörden über ein geplantes Bauvorhaben erfasst wird.
So bezieht der Begriff des "Bauantrags" sich bereits bei grammatikalischer und binnensystematischer Auslegung auf ein Verfahren mit dem Erfordernis eines "Antrags", der förmlich zu bescheiden ist und durch die zuständige Baubehörde auch abgelehnt werden kann. Die "Bauanzeige" ist hiervon schon sprachlich dadurch zu unterscheiden, dass sie lediglich eine vom Steuerpflichtigen angestoßene, förmliche Information der Baubehörden über das Bauvorhaben ("Anzeige"), aber kein Element eines "Antrags" auf Erlaubnis enthält. Somit unterscheidet sich der "Bauantrag" von der bloßen "Bauanzeige" dadurch, dass Baubehörden bei einer derartigen "Bauanzeige" nur über das beabsichtigte Bauvorhaben informiert werden, über die Zulässigkeit des Bauvorhabens aber nicht zwingend eine Bescheidung vornehmen müssen. Dies kann systematisch nur bedeuten, dass der Begriff der "Bauanzeige" all diejenigen Bauvorhaben betrifft, für die kein "Bauantrag" zu stellen ist, also die keiner Genehmigungspflicht unterliegen, sondern grundsätzlich auch ohne förmliche Genehmigung rechtmäßig durchgeführt werden können.
Auch ein systematischer Vergleich mit § 52 Abs. 15 Satz 3 EStG spricht für die vorgenannte Auslegung. Dort hat der Gesetzgeber - ebenfalls im Zusammenhang mit einer Regelung zur zeitlichen Anwendbarkeit von AfA-Regelungen im Zusammenhang mit der Errichtung von Gebäuden - (nur) zwischen den Gebäuden, für die eine Baugenehmigung erforderlich ist, und baugenehmigungsfreien Gebäuden differenziert: Während bei genehmigungspflichtigen Gebäuden auf den Zeitpunkt abgestellt wird, in dem der Bauantrag gestellt wird, ist für baugenehmigungsfreie Gebäude, für die Bauunterlagen einzureichen sind, der Zeitpunkt maßgeblich, in dem die Bauunterlagen eingereicht werden. Diese Kontrastierung genehmigungspflichtiger und genehmigungsfreier Bauvorhaben, für die aber Bauunterlagen einzureichen sind, entspricht der in § 7b Abs. 2 Nr. 1 EStG angelegten Kontrastierung zwischen "Bauantrag" und "Bauanzeige".
d)
Zudem legt das Gericht § 7b Abs. 2 Nr. 1 EStG dahin aus, dass sich die Zulässigkeit der Sonderabschreibung für den Mietwohnungsneubau jedenfalls für genehmigungspflichtige Bauvorhaben sowie für genehmigungsfreie Bauvorhaben, bei denen aber die zuständige Baubehörde zwingend durch Einreichung förmlicher Bauunterlagen über das Bauvorhaben zu informieren ist, ausschließlich danach richtet, ob der Bauantrag oder die Bauanzeige innerhalb der Förderfrist bei der zuständigen Baubehörde eingegangen sind.
Die Notwendigkeit der Bauantragstellung oder der Bauanzeige entfaltet insofern bei systematischer und vor allem teleologischer Auslegung eine Sperrwirkung gegenüber der Baubeginnsanzeige oder dem tatsächlichen Baubeginn. Ein vor Beginn oder nach Ablauf der Förderfrist gestellter Bauantrag oder eine außerhalb der Förderfrist vorgenommene Bauanzeige kann einen Steuerpflichtigen deshalb auch dann nicht zur Inanspruchnahme der Sonderabschreibung für den Mietwohnungsneubau berechtigen, wenn die förmliche Baubeginnsanzeige innerhalb des Förderzeitraums gestellt wird oder der tatsächliche Baubeginn innerhalb des Förderzeitraums erfolgt.
Das Gericht leitet dies nicht nur aus der Gesetzgebungshistorie ab, bei der der ausdrückliche Regelungsvorschlag des ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss e.V. zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur steuerlichen Förderung des Mietwohnungsneubaus, die Möglichkeit der Sonderabschreibungen in § 7b Abs. 2 Nr. 1 EStG tatbestandlich um die Baubeginnsanzeige innerhalb des Förderungszeitraums zu erweitern, gerade keinen Eingang in das weitere Gesetzgebungsverfahren gefunden hat.
Auch die systematische Auslegung der zeitraumbezogenen Sonderabschreibung des § 7b EStG im Verhältnis zu anderen, zeitraumbezogenen Förderinstrumenten wie der Investitionszulage spricht dafür, dass es auf den Beginn der Bauarbeiten nur dann ankommt, wenn weder ein Bauantrag noch eine Bauanzeige erforderlich sind (vgl. zur Investitionszulage BFH, Urteil vom 18. April 1990 - III R 12/88 -, BFHE 160, 383, BStBl II 1990, 754; BFH, Urteil vom 30. September 2003 - III R 51/01 -, BFHE 204, 76, BStBl II 2004, 209; BFH, Beschluss vom 8. März 2005 - IX B 183/04 -, BFH/NV 2005, 1243).
Schließlich spricht auch der Regelungszweck des § 7b EStG, (vor allem private) Immobilieninvestoren zur Errichtung neuer Mietwohnungen zu bewegen, dafür, bei genehmigungs- oder anzeigepflichtigen Bauvorhaben allein auf die Bauantragstellung oder die Bauanzeige innerhalb des Förderungszeitraums abzustellen. Nur bei einer solchen Auslegung können Investoren zu einer verstärkten, zusätzlichen Investitionstätigkeit angeregt und gleichzeitig die Möglichkeit von Mitnahmeeffekten weitgehend ausgeschaltet werden (vgl. zu dieser Überlegung zur zeitraumbezogenen Investitionszulage auch BFH, Urteil vom 18. April 1990 - III R 12/88 -, BFHE 160, 383, BStBl II 1990, 754). Gerade wenn ein Bauantrag vor Beginn des Förderungszeitraums gestellt oder eine Bauanzeige zuvor eingereicht wurden, werden durch Verwirklichung dieses Bauvorhabens - bezogen auf den Beginn des Förderungszeitraums - keine zusätzlichen Investitionsentscheidungen zugunsten zusätzlicher, zuvor nicht geplanter neuer Mietwohnungen erreicht. Die beabsichtigte Anreizwirkung der Sonderabschreibungen nach § 7b EStG kann sich daher nicht entfalten, sodass es keinen hinreichenden Grund dafür gibt, derartige Bauvorhaben dem Anwendungsbereich der Vorschrift zu unterwerfen.
Als nicht überzeugend erachtet das Gericht, dass die Gewährung der Sonderabschreibung des § 7b EStG auch bei Baubeginnsanzeigen oder tatsächlichem Baubeginn innerhalb des Förderungszeitraums deshalb erfolgen solle, weil für Immobilieninvestoren davon ein Anreiz zur Realisierung von bisher noch nicht realisierten, sog. "Schubladenprojekten" ausgehen könnte. Das Gericht erachtet die tatsächlichen Möglichkeiten von Investoren, bereits geplante Bauvorhaben in nennenswertem Umfang zeitlich vorzuziehen, im Hinblick auf die langen Planungs-, Vorbereitungs-, Beschaffungs- und Errichtungszeiträume im Wohnungsbaubereich einerseits die üblicherweise nur zeitlich befristete Baugenehmigung andererseits (in Rheinland-Pfalz § 74 Abs. 1 LBauO: vier Jahre nach Zustellung der Baugenehmigung; auch für das Freistellungsverfahren gilt nach § 67 Abs. 6 LBauO eine Frist von vier Jahren) als gering. Vielmehr stünden bei einer solchen Auslegung in erheblichem Umfang Mitnahmeeffekte dadurch zu befürchten, dass Immobilieninvestoren für ihr bereits vor Beginn des Förderungszeitraums projektiertes, kalkuliertes und genehmigtes oder angezeigtes Bauvorhaben des Mietwohnungsneubaus, das ohnehin innerhalb des Förderungszeitraums errichtet worden wäre, durch die Möglichkeiten der Sonderabschreibung nach § 7b EStG nachträglich einen Sondervorteil erlangen würden, ohne dass dadurch zusätzlicher Wohnraum entstünde. Da die Befürchtung derartiger Mitnahmeeffekt ausdrücklich im Gesetzgebungsverfahren thematisiert wurde, geht das Gericht davon aus, dass deren Vermeidung auch ein gesetzgeberisch implizierter Regelungszweck des § 7b EStG war.
3.
Nach diesen Maßstäben haben die Kläger ihre "Bauanzeige" im Sinne des § 7b Abs. 2 Nr. 1 EStG bereits durch Vorlage der Bauunterlagen für das verfahrensgegenständliche Objekt am 23. Juli 2018 bei der Verbandsgemeinde X und damit in jedem Fall vor Beginn der Förderfrist ab dem 1. September 2018 eingereicht. Auf ihre spätere Baubeginnsanzeige vom 27. Oktober 2018, die innerhalb der Förderfrist erfolgte, kam es folglich nicht mehr an. Auch inwiefern die anderen Voraussetzungen des § 7b EStG zur Inanspruchnahme der Sonderabschreibung für den Mietwohnungsneubau vorlagen, konnte somit dahinstehen.
a)
Zwar unterlag das verfahrensgegenständliche Bauvorhaben der Kläger nach dem rheinland-pfälzischen Bauordnungsrecht keiner Genehmigungspflicht nach § 63 i.V.m. § 70 LBauO, sodass die Einreichung der Bauunterlagen durch die Kläger am 23. Juli 2018 nicht als "Antrag auf Erteilung der Baugenehmigung (Bauantrag)" im Sinne des § 63 Abs. 1 Satz 1 LBauO und nicht als "Bauantrag" im Sinne des § 7b Abs. 2 Nr. 1 EStG anzusehen war.
b)
Allerdings lag in der Einreichung der Bauunterlagen durch die Kläger am 23. Juli 2018 eine "Bauanzeige" des verfahrensgegenständlichen Bauvorhabens durch die Kläger. Denn obwohl das Bauvorhaben - zwischen den Beteiligten unstreitig - dem Freistellungsverfahren nach § 67 LBauO unterlag, hatten die Steuerpflichtigen als Bauherren die zuständige Baubehörde verpflichtend und durch amtliche Bauunterlagen über das von ihnen beabsichtigte Bauvorhaben zu informieren.
aa)
Zwar bedarf ein solches Bauvorhaben nach § 67 Abs. 1 Satz 1 LBauO keiner Baugenehmigung, wenn es den Festsetzungen des Bebauungsplans entspricht und die Erschließung gesichert ist. Allerdings gilt dies nach § 67 Abs. 1 Satz 2 LBauO nicht, wenn die Gemeinde erklärt, dass ein Genehmigungsverfahren durchgeführt werden soll.
Erklärt die Gemeinde nach § 67 Abs. 1 Satz 2 LBauO, dass ein Genehmigungsverfahren durchgeführt werden soll, so hat sie dem Bauherrn gemäß § 67 Abs. 3 Satz 2 LBauO die "vorgelegten Unterlagen" zurückzureichen, es sei denn, die Bauherrin oder der Bauherr hat bei Einreichung der Bauunterlagen zum Ausdruck gebracht, dass diese im Falle der Erklärung der Gemeinde nach § 67 Abs. 1 Satz 2 LBauO als Bauantrag zu behandeln sind. Zugleich gilt nach § 67 Abs. 4 LBauO die Vorschrift des § 63 Abs. 2 LBauO, der den Bauherren dazu verpflichtet, mit dem Bauantrag alle für die Beurteilung des Vorhabens und die Bearbeitung des Antrags erforderlichen Unterlagen (Bauunterlagen) einzureichen, entsprechend. Durch § 7 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 der Landesverordnung über Bauunterlagen und die bautechnische Prüfung (BauuntPrüfVO) vom 16. Juni 1987 wird der Umfang der einzelnen, einzureichenden Unterlagen bestimmt (vgl. dazu auch Dürr/Seiler-Dürr, Baurecht Rheinland-Pfalz, 4. Auflage 2020, Rn. 259).
Dies bedeutet, dass der Steuerpflichtige auch für Bauvorhaben im Sinne des § 67 LBauO zwar keinen förmlichen Bauantrag zu stellen, aber alle für die Beurteilung des Vorhabens und die Bearbeitung des Antrags erforderlichen Unterlagen (Bauunterlagen) im Sinne des § 63 Abs. 2 LBauO i.V.m. der BauuntPrüfVO einzureichen hat (vgl. auch Jeromin, in: ders., LBauO Rh-Pf, 5. Auflage 2022, § 67 LBauO Rn. 40).
bb)
Dass die Vorlage dieser Bauunterlagen somit eine zwingend vorzunehmende Information der Baubehörden über das Bauvorhaben darstellt, qualifiziert deren Vorlage somit als "Bauanzeige" im Sinne des § 7b Abs. 2 Nr. 1 EStG.
cc)
Diese Bauanzeige erfolgte jedoch bereits am 23. Juli 2018 und damit vor Beginn des Förderzeitraums, die erst für Bauanzeigen nach dem 31. August 2018 gilt.
Weil dies aus den vorgenannten Rechtsgründen eine Sperrwirkung entfaltet, konnten die Kläger im Streitfall auch dadurch nicht (mehr) in den Anwendungsbereich der Sonderabschreibung für den Mietwohnungsneubau fallen, dass sie - dies jeweils innerhalb des Förderzeitraums - die Baubeginnsmitteilung erst am 27. Oktober 2018 bei der Baubehörde eingereicht und mit den Bauarbeiten für das verfahrensgegenständliche Mehrfamilienhaus erst am 5. November 2018 begonnen hatten.
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
Die Zulassung der Revision erfolgte nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Höchstrichterliche Entscheidungen zur Auslegung des § 7b EStG sind - soweit erkennbar - noch nicht ergangen. Dabei ist die hier verfahrensgegenständliche Rechtsfrage auch nicht durch Zeitablauf überholt. Vielmehr hat sie unveränderte Aktualität aufgrund der jüngsten Erweiterung des § 7b Abs. 2 EStG durch das Art. 4 Nr. 2 des Jahressteuergesetzes 2022 (JStG 2022) vom 16. Dezember 2022 (BGBl. I 2022, S. 2294), der die Sonderabschreibung für den Mietwohnungsneubau auch für einen nach dem 31. Dezember 2022 und vor dem 1. Januar 2027 gestellten Bauantrag oder einer in diesem Zeitraum getätigten Bauanzeige gewährt. Insofern stellt sich dieselbe Rechtsfrage nicht nur für vergangene Streitjahre, sondern auch für künftige Bauvorhaben.