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  • 26.11.2013 · IWW-Abrufnummer 133632

    Finanzgericht Baden-Württemberg: Urteil vom 22.01.2013 – 8 K 1103/12

    1. Bei der Berechnung der Aufwendungen für den Unterhalt und eine etwaige Berufsausbildung einer dem Steuerpflichtigen oder seinem Ehegatten gegenüber gesetzlich unterhaltsberechtigten Person erhöhen Beiträge zur gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung sowie zur Krankenversicherung (in Höhe von 4 %) weder den Höchstbetrag nach § 33a Abs. 1 Satz 2 EStG noch sind sie von den Einkünften und Bezügen der unterhaltenen Person abzuziehen.

    2. Die Nichtabziehbarkeit der Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung und Krankenversicherung (in Höhe von 4 %) ist zumindest im Streitfall verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

    3. Nach R 33a Abs. 1 S. 5 EStR 2008 kann regelmäßig davon ausgegangen werden, dass dem Steuerpflichtigen Unterhaltsaufwendungen in Höhe des maßgeblichen Höchstbetrags erwachsen, wenn die unterhaltsberechtigte Person zum Haushalt des Steuerpflichtigen gehört.


    FG Baden-Württemberg v. 22.01.2013

    8 K 1103 / 12

    Tatbestand

    Streitig ist, ob bei der Berechnung der nach § 33a Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der Fassung des Bürgerentlastungsgesetzes Krankenversicherung vom 16. Juli 2009 ( BGBl 2009 I S. 1959) beim Steuerpflichtigen abzugsfähigen Unterhaltsaufwendungen die Einkünfte und Bezüge der unterhaltenen Person um die Arbeitnehmeranteile zur gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung sowie zur Krankenversicherung (in Höhe von 4 % des Beitragssatzes für Leistungen, die über das sozialhilfe-rechtliche Niveau der Krankenversorgung hinausgehen) zu mindern sind.

    Die Kläger sind zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Ehegatten. Der Kläger ist der Vater des am 28. Oktober 1983 geborenen Kindes X., das im Streitjahr im Haushalt der Kläger wohnte und vom Vater unterhalten wurde.

    Das Kind befand sich im Streitjahr in Ausbildung und erhielt eine Ausbildungsvergütung von 7.944 EUR brutto. Sein Arbeitgeber zog hiervon die Arbeitnehmeranteile zur gesetzlichen Krankenversicherung (627,56 EUR), Pflegeversicherung (97,32 EUR), Rentenversicherung (790,48 EUR) und Arbeitslosenversicherung (111,24 EUR) ab.

    Die Kläger machten in ihrer Einkommensteuererklärung 2010 vom 12 . August 2011 Unterhaltsaufwendungen nach § 33a EStG für das Kind geltend. Ihre Gesamtaufwendungen für das Kind gaben sie mit 8.004 EUR an. Die Einkünfte und Bezüge des Kindes in Höhe von 5.397,40 EUR berechneten sie wie folgt:

    Bruttoarbeitslohn laut Lohnsteuerbescheinigung

    7.944,00 EUR
    ./. Krankenversicherung

    ./. 627,56 EUR
    ./. Pflegeversicherung

    ./. 97,32 EUR
    ./. Rentenversicherung

    ./. 790,48 EUR
    ./. Arbeitslosenversicherung

    ./. 111,24 EUR
    ./. Arbeitnehmerpauschbetrag

    ./. 920,00 EUR
    = Einkünfte des Kindes

    5.397,40 EUR

    Der Beklagte gewährte im Einkommensteuerbescheid 2010 vom 7. Oktober 2011 Unterhaltsaufwendungen in Höhe von 1.604 EUR gemäß folgender Berechnung:

    Höchstbetrag (§ 33a Abs. 1 Satz 1 EStG)


    8.004,00 EUR
    Einkünfte des Kindes:


    Ausbildungsvergütung

    7.944,00 EUR

    ./. Werbungskostenpauschbetrag

    ./. 920,00 EUR

    ./. Freibetrag (§ 33a Abs. 1 Satz 5 EStG)

    ./. 624,00 EUR

    = schädliche Einkünfte

    6.400,00 EUR

    ./. 6.400,00 EUR
    = abziehbare Unterhaltsaufwendungen


    1.604,00 EUR

    Mit dem dagegen am 11. Oktober 2011 erhobenen Einspruch machten die Kläger geltend, ihre Berechnungen hätten einen Abzugsbetrag von 3.231 EUR ergeben.

    Im Teilabhilfebescheid vom 26. Oktober 2011 gewährte der Beklagte Unterhaltsaufwendungen von 2.329 EUR. Im Unterschied zum ersten Einkommensteuerbescheid berücksichtigte er nunmehr die Erhöhung des Höchstbetrags nach § 33a Abs. 1 Satz 2 EStG:

    Höchstbetrag (§ 33a Abs. 1 Satz 1 EStG)


    8.004,00 EUR
    + Krankenversicherung


    + 627,56 EUR
    + Pflegeversicherung


    + 97,32 EUR
    = erhöhter Höchstbetrag (§ 33a Abs. 1 Satz 2 EStG)


    8.728,88 EUR
    Einkünfte des Kindes:


    Ausbildungsvergütung

    7.944,00 EUR

    ./. Werbungskostenpauschbetrag

    ./. 920,00 EUR

    ./. Freibetrag (§ 33a Abs. 1 Satz 5 EStG)

    ./. 624,00 EUR

    = schädliche Einkünfte

    6.400,00 EUR

    ./. 6.400,00 EUR
    = abziehbare Unterhaltsaufwendungen


    2.328,88 EUR

    Im Übrigen wies der Beklagte den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 22. Februar 2012 als unbegründet zurück. Nach seiner Auffassung könnten die Beiträge zur gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung sowie zur Krankenversicherung (in Höhe von 4 %) nicht von den Einkünften und Bezügen des Kindes abgezogen werden.

    Der Gesetzgeber lasse keinen Spielraum. Ab dem Veranlagungszeitraum 2010 sei der bislang in § 33a Abs. 1 Satz 4 EStG (jetzt: Satz 5) enthaltene Verweis auf § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG entfallen. Die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung seien künftig bereits bei der Bemessung des Höchstbetrags zu berücksichtigen und dürften zur Vermeidung einer Doppelberücksichtigung nicht zusätzlich die Einkünfte und Bezüge der unterhaltenen Person mindern (Hinweis auf Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen – BMF –, BStBl 2010 I S. 582 Tz. 13). Die anderen unvermeidbaren Versicherungsbeiträge wie Renten- und Arbeitslosenversicherung könnten dagegen von den Einkünften und Bezügen des Unterhaltsempfängers nicht abgezogen werden. Die Norm dürfe nicht über ihren Wortlaut hinaus ausgedehnt werden.

    Mit der dagegen am 27. März 2012 erhobenen Klage verfolgen die Kläger ihr Ziel weiter. Sie legen erstmals eine auf den Streitfall bezogene Berechnung der nach ihrer Meinung abzugsfähigen Unterhaltsaufwendungen vor:

    Höchstbetrag (§ 33a Abs. 1 Satz 1 EStG)


    8.004,00 EUR
    + Krankenversicherung, 96 % von 627,56 EUR


    + 602,46 EUR
    + Pflegeversicherung


    + 97,32 EUR
    = erhöhter Höchstbetrag (§ 33a Abs. 1 Satz 2 EStG)


    8.703,78 EUR
    Einkünfte des Kindes:


    Ausbildungsvergütung

    7.944,00 EUR

    ./. Werbungskostenpauschbetrag

    ./. 920,00 EUR

    ./. Krankenversicherung, 4 % von 627,56 EUR

    ./. 25,10 EUR

    ./. Rentenversicherung

    ./. 790,48 EUR

    ./. Arbeitslosenversicherung

    ./. 111,24 EUR

    ./. Freibetrag (§ 33a Abs. 1 Satz 5 EStG)

    ./. 624,00 EUR

    = schädliche Einkünfte

    5.473,18 EUR

    ./. 5.473,18 EUR
    = abziehbare Unterhaltsaufwendungen


    3.230,60 EUR

    Sie meinen, der Gesetzgeber habe mit der Streichung des Verweises auf § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG in § 33a Abs. 1 Satz 5 EStG lediglich verhindern wollen, dass die Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung doppelt (Erhöhung des Höchstbetrags und Minderung der Einkünfte und Bezüge der unterhaltenen Person) berücksichtigt werden. Dies gelte jedoch nicht für die Renten- und Arbeitslosenversicherung. Einkünfte und Bezüge könnten nur solche Beträge sein, die der unterstützten Person tatsächlich für den Lebensunterhalt zur Verfügung stehen. Das sei bei den Beiträgen zur gesetzlichen Sozialversicherung nicht der Fall. Die Leistungsfähigkeit einer unterstützten Person mindere sich um die Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung. Daher müssten diese Beträge wie bis zum Jahr 2009 in voller Höhe bei der Berechnung der abzugsfähigen Unterhaltsaufwendungen berücksichtigt werden, wobei im Ergebnis nicht entscheidend sei, ob dies durch eine Erhöhung des Höchstbetrags oder durch eine Minderung der eigenen Einkünfte und Bezüge der unterstützten Person geschehe.

    Die Kläger beantragen,

    den Einkommensteuerbescheid 2010 vom 26. Oktober 2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22. Februar 2012 dahingehend abzuändern, dass Unterhaltsaufwendungen für das Kind X. in Höhe von 3.231 EUR berücksichtigt werden.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Er verweist in seiner Klagebegründung auf die Einspruchsentscheidung.

    Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.


    Entscheidungsgründe

    Die Klage ist unbegründet. Der Einkommensteuerbescheid 2010 vom 26. Oktober 2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22. Februar 2012 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO –). Die Beiträge zur gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung sowie zur Krankenversicherung (in Höhe von 4 %) erhöhen weder den Höchstbetrag nach § 33a Abs. 1 Satz 2 EStG noch sind sie von den Einkünften und Bezügen der unterhaltenen Person abzuziehen.

    1. Nach § 33a Abs. 1 Satz 1 EStG wird auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass die Aufwendungen bis zu 8.004 EUR im Kalenderjahr vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden, wenn einem Steuerpflichtigen Aufwendungen für den Unterhalt und eine etwaige Berufsausbildung einer dem Steuerpflichtigen oder seinem Ehegatten gegenüber gesetzlich unterhaltsberechtigten Person erwachsen. Der Höchstbetrag erhöht sich gemäß § 33a Abs. 1 Satz 2 EStG um den Betrag der im jeweiligen Veranlagungszeitraum nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG für die Absicherung der unterhaltsberechtigten Person aufgewandten Beiträge; dies gilt nicht für Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge, die bereits (beim Unterhaltsverpflichteten) nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 EStG anzusetzen sind. Nach § 33a Abs. 1 Satz 5 EStG vermindert sich die Summe der nach Satz 1 und Satz 2 ermittelten Beträge um Einkünfte oder Bezüge der unterhaltenen Person, soweit diese den Betrag von 624 EUR im Kalenderjahr übersteigen.

    2. Vorliegend ist der erhöhte Höchstbetrag von 8.728,88 EUR anzusetzen.

    Nach R 33a Abs. 1 Satz 5 der Einkommensteuerrichtlinien 2008 (EStR) kann regelmäßig davon ausgegangen werden, dass dem Steuerpflichtigen Unterhaltsaufwendungen in Höhe des maßgeblichen Höchstbetrags erwachsen, wenn die unterhaltsberechtigte Person – wie im Streitfall – zum Haushalt des Steuerpflichtigen gehört.

    Der Höchstbetrag von 8.004 EUR ist um die Beiträge für die Krankenversicherung in Höhe von 627,56 EUR und die Pflegeversicherung in Höhe von 97,32 EUR auf 8.728,88 EUR zu erhöhen. Der Beklagte hat zwar übersehen, dass sich nach dem ebenfalls in Bezug genommenen § 10 Abs. 1 Nr. 3 Buchst a Satz 4 EStG der anzusetzende Krankenversicherungsbeitrag um 4 % auf 602,46 EUR zu mindern gewesen wäre, wenn – wovon im Streitfall auszugehen ist – sich aus den Krankenversicherungsbeiträgen ein Anspruch auf (nicht zur Basisversorgung gehörendes) Krankengeld oder eine entsprechende Leistung ergeben kann. Dieser Fehler wirkt sich jedoch zugunsten der Kläger aus.

    Die Hinzurechnung ist nicht nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 EStG ausgeschlossen. Die Ausnahme gilt nur in dem – hier nicht gegebenen – Fall des Vertrags zugunsten Dritter, d.h. wenn der Unterhaltsverpflichtete selbst vertraglicher Beitragsschuldner ist, der Beiträge für den Versicherungsschutz des Unterhaltsberechtigten entrichtet (Pfirrmann in Herrmann/Heuer/Raupach, § 33a EStG Rz. 69).

    Die Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung erhöhen dagegen den Höchstbetrag nicht, da sie in § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG nicht genannt werden.

    3. Von dem erhöhten Höchstbetrag hat der Beklagte zu Recht schädliche Einkünfte des Kindes in Höhe von 6.400 EUR abgezogen.

    Anrechenbare „Einkünfte” i.S. des § 33a Abs. 1 Satz 5 EStG sind die nach einkommensteuerrechtlichen Vorschriften zu ermittelnden Einkünfte i.S. des § 2 Abs. 2 EStG; Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen sind nicht zu berücksichtigen (Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 19. Juni 2002 III R 28/99, BFHE 199, 355, BStBl 2002 II S. 753).

    a) Im Streitfall erzielte das Kind eine Ausbildungsvergütung von 7.944 EUR brutto. Hiervon ist nach § 9a Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG lediglich der Werbungskostenpauschbetrag von 920 EUR abzuziehen, da das Kind keine höheren Werbungskosten geltend gemacht hat. Außerdem ist nach § 33a Abs. 1 Satz 5 EStG der Freibetrag von 624 EUR abzuziehen. Bezüge hat das Kind nicht erhalten. Die schädlichen Einkünfte und Bezüge des Kindes betragen daher 6.400 EUR.

    b) Ein Abzug der Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung sowie der nicht im erhöhten Höchstbetrag angesetzten 4 % des Krankenversicherungsbeitrags von den Einkünften und Bezügen der unterhaltenen Person kommt nicht in Betracht (ebenso: Pfirrmann in Herrmann/Heuer/Raupach, § 33a EStG Rz. 96; Pust in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 33a Rz. 193; Myßen/Wolter, Neue Wirtschafts-Briefe – NWB – 2009, 3900, 3907; zweifelnd: Schmidt/Loschelder, EStG, 31. Aufl. 2012, § 33a Rz. 26: teleologische Reduktion).

    Der Gesetzgeber hat mit dem Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung den in § 33a Abs. 1 Satz 4 EStG a.F. (jetzt: Satz 5) enthaltenen Verweis auf § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG gestrichen. Nach dieser Vorschrift wurde ein Kind nur berücksichtigt, wenn es Einkünfte und Bezüge, die zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind, von nicht mehr als 8.004 EUR im Kalenderjahr hatte. Der auch für Einkünfte geltende Relativsatz „die zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind” wurde im Anschluss an den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 11. Januar 2005 2 BvR 167/02 (BVerfGE 112, 164) verfassungskonform dahingehend ausgelegt, dass die Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung (einschließlich der Renten- und Arbeitslosenversicherung) bei der Ermittlung der anrechenbaren Einkünfte abzuziehen waren (BFH-Urteil vom 26. März 2009 VI R 60/08, BFH/NV 2009, 1418, unter II.2.a). Die Finanzverwaltung hatte sich dem angeschlossen (R 32.10 Abs. 1 Satz 2 EStR).

    In der Gesetzesbegründung zum Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung wird zwar darauf verwiesen, dass der Verweis auf § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG bei der Berechnung der eigenen Einkünfte und Bezüge des Unterhaltsberechtigten künftig entfalle, weil die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge bereits nach § 33a Abs. 1 Satz 2 EStG den Höchstbetrag erhöhen und daher zur Vermeidung einer Doppelberücksichtigung nicht zusätzlich die Einkünfte und Bezüge des Unterhaltsberechtigten mindern dürfen (BT-Drucks. 16/12254, S. 26; vgl. auch BMF-Schreiben vom 7. Juli 2010, BStBl 2010 I S. 582 Tz. 13). Diese Begründung trägt nicht die Nichtabziehbarkeit der Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung. Die Nichtabziehbarkeit folgt gleichwohl aus dem Wegfall des Bezuges auf § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG einschließlich des einschränkenden Relativsatzes „die zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind”. Es verbleibt dann lediglich der Rückgriff auf den Begriff der „Einkünfte” i.S. des § 2 Abs. 2 EStG, zu deren Ermittlung Sonderausgaben nicht zu berücksichtigen sind (vgl. § 2 Abs. 4 EStG).

    c) Die Nichtabziehbarkeit der Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung und Krankenversicherung (in Höhe von 4 %) ist zumindest im Streitfall verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

    Es besteht ohnehin kein verfassungsrechtlicher Anspruch auf Berücksichtigung der Arbeitslosenversicherung in voller Höhe (vgl. BFH-Urteil vom 16. November 2011 X R 15/09, BFHE 236, 69, BStBl 2012 II S. 325 unter II.2.a). Das gleiche gilt für den Teil der Krankenversicherungsbeiträge, mit dem gegen den Sozialversicherungsträger ein Anspruch auf Krankengeld erworben wird (BVerfG-Beschluss vom 13. Februar 2008 2 BvL 1/06, BVerfGE 120, 125, unter D.IV.1.a.); der Gesetzgeber nimmt diesen Teil mit 4 % an (vgl. § 10 Abs. 1 Nr. 3 Buchst a Satz 4 EStG). Auch die Beiträge zur Rentenversicherung sind bis zum Ablauf der Übergangsphase nicht voll abziehbar (vgl. § 10 Abs. 3 Sätze 4 und 5 EStG). Die Entscheidungen betreffen die Abziehbarkeit von Vorsorgeaufwendungen beim Steuerpflichtigen selbst. Für Abziehbarkeit von Vorsorgeaufwendungen bei der unterhaltenen Person kann jedoch nichts anderes gelten.

    Selbst wenn man im Grundsatz unterstellt, dass auch die Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung dem Unterhaltsberechtigten nicht zur Verfügung stehen (vgl. Pfirrmann in Herrmann/Heuer/Raupach, § 33a EStG Rz. 96), ist ein Abzug im Streitfall zum Schutz des Existenzminimums verfassungsrechtlich nicht geboten. Denn es wirken zwei Umstände kompensatorisch. Zum einen lässt der Gesetzgeber – verfassungsrechtlich nicht erforderlich (vgl. Pfirrmann in Herrmann/Heuer/Raupach, § 33a EStG Rz. 99) – weiterhin Einkünfte und Bezüge der unterhaltenen Person in Höhe von 624 EUR anrechnungsfrei. Zum anderen erhöhte der Gesetzgeber im Streitjahr den Höchstbetrag nach § 33a Abs. 1 Satz 1 EStG auf 8.004 EUR. Er folgte damit der Erhöhung des Grundfreibetrags auf den gleichen Betrag, obwohl das verfassungsrechtlich geschützte Existenzminimum im Jahr 2010 lediglich 7.664 EUR betrug (Bericht über die Höhe des Existenzminimums von Erwachsenen und Kindern für das Jahr 2010 – Siebenter Existenzminimumbericht – vom 21. November 2008, BT-Drucks 16/11065).

    Im Streitfall beläuft sich die Kompensation aus anrechnungsfreiem Betrag und nicht durch das Existenzminimum gefordertem Höchstbetrag auf 964 EUR (624 EUR + 340 EUR). Die von den Klägern geltend gemachten Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung sowie zur Krankenversicherung (in Höhe von 4 %) betragen dagegen lediglich 926,82 EUR (790,48 EUR + 111,24 EUR + 25,10 EUR).

    4. Die Revision war nicht zuzulassen, da sich die Lösung aus dem eindeutigen Gesetzeswortlaut ergibt und Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Nichtabziehbarkeit der Beiträge für die gesetzliche Renten- und Arbeitslosenversicherung sowie die Krankenversicherung (in Höhe von 4 %) zumindest im Streitfall nicht bestehen.

    5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

    6. Die Entscheidung ergeht gemäß § 90 Abs. 2 FGO mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Urteil.

    RechtsgebietEStGVorschriftenEStG § 33a Abs. 1 EStG § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG § 3a S. 4 EStG § 2 Abs. 2 EStG § 9a S. 1 Nr. 1a EStR § 33a Abs. 1 S. 5