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  • 04.02.2015 · IWW-Abrufnummer 143770

    Finanzgericht Hamburg: Beschluss vom 22.10.2014 – 2 V 214/14

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Finanzgericht Hamburg

    Beschl. v. 22.10.2014

    Az.: 2 V 214/14

    Gründe

    I.

    Die Antragstellerin wendet sich gegen die Versagung des Vorsteuerabzugs aus Eingangsrechnungen im Zusammenhang mit dem Bau einer Produktionshalle.

    Die Antragstellerin bearbeitet ... und vertreibt diese. Zur Erfüllung von Zertifizierungsauflagen benötigte sie eine neue Fertigungshalle. Ein entsprechender Bauauftrag wurde über das Architekturbüro ... ausgeschrieben. Das günstigste Angebot zu Fertigung der Halle reichte die A GmbH (A) ein. Die Antragstellerin schloss mit der A am ... 2011 einen Generalunternehmervertrag/Bauvertrag über den Bau einer Produktionshalle mit Büro und Personalräumen in der X-Straße ... ab. Der Vertragspreis wurde mit ... € brutto vereinbart. Als Vertragsgrundlagen vereinbart wurden unter anderem ein Angebot der A, ein Zahlungsplan nach Baufortschritt sowie im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch nachzureichende Bauantragszeichnungen des Architekten B und ein noch zu erstellender Terminplan der A. Das Bauvorhaben wurde vom Architekten B verantwortlich begleitet, der auch eine entsprechende Baubeschreibung fertigte.

    Mit insgesamt zehn Rechnungen rechnete die A im Zeitraum von Mai 2011 bis Februar 2012 über erbrachte Bauleistungen gegenüber der Antragstellerin ab. Dabei stellte sie für das Jahr 2011 ... € brutto sowie für 2012 ... € brutto in Rechnung. Die Antragstellerin brachte die entsprechenden Vorsteuerbeträge (... € für 2011 sowie ... € für 2012) im Rahmen ihrer Umsatzsteuerjahreserklärungen zum Abzug.

    Als die Antragstellerin aufgrund drohender Insolvenz der A das Bauvorhaben gefährdet sah, beauftragte sie die am ... 2012 im Handelsregister erstmals eingetragene C Bau GmbH (C) mit der Fertigstellung der Halle. Der zwischen der Antragstellerin und der C geschlossene Vertrag datiert vom ... 2012. Als Vergütung vereinbarten die Vertragsparteien einen Pauschalpreis i. H. v. ... € brutto. Vertragsbestandteile des Bauvertrags sollten u. a. das Angebot der C vom ... 2012, ein Zahlungsplan nach Baufortschritt, ein Terminplan der C sowie die Ausführungsplanung und die Leistungsverzeichnisse des Architekten B sein.

    Mit insgesamt zwölf Rechnungen rechnete die C im Jahr 2013 über Bauleistungen für mehr als ... Euro ab. Die daraus resultierende Vorsteuer machte die Antragstellerin bei ihren monatlich abzugebenden Umsatzsteuervoranmeldungen als abzugsfähige Vorsteuer geltend (insgesamt ... €).

    Im Rahmen einer Umsatzsteuersonderprüfung für den Zeitraum Januar 2011 bis Dezember 2013 gelangte der Antragsgegner zu der Einschätzung, dass der Vorsteuerabzug aus den Rechnungen der A und der C zu versagen sei. Die Rechnungen seien bereits formell nicht ordnungsgemäß im Sinn der §§ 14, 14a des Umsatzsteuergesetzes (UStG), da sie keinen Leistungszeitraum benennen würden, die Leistungsbeschreibung unzulänglich sei und Unregelmäßigkeiten bei einzelnen Rechnungsnummern und Daten bestünden. Überdies handele es sich um Scheinrechnungen, da die Leistungen in Wirklichkeit von einem Bauunternehmer D und nicht von der A oder C erbracht worden seien.

    Auf Grundlage des Prüfungsberichts vom ... 2014 erließ der Antragsgegner am 19.06.2014 unter anderem geänderte Bescheide über Umsatzsteuer für 2011 sowie geänderte Bescheide über die Festsetzung der Umsatzsteuer-Vorauszahlungen für die Monate Januar, Februar, April und Juni 2013, wobei er die von der Antragstellerin geltend gemachten Vorsteuerbeträge aus den Rechnungen der A und C nicht berücksichtigte.

    Gegen alle geänderten Bescheide legte die Antragstellerin am 26.06.2014 Einspruch ein und beantragte gleichzeitig die Aussetzung der Vollziehung, welche der Antragsgegner mit Bescheid vom 23.07.2014 ablehnte. Der Einspruch ist bisher nicht beschieden.

    Am 30.07.2014 hat die Antragstellerin beim Finanzgericht die Aussetzung der Vollziehung beantragt. Am 07.10.2014 hat sie Unterlagen zur Rechnungsberichtigung der Rechnungen der C bei Gericht eingereicht.

    Zur Begründung ihres Antrags führt sie aus, dass die vom Antragsgegner behaupteten formellen Mängel nicht vorlägen oder nach unionsrechtlichen Maßstäben die Versagung des Vorsteuerabzugs nicht rechtfertigten. Alle Rechnungen basierten auf den geschlossenen Bauverträgen mit den dort festgelegten, sowohl dem Gericht als auch dem Antragsgegner vorliegenden Zeitplänen und Fälligkeiten der Zahlungen, so dass die nur nach nationalem Recht zu fordernde Verknüpfung zwischen Rechnung und weiteren Abrechnungspapieren gegeben sei. Dieses gelte insbesondere für die bemängelte Angabe des Leistungszeitpunktes. Selbst nach dem für den Antragsgegner bindenden Umsatzsteuer-Anwendungserlasses (UStAE) sei es nach Abschnitt 15.11 Abs. 3 Satz 6 ausreichend, wenn der Unternehmer diesen anhand sonstiger Geschäftsunterlagen ergänze oder nachweise. Dies sei durch Vorlage der mit der A und der C geschlossenen Bauverträge mit Termin- und Zahlungsplan nach Baufortschritt erfolgt. Auch die Leistungsbeschreibung in den Rechnungen sei hinreichend konkret. Vor dem Hintergrund eines durch einen Generalunternehmer anhand einer Baubeschreibung ausgeführten Bauvorhabens zu einem Pauschalpreis seien an die Leistungsbeschreibung keine überzogenen Anforderungen zu stellen. Insbesondere sei keine "atomisierte" Leistungsbeschreibung zu fordern. Wie man verschiedenen Musterverträgen entnehmen könne, sei die Vereinbarung eines Pauschalhonorars bei Leistungen eines Generalunternehmers nicht unüblich. Auch nach diesen Musterverträgen seien die vom Antragsgegner geforderten Stundenzettel, Bautagebücher und Abnahmeprotokolle zum Nachweis des Leistungsbezugs entbehrlich. Diese Nachweise seien auch deshalb nicht zu fordern, weil sich der Antragsgegner im Rahmen der Betriebsprüfung von der tatsächlichen Durchführung des Bauvorhabens überzeugt habe. Eine etwaig unzutreffende Rechnungsnummerierung sei auch nach Verwaltungsauffassung für den Vorsteuerabzug unschädlich, da der Leistungsempfänger diese regelmäßig nicht überprüfen könne. Jedenfalls nach Einreichung berichtigter Rechnungen der C sei insoweit ein Vorsteuerabzug nicht zu versagen. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) sei eine rückwirkende Rechnungskorrektur möglich; jedenfalls sei vor diesem Hintergrund die Aussetzung der Vollziehung zu gewähren.

    Bei den Rechnungen handele es sich auch nicht um Scheinrechnungen. Diesbezügliche Annahmen des Antragsgegners beruhten auf reiner Spekulation. Nach der Rechtsprechung des EuGH obliege den Steuerbehörden bei Versagung des Vorsteuerabzugs der Nachweis objektiver Umstände, dass der in Rede stehende Umsatz in eine vom Leistungserbringer oder einem Dritten - auf einer vorhergehenden oder nachfolgenden Umsatzstufe - begangenen Steuerhinterziehung einbezogen war und der Steuerpflichtige dies hätte zumindest wissen müssen. Diesen Nachweis habe der Antragsgegner nicht erbracht. Zudem könne dieser nicht verlangen, dass die Antragstellerin zu prüfen habe, ob ihr Geschäftspartner Steuerpflichtiger sei und seinen Umsatzsteuerverpflichtungen stets nachgekommen sei. Im Übrigen habe die C in einem Rechtsstreit vor dem Finanzgericht ... die Behauptung der Finanzverwaltung entkräften können, bei ihr handele es sich nicht um eine Unternehmerin.

    Schließlich sei bei Vollzug der Bescheide die wirtschaftliche Existenz der Antragstellerin unmittelbar gefährdet, da sie die Vorsteuerbeträge vorfinanziert habe und die ihr eingeräumte Finanzierung nur den Nettorechnungsbetrag umfasse.

    Die Antragstellerin beantragt,

    die Vollziehung der Bescheide vom 19.06.2014 über Umsatzsteuer für 2011 i. H. v. ... €, über die Festsetzung der Umsatzsteuer-Vorauszahlungen für Januar 2013 i. H. v. ... €, für Februar 2013 i. H. v. ... €, für April 2013 i. H. v. ... € und für Juni 2013 i. H. v. ... € auszusetzen.

    Der Antragsgegner beantragt,

    den Antrag abzuweisen.

    Er vertritt die Ansicht, bereits aufgrund formell mangelhafter Rechnungen sei der Vorsteuerabzug zu versagen. Die in den Rechnungen vorgenommenen Leistungsbezeichnungen seien unzureichend, da sie die Identifizierung und Prüfung des Leistungsgegenstandes vor dem Hintergrund doppelter Abrechnung nicht ermöglichten. Begriffe wie "Dacharbeiten", "Malerarbeiten", "Rohbauarbeiten", "Elektriker", teilweise mit einer Prozentzahl versehen, ließen eine Kontrolle der einzelnen Leistungen nicht zu. Soweit die Antragstellerin zur Leistungsbeschreibung auf weitere Dokumente wie die Bauverträge verweise, sei dies unerheblich, da eine ausdrückliche Bezugnahme in den Rechnungen auf diese Dokumente fehle. Für einzelne Bauvorgänge seien solche Bezugsdokumente auch gar nicht vorhanden. Ferner fehle es an einer Bezugnahme auf Aufmaße, Stundenzettel und Abnahmeprotokolle, die auch im Rahmen der Umsatzsteuersonderprüfung nicht vorgelegt worden seien. Es komme zudem nicht darauf an, dass sich der Betriebsprüfer im Rahmen der Prüfung von der tatsächlichen Durchführung des Hallenbaus überzeugt habe.

    Auch die in den einzelnen Rechnungen fehlenden Angaben hinsichtlich des Leistungszeitraums ließen sich nicht den im Rahmen der Prüfung vorgelegten weiteren Dokumenten entnehmen, da es sich lediglich um Planungsdaten handele, denen der tatsächliche Zeitraum der Leistungserbringung nicht zu entnehmen sei.

    Tatsächlich habe ein Leistungsaustausch mit der A bzw. der C gar nicht stattgefunden. Diese hätten die Leistungen nur fakturiert. Tatsächlich Leistender sei Bauunternehmer D gewesen, was durch zeugenschaftliche Vernehmung der Steuerfahndungsprüferin nachgewiesen werden könne und sich zudem aus dem in Auszügen vorgelegten Bericht des Finanzamtes für Prüfdienste und Strafsachen über steuerstrafrechtliche Ermittlungen gegen u. a. den Bauunternehmer D ergebe.

    Dem Gericht haben jeweils Band I der Rechtsbehelfsakten und der Betriebsprüfungsakten, zwei Bände Bp-Arbeitsakten sowie Band II der Umsatzsteuerakten zur Steuernummer .../.../... vorgelegen.

    II.

    Der zulässige Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ist begründet, soweit er den Vorsteuerabzug aus den Rechnungen der C betrifft; im Übrigen ist er unbegründet.

    Nach § 69 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes ganz oder teilweise aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an dessen Rechtmäßigkeit bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Danach soll seitens des Gerichts eine Aussetzung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen. Solche sind gegeben, wenn bei summarischer Prüfung neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zu Tage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen und/oder Unklarheiten in der Beurteilung einer Tatfrage bewirken (st. Rspr., vgl. Bundesfinanzhof (BFH), Beschlüsse vom 03.02.2005, I B 208/04, BStBl II 2005, 351; vom 03.02.1993, I B 90/92, BStBl II 1993, 426). Die Entscheidung ergeht bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen summarischen Prüfung aufgrund des Sachverhalts, der sich aus dem Vortrag der Beteiligten und der Aktenlage sowie aufgrund von präsenten Beweismitteln (§ 155 FGO i. V. m. § 294 Abs. 2 der Zivilprozessordnung - ZPO) ergibt. Es ist Sache der Beteiligten, die entscheidungserheblichen Tatsachen darzulegen und glaubhaft zu machen, soweit ihre Mitwirkungspflicht reicht (BFH-Beschluss vom 20.03.2002, IX S 27/00, BFH/NV 2002, 809 m. w. N.).

    1. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide bestehen nur, soweit der Antragstellerin der Vorsteuerabzug aus den Rechnungen der C versagt wurde. Der Antraggegner hat hingegen zu Recht einen Vorsteuerabzug aus den Rechnungen der A versagt.

    a) Die Rechnungen der A erfüllen bei summarischer Prüfung bereits nicht die formellen gesetzlichen Voraussetzungen für einen Abzug der Vorsteuer.

    aa) Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG in der Fassung der Bekanntmachung vom 21.02.2005 kann der Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a UStG ausgestellte Rechnung besitzt. Nach § 14 Abs. 4 Nr. 5 UStG muss eine Rechnung u. a. die Menge und die Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände oder den Umfang und die Art der sonstigen Leistung enthalten. Nach § 14 Abs. 4 Nr. 6 UStG muss in der Rechnung zudem der Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung genannt sein. Diese Anforderungen stehen im Einklang mit den Regelungen der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 (Mehrwertsteuersystemrichtlinie - MwStSysRL - vgl. BFH-Urteil vom 02.09.2010, V R 55/09, BStBl II 2011, 235 zur Sechsten Richtlinie des Rates vom 17.05.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG - Sechste Richtlinie). Fehlen die für den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG erforderlichen Rechnungsangaben oder sind sie unzutreffend, besteht für den Leistungsempfänger kein Anspruch auf Vorsteuerabzug.

    Nach ständiger Rechtsprechung des BFH dient das Abrechnungspapier (Rechnung oder Gutschrift) für den Vorsteuerabzug als Belegnachweis. Deshalb müssen die Abrechnungspapiere Angaben tatsächlicher Art enthalten, welche die Identifizierung der Leistung ermöglichen, über die abgerechnet worden ist. Die den Leistungsgegenstand betreffenden Angaben müssen eine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung der Leistung, über die abgerechnet worden ist, ermöglichen, denn aus der Funktion des Abrechnungspapiers als Belegnachweis folgt, dass der Aufwand zur Identifizierung der Leistung begrenzt sein muss. Es ist jedoch zulässig, zur Identifizierung der abgerechneten Leistungen über die im Abrechnungspapier enthaltenen Angaben tatsächlicher Art hinaus weitere Erkenntnismittel heranzuziehen. Sofern auf andere Erkenntnismittel verwiesen wird, ist es erforderlich, dass die in Bezug genommenen Unterlagen in der Rechnung eindeutig bezeichnet werden (BFH-Urteile vom 10.11.1994, V R 45/93, BStBl II 1995, 395; vom 21.01.1993, V R 30/88, BStBl II 1993, 385; vom 24.09.1987, V R 50/85, BStBl II 1988, 688, 691 f.; Beschlüsse vom 29.11.2002, V B 119/02, BFH/NV 2003, 518; vom 14.10.2002, V B 9/02, BFH/NV 2003, 213; vom 22.07.2014, XI B 29/14, [...]; Hessisches Finanzgericht, Beschluss vom 16.09.2005, 6 V 2616/05, [...]).

    bb) Nach diesen Grundsätzen sind die Rechnungen der A bei summarischer Prüfung bereits deshalb formell mangelhaft, weil sie den Zeitpunkt der Leistungserbringung nicht nennen. Unentschieden bleiben kann dabei die Frage, ob zum Nachweis des Leistungszeitraums durch Vorlage von Bezugsdokumenten diese einzeln in den Rechnungen - entsprechend § 31 Abs. 1 Satz 2 der Umsatzsteuerdurchführungsverordnung (UStDV) und der oben genannten Rechtsprechung zur Leistungsbeschreibung - aufgeführt werden müssen (zweifelnd wohl BFH, Urteil vom 17.12.2008, XI R 62/07, BStBl II 2009, 432) oder ob - der in Abschnitt 15.11 Abs. 3 Satz 6 UStAE niedergelegten Verwaltungsauffassung folgend - die bloße Vorlage dieser Dokumente genügen kann. Denn auch die Bauverträge und die in diesen genannten Bezugsdokumente, soweit sie dem Gericht vorliegen, sind hinsichtlich der Bestimmung des Leistungszeitpunkts unergiebig. Entgegen der Ansicht der Antragstellerin lassen sich die einzelnen Leistungszeitpunkte insbesondere nicht den eingereichten Terminplänen entnehmen.

    Für Leistungen der A liegt lediglich ein mit "Kostenaufstellung und Terminplan" überschriebenes, undatiertes Dokument vor, welches auf einen Neubau einer Produktionshalle als Auftrag verweist. Terminpläne enthalten regelmäßig Aussagen über geplante, d. h. "Soll"-Leistungszeitpunkte. Diese weichen jedoch erfahrungsgemäß gerade in der Baubranche aufgrund zahlreicher äußerer Faktoren in der Bauphase teilweise erheblich vom tatsächlichen Baufortschritt ab, so dass solchen Dokumenten, die vor Baubeginn erstellt wurden, nicht mit hinreichender Gewissheit der tatsächliche Leistungszeitpunkt einzelner Bauleistungen zu entnehmen ist. Bei summarischer Prüfung ist auch nicht davon auszugehen, dass der undatierte Terminplan der A nach Leistungserbringung erstellt wurde und damit den jeweiligen "Ist"-Leistungszeitpunkt enthält. Dagegen spricht die Aufnahme von Leistungen wie "Fenster", "Sanitär/Heizung" u. a., die nicht mehr von der A erbracht wurden. Überdies können die in den Rechnungen teilweise beschriebenen Leistungen wie "Bodengutachten", "Entwurfsplanung", "Statik", "Energieberechnungsarbeiten" und "Schurfarbeiten" nicht eindeutig den im Terminplan genannten - anderslautenden - Leistungen zugeordnet werden.

    Soweit die A gegenüber der Antragstellerin Leistungen die "energetische Sanierung der alten Lager & Produktionshalle" betreffend, in Rechnung stellt, liegt dem Gericht bereits kein Terminplan vor.

    cc) Die Rechnungen der A enthalten bei summarischer Prüfung zudem keine leicht nachprüfbaren Leistungsbeschreibungen, die eine leichte und eindeutige Kontrolle der abgerechneten Leistung durch den Antragsgegner zur Vermeidung einer mehrfachen Abrechnung derselben Leistung ermöglicht.

    Als Leistungsbeschreibung finden sich in den Rechnungen lediglich Begriffe wie "Bodengutachten", "Entwurfsplanung", "Statik", "Abbrucharbeiten", "Gerüstbauarbeiten", "Maurerarbeiten", "Dacharbeiten", "Dachdeckerarbeiten", "Rohbauarbeiten", "Pfahlgründungsarbeiten" und "Malerarbeiten". Oftmals versehen sind diese Begriffe mit einer Prozentzahl, z. B. 50 %. Selbst im Zusammenhang mit der teilweise in den Rechnungen enthaltenen Adresse sowie einer Gewerksbeschreibung ist der Leistungsgegenstand nicht so hinreichend konkret beschrieben, dass aus Sicht des Antragsgegners leicht überprüfbar eine doppelte Abrechnung von Leistungen ausgeschlossen werden kann. Dies gilt z. B. für die Rechnungen vom 24.05.2011 und 13.07.2011, mit denen jeweils über "Bodengutachten, Entwurfsplanung, Statik und Energieberechnungsarbeiten" zu jeweils einer Pauschalsumme abgerechnet wird. Es ist bei Betrachtung allein der Rechnungen nicht ausgeschlossen, dass zweimal über den gleichen Leistungsgegenstand abgerechnet wurde. Die Antragstellerin kann sich nicht darauf berufen, dass sich die einzelnen Leistungsgegenstände unter Zuhilfenahme des Generalunternehmervertrags, der Baubeschreibung des Architekten sowie der Kostenaufstellung und dem Terminplan der A hinreichend konkret entnehmen ließen. Insoweit fehlt es an der zu fordernden Bezugnahme und eindeutigen Bezeichnung dieser Dokumente in den Rechnungen. Soweit Leistungen im Zusammenhang mit der Sanierung von bereits bestehenden Hallen erbracht wurden, liegen bereits keinerlei Bezugsdokumente vor. Unerheblich ist zudem, dass der Neubau der Produktionshalle letztlich abgeschlossen wurde. Eine konkretere Leistungsbeschreibung war bereits vor dem Hintergrund zu fordern, dass der Bau lediglich von der A begonnen und der C beendet wurde und dem Antragsgegner eine eindeutige Zuordnung der erbrachten Leistung zu den beiden Leistungserbringern bereits anhand der Rechnungen ermöglicht werden musste.

    b) Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit bestehen hingegen, soweit der Antragsgegner den Vorsteuerabzug aus den Rechnungen der C wegen formeller Mängel versagt hat. Zwar weisen die ursprünglichen Rechnungen der C die gleichen Mängel wie die Rechnungen der A hinsichtlich des Leistungszeitpunkts und des Leistungsgegenstands auf. Jedoch hat die C diese Rechnungen entsprechend berichtigt. Dies wirkt jedenfalls bei summarischer Prüfung unter Berücksichtigung der einschlägigen Rechtsprechung des EuGH auf den Zeitpunkt der ursprünglichen Rechnungserstellung zurück.

    aa) Die ursprünglichen Rechnungen der C nennen keine Leistungszeitpunkte. Diese ergeben sich auch nicht unter Zuhilfenahme des von der Antragstellerin eingereichten Terminplans der C. Dieser enthält aufgrund seines Datums vom ... 2012 für Leistungen, die in der Zeit von September 2012 bis März zu erbringen waren, ebenfalls nur geplante Leistungszeitpunkte, nicht aber den tatsächlichen Zeitpunkt der Leistungsausführung. So widersprechen auch die Rechnungen der C teilweise dem Terminplan. Unter der Rechnungsnummer ... wird als korrigierte Rechnung vom 01.11.2012 über "60 % Metall und Stahlbauarbeiten" sowie "90 % Trockenbauarbeiten" abgerechnet. Dabei waren für die Metall- und Stahlbauarbeiten erst sieben der geplanten 19 Wochen, für die Trockenbauarbeiten lediglich drei von geplanten zehn Wochen verstrichen. Überdies finden sich Rechnungspositionen wie "Baustelleneinrichtung, Materiallieferung für Maurer und Stahlbeton" (Rechnungsnummer ...), die keinerlei Entsprechung im Terminplan haben.

    Ohne ausdrückliche Bezugnahme auf Vertragsangebot, Generalunternehmervertrag sowie Baubeschreibung sind auch die von der C in ihren Rechnungen verwendeten Leistungsbeschreibungen wie "Maurer- und Stahlbetonarbeiten", "Tischlerarbeiten/Fensterbau", "Elektroarbeiten", "Heizung, Lüftung Sanitär" u. ä. unzureichend.

    bb) Die C hat die streitgegenständlichen Rechnung jedoch bei summarischer Prüfung mit Schreiben und Anlagenkonvolut vom 06.10.2014 insbesondere hinsichtlich des Leistungszeitpunktes und der Leistungsbeschreibung berichtigt.

    Gemäß § 14 Abs. 6 Nr. 5 UStG i. V. m. § 31 Abs. 5 UStDV kann eine fehlerhafte Rechnung durch Übermittlung eines Dokuments berichtigt werden, wenn es spezifisch und eindeutig auf die Rechnung bezogen ist. Dabei braucht es nur die fehlenden oder unzutreffenden Angaben enthalten. Diesem ist die C in ausreichendem Maße dadurch nachgekommen, dass sie in tabellarischer Form unter Bezugnahme auf die jeweiligen Rechnungen mit Datum und Rechnungsnummer nunmehr hinsichtlich der Leistungsbeschreibung ausdrücklich auf den Bauvertrag, die Leistungsbeschreibung des Architekten sowie das Angebot der C vom ... 2012 Bezug nimmt. Der Leistungszeitraum wird ausreichend durch die Nennung des Monats der Leistung beschrieben, vgl. § 31 Abs. 4 UStDV.

    cc) Die einschlägige Rechtsprechung des EuGH in Sachen Pannon Gép (EuGH-Urteil vom 15.07.2010, C-368/09, Pannon Gép, Slg. 2010, I-7467) und Petroma Transports (EuGH-Urteil vom 08.05.2013, C-271/12, BB 2013, 1365) lässt jedenfalls bei summarischer Prüfung eine Rückwirkung dieser Rechnungsberichtigung auf den Zeitpunkt der erstmaligen Rechnungserteilung zu.

    Das EuGH-Urteil in Sachen Pannon Gép wurde von Teilen der Literatur und einigen Finanzgerichten dahingehen verstanden, dass der EuGH eine rückwirkende Rechnungsberichtigung für den Fall zulassen wollte, in dem den Steuerbehörden vor Erlass des (ablehnenden) Steuerbescheids die berichtigte Rechnung bereits vorgelegen hat (FG Nürnberg, Beschluss vom 07.10.2010, 2 V 802/2009, EFG 2011, 1113; FG Saarland, Beschluss vom 16.02.2012, 2 V 1343/11, EFG 2012, 1115; Martin, BFH/PR 2010, 388; Sterzinger, UR 2010, 700; Wäger, DStR 2010, 1478; Wagner, UVR 2010, 311).

    Teilweise wird hingegen davon ausgegangen, dass einer Rechnungsberichtigung auch unter Berücksichtigung des EuGH-Urteils Pannon Gép keine Rückwirkung zukomme, da sich der EuGH nicht ausdrücklich zur Frage der Rückwirkung geäußert habe (Niedersächsisches FG, Urteil vom 25.10.2010, 5 K 425/08, DStRE 2011, 1337; FG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 22.02.2011, 5 V 5004/11, EFG 2011, 1295; FG Köln, Urteil vom 13.07.2011, 2 K 2695/10, [...]; FG Hamburg, Beschluss vom 06.12.2011, 2 V 149/11, DStRE 2013, 93; Huschens, UVR 2010, 333; Meurer, DStR 2010, 2442). Es wird darauf hingewiesen, dass nach der Entscheidung des EuGH aus dem Jahr 2004 in Sachen Terra-Baubedarf (Urteil vom 29.04.2004, C-152/02, DStRE 2004, 830), der Vorsteuerabzug davon abhängig ist, dass dem Steuerpflichtigen eine ordnungsgemäße Rechnung mit Umsatzsteuerausweis vorliegt. Obgleich die Ausführungen des EuGH in Sachen Pannon Gép im Ergebnis eine rückwirkende Anerkennung des Vorsteuerabzugs in dem konkreten Fall bedeuteten, sei damit keine generelle Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung des EuGH, insbesondere in Sachen Terra Baubedarf, verbunden, da er sich dafür mit Art. 179 MwStSystRL bzw. Art. 18 Abs. 1 Unterabsatz 1 der Sechsten Richtlinie sowie seiner Entscheidung in Sachen Pannon Gép hätte auseinandersetzen müssen (FG Hamburg, Beschluss vom 06.12.2011, 2 V 149/11, DStRE 2013, 93).

    Der BFH hat in Verfahren zum einstweiligen Rechtsschutz unter Würdigung der EuGH-Entscheidungen Terra Baubedarf und Pannon Gép ernstliche Zweifel geäußert, ob der Vorsteuerabzug aus einer zunächst fehlerhaften Rechnung auch dann versagt werden kann, wenn diese Rechnung später berichtigt wird, sofern das zunächst erteilte Dokument die Mindestanforderungen (Rechnungsaussteller, Leistungsempfänger, Leistungsbeschreibung, Entgelt, gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer) an eine Rechnung erfüllt (BFH-Beschlüsse vom 20.07.2012, V B 82/11, BStBl II 2012, 809 und vom 10.01.2013, XI B 33/12, BFH/NV 2013, 783).

    Mit der Entscheidung Petroma Transports (EuGH-Urteil vom 08.05.2013, C-271/12, BB 2013, 1365) hat der EuGH nunmehr seine Ausführungen zur rückwirkenden Rechnungsberichtigung im Urteil Pannon Gép präzisiert. Rn. 34 und 35 dieses Urteils lassen jedenfalls für das Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz den Schluss zu, dass der EuGH tatsächlich die rückwirkende Berichtigung anerkennen wollte (so auch Niedersächsisches FG, Beschluss vom 01.10.2013, 5 V 217/13, EFG 2013, 2049; Prätzler, jurisPR-SteuerR 26/2013 Anm. 5; Grune/AktStR 2013, 467 f.; Streit/Rust, BB 2014, 1239, 1249; Bunjes/Leonard, UStG, 13. Auflage 2013, § 13 Rz. 9a). Denn er verweist auf die Rn. 43 bis 45 des Urteils Pannon Gép und wiederholt die Aussage, dass einem Steuerpflichtigen bei Vorliegen der materiellen Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs und Einreichung einer korrigierten Rechnung bei der Behörde vor Erlass ihrer Entscheidung der Vorsteuerabzug nicht mit Hinweis auf die ursprünglich fehlerhafte Rechnung versagt werden kann. Eine Berichtigung oder Ergänzung von Rechnungsangaben nach diesem Zeitpunkt reicht dagegen nicht aus.

    Eine rückwirkende Rechnungsberichtigung scheidet vorliegend jedenfalls im summarischen Verfahren auch nicht deshalb aus, weil die Rechnungsberichtigung auch den Leistungsgegenstand und damit eventuell eine Mindestanforderung an eine Rechnung im Sinn der Rechtsprechung des BFH (vgl. BFH-Beschluss vom 20.07.2012, V B 82/11, BStBl II 2012, 809, ebenso Niedersächsisches FG, Beschluss vom 01.10.2013, 5 V 217/13 EFG 2013, 2049) betrifft. Zumindest für den vorliegenden Fall, in dem der Leistungsgegenstand in der ursprünglichen Rechnung rudimentär umrissen wurde und mit der Rechnungsberichtigung lediglich die ausdrückliche Nennung von Bezugsdokumenten zur Präzisierung nachgeholt wird, ist eine solche Einschränkung nicht geboten. Es handelt sich nicht um einen Fall einer fehlenden Rechnung. Dieses ergibt sich wiederum aus dem EuGH-Urteil Petroma Transports. Berichtigt wurde in diesem Fall gerade die unzureichende Bezeichnung des Leistungsgegenstands im weiteren Sinn. Eine Einschränkung hinsichtlich der Rückwirkung der Rechnungsberichtigung machte der EuGH indes nicht.

    Die Rechnungsberichtigung erfolgte vorliegend auch "vor Erlass" der Behördenentscheidung, da das Einspruchsverfahren beim Antragsgegner noch nicht abgeschlossen ist. Jedenfalls bei der in diesem Verfahren gebotenen summarische Betrachtung ist das Urteil Petroma Transports des EuGH dahingehend auszulegen, dass zumindest kein Zeitpunkt vor Erlass der Einspruchsentscheidung gemeint ist, da die Behörde bis zu diesem Zeitpunkt als Herrin des Verfahrens die ursprünglichen Rechnungen und Rechnungsberichtigungen auf die Richtigkeit hin überprüfen kann (ebenso Widmann in Schwarz, UStG, § 14 Rz. 156b; weitergehender Sterzinger, UR 2014, 596, 597).

    c) Nach summarischer Prüfung auf Grundlage der dem Gericht vorliegenden Akten scheidet der Vorsteuerabzug hinsichtlich der Rechnungen der C entgegen der Ansicht des Antragsgegners auch nicht deshalb aus, weil es sich um Scheinrechnungen handelt, denen kein tatsächlicher Leistungsaustausch mit dem Rechnungsersteller als Leistenden zugrunde liegt.

    aa) Nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG kann ein Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für eine sonstige Leistung nur dann als Vorsteuer abziehen, wenn das andere Unternehmen auch tatsächlich eine Leistung für sein Unternehmen erbracht hat (FG Hamburg, Beschluss vom 20.11.2012, 2 V 264/12, UStB 2013, 114).

    Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH ist das Recht der Steuerpflichtigen auf Vorsteuerabzug ein Grundprinzip des durch das Unionsrecht geschaffenen gemeinsamen Mehrwertsteuersystems; als integraler Bestandteil ist es grundsätzlich nicht einschränkbar (vgl. nur EuGH, Urteil vom 13. Februar 2014, C-18/13, Maks Pen, BB 2014, 863 ff., [EuGH 13.02.2014 - Rs. C-18/13] Rn. 23, 24 m. w. N.). Zur Bekämpfung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und Verhinderung einer betrügerischen oder missbräuchlichen Berufung auf das Unionsrecht können nationale Behörden und Gerichte den Vorsteuerabzug jedoch versagen, wenn aufgrund objektiver Umstände feststeht, dass dieses Recht in betrügerischer Weise oder missbräuchlich geltend gemacht wird (vgl. EuGH, Urteil vom 13. Februar 2014, C-18/13, Maks Pen, BB 2014, 863 ff., [EuGH 13.02.2014 - Rs. C-18/13] Rn. 26; vom 21. Juni 2012, C-80/11 und C-142/11, C-80/11, C-142/11, Mahagében und Dávid, DStRE 2012, 1336, [EuGH 21.06.2012 - Rs. C-80/11; Rs. C-142/11] Rn. 42; vom 6. Dezember 2012, C-285/11, Bonik, DStRE 2013, 199, Rn. 35 bis 37). Dies ist nicht nur der Fall, wenn der Steuerpflichtige selbst eine Steuerhinterziehung begeht, sondern auch, wenn ein Steuerpflichtiger wusste oder hätte wissen müssen, dass er mit seinem Erwerb an einem Umsatz teilnahm, der in eine Steuerhinterziehung einbezogen war (vgl. EuGH, Urteil vom 13. Februar 2014, C-18/13, Maks Pen, BB 2014, 863 ff., [EuGH 13.02.2014 - Rs. C-18/13] Rn. 27; vom 21. Juni 2012, C-80/11 und C-142/11, C-80/11, C-142/11, Mahagében und Dávid, DStRE 2012, 1336, [EuGH 21.06.2012 - Rs. C-80/11; Rs. C-142/11] Rn. 45).

    Allein der Umstand, dass eine erbrachte Leistung nicht tatsächlich von dem in den Rechnungen angegebenen Leistenden oder dessen Subunternehmern bewirkt worden sein soll, weil diese nicht über das erforderliche Personal sowie die erforderlichen Sachmittel und Vermögenswerte verfügt hätten, die Kosten ihrer Leistung in ihrer Buchführung nicht dokumentiert worden seien oder die Unterschrift der Personen, die bestimmte Dokumente als Leistende unterzeichnet hätten, sich als falsch erwiesen habe, ist für sich genommen nicht ausreichen, um das Abzugsrecht auszuschließen (EuGH, Urteil vom 13. Februar 2014, C-18/13, Maks Pen, BB 2014, 863 ff., [EuGH 13.02.2014 - Rs. C-18/13] Rn. 31).

    Für die Frage, ob der Steuerpflichtige von der Einbeziehung des Umsatzes in eine Steuerhinterziehung hätte wissen müssen, ist nach der Rechtsprechung des EuGH zu beachten, dass der Steuerpflichtige bei Anhaltspunkten für Unregelmäßigkeiten nach den Umständen des konkreten Falls verpflichtet sein kann, über seinen Leistungserbringer Auskünfte einzuholen, um sicherzustellen, dass keine Steuerhinterziehung auf vorhergehenden Umsatzstufen vorliegt. Die Steuerverwaltung kann jedoch vom Steuerpflichtigen nicht verlangen, zu prüfen, ob der Aussteller der Rechnung überhaupt Steuerpflichtiger ist, die fraglichen Gegenstände liefern bzw. die vereinbarte Dienstleistung erbringen konnte und seinen Verpflichtungen hinsichtlich der Erklärung und der Abführung der Umsatzsteuer nachgekommen ist. Kontrolle der Steuerpflichtigen sowie Aufdeckung und Ahndung von Unregelmäßigkeiten ist vornehmlich Sache der Steuerbehörden. Bei der Beweiswürdigung durch die nationalen Gerichte muss sichergestellt sein, dass nicht indirekt diese Kontrollaufgaben auf die Steuerpflichtigen übertragen werden (vgl. zum Ganzen EuGH, Urteil vom 21. Juni 2012, C-80/11 und C-142/11, C-80/11, C-142/11, Mahagében und Dávid, DStRE 2012, 1336, [EuGH 21.06.2012 - Rs. C-80/11; Rs. C-142/11] Rn. 61 ff.).

    Jedenfalls für den Fall, dass die Anforderungen an den Vorsteuerabzug des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG formal erfüllt sind, weil eine Leistung von einem Unternehmer tatsächlich erbracht wurde und eine formal ordnungsgemäße Rechnung vorliegt, trägt jedenfalls bei der in diesem Verfahren gebotenen summarischen Betrachtung bei Anwendung dieser EuGH-Rechtsprechung für die Versagung des Vorsteuerabzugs nicht der Steuerpflichtige (so aber bisher BFH, Urteil vom 27. Juni 1996, V R 51/93, BStBl II 1996, 620; vom 19. April 2007, V R 48/04, BStBl II 2009, 315), sondern das Finanzamt die objektive Feststellungslast; es muss deshalb grundsätzlich konkrete Anhaltspunkte darlegen, die belegen, dass der Steuerpflichtige von seiner Einbeziehung in den Umsatzsteuerbetrug gewusst hat bzw. hätte wissen müssen (ebenso FG Münster, Beschluss vom 12. Dezember 2013, 5 V 1934/13 U, EFG 2014, 395) Einen echten "Negativbeweis" dahingehend, dass er keine Anhaltspunkte für etwaige Ungereimtheiten in Bezug auf den Leistenden bzw. die Leistung hatte, muss der Steuerpflichtige nicht erbringen (FG Münster, Beschluss vom 12. Dezember 2013, 5 V 1934/13 U, EFG 2014, 395; Grube, MwStR 2013, 8; Stapperfend, UR 2013, 321).

    bb) Unter Anwendung dieser Grundsätze sind vorliegend die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG jedenfalls rein formal erfüllt. Unstreitig wurde die bestellte Produktionshalle errichtet. Anhand des dem Gericht vorliegenden mit der C geschlossenen Bauvertrags, dem Vertragsangebot und sonstiger Unterlagen ist bei summarischer Prüfung festzustellen, dass diese durch die C als Unternehmerin errichtet wurde, selbst wenn die C nur als Strohmann für den dahinter stehenden Bauunternehmer D fungiert haben sollte. Tritt jemand im Rechtsverkehr im eigenen Namen, aber für Rechnung eines anderen auf, der nicht selbst als Berechtigter oder Verpflichteter in Erscheinung treten will, ist zivilrechtlich grundsätzlich nur der Strohmann aus dem Rechtsgeschäft berechtigt und verpflichtet; dementsprechend sind auch diesem die Leistungen zuzurechnen, die der so genannte Hintermann berechtigterweise im Namen des Strohmanns tatsächlich ausgeführt hat (vgl. BFH, Urteil vom 12. Mai 2011, V R 25/10, BFH/NV 2011, 1541; vom 7. Juli 2005, V R 60/03, BFH/NV 2006, 139). Entsprechende - berichtigte - Rechnungen der C liegen vor.

    Zwar ergeben sich bei summarischer Prüfung unter Berücksichtigung des in Auszügen eingereichten Steuerfahndungsberichts Anhaltspunkte dafür, dass der Bauunternehmer D die C lediglich zur Fakturierung zwischen sich und die Antragstellerin geschaltet hat, um der Antragstellerin durch die Rechnungserteilung den Vorsteuerabzug zu ermöglichen, die Abführung der geschuldeten Umsatzsteuer an den Antragsgegner aber zu vermeiden, sowie durch den Einsatz von Scheinfirmen als Subunternehmer Schwarzarbeit zu verdecken und dennoch Betriebsausgaben und Vorsteuern zu generieren.

    Jedoch ist im summarischen Verfahren unter Berücksichtigung der dargestellten Regelungen zur Feststellungslast ernstlich zweifelhaft, dass die Antragstellerin von dieser Vorgehensweise wusste bzw. hätte wissen müssen.

    Soweit der Antragsgegner vorträgt, die Antragstellerin hätte schon deswegen Nachforschungen anstellen müssen, weil über das Bauvorhaben immer nur mit dem Bauunternehmer D und nicht mit der A bzw. C verhandelt und die C nur zur Durchführung dieses einen Bauvorhabens gegründet worden sei, so ist dem nicht zu folgen. Nach den eigenen Ausführungen der Steuerfahndung ist davon auszugehen, dass der Bauunternehmer D mit entsprechenden Generalvollmachten ausgestattet war. Zudem ist die Zwischenschaltung einer GmbH zwecks Haftungsabschirmung auch für nur ein Bauvorhaben und ohne große Personalausstattung nicht so ungewöhnlich, dass Nachforschungen geboten sind, zumal der Geschäftsführer der Antragstellerin mit dem für die Gesellschaft handelnden Bauunternehmer bereits in einem vergangenen Bauprojekt offenbar gute Erfahrung gemacht hatte.

    Die ernstlichen Zweifel an der Kenntnis der Antragstellerin konnte der Antragsgegner auch nicht durch Vorlage des Steuerfahndungsberichts ausräumen. In diesem wird zwar dargestellt, dass - nach der Steuerfahndung vorliegenden Aufzeichnungen und Vertragsvereinbarungen - der Bauunternehmer D persönlich bereits im März 2011 den Auftrag beim Geschäftsführer der Antragstellerin akquiriert und mit diesem bereits am ... 2011 den eigentlichen Bauvertrag abschlossen habe und die anderen Verträge mit der A und der C nur zum Schein aufgesetzt worden seien. Dabei habe es im Fall der C sogar zwei unterschiedliche Fassungen gegeben. Aus weiteren handschriftlichen Aufzeichnungen des Geschäftsführers der Antragstellerin und Abrechnungsunterlagen ergebe sich zudem, dass die tatsächlich vereinbarten Baukosten weit hinter den zum Schein vereinbarten Beträgen zurück blieben. Ob dieser Vortrag zutreffend ist und damit für ein kollusives Zusammenwirken des Geschäftsführers der Antragstellerin mit dem Bauunternehmer D spricht, ist für das Gericht mangels Vorlage dieser Aufzeichnungen jedoch nicht hinreichend glaubhaft gemacht worden. Im summarischen Verfahren geht dies zu Lasten des Antragsgegners.

    Soweit sich der Antragsgegner auf das Zeugnis der Steuerfahndungsprüferin E beruft, hätte es der Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung bedurft, weil die Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutz nur auf Grundlage des durch präsente Beweismittel belegten Sachverhalts ergeht.

    2. Eine - weitergehende - Aussetzung der Vollziehung wegen einer unbilligen Härte ist nicht geboten.

    Eine unbillige Härte kann vorliegen, wenn der Antragstellerin durch die Zahlung Nachteile drohen, die über die eigentliche Zahlung hinausgehen und nicht oder schwer wiedergutzumachen wären oder wenn durch die Vollziehung die wirtschaftliche Existenz der Antragstellerin gefährdet würde (vgl. BFH-Beschluss vom 02.04.2009, II B 157/08, BFH/NV 2009, 1146). Beides hat die Antragstellerin nicht substantiiert dargetan. Allein der Verweis auf die der Antragstellerin gewährten Finanzierung der Baukosten, welche nur die Nettokosten umfasse, ist unzureichend.

    3. Da die Antragstellerin nur teilweise obsiegt hat, waren die Kosten verhältnismäßig zu teilen, § 136 Abs. 1 FGO. Obwohl die Antragstellerin berichtigte Rechnungen erst im gerichtlichen Verfahren eingereicht hat, waren ihr die Kosten dennoch nicht nach § 137 FGO vollständig aufzuerlegen. Die ggf. verspätete Handlung der Antragstellerin war nicht kausal für die Kosten. Der Antragsgegner hat seine ablehnende Entscheidung über die Aussetzung der Vollziehung zusätzlich zu den formellen Mängeln der Rechnungen darauf gestützt, dass es sich vollumfänglich um Scheingeschäfte handelte. Selbst bei Vorlage berichtigter Rechnungen im Verwaltungsverfahren war damit nicht mit einer stattgebenden Entscheidung zu rechnen.

    4. Die Beschwerde war nach § 128 Abs. 3 i. V. m. § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zur Rechtsfortbildung zuzulassen.

    RechtsgebietUStGVorschriften§ 14 Abs. 4 Nr. 5 UStG; § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UStG