14.11.2013 · IWW-Abrufnummer 140396
Bundesfinanzhof: Urteil vom 06.08.2013 – VIII R 11/10
Gründe
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I. Der im Jahr 1989 geborene Kläger und Revisionskläger (Kläger) war im Streitjahr 1998 neun Jahre alt. Seine Eltern gründeten mit seiner Großmutter die X-GmbH. Das Stammkapital der Gesellschaft in Höhe von insgesamt 50.000 DM wurde von der Großmutter in Höhe von 20.000 DM und von den Eltern in Höhe von jeweils 15.000 DM übernommen. Der Vater des Klägers veräußerte seine Beteiligung an der GmbH i.G. an einen seiner Angestellten. Dieser übertrug wenig später den GmbH-Anteil an die Großmutter des Klägers. Im Jahr 1996 wurde der Vater zum Geschäftsführer der X-GmbH bestellt. Die Großmutter und Mutter des Klägers übertrugen im Jahr 1998 ihre Geschäftsanteile an der X-GmbH je zur Hälfte im Wege der Schenkung an den Kläger und seinen Bruder. Zur Vollziehung der Schenkung wurde ein Rechtsanwalt der Firmengruppe des Vaters zum Ergänzungspfleger bestellt.
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Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) stellte bei einer Außenprüfung fest, dass die X-GmbH im Jahr 1998 Fahrzeuge unter dem erzielbaren Marktpreis an die Firma A-GmbH veräußert habe. Gesellschafter der A-GmbH waren die Mutter und Großmutter des Klägers, sodass eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) in Höhe von insgesamt 775.000 DM anzusetzen und dem Kläger und seinem Bruder je hälftig zuzurechnen sei. Die Veranlagungsstelle folgte den Feststellungen der Außenprüfung und erließ einen nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) geänderten Einkommensteuerbescheid für 1998.
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Nach erfolglosem Einspruchsverfahren wies das Finanzgericht (FG) die Klage mit seinem Urteil vom 18. März 2009 1 K 136/05 teilweise ab. Es bejahte eine dem Kläger zuzurechnende vGA dem Grunde nach, reduzierte jedoch den Betrag der vGA auf 325.000 DM. Zur Umsetzung des Urteils erließ das FA am 8. Juni 2009 einen geänderten Einkommensteuerbescheid für 1998.
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Zur Begründung der Revision lässt der Kläger im Wesentlichen vortragen, dass er nicht Gesellschafter der X-GmbH geworden sei, da die Übertragung des Gesellschaftsanteils formunwirksam gewesen sei. Außerdem sei der Anteil an der X-GmbH nicht ihm, sondern seinem Vater als Treugeber zuzurechnen. Er habe auf die Geschäfte der X-GmbH keinerlei Einfluss nehmen können.
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Der Kläger beantragt,
das Urteil des FG Baden-Württemberg vom 18. März 2009 1 K 136/05, die Einspruchsentscheidung vom 1. April 2005 und die geänderten Einkommensteuerbescheide für 1998 vom 27. Juni 2003 und 8. Juni 2009 aufzuheben.
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Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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Zu Recht habe das FG festgestellt, dass der Kläger Gesellschafter der X-GmbH geworden sei und keine Treuhand vorgelegen habe, sodass ihm der Vorteil, der seiner Mutter und Großmutter als Gesellschafterinnen der A-GmbH zugeflossen sei, als vGA zuzurechnen sei.
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II. Auf die Revision des Klägers ist die Vorentscheidung schon aus verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben. Das FG entschied über die Einspruchsentscheidung vom 1. April 2005 und den geänderten Einkommensteuerbescheid für 1998 vom 27. Juni 2003. Während des Verfahrens über die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision trat an dessen Stelle der geänderte Einkommensteuerbescheid vom 8. Juni 2009, der nach § 68 Satz 1 i.V.m. § 121 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) Gegenstand des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens und dann des Revisionsverfahrens geworden ist. Da sich hinsichtlich der streitigen Punkte keine Änderungen ergeben haben und der Kläger auch keinen weiter gehenden Antrag gestellt hat, bedarf es keiner Zurückverweisung der Sache gemäß § 127 FGO. Denn der vom FG festgestellte Sachverhalt reicht aus, um abschließend prüfen und beurteilen zu können, ob der zum Gegenstand des Revisionsverfahrens gewordene Änderungsbescheid rechtmäßig ist. Die Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) in der Sache selbst setzt aber voraus, dass er das FG-Urteil aufhebt. Denn dieses Urteil betraf einen Verwaltungsakt, der nicht mehr Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens ist (vgl. BFH-Urteil vom 20. Juli 1988 II R 164/85, BFHE 154, 13, BStBl II 1988, 955, m.w.N.).
III.
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Der Senat entscheidet aufgrund seiner Befugnis nach § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO in der Sache selbst. Der Klage ist stattzugeben. Die geänderten Einkommensteuerbescheide für 1998 vom 27. Juni 2003 und 8. Juni 2009 und die Einspruchsentscheidung vom 1. April 2005 sind aufzuheben. Die Bescheide verstoßen nach der vorliegend maßgeblichen Rechtslage gegen § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2, Abs. 2a des Einkommensteuergesetzes (EStG) und sind rechtswidrig, weil die vGA aufgrund eines verdeckten Treuhandverhältnisses nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO nicht dem Kläger zuzurechnen ist.
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1. Die Zurechnung von Einkünften aus Kapitalvermögen aus einer vGA richtet sich nach § 20 Abs. 2a EStG. Anteilseigner i.S. dieser Vorschrift ist derjenige, dem nach § 39