30.04.2014 · IWW-Abrufnummer 141312
Finanzgericht Hamburg: Beschluss vom 27.11.2013 – 3 K 83/13
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
FINANZGERICHT HAMBURG
Aktz: 3 K 83/13
Entschdatum: 27.11.2013
Beschluss - Berichterstatter
Rechtskraft: -
Gründe
I.
Nachdem die Beteiligten den Rechtsstreit, mit dem sich der Kläger gegen eine Haftungsinanspruchnahme für Lohnsteuer für die Jahre 2006 bis 2009 wandte, in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war nur noch über die Kosten zu entscheiden.
1. a. Der Kläger war bis zum ... 2010 Inhaber eines Taxenunternehmens und beschäftigte in den Streitjahren bis zu 40 Taxifahrer.
b. In der Zeit vom 23.09.2009 bis zum 05.02.2010 fand bei dem Kläger eine den Zeitraum 01.01.2006 bis 31.12.2009 betreffende Lohnsteueraußenprüfung statt (Arbeitgeberakte -ArbgA- Bl. 80). Der Lohnsteueraußenprüfer stellte fest, dass die beschäftigten Fahrer die von ihnen genutzten Taxen nach Dienstschluss immer am Wohnort bzw. in der Nähe ihres Wohnortes abstellten, und schloss daraus, dass eine Nutzungsmöglichkeit der betrieblichen Taxen für private Zwecke jederzeit gegeben sei. Eine private Nutzung der Fahrzeuge wurde nicht versteuert; lediglich die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte wurden als Sachbezug nach der 0,03 %-Regelung bei den einzelnen Arbeitnehmern versteuert. Fahrtenbücher konnten nicht vorgelegt werden (ArbgA Bl. 82).
c. Mit Schreiben vom 28.01.2010 reichte der damalige Steuerberater des Klägers eine Auflistung der Schichtzettel sowie der Gesamtkilometerleistung für zwei Fahrzeuge ein und führte aus, die dargestellten Zahlen belegten, dass unter Berücksichtigung der Werkstattfahrten, Leerfahrten und der Fahrten Betrieb - Wohnung kein Spielraum verbleibe für eine private Nutzung der Fahrzeuge durch die Arbeitnehmer. Damit sei nachgewiesen, dass die Betriebsvereinbarung über die nicht erlaubte Privatnutzung auch tatsächlich eingehalten werde. Falls das FA Aufstellungen für weitere Fahrzeuge für notwendig erachte, würden diese noch erstellt werden (FA-Hefter LAP-Unterlagen, Bl. 5).
d. Der Lohnsteueraußenprüfer erachtete die Angaben des Klägers für nicht ausreichend und schätzte ausgehend von 20 Fahrzeugen pro Jahr den Wert der jährlichen Privatnutzung, nahm sodann einen Abschlag von 50 % vor und ermittelte mit einem geschätzten Bruttosteuersatz von 4 % die nachzufordernden Lohnsteuerbeträge (1.848,00 € für 2006; 1.632,00 € für 2007, 1.440,00 € für 2008 und 1.440,00 € für 2009; ArbgA Bl. 84 ff.).
e. Mit Haftungsbescheid vom 24.02.2010 nahm das beklagte Finanzamt (FA) den Kläger gem. § 42d Abs. 1 EStG i. V. m. § 191 AO für die errechnete Lohnsteuer (zzgl. Solidaritätszuschlag, Lohnkirchensteuer und ...) als Haftungsschuldner in Anspruch (ArbgA Bl. 88).
2. Hiergegen legte der Kläger durch seinen Steuerberater mit Schreiben vom 22.03.2010 Einspruch ein (ArbgA Bl. 91). Zur Begründung trug er mit Schreiben vom 28.06.2010 vor, seiner Meinung nach könne die Einhaltung der in der Betriebsvereinbarung eindeutig untersagten Privatnutzung aufgrund der Aufzeichnungen der Fahrer in den Schichtzetteln einerseits und einem Abgleich der Taxameter-Kilometerleistung andererseits überprüft werden. Man könne nicht per se davon ausgehen, dass sich Arbeitnehmer nicht vertragstreu verhielten und gegen eine solche Vereinbarung verstießen. Er kündigte an, in einem finanzgerichtlichen Verfahren alle betroffenen Fahrer als Zeugen dafür zu benennen, dass sie die Fahrzeuge des Klägers nicht privat genutzt hätten (Rechtsbehelfsakte -RbA- Bl. 20f).
Das FA wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 17.08.2011 als unbegründet zurück (RbA Bl. 29 f.).
3. Der Kläger hat am 09.09.2011 Klage erhoben. Zur Begründung reichte er exemplarisch eine mit einem Arbeitnehmer getroffene Betriebsvereinbarung, die in § 2 ein Privatnutzungsverbot enthielt, ein und wies darauf hin, dass mit den übrigen Fahrern entsprechende Vereinbarungen getroffen worden seien (Finanzgerichtsakte -FGA- Bl. 2, FGA-Anlagenband K1). Er habe stichprobenartig anhand der Gesamtfahrleistungen überprüft, ob die Fahrer die entsprechenden Betriebsvereinbarungen eingehalten hätten. Er habe dabei keine Unregelmäßigkeiten feststellen können.
Nachdem im Erörterungstermin am 16.08.2013 die Rechtslage und dabei insbesondere die neue Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zu der Anwendungsvoraussetzung der 1 %-Regelung (-BFH-; insbes. BFH-Urteile vom 18.04.2013 VI R 23/12 BFHE 241, 276, BFH/NV 2013, 1316; vom 21.03.2013 VI R 42/12, BFHE 241, 180, BFH/NV 2013, 1305 und VI R 46/11 BFHE 241, 175, BFH/NV 2013, 1302) erörtert worden sind, hat der Kläger am 11.09.2013 die Namen sämtlicher im Streitzeitraum beschäftigten Fahrer sowie die entsprechenden Betriebsvereinbarungen eingereicht. Das FA hat daraufhin den Haftungsbescheid vom 24.02.2010 aufgehoben (FGA Bl. 54). Die Beteiligten haben den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt und stellen wechselseitige Kostenanträge.
Der Kläger ist der Auffassung, das FA habe Anlass zur Klage gegeben. Bei Fortführung des Verfahrens wäre mit einer voll klagstattgebenden Entscheidung mit der daraus resultierenden Kostenfolge zu Lasten des FA zu rechnen gewesen. Bereits im Einspruchsverfahren habe er mit Schreiben vom 28.06.2010 dem FA einen Hinweis auf die mit den beschäftigten Fahrern geschlossene eindeutige Betriebsvereinbarung gegeben. Wenn das FA im Einspruchsverfahren nicht nachfrage, sondern den Einspruch schlicht zurückweise, könne ihm, dem Kläger, nicht vorgehalten werden, dass er die die Betriebsvereinbarungen erst im Klageverfahren vorgelegt habe. Dies hätte ebenso im Einspruchsverfahren seitens des FA verlangt werden können. Im Übrigen sei schon von seinem damaligen Steuerberater in dem Schreiben vom 28.01.2010 auf die Betriebsvereinbarungen hingewiesen worden. Das FA habe diesen Betriebsvereinbarungen ganz offensichtlich keine Bedeutung beigemessen.
Das FA ist der Auffassung, dass der Kläger die Kosten zu tragen habe, da er seiner Nachweispflicht zum Privatnutzungsverbot der betrieblichen Fahrzeuge erst durch das Einreichen der Betriebsvereinbarungen im Klageverfahren nachgekommen sei.
II.
1. Ist ein Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht aufgrund summarischer Prüfung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens (§ 138 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung -FGO-). Erledigt sich der Rechtsstreit allerdings dadurch, dass dem Antrag des Steuerpflichtigen durch Rücknahme oder Änderung des angefochtenen Verwaltungsaktes entsprochen wird, sind die Kosten gemäß § 138 Abs. 2 Satz 1 FGO grundsätzlich der Behörde aufzuerlegen. Ausnahmsweise können die Kosten aber dem Steuerpflichtigen auferlegt werden, wenn die Bescheidänderung oder -aufhebung auf Tatsachen beruht, die er früher hätte geltend machen können und sollen, oder wenn die Kosten durch sein Verschulden entstanden sind (§ 138 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 137 Sätze 1 und 2 FGO).
Das FA hat dem Klageantrag durch Aufhebung des angefochtenen Haftungsbescheides entsprochen, so dass ihm die Kosten aufzuerlegen sind.
Es liegt keiner der genannten Ausnahmefälle vor. Es sind keine Kosten entstanden, an deren Entstehung den Kläger im Sinne des § 137 Satz 1 FGO ein Verschulden trifft. Die Aufhebung des Haftungsbescheides beruht auch nicht auf Tatsachen, die der Kläger früher hätte geltend machen oder beweisen können. Der Kläger hat seine auf § 90 Abs. 1 Satz 2 Abgabenordnung (AO) beruhenden Mitwirkungspflichten im Besteuerungsverfahren erfüllt. Danach kommen die Beteiligten der Mitwirkungspflicht insbesondere dadurch nach, dass sie die für die Besteuerung erheblichen Tatsachen vollständig und wahrheitsgemäß offenlegen und die ihnen bekannten Beweismittel angeben. Dies hat der Kläger getan: Er hat bereits im Rahmen der Lohnsteueraußenprüfung und später im Einspruchsverfahren vorgetragen, dass er mit seinen Beschäftigten Betriebsvereinbarungen geschlossen hat, wonach ihnen die private Nutzung der betrieblichen Fahrzeuge untersagt gewesen ist. Dass das FA - aufgrund der zum damaligen Zeitpunkt noch nicht so eindeutigen Rechtsprechung des BFH - diese Betriebsvereinbarungen für unerheblich hielt, kann dem Kläger nicht angelastet werden. Ist ein Verschulden des Klägers nicht festzustellen, trifft die Kostenlast zwingend die Behörde, auch wenn ihr ein Verschulden ebenfalls nicht zu Last zu legen ist (Brandis in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 138 FGO Rz. 82).
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 138 Abs. 2 Satz 2 i. V. m § 137 Satz 1 FGO.
3. Die Entscheidung ist gemäß § 128 Abs. 4 Satz 1 FGO unanfechtbar.