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  • 06.03.2024 · IWW-Abrufnummer 240135

    Finanzgericht Düsseldorf: Urteil vom 18.08.2023 – 1 K 2107/20 U

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Finanzgericht Düsseldorf


    Tenor:

    Die Klage wird abgewiesen.

    Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens

    1
    Tatbestand:

    2
    Streitig ist, ob der Klägerin, einem Logistikunternehmen in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG, der Vorsteuerabzug aufgrund von Zuschüssen an den Betreiber der Betriebskantine in den Jahren 2007 bis 2010 zusteht.

    3
    Die Klägerin zahlte in den Streitjahren 2007 bis 2010 Zuschüsse zu den Bewirtschaftungskosten ihrer von einem Dritten in eigenem Namen und für eigene Rechnung betriebenen Betriebskantine. Die Zahlungen beruhten auf einem zwischen der Klägerin und dem jeweiligen Betreiber der Kantine geschlossenen Bewirtschaftungsvertrag, in dem die Klägerin sich zur Zahlung eines Ausgleichs für Unterdeckungen, welche sich aus der verbilligten Abgabe von Speisen an ihre Arbeitnehmer ergab, verpflichtete.

    4
    In den Jahren 2007 und 2008 betrieb die Fa. T. das Betriebsrestaurant der Klägerin am Standort I. in eigenem Namen und für eigene Rechnung. Ein schriftlicher Vertrag mit dem Restaurantbetreiber liegt nicht mehr vor, es ist jedoch unstreitig, dass die vertraglichen Vereinbarungen denen des Folgevertrages mit der N. GmbH aus D. über die Bewirtschaftung des Betriebsrestaurants am Standort J. entsprechen. Die Bewirtschaftung erstreckte sich auf die Führung des Betriebsrestaurants sowie des Gäste- und Konferenzbereichs. Zudem wurden bei Sonderveranstaltungen Speisen und Getränke nach jeweiliger Vereinbarung bereitgestellt. Die Klägerin nahm aus den monatlichen Rechnungen, mit denen die allgemeinen Zuschüsse der Klägerin zum Betrieb des Restaurants, die Essens-Zuschüsse der Klägerin (Anzahl Mittagessen Arbeitnehmer x 0,80 Euro) sowie die sonstigen Bewirtungen abgerechnet wurden, den Vorsteuerabzug in Anspruch.

    5
    Ab Oktober 2008 betrieb die N. GmbH (Caterer) das Betriebsrestaurant der Klägerin am neuen Standort in J.. Nach dem Bewirtschaftungsvertrag vom Oktober 2008 führte der Caterer im Auftrag der Klägerin das Betriebsrestaurant sowie den Gäste- und Konferenzbereich, und stellte Sonderessen nach Vereinbarung bereit. Die Klägerin stellte für diese Zwecke u.a. die Räume, die Küchenanlagen sowie die Einrichtungsgegenstände zur Verfügung und übernahm die Nebenkosten der Räumlichkeiten. Der Caterer stellte im eigenen Namen und auf eigene Rechnung das erforderliche Management-Personal und das notwendige Fach- und Hilfspersonal ein.

    6
    Das Restaurant wurde in Selbstbedienung geführt. Jeder Essensteilnehmer stellte sich sein Mittagessen ohne Vorbestellung entsprechend dem täglichen Speisenangebot zusammen. Die Preisfindung für die Mittagessen erfolgte entsprechend der in der Anlage zum Vertrag vorgenommenen Kalkulation. Die Preise für Getränke und Zwischenverpflegung wurden zwischen den Vertragspartnern einvernehmlich festgelegt, ebenso die Öffnungszeiten.

    7
    Ausweislich § 11 des Vertrages verpflichtete sich die Klägerin zur Erstattung sämtlicher Kosten, insbesondere Wareneinsatz, Personalkosten und Betriebsnebenkosten. Daneben erhielt der Caterer auf Provisionsbasis eine Vergütung für die Bewirtschaftung der Verpflegungseinrichtungen in Höhe von 10 % der Summe sämtlicher Waren-, Personal- und Betriebsnebenkosten, mindestens jedoch iHv 1.400 EUR monatlich. Die Vergütung für die Durchführung von Sonderveranstaltungen und Konferenzen wurde im Einzelfall vereinbart.

    8
    In der Anlage 5 zum Vertrag wurde für das Jahr 2009 ein Gesamtbudget aufgestellt. Es wurden die Waren-, Personal- und Betriebskosten für die Verpflegung der Mitarbeiter sowie für den Gäste- und Konferenzbereich ermittelt. Auf der Seite 2 der Anlage 5 wurden u.a. Wareneinsatz und Erlöse für die Mitarbeiterverpflegung auf der Grundlage von gemeinsamen Annahmen (u.a. Anzahl der Mittagessen für Arbeitnehmer) kalkuliert. Diese Basisdaten wurden im Budget weiterverarbeitet. Hinzugerechnet wurde die Dienstleistungsvergütung iHv 16.800 EUR. Abgezogen wurden die Einnahmen der Tischgäste. Hieraus ergab sich, dass im Bereich der Mitarbeiterverpflegung die Einnahmen die anfallenden Kosten einschließlich der Dienstleistungsgebühr nicht decken würden, im Bereich „Gäste“ sowie „Konferenzen“ waren hingegen Überschüsse zu erwarten. Der Saldo aus Unterdeckungen und Überschüssen wurde der Klägerin vereinbarungsgemäß vom Caterer als Zuschuss in Rechnung gestellt. Ausweislich der mit Vorsteuerabzug verbuchten Rechnungen des Caterers wurden grundsätzlich monatlich folgende Leistungen abgerechnet:

    9
    Abschlagsrechnungen und Abrechnungen lt. Leistungsnachweisen,

    10
    Arbeitgeberanteile (Anzahl Mittagessen Arbeitnehmer x 0,80 Euro)

    11
    Gästebewirtungen

    12
    Für 2009 und 2010 ergaben sich folgende Summen (netto):

    13
    2009 2010
    EUR EUR
    Wareneinsatz 54.288 54.817
    Personalkosten 60.468 56.646
    Betriebsnebenkosten 9.780 11.404
    Dienstleistungsgebühr 16.800 16.800
    141.336 139.667
    Einnahmen Tischgäste gesamt 89.748 81.877
    Kostenüberhang 51.588 57.790

    14
    Mit Schreiben vom 12.07.2012 ordnete das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung H. die Durchführung einer Betriebsprüfung für die Jahre 2007 bis 2010 an. Die Prüfung begann am 22.11.2012. Im Rahmen der Betriebsprüfung stellten die Prüfer ua fest, dass die von den Caterern abgerechneten Leistungen auf den Konten 420250 (freiw, soz. Aufwand) und 514400 (Bewirtungskosten) verbucht wurden, wobei die „Zuschüsse" der Klägerin zum Ausgleich der Kostenüberhänge und die abgerechneten Arbeitgeberanteile in Höhe von 0,80 EUR pro Mittagessen der Arbeitnehmer auf dem Konto 420250 erfasst wurden, ebenso wie die vereinbarte Dienstleistungsgebühr. Die Klägerin nahm aufgrund der Eingangsrechnungen der Caterer den Vorsteuerabzug für den freiwilligen soz. Aufwand (Konto 420250) in Anspruch.

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    Die Prüfer vertraten die Auffassung, dass der Klägerin für die von ihr geleisteten Zuschüsse an den Caterer der Vorsteuerabzug zu versagen sei, weil diese Zahlungen nicht im Rahmen eines Leistungsaustausches erfolgten.

    16
    Vereinbare der Arbeitgeber mit einem selbständigen Kantinenpächter, dass dieser die Kantine in den Räumen des Arbeitgebers betreibe und die Verpflegungsleistungen an die Arbeitnehmer im eigenen Namen und für eigene Rechnung erbringe, liege ein Leistungsaustausch nur zwischen Caterer und Arbeitnehmer vor. Ein Leistungsaustausch zwischen Arbeitgeber und Caterer sowie zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestehe insoweit nicht (Hinweis auf Abschnitt 1.8 Absatz 12 Nr. 3 UStAE). Bemessungsgrundlage der sonstigen Leistung des Caterers an den Arbeitnehmer sei der von dem Arbeitnehmer an den Caterer gezahlte Essenspreis zuzüglich des ggf. gezahlten Arbeitgeberzuschusses. Diese vom Arbeitgeber in pauschalierter Form gezahlten Beträge seien Entgelt von dritter Seite (Hinweis auf Abschnitt 10.2 Abs. 5 Satz 6 UStAE). Da der Arbeitgeber keine Leistung von Caterer erhalte, sei er nicht zum Vorsteuerabzug aus der Zahlung des Zuschusses an den Caterer berechtigt.

    17
    Entsprechendes gelte hinsichtlich des Arbeitgeberzuschusses zum Mittagessen der Arbeitnehmer in Höhe von 0,80 EUR pro Mahlzeit (Hinweis auf Abschnitt 1.8 Absatz 12 Nr. 2 UStAE). Dementsprechend stellten die dem selbständigen Kantinenbetreiber gewährten Zuschüsse, soweit sie die Essenslieferung der Caterer an die Arbeitnehmer beträfen, Entgelt der Klägerin für den Umsatz des jeweiligen Kantinenbetreibers mit den Arbeitnehmern der Klägerin dar. Ein Leistungsaustausch zwischen dem Kantinenbetreiber und der Klägerin liege insoweit nicht vor. Vielmehr könnten die Zuschüsse lt Budget auf Grundlage der Basisdaten (Anzahl der Arbeitnehmermahlzeiten pro Jahr) und die Zuschüsse pro Mittagessen den Leistungen der Caterer an die Arbeitnehmer unmittelbar wirtschaftlich zugeordnet werden.

    18
    Soweit im Vertrag mit der N. GmbH eine Dienstleistungsgebühr für die erbrachten Dienstleistungen im Bereich Betriebsrestaurant, Zwischenverpflegung, Gästebereich und Konferenzbereich vereinbart worden sei, liege ein Leistungsaustausch zwischen der Klägerin und dem Caterer vor, und die Klägerin sei zum Vorsteuerabzug berechtigt.

    19
    Es sei davon auszugehen, dass die Dienstleistungsgebühr entsprechend den aufgestellten Budgets jährlich iHv 16.800 EUR abgerechnet worden sei.

    20
    Da für die Jahre 2007 und 2008 lediglich die Eingangsrechnungen vorgelegt worden seien, seien die entsprechenden Besteuerungsgrundlagen unter Berücksichtigung des Vortrags der Klägerin, dass die Verhältnisse der Jahre 2007 und 2008 denen der Jahre 2009 und 2010 entsprächen, gemäß § 162 AO zu schätzen.

    21
    Der Vorsteuerabzug für die Zuschüsse zur Arbeitnehmerverpflegung sei wie folgt zu versagen:

    22
    2007 2008 2009 2010 
    EUREUREUREUR
    Rechnungen Caterer brutto 70.161,44 70.626,64 79.053,81 89.796,44
    darin USt 19 % 11.202,24 11.260,55 12.622,03 14.336,28
    Rechnungen Caterer netto 58.969,19 69.266,09 66.431,78 75.454,16
    ./. Dienstleistungsgebühr 16.800 16.800 16.800 16.800
    verbleiben Zuschüsse Arbeitnehmerverpfl. 42.159,19 42.466,08 49.631,77 58.654,15
    Vorsteuer hierauf 8.010,24 8.068,55 9.430,03 11.144,28

    23
    Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Feststellungen wird auf den Bericht über die bei der Klägerin durchgeführten Betriebsprüfung für die Jahre 2007 bis 2010 vom 17.09.2014 (Bl 33 ff eA) Bezug genommen.

    24
    Der Beklagte folgte der Auffassung der Betriebsprüfung, und erließ mit Datum vom 13.04.2015 geänderte Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2007 bis 2010, mit denen ua der Vorsteuerabzug für die Zuschüsse der Klägerin an den Caterer für die Arbeitnehmerverpflegung iHv 8.010,24 EUR (2007), 8.068,55 EUR (2008), 9.430,03 EUR (2009) und 11.144,28 EUR (2010) versagt wurde.

    25
    Gegen die Umsatzsteuerbescheide 2007 bis 2010 vom 13.04.2015 legte die Klägerin mit Schreiben vom 05.05.2015 Einspruch ein. Mit Verfügung vom 21.09.2016 ordnete der Beklagte das Ruhen des Verfahrens aus Zweckmäßigkeitsgründen an, um die Reaktion der Finanzverwaltung auf das BFH-Urteil vom 29.01.2014 (Az.: XI R 4/12) und mögliche Folgerungen für die sich aus Abschn. 1.8 Abs. 12 Nr. 3 UStAE ergebende Weisungslage abzuwarten.

    26
    Nach Erlass einer Fortsetzungsmitteilung mit Schreiben vom 17.06.2020 wurde das Einspruchsverfahren fortgesetzt, weil keine Anpassung des UStAE an das oa BFH-Urteil erfolgt war.

    27
    Mit einheitlicher Einspruchsentscheidung vom 20.07.2020 wies der Beklagte die Einsprüche der Klägerin als unbegründet zurück.

    28
    Zwar werde die hier streitige Rechtsfrage, ob bei einem Arbeitgeberzuschuss zu den Bewirtschaftungskosten einer von einem selbständigen Dritten betriebenen Betriebskantine ein Leistungsaustausch zwischen Arbeitgeber und Betreiber der Kantine bestehe, von der Finanzverwaltung einerseits und der finanz- und höchstrichterlichen Rechtsprechung anderseits unterschiedlich beurteilt. Gleichwohl sei nach beiden Auffassungen der von der Klägerin begehrte Vorsteuerabzug zu versagen.

    29
    Nach der Verwaltungsauffassung liege bei einem Zuschuss zu den Bewirtschaftungskosten, den ein Arbeitgeber an den Kantinenpächter (Caterer) / Betreiber der Betriebskantine als Ausgleich für Unterdeckungen durch die verbilligte Abgabe von Mahlzeiten an seine Arbeitnehmer leiste, ein Leistungsaustausch zwischen Arbeitgeber und Caterer sowie zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht vor. Da der Arbeitgeber keine Leistung vom Caterer erhalte, sei er nicht zum Vorsteuerabzug aus der Zahlung des Zuschusses an den Caterer berechtigt (Hinweis auf Abschn. 1.8 Abs. 12 Nr. 3 UStAE). Der von der Klägerin an den Kantinenbetreiber geleistete Zuschuss für die verbilligte Abgabe von Mahlzeiten an die Arbeitnehmer der Klägerin sei daher kein Entgelt für eine von dem Kantinenbetreiber erbrachte sonstige Leistung an die Klägerin, so dass der Klägerin mangels Leistungsaustausches kein Vorsteuerabzug aus der Zahlung des Zuschusses zustehe.

    30
    Von der finanz- und höchstrichterlichen Rechtsprechung werde zwar bei einem Zuschuss des Arbeitgebers an den Kantinenbetreiber, den dieser als Ausgleich für die verbilligte Abgabe von Speisen an seine Arbeitnehmer leiste, ein Leistungsaustausch zwischen Arbeitgeber und Kantinenbetreiber dem Grunde nach bejaht (Hinweis auf BFH-Urteil vom 29.01.2014 ‒ Xl R 4/12, BFHE 244, 131; Urteil des FG Berlin-Brandenburg vom 27.11.2019 ‒ 7 K 7184117, EFG 2020, 399). Gleichwohl sei der Arbeitgeber nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt.

    31
    Der Arbeitgeber verwende die vom Kantinenbetreiber bezogenen Leistungen dafür, dass seine Arbeitnehmer in seiner Betriebskantine zu festgesetzten verbilligten Abgabepreisen günstig essen könnten, und er erbringe dadurch gegenüber seinen Arbeitnehmern eine unentgeltliche Leistung für deren privaten Bedarf, mithin eine unentgeltliche Wertabgabe. Da der Arbeitgeber bereits bei Leistungsbezug beabsichtige, die bezogene Leistung nicht für seine wirtschaftliche Tätigkeit, sondern ausschließlich und unmittelbar für eine unentgeltliche Wertabgabe zu verwenden, sei der Vorsteuerabzug ausgeschlossen.

    32
    Soweit die Klägerin ausführe, dass im Bewirtschaftungsvertrag mit dem Kantinenbetreiber nicht vereinbart worden sei, dass die Zahlungen zum Ausgleich von Unterdeckungen nur für eine verbilligte Mahlzeitenüberlassung an die Arbeitnehmer erfolgten, sondern die Zahlungen vielmehr ebenfalls die zum gleichen Preis überlassenen Mahlzeiten an Mitarbeiter fremder Unternehmen umfassen würden und daher die bezogene Leistung „Kantinenbewirtschaftung" nicht ausschließlich dazu dienen solle, als sog. unentgeltliche Wertabgabe den Arbeitnehmern die Möglichkeit zu verschaffen, in der Betriebskantine verbilligt Speisen und Getränke zu beziehen, vermöge dies nicht zu überzeugen.

    33
    Es erscheine fernliegend, dass die Klägerin die vom Kantinenbetreiber erhaltene Leistung gleichermaßen dazu habe verwenden wollen, Mitarbeitern von benachbarten (verbundenen) Unternehmen sowie Mitarbeitern fremder Unternehmen (LKW-Fahrer, Monteure, Dienstleister etc.) die Möglichkeit zu verschaffen, in der Betriebskantine verbilligt Speisen und Getränke zu beziehen. Welchen wirtschaftlichen Vorteil die Klägerin auf diese Weise zu ziehen beabsichtigt haben wolle, sei nicht erkennbar. Vielmehr bestehe ein wirtschaftliches Interesse auf Seiten des Kantinenbetreibers, die erhaltenen Zuschüsse dazu zu verwenden, ein breites und zu günstigen Preisen erhältliches Kantinenangebot nicht auf die Arbeitnehmer der Klägerin zu beschränken, sondern auch für Mitarbeiter anderer Unternehmen zugänglich zu machen und dadurch einen größeren Kundenkreis anzusprechen.

    34
    Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung vom 20.07.2020 Bezug genommen.

    35
    Mit ihrer hiergegen gerichteten Klage begehrt die Klägerin weiterhin den Vorsteuerabzug aufgrund der Eingangsrechnungen des Caterers für die Streitjahre 2007 bis 2010 auch insoweit, als dieser auf die Übernahme des sogenannten Kostenüberhangs entfällt.

    36
    Ein derartiger „Zuschuss" könne Entgelt für eine vom Unternehmer bezogene Eingangsleistung „Kantinenbewirtschaftung“ sein, wenn der Unternehmer einen „Zuschuss" zu den Bewirtschaftungskosten seiner von einem Dritten (Caterer) in dessen Namen und für dessen Rechnung betriebenen Betriebskantine leiste (Hinweis auf BFH-Urteil vom 29.01.2014 ‒ XI R 4/12, BFH/NV 2014, 992).

    37
    Ein Unternehmer sei nur dann nicht zum Vorsteuerabzug aus einer von ihm bezogenen Leistung „Kantinenbewirtschaftung" berechtigt, wenn diese Leistung ausschließlich dazu dienen solle, als sogenannte unentgeltliche Wertabgabe seinen Arbeitnehmern die Möglichkeit zu verschaffen, in der Betriebskantine verbilligt Speisen und Getränke zu beziehen.

    38
    Dies sei bei der Klägerin nicht der Fall. Auch die Betriebsprüfung habe festgestellt, dass der Kantinenbetreiber auch die Bewirtung im Gäste- und Konferenzbereich übernommen habe und Speisen und Getränken bei Sonderveranstaltungen bereit stelle. Darüber hinaus werde die Kantine auch in nicht unerheblichem Umfang von Mitarbeitern der benachbarten L. Co. KG (Niederlassung J.) und von Mitarbeitern konzernfremder Unternehmen (Insbesondere Lkw-Fahrer, Monteure, etc.) genutzt. Damit diene die bezogene Leistung „Kantinenbewirtschaftung" nicht ausschließlich dazu, als sogenannte unentgeltliche Wertabgabe den Arbeitnehmern der X. GmbH u. Co. KG die Möglichkeit zu verschaffen, in der Betriebskantine verbilligt Speisen und Getränke zu beziehen.

    39
    In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin erstmalig ergänzend vorgetragen, dass sich das überwiegende eigenbetriebliche Interesse der Klägerin an der Kantinenbewirtschaftung auch daraus ergebe, dass die Lagerarbeiter in 2 Schichten arbeiten würden. Zudem gebe es am Sitz der Klägerin für die Mitarbeiter keine andere Möglichkeit der Verköstigung.

    40
    Die Klägerin beantragt (Bl 5 eA),

    41
    die Bescheide für 2007, 2008, 2009 und 2010 über Umsatzsteuer vom 13.04.2015 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20.07.2020 dahingehend zu ändern, dass Vorsteuer aus Eingangsrechnungen des Kantinenbetreibers in den jeweiligen Jahren in folgender Höhe zum Abzug gemäß § 15 Absatz 1 UStG zugelassen werden: 2007: 7.296,00 EUR, 2008: 7.296,00 EUR; 2009: 8.304,47 EUR; 2010: 9.982,96 EUR.

    42
    Der Beklagte beantragt,

    43
    die Klage abzuweisen.

    44
    Der Vorsteuerabzug aufgrund der Eingangsrechnungen des Kantinenbetreibers sei zu versagen. Zur Begründung werde auf Abschn. 1.8 Abs. 12 Nr. 3 UStAE verwiesen.

    45
    Der Beklagte sei an diese Verwaltungsanweisung gebunden. Die Rechtsgrundsätze des BFH-Urteils vom 29.01.2014 ‒ XI R 4/12 (BFH/NV 2014, 992) seien nicht allgemein anwendbar, weil eine Veröffentlichung im Bundessteuerblatt nicht erfolgt sei. Aber auch unter Berücksichtigung der Rechtsgrundsätze dieser Entscheidung sei der begehrte Vorsteuerabzug zu versagen.

    46
    Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schrift-sätze der Beteiligten und die dem Gericht übersandten Steuerakten Bezug genommen.

    47
    Entscheidungsgründe:

    48
    Die Klage ist unbegründet. Die angefochtenen Umsatzsteuerbescheide der Jahre 2007 bis 2010 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 FGO.

    49
    Der Vorsteuerabzug für die von der Klägerin an den Betreiber ihrer Betriebskantine geleisteten Zuschüsse wurde zu Recht versagt. Ein Vorsteuerabzug scheidet aus, weil bereits bei Bezug dieser Leistung beabsichtigt war, diese ausschließlich und unmittelbar für eine unentgeltliche Wertabgabe iSd § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG zu verwenden.

    50
    Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 UStG kann der Unternehmer als Vorsteuerbeträge die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind abziehen; nach Satz 2 dieser Vorschrift setzt die Ausübung des Vorsteuerabzugs voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a ausgestellte Rechnung besitzt. Voraussetzung für den Vorsteuerabzug ist mithin, dass der Unternehmer Leistungsempfänger ist. Der Vorsteuerabzug richtet sich nach der beabsichtigten Verwendung der Leistung.

    51
    Die Leistung Kantinenbewirtschaftung wurde an die Klägerin ausgeführt. Auf Grundlage der vertraglichen Vereinbarungen zwischen der Klägerin und der N. GmbH bwz. der gleichlautenden Vereinbarung mit T. bestand ein Leistungsaustauschverhältnis, aufgrund dessen die beiden letzteren mit der Bewirtschaftung der Kantine eine Dienstleistung an die Klägerin erbrachten. Die Klägerin wiederum war verplichtet, ein Entgelt für die vereinbarte Leistung zu zahlen. Sie zahlte das Entgelt als Gegenleistung für die vertraglich ausgeführten Leistungen des jeweiigen Auftragnehmers. Diese umfassten die Führung des Betriebsrestaurants sowie die Bewirtschaftung des Gäste- und Konferenzbereichs einschließlich der Durchführung von Sonderveranstaltungen.

    52
    Mit dem Betrieb des Betriebsrestaurants konnte die Klägerin ihren Beschäftigten eine Kantine bieten, die zu günstigen Preisen und Konditionen ein breites Angebot an Speisen und Getränken anbot.

    53
    Soweit die Klägerin einen Zuschuss von 0,80 EUR pro Mittagessen an ihren Auftragnehmer zahlte und zudem den sogenannten Kostenüberhang des Auftragnehmers übernahm, steht der Klägerin der begehrte Vorsteuerabzug nicht zu, weil die insoweit bezogene Leistung der Kantinenbewirtschaftung ausschließlich dazu diente, ihren Arbeitnehmern die Möglichkeit zu verschaffen, in der Betriebskantine verbilligt Speisen und Getränke zu beziehen.

    54
    Hinsichtlich des Zuschusses von 0,80 EUR pro Mittagessen steht dies zu Recht außer Streit. Aber auch für die Übernahme des Kostenüberhanges für die an die Klägerin erbrachte Bewirtschaftungsleistung gilt nichts Anderes.

    55
    Die Klägerin hat die von dem Auftragnehmer erbrachte "Bewirtschaftungsleistung" bereits im Bezugszeitpunkt nicht für ihre wirtschaftliche Tätigkeit, sondern ausschließlich und unmittelbar für eine unentgeltliche Wertabgabe i.S. von § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG zu verwenden beabsichtigt

    56
    Ein Unternehmer, der bereits bei Leistungsbezug beabsichtigt, die bezogene Leistung nicht für seine wirtschaftliche Tätigkeit, sondern ausschließlich und unmittelbar für eine unentgeltliche Wertabgabe i.S. von § 3 Abs. 9a UStG zu verwenden, ist nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist (BFH-Urteil vom 29.01.2014 ‒ XI R 4/12, BFH/NV 2014, 992 mwN). Einer sonstigen Leistung gegen Entgelt werden nach § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG "die unentgeltliche Erbringung einer anderen sonstigen Leistung durch den Unternehmer für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen", gleichgestellt. Eine unentgeltliche Wertabgabe in diesem Sinne liegt vor, wenn die Leistung des Unternehmers dem privaten Bedarf der Arbeitnehmer dient und nicht durch besondere Umstände der wirtschaftlichen Tätigkeit des Unternehmens bedingt ist (vgl. dazu BFH-Urteile 09.12.2010 ‒ V R 17/10, BStBl II 2012, 53, vom 29.01.2014 ‒ XI R 4/12, BFH/NV 2014, 992).

    57
    Dies entspricht auch der Rechtsprechung des EuGH zur Abgabe von Mahlzeiten an Arbeitnehmer (EuGH-Urteil vom 11.12.2008 ‒ C-371/07 ‒Danfoss und AstraZeneca‒, UR 2009, 60). Leistungen an Arbeitnehmer, die aus deren Sicht ihren privaten Zwecken dienen ‒ wie z.B. die Abgabe von Mahlzeiten ‒ sind nur dann nicht als Entnahme zu berücksichtigen, wenn ausnahmsweise der persönliche Vorteil, den die Arbeitnehmer daraus ziehen, gegenüber den Bedürfnissen des Unternehmens als nur untergeordnet erscheint.

    58
    Die von der Klägerin insoweit bezogene "Bewirtschaftungsleistung", mit der sie ihren Arbeitnehmern gegenüber die unentgeltliche Leistung erbracht hat, in ihrer Betriebskantine zu festgesetzten verbilligten Abgabepreisen günstig essen zu können, dient deren privatem Bedarf. Selbst wenn ‒ wie die Klägerin vorbringt und was naheliegt ‒ die Bewirtschaftung der Kantine im unternehmerischen Interesse erfolgt ist und dem optimalen Ablauf des betrieblichen Leistungsprozesses gedient hat, ist weder ersichtlich noch vorgebracht, dass ausnahmsweise der persönliche Vorteil, den die Arbeitnehmer aus der mit der Bewirtschaftung verbundenen verbilligten Abgabe von Mahlzeiten ziehen, gegenüber den Bedürfnissen der Klägerin als nur untergeordnet im Sinne der vorgenannten Rechtsprechungsgrundsätze erscheint. Denn es ist Sache des Arbeitnehmers, für seine Mahlzeiten zu sorgen, sodass Dienstleistungen, die in der unentgeltlichen ‒ oder wie hier: verbilligten ‒ Abgabe von Mahlzeiten an Arbeitnehmer bestehen, unter normalen Umständen dem privaten Bedarf der Arbeitnehmer iSd Art. 26 Abs. 1 MwStSystRL dienen.

    59
    Soweit die Klägerin erstmalig in der mündlichen Verhandlung vortragen ließ, dass die verbillige Essensabgabe deshalb überwiegend durch die besonderen Umstände ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit bedingt sei, weil die Lagerarbeiter in 2 Schichten arbeiten würden und im Gewerbegebiet auch keine andere Möglichkeit der Verpflegung bestehe, sind diese Angaben in ihrer Allgemeinheit nicht dazu geeignet zu belegen, dass ausnahmsweise besondere unternehmerische Umstände die Übernahme der dem privaten Bedarf der Arbeitnehmer dienenden Verpflegung erforderten.

    60
    Ein derartiger Ausnahmefall kann gegeben sein, wenn die verbilligte Verpflegung der Arbeitnehmer bei einem abseits gelegenen Produktionsbetrieb auch durch ein auf den Stillstand der Fertigungslinien genau abgestimmtes Pausenreglement bedingt ist. Bei derartigen Besonderheiten, die nicht auf die Mehrheit aller Unternehmer zutrifft, erscheint der persönliche Vorteil, den die Arbeitnehmer aus der verbilligen Überlassung von Mahrzeiten ziehen, gegenüber den Bedürfnissen des Unternehmens als nur untergeordnet (vgl. hierzu ausführlich FG Baden-Württemberg, Urteil vom 06.10.2022 ‒ 12 K 2971/20, DStRK 2023, 193).

    61
    Die bereits nicht näher dargelegte Schichtätigkeit der Lagerarbeiter der Klägerin sowie deren Auswirkung auf den Logistikbetrieb der Klägerin reichen demgegenüber nicht aus, um darzulegen, dass das eigene unternehmerische Interesse der Klägerin das private Interesse des Arbeitnehmers an der Verpflegung überwiegt.

    62
    Ein überwiegendes unternehmerisches Interesse der Klägerin liegt auch nicht darin, dass die Klägerin nach ihrem Vortrag bei Leistungsbezug zudem beabsichtigte, Mitarbeitern von benachbarten Unternehmen ein verbilligtes Mitagessen zu ermöglichen.

    63
    Insoweit liegt in der Ermöglichung der verbillgten Essenseinnahme die unentgeltliche Erbringung einer anderen sonstigen Leistung durch den Unternehmer iSd § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG für Zwecke, die außerhalb seines Unternehmens liegen. Ist eine derartige Verwendung bereits bei Bezug der Leistung geplant, scheidet der Vorsteuerabzug ebenfalls aus.

    64
    Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.