28.11.2017 · IWW-Abrufnummer 197934
Hessisches Finanzgericht: Urteil vom 16.08.2017 – 2 K 775/16
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Hessen
Urt. v. 16.08.2017
Az.: 2 K 775/16
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
Tatbestand
Mit Bescheid der Familienkasse vom 07.05.2015 wurde der Kindergeldantrag des Klägers für die Kinder x (geb.), y (geb. ) und z (geb.) abgelehnt.
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass Kindergeld nicht gewährt werden könne, weil die Kinder keinen Wohnsitz im Inland bzw. in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union hätten.
Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 19.05.2015 Einspruch ein. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Kinder sich zu schulischen Zwecken in der Türkei aufhalten würden, jedoch sich in der schulfreien Zeit, insbesondere in den Sommer- und Herbstferien für ca. 5 Monate in Deutschland aufhalten würden. Aus diesem Grunde sei weiterhin von einem Wohnsitz der Kinder im Inland auszugehen.
Mit Einspruchsentscheidung vom 17.03.2016 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen.
Hiergegen erhob der Kläger mit am 21.04.2016 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz seines Bevollmächtigten Klage.
Zur Begründung wird im Wesentlichen das vorgerichtliche Vorbringen wiederholt.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 07.05.2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17.03.2016 für seine Kinder x (geb.), y (geb.) und z (geb.) ab September 2014 Kindergeld in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Ansicht, dass trotz des Nachweises des Aufenthaltes der Kinder in den ausbildungsfreien Zeiten im Inland, weiterhin nicht von einem Wohnsitz im Inland auszugehen sei. Im Streitfall handele es sich nicht um eine vorübergehende Ausbildung im Ausland, vielmehr befänden sich die Kinder während ihrer gesamten Ausbildungszeit in der Türkei. Aus diesem Grunde greife die neuere Rechtsprechung des BFH nicht und es sei weiterhin davon auszugehen, dass die Kinder keinen Wohnsitz im Inland hätten.
Mit Beschluss vom 09.02.1017 ist der Rechtsstreit dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen worden.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 07.05.2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17.03.2016 erweist sich als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 101 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung - FGO -). Die Beklagte hat zu Recht die Kindergeldfestsetzung für die Kinder x,y und z abgelehnt.
Zwar hat der Kläger mit Wohnsitz im Inland, Anspruch auf Kindergeld nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 EStG . Die am und geborenen Kinder x, y und z gehören aber nicht zu den Kindern, die nach § 63 EStG zu berücksichtigen sind. Denn nach § 63 Abs. 1 Satz 3 EStG werden die Kinder nicht berücksichtigt, die weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat haben, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet.
Zum einen zählt die Türkei nicht zu den in § 63 Abs. 1 Satz 3 EStG genannten Staaten, zum anderen hatten die Kinder x, y und z im Streitzeitraum weder ihren Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland.
Die Frage, ob eine natürliche Person im Inland einen Wohnsitz hat, beurteilt sich nach § 8 Abgabenordnung - AO -. Danach kommt es darauf an, ob die betreffende Person im Inland eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass sie die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Der Begriff des Wohnsitzes im Sinne von § 8 AO setzt neben zum dauerhaften Wohnen geeigneten Räumlichkeiten das Innehaben der Wohnung in dem Sinne voraus, dass die betreffende Person tatsächlich über sie verfügen kann und sie als Bleibe entweder ständig benutzt oder sie doch mit einer gewissen Regelmäßigkeit, wenn auch in größeren Zeitabständen, aufsucht. Ein nur gelegentliches Verweilen während unregelmäßig aufeinander folgender kurzer Zeiträume, etwa zu Erholungszwecken, reicht nicht aus. Anders als das bürgerliche Recht, das die Begründung und die Aufgabe des Wohnsitzes als rechtsgeschäftliche Willenserklärungen ausgestaltet hat (§§ 7, 8 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB -), knüpft § 8 AO nur an die tatsächlichen Verhältnisse an. Einen Wohnsitz im Sinne von § 8 AO hat jemand also dann, wenn die objektiven Umstände darauf schließen lassen, dass er die Räume innehat und dass sie von ihm als Wohnung genutzt werden sollen. Das Wesen des Wohnsitzes im steuerrechtlichen Sinne besteht somit darin, dass objektiv die Wohnung ihrem Inhaber jederzeit (wann immer er es wünscht) als Bleibe zur Verfügung steht und von ihm auch subjektiv zur entsprechenden Nutzung bestimmt ist. In dieser zur objektiven Eignung hinzutretenden subjektiven Bestimmung liegt der Unterschied zwischen dem bloßen Aufenthaltnehmen in einer Wohnung und dem Wohnsitz ( BFH-Urteil vom 22. April 1994 III R 22/92, BStBl. II 1994, 887).
Nach diesen Rechtsprechungsgrundsätzen steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Kinder x, y und z ihren Wohnsitz in Deutschland im Streitzeitraum aufgegeben haben.
Bei der Beurteilung dieser Tatfrage kommt es vor allem auf Gesichtspunkte wie Lebensalter des Kindes, Anpassung an die deutschen Lebensverhältnisse, Dauer des Auslandsaufenthalts bzw. dessen von vorne herein bestehende zeitliche Begrenzung, Art der Unterbringung im Ausbildungsland und Verfügbarkeit von Wohnraum im inländischen Elternhaus an. Bei der danach vorzunehmenden Abwägung sprechen vorliegend mehr Beweisanzeichen dafür, dass die Kinder x, y und z ihren Wohnsitz bei dem Kläger aufgegeben haben, als dafür, dass sie ihn beibehalten hätten.
Das Gericht unterstellt im Streitfall, dass die objektiven Tatbestandsmerkmale des steuerrechtlichen Wohnsitzbegriffs erfüllt sind, insbesondere dass den Kindern Wohnraum in der Wohnung des Klägers in Deutschland zur Verfügung steht.
Allerdings liegt das ebenfalls für die Beibehaltung eines Wohnsitzes notwendige subjektive Tatbestandsmerkmal nicht vor. x, y und z sind zwar in Deutschland geboren. Bei der Beurteilung dieser Tatfrage kommt es aber vor allem auf Gesichtspunkte wie Lebensalter des Kindes, Anpassung an die deutschen Lebensverhältnisse, Dauer des Auslandsaufenthalts bzw. dessen von vorne herein bestehende zeitliche Begrenzung, Art der Unterbringung im Ausbildungsland und Verfügbarkeit von Wohnraum im inländischen Elternhaus an. Bei der danach vorzunehmenden Abwägung sprechen vorliegend mehr Beweisanzeichen dafür, dass die Kinder x, y und z ihren Wohnsitz ab dem Schulbeginn in der Türkei bei dem Kläger aufgegeben haben, als dafür, dass sie ihn beibehalten hätten.
Hierfür spricht, dass sie bereits zu Beginn der Schulpflicht, mithin in einem so jungen Alter in die Türkei zum Zwecke des Schulbesuchs gegangen sind, in dem Kinder in besonderem Maße eine Bezugsperson brauchen, die sich in erreichbarer räumlicher Nähe befinden muss. Zu diesem Zeitpunkt sind sie auch zumeist noch nicht in der Lage, Beziehungen bei größerer räumlicher Entfernung über längere Zeit eigenständig aufrechtzuerhalten (vgl. Hessischen Finanzgerichts, Urteil vom 30. August 2005 3 K 1152/03 - Juris -).
Bei der vorliegenden Fallkonstellation geht das Gericht von einer Lösung der familiären Bindungen der Kinder ab dem Beginn des Schulbesuchs in der Türkei aus, weil für sämtliche Kinder unstreitig ein auf Dauer angelegter und nicht nur vorübergehender Auslandsaufenthalt geplant war und ist. Zwar steht eine vorübergehende räumliche Trennung vom Wohnort einer Beibehaltung eines Wohnsitzes nicht entgegen. Allein die räumliche Trennung von den Eltern während eines Schulbesuchs oder Studiums im Ausland hat regelmäßig keine Auflösung der familiären Bindungen zur Folge und führt zu keiner Verlagerung des Schwerpunkts der Lebensverhältnisse an den Ausbildungsort. Allerdings handelt es sich im Streitfall nicht um einen nur vorübergehenden Auslandsaufenthalt. Vielmehr leben die Kinder bereits seit vielen Jahren bei ihren Großeltern in der Türkei. Es ist deshalb davon auszugehen, dass die Großeltern in der Türkei bei der täglichen Fürsorge und Betreuung der Kinder vollständig an die Stelle der Eltern getreten sind. Darüber hinaus ist der Schulbesuch dort bis zum Erreichen des türkischen Abiturs geplant.
Auch wenn der Aufenthalt der Kinder in der Türkei ihrer Schulausbildung diente, ist nach der Lebenserfahrung anzunehmen, dass der in jungem Alter begründete, mehrjährige Aufenthalt in dem Herkunftsland ihrer Eltern dazu führte, dass die Bindungen in sprachlicher, sozialer und kultureller Hinsicht dorthin hergestellt bzw. gefestigt wurden. Das Entstehen neuer Beziehungen und die Lockerung der bisher bestehenden Bindungen führen regelmäßig zu einer Verwurzelung im Ausland (Herkunftsland der Eltern), verbunden mit einer entsprechenden Einschränkung der bisherigen familiären Wohn- und Lebensgemeinschaft zwischen den Kindern und den in Deutschland verbliebenen Eltern.
Die jährlichen Aufenthalte der Kinder von ca. 3,5 Monaten während der Schulferien ändern an diesem Ergebnis nichts. Diese Aufenthaltszeiten der Kinder in Deutschland sind nach der Überzeugung des Gerichts unter Berücksichtigung des Alters der Kinder und des tatsächlichen bzw. geplanten langjährigen Aufenthalt im Ausland bei den Großeltern nicht geeignet, um einen Wohnsitz in Deutschland beizubehalten. Solche Aufenthalte während der Schulferien kommen nicht einem Aufenthalt mit Wohncharakter gleich, bewirken kein zwischenzeitliches Wohnen in der elterlichen Wohnung und haben lediglich Besuchscharakter (vgl. Urteil des FG Münster vom 4.3.2004, 8 K 4209/02 Kg). Der BFH (Urteile in BFHE 247, 239, [BFH 25.09.2014 - III R 10/14] BStBl II 2015, 655, [BFH 25.09.2014 - III R 10/14] juris Rz 21, 23 m. w. N.; in BFHE 250, 381, BStBl II 2016, 1022, juris Rz 13, 15) hat zwar in jüngerer Zeit entschieden, dass Kinder, die sich zum Zwecke des Studiums für mehrere Jahre ins Ausland begeben, ihren Wohnsitz bei den Eltern im Inland beibehalten, wenn sie diese Wohnung zumindest überwiegend in den ausbildungsfreien Zeiten nutzen und dass diese Voraussetzung erfüllt ist, wenn das Finanzgericht feststellen kann, dass sie mehr als 50 % und damit den überwiegenden Teil der ausbildungsfreien Zeit im Inland verbringen. Diese Rechtsprechung ist aber aus den oben dargelegten Gründen auf minderjährige Schulkinder die bereits zu Beginn ihrer Schulpflicht bis zum Erreichen des Abiturs in das Heimatland der Eltern gehen und dort bei den Großeltern aufwachsen, nach der Überzeugung des Gerichts nicht anwendbar.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Urt. v. 16.08.2017
Az.: 2 K 775/16
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
Tatbestand
Mit Bescheid der Familienkasse vom 07.05.2015 wurde der Kindergeldantrag des Klägers für die Kinder x (geb.), y (geb. ) und z (geb.) abgelehnt.
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass Kindergeld nicht gewährt werden könne, weil die Kinder keinen Wohnsitz im Inland bzw. in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union hätten.
Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 19.05.2015 Einspruch ein. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Kinder sich zu schulischen Zwecken in der Türkei aufhalten würden, jedoch sich in der schulfreien Zeit, insbesondere in den Sommer- und Herbstferien für ca. 5 Monate in Deutschland aufhalten würden. Aus diesem Grunde sei weiterhin von einem Wohnsitz der Kinder im Inland auszugehen.
Mit Einspruchsentscheidung vom 17.03.2016 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen.
Hiergegen erhob der Kläger mit am 21.04.2016 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz seines Bevollmächtigten Klage.
Zur Begründung wird im Wesentlichen das vorgerichtliche Vorbringen wiederholt.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 07.05.2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17.03.2016 für seine Kinder x (geb.), y (geb.) und z (geb.) ab September 2014 Kindergeld in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Ansicht, dass trotz des Nachweises des Aufenthaltes der Kinder in den ausbildungsfreien Zeiten im Inland, weiterhin nicht von einem Wohnsitz im Inland auszugehen sei. Im Streitfall handele es sich nicht um eine vorübergehende Ausbildung im Ausland, vielmehr befänden sich die Kinder während ihrer gesamten Ausbildungszeit in der Türkei. Aus diesem Grunde greife die neuere Rechtsprechung des BFH nicht und es sei weiterhin davon auszugehen, dass die Kinder keinen Wohnsitz im Inland hätten.
Mit Beschluss vom 09.02.1017 ist der Rechtsstreit dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen worden.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 07.05.2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17.03.2016 erweist sich als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 101 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung - FGO -). Die Beklagte hat zu Recht die Kindergeldfestsetzung für die Kinder x,y und z abgelehnt.
Zwar hat der Kläger mit Wohnsitz im Inland, Anspruch auf Kindergeld nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 EStG . Die am und geborenen Kinder x, y und z gehören aber nicht zu den Kindern, die nach § 63 EStG zu berücksichtigen sind. Denn nach § 63 Abs. 1 Satz 3 EStG werden die Kinder nicht berücksichtigt, die weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat haben, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet.
Zum einen zählt die Türkei nicht zu den in § 63 Abs. 1 Satz 3 EStG genannten Staaten, zum anderen hatten die Kinder x, y und z im Streitzeitraum weder ihren Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland.
Die Frage, ob eine natürliche Person im Inland einen Wohnsitz hat, beurteilt sich nach § 8 Abgabenordnung - AO -. Danach kommt es darauf an, ob die betreffende Person im Inland eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass sie die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Der Begriff des Wohnsitzes im Sinne von § 8 AO setzt neben zum dauerhaften Wohnen geeigneten Räumlichkeiten das Innehaben der Wohnung in dem Sinne voraus, dass die betreffende Person tatsächlich über sie verfügen kann und sie als Bleibe entweder ständig benutzt oder sie doch mit einer gewissen Regelmäßigkeit, wenn auch in größeren Zeitabständen, aufsucht. Ein nur gelegentliches Verweilen während unregelmäßig aufeinander folgender kurzer Zeiträume, etwa zu Erholungszwecken, reicht nicht aus. Anders als das bürgerliche Recht, das die Begründung und die Aufgabe des Wohnsitzes als rechtsgeschäftliche Willenserklärungen ausgestaltet hat (§§ 7, 8 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB -), knüpft § 8 AO nur an die tatsächlichen Verhältnisse an. Einen Wohnsitz im Sinne von § 8 AO hat jemand also dann, wenn die objektiven Umstände darauf schließen lassen, dass er die Räume innehat und dass sie von ihm als Wohnung genutzt werden sollen. Das Wesen des Wohnsitzes im steuerrechtlichen Sinne besteht somit darin, dass objektiv die Wohnung ihrem Inhaber jederzeit (wann immer er es wünscht) als Bleibe zur Verfügung steht und von ihm auch subjektiv zur entsprechenden Nutzung bestimmt ist. In dieser zur objektiven Eignung hinzutretenden subjektiven Bestimmung liegt der Unterschied zwischen dem bloßen Aufenthaltnehmen in einer Wohnung und dem Wohnsitz ( BFH-Urteil vom 22. April 1994 III R 22/92, BStBl. II 1994, 887).
Nach diesen Rechtsprechungsgrundsätzen steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Kinder x, y und z ihren Wohnsitz in Deutschland im Streitzeitraum aufgegeben haben.
Bei der Beurteilung dieser Tatfrage kommt es vor allem auf Gesichtspunkte wie Lebensalter des Kindes, Anpassung an die deutschen Lebensverhältnisse, Dauer des Auslandsaufenthalts bzw. dessen von vorne herein bestehende zeitliche Begrenzung, Art der Unterbringung im Ausbildungsland und Verfügbarkeit von Wohnraum im inländischen Elternhaus an. Bei der danach vorzunehmenden Abwägung sprechen vorliegend mehr Beweisanzeichen dafür, dass die Kinder x, y und z ihren Wohnsitz bei dem Kläger aufgegeben haben, als dafür, dass sie ihn beibehalten hätten.
Das Gericht unterstellt im Streitfall, dass die objektiven Tatbestandsmerkmale des steuerrechtlichen Wohnsitzbegriffs erfüllt sind, insbesondere dass den Kindern Wohnraum in der Wohnung des Klägers in Deutschland zur Verfügung steht.
Allerdings liegt das ebenfalls für die Beibehaltung eines Wohnsitzes notwendige subjektive Tatbestandsmerkmal nicht vor. x, y und z sind zwar in Deutschland geboren. Bei der Beurteilung dieser Tatfrage kommt es aber vor allem auf Gesichtspunkte wie Lebensalter des Kindes, Anpassung an die deutschen Lebensverhältnisse, Dauer des Auslandsaufenthalts bzw. dessen von vorne herein bestehende zeitliche Begrenzung, Art der Unterbringung im Ausbildungsland und Verfügbarkeit von Wohnraum im inländischen Elternhaus an. Bei der danach vorzunehmenden Abwägung sprechen vorliegend mehr Beweisanzeichen dafür, dass die Kinder x, y und z ihren Wohnsitz ab dem Schulbeginn in der Türkei bei dem Kläger aufgegeben haben, als dafür, dass sie ihn beibehalten hätten.
Hierfür spricht, dass sie bereits zu Beginn der Schulpflicht, mithin in einem so jungen Alter in die Türkei zum Zwecke des Schulbesuchs gegangen sind, in dem Kinder in besonderem Maße eine Bezugsperson brauchen, die sich in erreichbarer räumlicher Nähe befinden muss. Zu diesem Zeitpunkt sind sie auch zumeist noch nicht in der Lage, Beziehungen bei größerer räumlicher Entfernung über längere Zeit eigenständig aufrechtzuerhalten (vgl. Hessischen Finanzgerichts, Urteil vom 30. August 2005 3 K 1152/03 - Juris -).
Bei der vorliegenden Fallkonstellation geht das Gericht von einer Lösung der familiären Bindungen der Kinder ab dem Beginn des Schulbesuchs in der Türkei aus, weil für sämtliche Kinder unstreitig ein auf Dauer angelegter und nicht nur vorübergehender Auslandsaufenthalt geplant war und ist. Zwar steht eine vorübergehende räumliche Trennung vom Wohnort einer Beibehaltung eines Wohnsitzes nicht entgegen. Allein die räumliche Trennung von den Eltern während eines Schulbesuchs oder Studiums im Ausland hat regelmäßig keine Auflösung der familiären Bindungen zur Folge und führt zu keiner Verlagerung des Schwerpunkts der Lebensverhältnisse an den Ausbildungsort. Allerdings handelt es sich im Streitfall nicht um einen nur vorübergehenden Auslandsaufenthalt. Vielmehr leben die Kinder bereits seit vielen Jahren bei ihren Großeltern in der Türkei. Es ist deshalb davon auszugehen, dass die Großeltern in der Türkei bei der täglichen Fürsorge und Betreuung der Kinder vollständig an die Stelle der Eltern getreten sind. Darüber hinaus ist der Schulbesuch dort bis zum Erreichen des türkischen Abiturs geplant.
Auch wenn der Aufenthalt der Kinder in der Türkei ihrer Schulausbildung diente, ist nach der Lebenserfahrung anzunehmen, dass der in jungem Alter begründete, mehrjährige Aufenthalt in dem Herkunftsland ihrer Eltern dazu führte, dass die Bindungen in sprachlicher, sozialer und kultureller Hinsicht dorthin hergestellt bzw. gefestigt wurden. Das Entstehen neuer Beziehungen und die Lockerung der bisher bestehenden Bindungen führen regelmäßig zu einer Verwurzelung im Ausland (Herkunftsland der Eltern), verbunden mit einer entsprechenden Einschränkung der bisherigen familiären Wohn- und Lebensgemeinschaft zwischen den Kindern und den in Deutschland verbliebenen Eltern.
Die jährlichen Aufenthalte der Kinder von ca. 3,5 Monaten während der Schulferien ändern an diesem Ergebnis nichts. Diese Aufenthaltszeiten der Kinder in Deutschland sind nach der Überzeugung des Gerichts unter Berücksichtigung des Alters der Kinder und des tatsächlichen bzw. geplanten langjährigen Aufenthalt im Ausland bei den Großeltern nicht geeignet, um einen Wohnsitz in Deutschland beizubehalten. Solche Aufenthalte während der Schulferien kommen nicht einem Aufenthalt mit Wohncharakter gleich, bewirken kein zwischenzeitliches Wohnen in der elterlichen Wohnung und haben lediglich Besuchscharakter (vgl. Urteil des FG Münster vom 4.3.2004, 8 K 4209/02 Kg). Der BFH (Urteile in BFHE 247, 239, [BFH 25.09.2014 - III R 10/14] BStBl II 2015, 655, [BFH 25.09.2014 - III R 10/14] juris Rz 21, 23 m. w. N.; in BFHE 250, 381, BStBl II 2016, 1022, juris Rz 13, 15) hat zwar in jüngerer Zeit entschieden, dass Kinder, die sich zum Zwecke des Studiums für mehrere Jahre ins Ausland begeben, ihren Wohnsitz bei den Eltern im Inland beibehalten, wenn sie diese Wohnung zumindest überwiegend in den ausbildungsfreien Zeiten nutzen und dass diese Voraussetzung erfüllt ist, wenn das Finanzgericht feststellen kann, dass sie mehr als 50 % und damit den überwiegenden Teil der ausbildungsfreien Zeit im Inland verbringen. Diese Rechtsprechung ist aber aus den oben dargelegten Gründen auf minderjährige Schulkinder die bereits zu Beginn ihrer Schulpflicht bis zum Erreichen des Abiturs in das Heimatland der Eltern gehen und dort bei den Großeltern aufwachsen, nach der Überzeugung des Gerichts nicht anwendbar.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.