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  • 11.11.2020 · IWW-Abrufnummer 218864

    Finanzgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 09.09.2020 – 2 K 1690/18

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Finanzgericht Rheinland-Pfalz
    2. Senat

    09.09.2020

    2 K 1690/18

    Urteil

    Tatbestand

    1

    Strittig ist, ob Preisnachlässe, die Außendienstmitarbeitern der Klägerin durch verschiedene Autohersteller gewährt wurden, lohnsteuerpflichtig sind.

    2

    Im Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft gab die Klägerin, eine Krankenversicherung, an, dass sie auf Betreiben von Automobilherstellern Rahmenverträge abgeschlossen habe, die Rabatte vorsehen, die auch anderen Unternehmen in ihrer Größenordnung eingeräumt worden wären und legte zum Nachweis hierfür entsprechende Erklärungen diverser Automobilhersteller vor. Aus den vorgelegten Rahmenverträgen ergibt sich, dass es sich um Mengenrabatte handelte, die bei der Höchstabnahmemenge zwischen 8% bis maximal 13,5% betrugen.

    3

    Die nach § 42e EStG sodann erteilte Anrufungsauskunft, dass es sich bei den gewährten Preisvorteilen der Autohersteller nicht um steuerpflichtigen Arbeitslohn handeln würde, widerrief der Beklagte durch Bescheid vom 20. Oktober 2017 mit Wirkung ab 1. November 2017, nachdem die Lohnsteueraußenprüfung ‒ unter Auswertung der einzelnen Rahmenverträge ‒ folgenden Sachverhalt festgestellt hatte:

    4

    „a) Die Rabatte werden nur Großkunden (hier dem Arbeitgeber) bei Abnahme bestimmter Mengen eingeräumt. Durch Zusatzvereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Autohersteller werden die Vergünstigungen auf PKW-Käufe von oder für Außendienst-Mitarbeiter des Arbeitgebers ausgeweitet.

    b) Der Umfang der Preisvorteile ergibt sich aus den einzelnen Vereinbarungen (z.B. VW und Audi gewähren Mengennachlässe und zusätzliche Sonderrabatte) sowie aus bekannt gewordenen Einzelbeispielen.

    c) Die Rabatte wurden von einem Vertragspartner (Mercedes, VW-Gruppe, BMW, Opel) nur unter bestimmten Bedingungen eingeräumt, bei deren Nichteinhaltung die Rabatte zurückzuzahlen waren;
    ‒ die Rabatte wurden nur an Arbeitnehmer gewährt, die Anspruch auf ein dienstliches Fahrzeug hatten oder für dienstliche Zwecke ein Fahrzeug benötigen,
    ‒ es ist stets eine Haltedauer einzuhalten, und
    ‒ im Pkw muss (überwiegend, teils zu 2/3, mind. 10.000 km) für dienstliche Zwecke des Arbeitgebers eingesetzt werden,
    ‒ der Arbeitgeber (Großkunde) beteiligt sich an den Kosten der Unterhaltung der Fahrzeuge. (z.B. Reisekosten-pauschale).

    Die Einhaltung dieser Voraussetzungen zum Erhalt der Sonderrabatte ist seitens des Arbeitgebers zu bestätigen und zu bescheinigen.“ … (Zitat)

    5

    Daraufhin erklärte die Klägerin in der am 26. Januar 2018 eingereichten Lohnsteuer-Anmeldung für Januar 2018 u.a. Lohnsteuer in Höhe von 4.288,17 €, Kirchensteuer in Höhe von 103,56 € sowie Solidaritätszuschläge in Höhe von 235,72 € für Rabatte, die in sieben Fällen bei ihr beschäftigten Außendienstmitarbeitern durch verschiedene Autohersteller eingeräumt wurden, insgesamt also einen Vorteil für Rabatte in Höhe von 4.627,45 €. Sodann legte sie gegen diese Lohnsteueranmeldung am 16. Februar 2018 Einspruch ein und führte zur Begründung im Schreiben vom 9. März 2018 aus: Bei der Bildung der Kaufpreise, den die Außendienstmitarbeiter für ihre Neufahrzeuge bezahlten, fehle es an einem aus dem Arbeitsverhältnis der Außendienstmitarbeiter zur Klägerin stammenden Vorteil. Die Grundvoraussetzungen für das Vorliegen von Arbeitslohn seien mithin nicht gegeben. Vielmehr hätten sich die Kfz-Händler durch den am Ende von Preisverhandlungen mit den Außendienstmitarbeitern vereinbarten Kaufpreis aus eigenen wirtschaftlichen Gründen einen zusätzlichen attraktiven Kundenkreis gesichert. Solche Vorteile würden außerdem auch Mitarbeitern anderer Unternehmen mit Großkundenverträgen gewährt. Ferner bestünden keine Vereinbarungen zwischen der Klägerin und den Kfz-Händlern, aus denen ein Zusammenhang mit dem individuellen Beschäftigungsverhältnis der Außendienstmitarbeiter zur Klägerin abgeleitet werden könnte. Arbeitslohn in Folge von geringeren Kaufpreisen für Neufahrzeuge sei somit nicht gegeben.

    6

    Den Einspruch wies der Beklagte durch Einspruchsentscheidung vom 29. Juni 2018 aus den folgenden Gründen zurück:

    Arbeitslohn könnte nach der mittlerweile ständigen Rechtsprechung des BFH ausnahmsweise auch bei der Zu-wendung eines Dritten anzunehmen sein, wenn die Zuwendung ein Entgelt „für“ eine Arbeitsleistung darstelle. Ob eine Zuwendung durch das Dienstverhältnis veranlasst und damit als Arbeitslohn zu beurteilen sei, bestimme sich entscheidend danach, ob die Zuwendung des Dritten Prämie oder Belohnung für eine Leistung sei, die der Arbeitnehmer im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses für den Arbeitgeber erbringe. Daraus könne der Zusammenhang aus den Lebensverhältnissen abgeleitet werden. Aus dem Umstand, dass nur Außendienstmitarbeiter, die Anspruch auf einen Dienst-Pkw haben bzw. einen Pkw zur Ausübung ihrer Arbeit benötigen, diese Rabatte erhalten würden, und diese Arbeitnehmer die PKWs auch für dienstliche Zwecke einsetzen würden, ergebe sich, dass die Preisvorteile an die Erbringung einer Arbeitsleistung für diesen Arbeitgeber geknüpft gewesen seien und auch im Interesse des Arbeitgebers gewährt worden seien. Mit der Verpflichtung des Arbeitnehmers, den mit Preisvorteil erworbenen Pkw für dienstliche Belange des Arbeitgebers einzusetzen, stelle sich der Vorteil auch aus der Sicht des Arbeitnehmers als „Frucht seiner Arbeit für diesen Arbeitgeber“ dar. Die genannten Kriterien würden den Zusammenhang mit dem individuellen Dienstverhältnis und der Erbringung einer Arbeitsleistung belegen. Darüber hinaus habe die Klägerin auch aktiv mitgewirkt. Die Mitwirkung der Klägerin als Arbeitgeber hätte sich nicht nur auf eine Bescheinigung der Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers beschränkt. Nach den konkreten Ausgestaltungen der Rahmenvereinbarungen würde die Klägerin die ihr zustehenden Vorteile an ihre Außendienstmitarbeiter weitergeben; der Anspruch der Außendienstmitarbeiter auf den Preisvorteil sei aus dem Handeln der Klägerin entstanden. Hiernach ergebe sich unter Abwägung der Kriterien, insbesondere im Hinblick auf den Umfang der Preisvorteile, des Veranlassungszusammenhangs mit dem individuellen Dienstverhältnis und der aktiven Mitwirkung der Klägerin in Gestalt der mit den Automobilherstellern getroffenen Vereinbarungen, dass die Interessen der Arbeitnehmer an der Erlangung der Vorteile überwögen und nicht von eigenen wirtschaftlichen Interessen der Klägerin bzw. des Dritten verdrängt werden könnten.

    Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung vom 29. Juni 3018 verwiesen.

    7

    Mit ihrer am 24. Juli 2018 per Fax erhobenen Klage hält die Klägerin an ihrer bisherigen Auffassung fest. Hierzu hat sie von ihrer Verfahrensbevollmächtigten vertiefend im Kern vortragen lassen:
    Ausgangspunkt sei, dass die Klägerin ‒ im Unterschied zu vielen anderen Versicherungsunternehmen ‒ mit angestellten Außendienstmitarbeitern arbeite. Dabei sehe ihr Geschäftsmodell vor, dass die Außendienstmitarbeiter ihre Tätigkeit ohne Bestellung eines Firmenfahrzeugs durchführen. An den in diesem Zusammenhang mit dem Außendienst anfallenden Kosten der Mitarbeiter beteilige sich die Klägerin in Form einer Reisekostenpauschale in Höhe von 144 € pro Monat. Diese Pauschale werde unabhängig davon gewährt, ob die Mitarbeiter für die Außendiensttätigkeit ein Privatfahrzeug oder den öffentlichen Personennahverkehr benutzen würden. Benutzen Sie für Ihre Außendiensttätigkeit ein eigenes Fahrzeug, hätten sie die Möglichkeit, bei Neuwagenkauf Sonderrabatte zu nutzen, die einige Kfz-Hersteller auf Grundlage von Rahmenabkommen einräumen. In solchen Rahmenabkommen sei zwar jeweils die Klägerin als Großkunde bezeichnet worden; tatsächlich sei die vertragliche Abwicklung eines Neuwagenkaufs aber stets dergestalt erfolgt, dass die betreffenden Außendienstmitarbeiter, die von Sonderrabatten Gebrauch machen wollen, direkt Kontakt zu den von Ihnen ausgesuchten Kfz-Händlern aufnahmen und im eigenen Namen und auf eigene Rechnung ein Kraftfahrzeug erwarben. Voraussetzung dafür sei gewesen, dass die Mitarbeiter dem Händler bescheinigen mussten, dass sie eine bestimmte Haltedauer einhalten, das Fahrzeug überwiegend ‒ teilweise zu 2/3 oder mindestens im Umfang von 10.000 km pro Jahr ‒ für dienstliche Zwecke nutzen und sich der Arbeitgeber an den Kosten der Unterhaltung der Fahrzeuge beteiligt. Die Klägerin habe dem Händler lediglich die Arbeitnehmereigenschaft bestätigen müssen. Im Rahmen der Kaufpreisverhandlung eines Außendienstmitarbeiters mit einem Kfz-Händler habe dieser den Sonderrabatt, den ein Kfz-Hersteller über ein Rahmen-abkommen einräumte, mit dem verhandelten Hauspreis zu dem maßgeblichen Endpreis verrechnet, den der Außendienstmitarbeiter zu bezahlen hatte. Die Klägerin sei in die Kaufpreisverhandlungen und den Vertragsabschluss nicht eingebunden gewesen.

    8

    Die rechtliche Würdigung führe nicht zu steuerpflichtigen geldwerten Vorteilen bei den Außendienstmitarbeitern der Klägerin. Arbeitslohn werde im Regelfall durch den Arbeitgeber gezahlt; die Zahlung durch einen Dritten stelle eine Ausnahme von diesem Regelfall dar. Deshalb würden Zuwendungen Dritter nur dann zum Arbeitslohn zählen, wenn ein konkreter Veranlassungszusammenhang zwischen der Vorteilsgewährung durch einen Dritten und der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers für seinen Arbeitgeber eindeutig sei. So könne etwa das Interesse von Kfz-Händlern, Kunden zu gewinnen bzw. an sich zu binden, und trotz rabattierter Preise durch Synergie-Effekte einen zusätzlichen Gewinn zu erwirtschaften, eine Motivation darstellen, die sich außerhalb des Arbeitsverhältnisses abspiele. Dies sei hier der Fall, da das Arbeitsverhältnis auf der einen Seite sowie der Verkauf von neuen Kraftfahrzeugen durch Kfz-Händler auf der anderen Seite nebeneinanderstünde ohne mit-einander verbunden zu sein. Der Umstand allein, dass Kfz-Händler Außendienstmitarbeitern der Klägerin Preisnachlässe beim Pkw-Kauf gewährt hatten, vermöge den erforderlichen Veranlassungszusammenhang nicht zu begründen. Entgegen der Auffassung des Beklagten stelle sich ein Preisnachlass (noch) nicht als Frucht der Arbeitsleistung für den Arbeitgeber dar. Davon könne erst ausgegangen werden, wenn sich die Zuwendung als durch den Dritten vermittelter Arbeitslohn des Arbeitgebers darstelle, der Arbeitgeber beispielsweise einen ihm zustehenden Vorteil etwa im abgekürzten Zahlungswege als Arbeitsentgelt an seine Mitarbeiter weitergebe, was vorliegend aber nicht der Fall sei. Die vergünstigten Preise für die betroffenen Außendienstmitarbeiter hätten sich zudem als Frucht ihrer Arbeit darstellen müssen. Dies sei eben-falls nicht der Fall gewesen. Vielmehr hätten die betroffenen Außendienst-mitarbeiter beim Kauf neuer Fahrzeuge nicht nur mit den jeweiligen Kfz-Händlern einen Kaufvertrag geschlossen, sondern mit ihnen auch eine besondere Preisabsprache getroffen, die ihren Rechtsgrund nicht im Arbeitsverhältnis zur Klägerin gehabt hätte. Die Vergünstigung der Kaufpreise sei nicht „für“ die Beschäftigung erfolgt und sei deshalb nicht durch das individuelle Beschäftigungsverhältnis veranlasst gewesen. Die Kfz-Händler hätten entsprechende Preisvorteile nicht nur den Außendienstmitarbeitern der Klägerin gewährt, sondern solche Preisvorteile auch einem weiteren Personenkreis zugänglich gemacht, ohne dass dies an das Erbringen von Arbeitsleistungen geknüpft gewesen wäre. Alle betreffenden Kfz-Hersteller hätten der Klägerin bescheinigt, dass die Konditionen, die ihren Außendienstmitarbeitern gewährt worden seien, Sonderrabatte gewesen wären, die üblicherweise „Großkunden“ mit entsprechenden Abnahmemengen eingeräumt worden wären. Die Kfz-Händler hätten mit den Rabatten beim Verkauf neuer Fahrzeuge eigenwirtschaftliche Interessen verfolgt, die im Wesentlichen in der Steigerung und Verstetigung ihrer Umsätze gelegen hätten sowie in der Bindung eines für sie attraktiven Kundenstamms, der einfach zu erschließen gewesen sei und faktisch keinen Forderungsausfall aufgewiesen habe. Wertbildende Faktoren für die Preisbestimmung bei Kfz-Händlern lägen regelmäßig in einer Auslastungsoptimierung ihrer Geschäfte und einer Reduzierung der Kostenbelastung durch entsprechende Abverkäufe. Dabei würden Kfz-Händler vor allem von betriebswirtschaftlichen Überlegungen, etwa vom Erzielen sog. Grenzerträge geleitet. Der wesentliche Teil betrieblicher Aufwendungen beim Betrieb eines Kfz-Handelns habe den Charakter fester Kosten, die auf jeden Fall anfielen, sei die Verkaufsquote von Fahrzeugen bei 0 % oder 100 %. Nur ein kleiner Teil der Aufwendungen stelle sich als variable Kosten dar. Außerdem generiere jeder zusätzlich gewonnene Käufer ‒ wie etwa die Außendienstmitarbeiter der Klägerin ‒ über den vereinbarten Kaufpreis hinaus beim Händler oft erheblich weitere Umsätze über das Kaufen von Zubehör sowie das Durchführenlassen von Wartungen und Reparaturen. Das eigenwirtschaftliche Interesse der Kfz-Händler folge auch aus dem Umstand, dass ihnen mit ca. 8.000 Außendienstmitarbeitern eine erheblich große Kundengruppe zur Generierung von Umsätzen zur Verfügung gestanden hätte. Wenn und soweit der Beklagte die Einschränkung auf Außendienstmitarbeiter als Indiz für die Bevorzugung eines bestimmten Personenkreises ansehe, sei gerade das Gegenteil der Fall, da die Beschränkung der Sonderrabatte auf Außendienstmitarbeiter nicht auf Betreiben der Klägerin erfolgt sei. Dies folge unter anderem daraus, dass nach Angaben von Vertretern der Automobilhersteller beim Einräumen solcher Sonderrabatte an Außendienstmitarbeiter ganz bewusst unterstellt werde, dass Fahrzeuge aufgrund einer dienstlichen Nutzung eine relativ hohe jährliche Fahrleistung aufweisen würden und daher öfter zur Inspektion müssten und ein Fahrzeugwechsel früher vorgenommen werden würde. Konkrete Rechtsbeziehungen zwischen den Kfz-Händlern und der Klägerin, aufgrund derer sich die Rabattgewährung als eine Leistung der Klägerin gegenüber ihren Außendienstmitarbeitern dargestellt hätte, seien nicht ersichtlich. Die Klägerin hätte auch nicht im Gegenzug den Kfz-Händlern oder deren Mitarbeitern Vorteile eingeräumt. Außerdem lägen sonstige Rechtsbeziehungen, aufgrund derer eine Vorteilsgewährung der Klägerin zugerechnet werden könnte, nicht vor. „Ein aus dem Handeln des Arbeitgebers entstehender Anspruch des Arbeitnehmers auf den Preisvorteil“ (so BMF-Schreiben vom 20. Januar 2015 in RN 2a) begründe den erforderlichen Veranlassungszusammenhang nicht (so FG Hamburg, Urteil vom 29. November 2017 1 K 111/16, EFG 2018, 490); dem liege anscheinend die (irrige) Ansicht zugrunde, dass eine Handlung des Arbeitgebers per se die (unwiderleglich) Vermutung auslöse, Zweck einer Vorteilsgewährung durch den Dritten an die Arbeitnehmer des Arbeitgebers sei es eigentlich, den Arbeitgeber etwas zuzuwenden, was dieser dann an seine Mitarbeiter weitergebe. Eine solche Vermutung sei aber weder ausdrücklich gesetzlich geregelt noch könne sie der höchstrichterlichen Rechtsprechung entnommen werden. Ohne dass zusätzliche Umstände vorliegen, die belegen, dass sich aus dem Handeln der Klägerin ein Anspruch ihrer Außendienstmitarbeiter auf die einzuräumenden Preisvorteile von Kfz-Händlern ergeben könnte, könnten die von der Klägerin abgeschlossenen Rahmenverträge mit den Kfz-Herstellern den hier streitigen Veranlassungszusammenhang nicht begründen. Die Preisvorteile seien an keinerlei Arbeitsleistung der Außendienstmitarbeiter der Klägerin geknüpft gewesen und seien auch nicht im Interesse der Klägerin gewährt worden. Stattdessen sehe das Vergütungsmodell der Klägerin bei den Außendienstmitarbeitern, denen keine Firmenfahrzeuge gestellt werden, eine einheitliche Reisekostenpauschale in Höhe von 144 € pro Monat vor. Diese Pauschale sei verkehrsmittelunabhängig und stelle nicht darauf ab, ob ein Mitarbeiter für seine Außendiensttätigkeit ein Privatfahrzeug einsetze oder den öffentlichen Personennahverkehr benutze. Mithin habe es keine Verpflichtung eines Außendienstmitarbeiters gegeben, einem mit Preisvorteil erworbenen Pkw für dienstliche Belange der Klägerin einzusetzen. Dass die Klägerin mit Kfz-Herstellern Rahmenverträge abgeschlossen habe, könnte zwar geeignet sein, als Mitwirkung an einer Vorteilsverschaffung angesehen zu werden. Nach der gefestigten Rechtsprechung des BFH reiche allerdings eine bloße Mitwirkung des Arbeitgebers an der Vorteilsgewährung durch einen Dritten nicht aus, um den erforderlichen Veranlassungszusammenhang zu begründen. Im vorliegenden Fall sei die festzustellende Mitwirkung der Klägerin bloß von untergeordneter Bedeutung. Die Mitwirkung sei für die Klägerin mit nur geringem Aufwand und allenfalls marginalen Mehrkosten verbunden gewesen. Die Mitwirkung der Klägerin als Arbeitgeber würde sich allein auf das Ausstellen einer Bescheinigung beschränken, aus der sich ergebe, dass es sich beim Käufer um einen Außendienstmitarbeiter der Klägerin handele. Dem stehe auch nicht die in der Einspruchsentscheidung aufgestellte Behauptung entgegen, die Klägerin habe den Kfz-Händlern bestimmte Voraussetzungen bescheinigen müssen (bestimmte Haltedauer, überwiegende dienstliche Nutzung und Beteiligung der Klägerin an den Kosten für den Unterhalt des Fahrzeugs); diese Angaben würden die Händler nicht von der Klägerin, sondern von den Außendienstmitarbeitern verlangen. Nicht zu vernachlässigen sei noch der Aspekt, dass es bei der Klägerin keine arbeitsrechtliche Verpflichtung des Arbeitgebers zur Verschaffung von Firmenfahrzeugen oder Preisvorteilen bei Kauf von eigenen Fahrzeugen gebe. Schließlich verkenne der Beklagte, dass der BFH in seiner Rechtsprechung zur Lohnsteuer-pflicht bei Rabattgewährung Dritter nicht von „ganz überwiegend eigenwirtschaftlichem Interesse“, sondern nur von „eigenwirtschaftlichen Gründen“ gesprochen habe; ein Überwiegen des eigenwirtschaftlichen Interesses des Dritten sei also nicht erforderlich. Beim Abstellen auf ein „ganz überwiegend eigenwirtschaftliches Interesse“ verkenne der Beklagte, dass ein Dritter im Lohnsteuer-verhältnis grundsätzlich keine Rolle spiele, da das „Lohnsteuerdreieck“ vielmehr aus Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Finanzverwaltung gebildet werde. Sollte eine vierte Partei steuerschuldrechtlich eine Rolle spielen, müssten dafür eindeutige Kriterien gefunden werden. Ein Überwiegen eigenwirtschaftlicher Interessen sei hierfür weder nötig noch geboten.

    9

    Die Klägerin beantragt,
    die Lohnsteueranmeldung für Januar 2018 vom 26. Januar 2018 und die hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 29. Juni 2018 dahingehend zu ändern, dass die darin erfolgte Anmeldung von Vorteilen für Rabatte in Gesamthöhe von 4.627,45 € (= 4.288,17 € Lohnsteuer zuzüglich 235,72 € Solidaritätszuschlag zuzüglich 103,56 € Kirchensteuer) nicht der Lohnsteuer unterworfen wird.

    10

    Der Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen.

    11

    Hierzu hat er unter Bezugnahme auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung ergänzend vorgetragen:

    Entscheidendes Kriterium für die Verpflichtung des Arbeitgebers sei die aktive Mitwirkung des Arbeitgebers an der Verschaffung des Preisvorteils bei einem Dritten. Dies sei vorliegend der Fall. Durch den Abschluss der Rahmenabkommen mit den genannten Kfz-Herstellern und somit durch ein aktives Handeln der Klägerin sei ein Anspruch der Arbeitnehmer auf einen Preisvorteil überhaupt erst entstanden. Die Klägerin sei somit der eigentliche Veranlasser der Rabattgewährung. Diese Einschätzung entspreche auch den im BMF-Schreiben vom 20. Januar 2015 aufgestellten Grundsätzen. Dort werde unter Ziffer 2a ausgeführt: „Es spricht dafür, dass Preisvorteile zum Arbeitslohn gehören, wenn der Arbeitgeber an der Verschaffung dieser Preisvorteile aktiv mitgewirkt hat. Eine aktive Mitwirkung des Arbeitgebers in diesem Sinne liegt vor, wenn aus dem Handeln des Arbeitgebers ein Anspruch des Arbeitnehmers auf den Preisvorteil entstanden ist“. Bei den gewährten Rabatten würde es sich auch nicht um Mengenrabatte handeln, die auch fremden Dritten üblicherweise im normalen Geschäftsverkehr eingeräumt würden. Die Gewährung der Rabatte sei hier ausdrücklich davon abhängig, dass die Klägerin den Händlern die Arbeitnehmereigenschaft bestätige. Darüber hinaus müsse der Arbeitnehmer bescheinigen, dass er eine bestimmte Haltedauer einhalte, das Fahrzeug überwiegend ‒ teilweise zu 2/3 oder mindestens im Umfang von 10.000 km pro Jahr ‒ für dienstliche Zwecke nutze und sich der Arbeitgeber an den Kosten der Unterhaltung des Fahrzeugs beteilige.

    12

    Etwas Anderes folge auch nicht aus dem Urteil des FG Hamburg vom 29. November 2017. Der dort zugrundeliegende Sachverhalt sei mit dem hier zu entscheidenden Fall nicht vergleichbar. So fehle es dort an einer ausdrücklichen Vereinbarung über die Gewährung des Rabatts. Zudem werde der Rabatt dort nicht nur einem klar abgrenzbaren Personenkreis im Zusammenhang mit dem individuellen Dienstverhältnis gewährt, sondern neben aktiven Mitarbeitern auch ehemaligen und beurlaubten Mitarbeitern. Zur Anwendung der BFH-Urteile vom 18. Oktober 2012 (VI R 64/11) und vom 10. April 2014 (VI R 62/11) habe das BMF mit Erlass vom 20. Januar 2015 (BStBl I 2015, 143) unter Rz. 1 Satz 2 erläutert, dass ein überwiegend eigenwirtschaftliches Interesse des Dritten die Annahme von Arbeitslohn ausschließe. Da hier ‒ wie in der Einspruchsentscheidung ausgeführt ‒ die Interessen der Arbeitnehmer an der Erlangung der Vorteile nicht von einem eigenwirtschaftlichen Interesse des Dritten verdrängt werde, lägen geldwerte Vorteile vor.

    13

    Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Beteiligten und die nachgereichten Arbeitsverträge der betroffenen Außendienstmitarbeiter (Blatt 59-132 PA) Bezug genommen.

    Entscheidungsgründe

    I.

    14

    Die Klage ist begründet.

    15

    In der Lohnsteueranmeldung für den Monat Januar 2018 vom 26. Januar 2018, die nach § 168 Satz 1 AO einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht, sind die streitgegenständlichen Rabatte der Autohersteller zu Unrecht der Lohnsteuer unterworfen worden, denn sie stellen keine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit dar.

    16

    1. Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ‒ neben Gehältern und Löhnen ‒ auch andere Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden, unabhängig davon, ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht oder ob es sich um laufende oder einmalige Bezüge handelt (§ 19 Abs. 1 Satz 2 EStG).

    17

    a) Diese Bezüge oder Vorteile gelten dann als für eine Beschäftigung gewährt, wenn sie durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst sind (sog. Veranlassungsprinzip). Dafür ist es nicht erforderlich, dass ihnen eine Gegenleistung für eine konkrete (einzelne) Dienstleistung des Arbeitnehmers zugrunde liegt. Eine Veranlassung durch das individuelle Dienstverhältnis ist vielmehr zu bejahen, wenn die Einnahmen dem Empfänger mit Rück-sicht auf das Dienstverhältnis zufließen und sich als Ertrag der nichtselbständigen Arbeit darstellen, wenn sich die Leistung des Arbeitgebers also im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist (vgl. grundlegend BFH-Urteil vom 17. September 1982 VI R 75/79, BSt- Bl II 1983, 39; ebenso z.B.: BFH-Urteile vom 16. Mai 2013 VI R 7/11, BFH/NV 2013, 1848; vom 18. Oktober 2012 VI R 64/11, BStBl II 2015, 184; vom 10. April 2014 VI R 62/11, BSt-Bl II 2015, 191). Daher werden Zuwendungen des Arbeitgebers an seinen Arbeitnehmer regelmäßig zu Arbeitslohn führen, es sei denn der Arbeitgeber verfolgt ausnahmsweise ganz überwiegende eigenbetriebliche Interessen (z.B.: BFH-Urteile vom 17. September 1982 VI R 75/79, BStBl II 1983, 39; vom 16. Mai 2013 VI R 7/11, BFH/NV 2013, 1848; vom 14. November 2013 VI R 36/12, BStBl II 2014, 278).

    18

    b) Arbeitslohn kann (ausnahmsweise) auch bei der Zuwendung eines Dritten anzunehmen sein, wenn diese ein Entgelt "für" eine Leistung bildet, die der Arbeitnehmer im Rahmen des Dienstverhältnisses für seinen Arbeit-geber erbringt, erbracht hat oder erbringen soll. Voraussetzung ist, dass sie sich für den Arbeitnehmer als Frucht seiner Arbeit für den Arbeitgeber darstellt und im Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis steht (z.B.: BFH-Urteile vom 24. Februar 1981 VIII R 109/76, BStBl II 1981, 707; vom 19. August 2004 VI R 33/97, BStBl II 2004, 1076; vom 10. Mai 2006 IX R 82/98, BStBl II 2006, 669; vom 19. Juni 2008 VI R 4/05, BStBl II 2008, 826; vom 20. November 2008 VI R 25/05, BStBl II 2009, 382). Ein einfacher Kausalzusammenhang zwischen der Leis-tung des Dritten und dem Dienstverhältnis im Sinne einer „conditio sine qua non“ allein genügt für die Annahme von Arbeitslohn auch im Fall der Drittzuwendung nicht. Erforderlich ist vielmehr, dass der Dritte dem Arbeit-nehmer den Vorteil als Entlohnung für den Arbeitgeber über geleistete Dienste final zuwendet (BFH-Urteil vom 17. Juli 2014 VI R 69/13, BStBl 2015, 41). Dagegen liegt jedenfalls kein Arbeitslohn vor, wenn die Zuwendung wegen anderer Rechtsbeziehungen oder wegen sonstiger, nicht auf dem Dienstverhältnis beruhender Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber gewährt wird. Entsprechendes gilt, wenn die Zuwendung auf anderen Rechtsbeziehungen zwischen Arbeitnehmer und Drittem gründet (BFH-Urteil vom 1. September 2016 VI R 67/14, BStBl II 2017, 69 unter Bezugnahme auf die BFH-Urteile vom 28. Februar 2013 VI R 58/11, BStBl II 2013, 642 und vom 17. Juli 2014 VI R 69/13, BStBl II 2015, 41).

    19

    Rabatte, die Arbeitnehmern von dritter Seite eingeräumt werden, sind nur dann Arbeitslohn, wenn sich aus den Umständen ergibt, dass mit dem Preisnachlass die für den Arbeitgeber erbrachte Arbeitsleistung entgolten werden soll. Ob sich die Zuwendung als durch den Dritten vermittelter Arbeitslohn des Arbeitgebers darstellt, beurteilt sich nach dem Rechtsgrund der Drittzuwendung und damit nicht zuletzt danach, ob der Dritte den Vorteil aus eigenwirtschaftlichem Interesse oder im Interesse des Arbeitgebers gewährt (BFH-Urteile vom 20. Mai 2010 VI R 41/09, BStBl II 2010, 1022; vom 10. April 2014 VI R 62/11, a.a.O.). Wenn der Dritte ein eigenwirtschaftliches Interesse an der Rabattgewährung hat bzw. den Rabatt aus eigenwirtschaftlichen Gründen gewährt, liegt grundsätzlich kein Arbeitslohn vor (vgl. BFH-Urteile vom 20. Mai 2010 VI R 41/09; vom 10. April 2014 VI R 62/11, a.a.O.; FG Hamburg, Urteil vom 29. November 2017 1 K 111/16, EFG 2018, 490; FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 7. Juni 2018 4 K 1803/17, nicht veröffentlicht; FG Köln, Urteil vom 11. Oktober 2018 7 K 2053/17, EFG 2019, 119). Arbeitslohn liegt nicht allein deshalb vor, weil der Arbeitgeber an der Verschaffung der Rabatte mitgewirkt hat (BFH-Urteil vom 18. Oktober 2012 VI R 64/11, BStBl II 2015, 184).

    20

    c) Ob eine Zuwendung durch das Dienstverhältnis veranlasst ist, obliegt in erster Linie der tatrichterlichen Würdigung durch das Finanzgericht; dies gilt auch für die Zuwendung eines Dritten. Denn ob der entsprechende Leistungsaustausch den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit oder aufgrund einer Sonderrechtsbeziehung einer anderen Einkunftsart oder dem nicht einkommensteuerbaren Bereich zuzurechnen ist, kann nur aufgrund einer grundsätzlich der Tatsacheninstanz vorbehaltenen Würdigung aller wesentlichen Umstände des Einzelfalles entschieden werden. Die persönlichen Auffassungen und Einschätzungen der an der Zuwendung Beteiligten sind insoweit unerheblich. Entscheidend sind die vorgefundenen objektiven Tatumstände, die vom Finanzgericht als Tatsacheninstanz eigenständig zu würdigen sind (BFH-Beschluss vom 26. Juni 2014 VI R 94/13, BStBl II 2014, 864; BFH-Urteil vom 01. September 2016 VI R 67/14, a.a.O.).

    21

    2. An diesen Grundsätzen gemessen liegt in der Rabattgewährung der verschiedenen Autohersteller an die Außendienstmitarbeiter der Klägerin kein steuerpflichtiger Arbeitslohn durch einen Dritten. Denn die Rabatt-gewährung der verschiedenen Autohersteller war unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Einzelfalles zur Überzeugung des erkennenden Senats nicht durch das mit der Klägerin bestehende Dienstverhältnis veranlasst.

    22

    a) Der Umstand, dass die aufgrund der Rahmenverträge eingeräumten Rabatte der Autohersteller den Außendienstmitarbeitern der Klägerin nur unter der Voraussetzung gewährt wurden, dass sie das von ihnen gekaufte Fahrzeug auch für dienstliche Zwecke einsetzen, genügt ‒ entgegen der Ansicht des Beklagten ‒ noch nicht, um den erforderlichen Veranlassungszusammenhang durch das Dienstverhältnis bejahen zu können.

    23

    Zwar spricht die Verpflichtung der aufgrund der Rahmenverträge gekauften Fahrzeuge zur auch dienstlichen Nutzung für ein gewisses Interesse der Klägerin an der Rabattgewährung. Dieses Interesse der Klägerin an der Rabattgewährung zugunsten ihrer Außendienstmitarbeiter wird aber bei wertender Betrachtung der Gesamtumstände vom eigenwirtschaftlichen Interesse der Automobilhersteller überlagert.

    24

    aa) Für das eigenwirtschaftliche Interesse der Automobilhersteller spricht bereits die Höhe der in den Rahmen-verträgen eingeräumten Rabatte, die je nach abgenommener Menge und Modell zwischen 8 % bis maximal 13,5 % ausmachte. Damit war der konkret eingeräumte Rabatt in seiner absoluten Höhe schon nicht so außergewöhnlich, dass darin eine lohnsteuerrechtliche Zuwendung im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses zu sehen wäre. Nach den Bestätigungs-schreiben der Automobilhersteller (Blatt 2-5 LSt-A Bd. III/A) handelte es sich hier-bei um übliche Rabatte, die Großkunden eingeräumt wurden. Diese Rabatthöhe wurde jedoch nicht bloß Groß-kunden zugestanden. Ausweislich eines Artikels in der „Süddeutschen Zeitung“ vom 9. April 2017 (https://www.sueddeutsche.de/auto/autokauf-wie-viel-rabatt-beim -neuwagen-drin- 1.2173394, abgerufen am 6. Juni 2018) mit dem Titel: „Wie viel Rabatt ist beim Neuwagen drin?“ „buhlen“ Autohersteller um die Gunst der Kunden, sodass es nahezu bei jedem Autohaus entsprechende Sonderaktionen, Vergünstigungen und Rabatte gebe. Hiernach lägen sogar Angebote von bis zu 30 % unter dem Listenpreis im Bereich des Möglichen. Auch der „VFR Verlag für Rechtsjournalismus GmbH“ berichtete auf seiner Internetseite„https://www.autokauf.org/ neuwagenrabatt“ (abgerufen am 20. Mai 2020) davon, dass beim Neuwagenkauf in der Regel bis zu 20 Prozent, in manchen Fällen sogar maximal 30 Pro-zent Nachlass auf den Listenpreis drin wären. Nach dem Zeitungsartikel der Augsburger All-gemeinen vom 16. Februar 2018 (https://www.augsburger-allgemeine.de/themenwelten/Barrabatt-beim-Autokauf- bis-zu-20-Prozent-sparen-id44243426.html; abgerufen am 8. Juni 2020) lagen die Preisnachlässe laut den Angaben des ADAC bei Barzahlung grundsätzlich bei 11 % und beim Neuwagenkauf über das Internet 5 % über dem Rabatt im stationären Autohaus. Wurden somit Ende 2017/Anfang 2018 die Rabatte beim Neuwagenkauf in der Größenordnung von mindestens 11-16 % sowohl den Außendienstmitarbeitern der Klägerin als auch einem weiteren Personenkreis (Endverbraucher) im normalen Geschäftsverkehr üblicherweise eingeräumt, lässt dies erkennen, dass die Rabattgewährung der Automobilhersteller in erster Linie ihrem eigenwirtschaftlichen Interesse diente. Den Automobilherstellern ging es hiernach bei der Einräumung der Rabatte für Außendienst-mitarbeitern der Klägerin ersichtlich vordergründig darum, ihren Umsatz zu steigern und zu verstetigen sowie den für sie attraktiven Kundenstamm von Außendienstmitarbeitern, die zu den sog. Vielfahrern gehören, an sich zu binden. Darauf hat die Klägerin nach Ansicht des erkennenden Senats zutreffend hingewiesen.

    25

    bb) Soweit die Klägerin den Rahmenvertrag mit den Automobilherstellern aushandelte, stellt dies keine hinreichend aktive Mitwirkung dar, die es rechtfertigt, die den Außendienstmitarbeitern der Klägerin eingeräumten Preisvorteile beim Neuwagenkauf im überwiegenden Interesse der Klägerin anzusehen. Das gilt selbst dann nicht, wenn in die Würdigung mit einbezogen wird, dass sich die Klägerin gegenüber BMW und gegenüber dem Autohaus Opel zur Rückzahlung des eingeräumten Rabatts im Falle der Nichteinhaltung der Rabattvoraussetzungen verpflichtete.

    26

    aaa) Es fehlen nämlich konkrete Rechtsbeziehungen zwischen der Klägerin und ihren Außendienstmitarbeitern bzw. zwischen der Klägerin und den Automobilherstellern, die darauf hin-deuten, dass ein Veranlassungszusammenhang zwischen der Mitwirkungshandlung der Klägerin und dem Dienstverhältnis bestand.

    27

    (1) Einen arbeitsvertraglichen Anspruch auf den im Rahmenvertrag zugestandenen Rabatt beim Neuwagenkauf hatten die Außendienstmitarbeiter nicht.

    28

    Die Arbeitsverträge der Außendienstmitarbeiter sahen neben dem Arbeitslohn als zusätzliche Vergütung lediglich eine Reisekostenpauschale vor. Eine arbeitsvertragliche Verpflichtung zur Einräumung eines Rabatts bei der Fahrzeugbeschaffung bestand für die Klägerin also nicht und mithin auch kein entsprechender Lohnanspruch ihrer Außendienstmitarbeiter.

    29

    (2) Auch zeigen sich die in den Rahmenverträgen zugestandenen Rabatte nicht als Ausgleich für Verpflichtungen, welche die Klägerin für die Automobilhersteller übernahm.

    30

    Nach dem Vortrag der Klägerin räumte sie weder den Automobilherstellern noch deren Mitarbeitern Vorteile (beispielsweise in Form vergünstigter Versicherungsbedingungen für die in den Rahmenverträgen zugestandenen Rabatte ein. Dass diese Sacheinlassung der Klägerin falsch sei, ist nach Lage der Akten nicht ersichtlich; Gegenteiliges hat der Beklagte zudem nicht dargetan. Insoweit fehlen jegliche Anhaltspunkte dafür, dass mit den Preisnachlässen der Zahlungsweg zwischen der Klägerin und den Automobilherstellern bzw. den Autohändlern abgekürzt worden sei.

    31

    bbb) Und was die Rückzahlungsverpflichtung der Klägerin im Falle der Nichteinhaltung der Rabattvoraussetzungen anbelangt, führt dieser Umstand ‒ entgegen der vom Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung geäußerten Ansicht ‒ deshalb nicht zu einem Vorteil im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG, weil er nicht geeignet ist, den Rechtsgrund für die Rabattgewährung, nämlich das eigenwirtschaftliche Interesse der Automobilhersteller an der Absatzsteigerung, zu überlagern oder gar gänzlich entfallen zu lassen. Das Gegenteil ist vielmehr der Fall. Diese Vertragsabrede wurde nicht im Interesse der Klägerin als Arbeitgeberin, sondern in erster Linie im Interesse der Automobilhersteller Vertragsbestandteil, denn hier-durch soll ersichtlich abgesichert werden, dass lediglich der für die Automobilhersteller attraktive Kundenstamm der Außendienstmitarbeiter als sog. Vielfahrer in den Genuss des Mengenrabatts kommt.

    32

    b) Letztlich lässt sich nur feststellen, dass der Anspruch der Außendienstmitarbeiter auf die Rabattgewährung aus dem Handeln der Klägerin resultierte. Dies genügt ‒ entgegen Ziffer 2a des BMF-Schreibens vom 20. Januar 2015 (BStBl I 2015, 143) ‒ für sich allein betrachtet aber nicht, um Arbeitslohn annehmen zu können.

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    Für die Annahme von Arbeitslohn genügt ein einfacher Kausalzusammenhang zwischen der Leistung des Dritten und dem Dienstverhältnis nicht. Statt einer monokausalen Betrachtung muss vielmehr anhand sämtlicher Gesamtumstände des Einzelfalles bestimmt werden, ob die Mitwirkung des Arbeitgebers an der Vorteilsgewährung durch den Dritten einen Veranlassungszusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis begründet. Das ist hier jedoch nicht der Fall. Denn die festzustellende Mitwirkung der Klägerin beim Zustandekommen der Rahmenverträge zeigt sich im Hinblick auf das eigenwirtschaftliche Interesse der Automobilhersteller in der Gesamtschau von bloß untergeordneter Bedeutung. Hieran ändert der Umstand nichts, dass die Klägerin den Händlern die Betriebszugehörigkeit der Außendienstmitarbeiter bestätigte und für die Einhaltung der Rabattvoraussetzungen zwei Vertragspartnern gegenüber eine Einstandspflicht in Form einer Rückzahlungsverpflichtung übernahm. Auch hierbei handelt es sich im Hinblick auf die tatsächliche Vertragsabwicklung lediglich um eine rein formale Mitwirkung von bloß untergeordneter Bedeutung, da die Voraussetzungen für die Rabattgewährung ‒ nach der unwidersprochen gebliebenen Einlassung der Klägerin in der mündlichen Verhandlung ‒ zu keiner Zeit von den Autohäusern überprüft worden seien und folglich bislang zu keiner Geltendmachung von Rückzahlungen seitens der Autohäuser gekommen sei. Unter Einbeziehung der Mitwirkungshandlungen der Klägerin in die anzustellende Gesamtbetrachtung kann zur Überzeugung des erkennenden Senats nicht angenommen werden, dass die den Außendienstmitarbeitern der Klägerin eingeräumten Rabatte der Automobilhersteller für eine Leistung gewährt wurden, die sie als Arbeitnehmer im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses zu erbringen hatten. Weitere Umstände, die dafür sprechen könnten, in dem Rabatt eine finale Gegenleistung für die Dienste der Außendienstmitarbeiter zu sehen, sind vom Beklagten jedenfalls weder vorgetragen worden noch nach Lage der Akten ersichtlich.

    II.

    34

    1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit basiert auf § 151 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 FGO i.V.m. § 708 Nr. 10, § 713 Zivilprozessordnung ‒ ZPO ‒).

    35

    2. Revisionszulassungsgründe (§ 115 Abs. 2 FGO) sind nicht gegeben. Die Entscheidung legt die Grundsätze der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Lohnsteuerpflicht für Rabattgewährung Dritter zu Grunde und wendet sie lediglich auf die Umstände des streitigen Einzelfalles an.

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