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  • 08.04.2025 · IWW-Abrufnummer 247492

    Finanzgericht Baden-Württemberg: Urteil vom 25.09.2024 – 14 K 382/21

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 25.09.2024, Az. 14 K 382/21

    Tenor:

    1. Die Klage wird abgewiesen.

    2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

    3. Die Revision wird zugelassen.

    Tatbestand
    1
    Streitig ist, ob wegen eines Nichtberufsunfalls in der Schweiz bezahltes Taggeld in Deutschland dem Progressionsvorbehalt unterfällt.

    2
    1. Die verheirateten Kläger wurden im Streitjahr 2018 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielte als (...) bei der Firma A AG in der Stadt B/Schweiz nicht-selbständige Einkünfte, mit denen er als Grenzgänger i.S. des Art. 15a des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen - DBA-Schweiz - vom 11.08.1971 (BGBl II 1972, 1022, BStBl I 1972, 519) i.d.F. des Änderungsprotokolls vom 27.10.2010 (BGBl II 2011, 1092, BStBl I 2012, 513) der Besteuerung im Inland unterlag.

    3
    2. Auf Grund seiner Tätigkeit in der Schweiz war der Kläger gem. Art. 1a des schweizerischen Bundesgesetzes über die Unfallversicherung vom 20.03.1981 (UVG, www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1982/1676_1676_1676/de) wie alle in der Schweiz beschäftigten Arbeitnehmer obligatorisch in der Schweizer Unfallversicherung versichert. Die Schweizer Unfallversicherung ist eine gesetzliche Sozialversicherung (vgl. Art. 1 UVG) und gewährt Schutz (Art. 6 UVG) bei Berufsunfällen (Art. 7 UVG), Nichtberufsunfällen (Art. 8 UVG) und Berufskrankheiten (Art. 9 UVG). Im Falle eines Unfalls haben die Versicherten Anspruch auf die im UVG geregelten Versicherungsleistungen. Hierzu gehöret auch das Taggeld bei Arbeitsunfähigkeit (Art. 16 bis 17 UVG). Der Anspruch auf Taggeld entsteht am dritten Tag nach dem Unfalltag und beträgt bei voller Arbeitsunfähigkeit 80 % des versicherten Verdienstes.

    4
    Nach Art. 49 UVG können die Versicherer die Auszahlung des Taggeldes dem Arbeitgeber übertragen. Die Unfallversicherung wird durch die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva) oder durch andere zugelassene Versicherer und eine von diesen betriebene Ersatzkasse durchgeführt (Art. 58 UVG). Die Prämien für die obligatorische Versicherung der Berufsunfälle und der Berufskrankheiten trägt der Arbeitgeber (Art. 91 Abs. 1 UVG), während die Prämien für die obligatorische Versicherung der Nichtberufsunfälle vorbehaltlich einer abweichenden Abrede zu Lasten des Arbeitnehmers gehen (Art. 91 Abs. 2 UVG). Der Arbeitgeber schuldet den gesamten Prämienbetrag und zieht den Anteil des Arbeitnehmers, falls keine abweichende Abrede besteht, vom Lohn ab (Art. 91 Abs. 3 UVG). Im vorliegenden Fall hat der Arbeitgeber des Klägers die Beiträge für die Versicherung von Nichtberufsunfällen übernommen (...).

    5
    3. Der Kläger hatte im Jahr 2018 einen Nichtberufsunfall in Form eines privaten ...unfalls. In seinem Bruttolohn für das Jahr 2018 in Höhe von XXX CHF ist neben unstreitigem Krankentaggeld (XXX CHF) Unfalltaggeld (XXX CHF) enthalten. Das beklagte Finanzamt (FA) kürzte den Bruttolohn antragsgemäß um die steuerfreien Taggelder in Höhe von insgesamt XXX CHF, berücksichtige diese aber mit umgerechnet XXX € im Rahmen des Progressionsvorbehalts. Mit Bescheid vom 02.08.2019 wurde die Einkommensteuer 2018 auf XXX € festgesetzt.

    6
    4. Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein und beantragte, das Unfalltaggeld in Höhe von XXX CHF nicht dem Progressionsvorbehalt zu unterwerfen. Diese Leistung sei mit der einer privaten Unfallversicherung im Inland vergleichbar, die nicht dem Progressionsvorbehalt unterliege.

    7
    5. Das FA setzte mit Bescheid vom 22.01.2021 die Einkommensteuer von XXX € auf XXX € herab und wies den Einspruch als unbegründet zurück. Die Reduzierung beruhte auf einer Neuberechnung des Progressionstarifs, in den das Krankentaggeld von XXX CHF nicht mehr einbezogen wurde. Im Hinblick auf das streitige Unfalltaggeld von XXX € blieb das FA bei seiner Auffassung, dass dieses dem Progressionsvorbehalt zu unterwerfen sei. Das Schweizer Unfalltaggeld sei mit dem steuerfreien Verletztengeld der inländischen gesetzlichen Unfallversicherungen vergleichbar (§ 3 Nr. 2 Buchstabe e i.V.m. Nr. 1 Buchstabe a Einkommensteuergesetz - EStG). Die steuerfreien Leistungen seien demzufolge nach § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe k EStG auch in den Progressionsvorbehalt einzubeziehen. Jeweiliger Zweck der Leistungen sei die Lohnfortzahlung bei einem unfallbedingten Arbeitsausfall.

    8
    Der Progressionsvorbehalt bestehe auch, wenn - wie im vorliegenden Fall - die Suva das Taggeld wegen eines Nichtberufsunfalls zahle. Hier bestehe die Vergleichbarkeit nicht mit der inländischen gesetzlichen Unfallversicherung, sondern mit dem Krankengeld der gesetzlichen Krankenversicherung. Sowohl das Unfalltaggeld der Suva als auch das Krankengeld einer inländischen gesetzlichen Krankenversicherung dienten dem Ausgleich einer reduzierten Lohnfortzahlung bei einem längeren krankheitsbedingten Arbeitsausfall. Ausschlaggebend sei in beiden Fällen das bestehende Arbeitsverhältnis.

    9
    6. Die Kläger haben am 15.02.2021 mit dem Ziel Klage erhoben, das Unfalltaggeld nicht in den Progressionsvorbehalt einzubeziehen. Das Unfalltaggeld der Suva sei nicht mit dem Krankengeld einer inländischen Krankenversicherung vergleichbar. Die Schweizer Unfallversicherung umfasse auch Nichtberufsunfälle und damit einen Bereich privater Lebensumstände. Den Schweizer Versicherten werde "zwangsweise" die Notwendigkeit genommen, Privatunfälle zusätzlich zu versichern. Das Taggeld der Suva sei bei Nichtberufsunfällen daher eine im privaten Bereich angesiedelte Versicherungsleistung und mit den Leistungen einer inländischen privaten Unfallversicherung vergleichbar, die nicht dem Progressionsvorbehalt unterfielen.

    10
    7. Die Kläger beantragen,

    den Einkommensteuerbescheid 2018 vom 02.08.2019 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22.01.2021 aufzuheben.

    11
    8. Das FA beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    12
    9. Es bleibt bei seiner Auffassung.

    13
    10. Der Rechtsstreit wurde mit den Beteiligten am 06.06.2024 erörtert, in dem der Berichterstatter auf das in einem vergleichbaren Fall ergangene Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 26.07.2023 (2 K 1258/20) hingewiesen hat. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch den Vorsitzenden anstelle des Senats einverstanden erklärt und auf eine mündliche Verhandlung verzichtet. Dem Finanzgericht liegen die vom FA übersandten Akten vor (ein Band Einkommensteuerakten mit eingehefteten Unterlagen zum Einspruchsverfahren).

    Entscheidungsgründe
    14
    Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten durch den Berichterstatter (§ 79a Abs. 3 und 4 Finanzgerichtsordnung - FGO) und ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 FGO).

    15
    1. Die Klage ist unbegründet. Der angefochtene Einkommensteuerbescheid 2018 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Das FA hat das Unfalltaggeld zu Recht dem Progressionsvorbehalt nach § 32b EStG unterworfen (vgl. Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 26.07.2023 - 2 K 1258/20, EFG 2024, 926). Soweit der mit Klageerhebung gestellte Aufhebungsantrag über das mit der Klagebegründung geltend gemachte Begehren hinausgeht, das Unfalltaggeld nicht dem Progressionsvorbehalt zu unterwerfen, ist der Klageantrag sachdienlich auf den streitig gestellten Progressionsvorbehalt zu begrenzen. Die Kläger begehren nicht keine, sondern weniger Einkommensteuer zu zahlen.

    16
    a) Da der Bundesrepublik Deutschland als Ansässigkeitsstaat entweder nach Art. 15a oder Art. 21 DBA-Schweiz das Besteuerungsrecht für das dem Kläger ausbezahlte Unfalltaggeld zusteht (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH -, Urteil vom 15. April 1996 VI R 98/95, BStBl II 1996, 478), ist die Prüfung und Abgrenzung, ob es sich bei dem Unfalltaggeld um Arbeitslohn handelt, nach deutschem Recht als dem Recht des Anwenderstaates vorzunehmen (BFH-Urteil vom 29. April 2009 X R 31/08, BFH/NV 2009, 1625).

    17
    Die Beteiligten sind zu Recht davon ausgegangen, dass es sich bei dem im Streitjahr 2018 an den Kläger ausbezahlten Taggeld nicht um Arbeitslohn nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG handelte. Das Unfalltaggeld war keine Lohnzahlung, weil sie aus Versicherungsansprüchen resultierte, die dem Kläger nach Art. 16 Abs. 1 UVG unmittelbar gegenüber der Suva zustanden und die er durch die von seinem Arbeitgeber abgeführten Prämien erworben hatte. Zum Arbeitslohn gehören auch die Ausgaben, die ein Arbeitgeber leistet, um einen Arbeitnehmer für den Fall der Krankheit, des Unfalls, der Invalidität, des Alters oder des Todes abzusichern. Die Arbeitslohnqualität von Zukunftssicherungsleistungen, bei denen die Leistung des Arbeitgebers an einen Dritten (Versicherer) erfolgt, hängt davon ab, ob sich der Vorgang - wirtschaftlich betrachtet - so darstellt, als ob der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Mittel zur Verfügung gestellt und der Arbeitnehmer sie zum Zweck seiner Zukunftssicherung verwendet hat. Davon ist auszugehen, wenn dem Arbeitnehmer gegen die Versorgungseinrichtung, an die der Arbeitgeber die Beiträge geleistet hat, ein unentziehbarer Rechtsanspruch auf die Leistung zusteht. Führen mithin schon die vom Arbeitgeber erbrachten Aufwendungen für den Versicherungsschutz zu Arbeitslohn, begründen infolgedessen die daraufhin erbrachten Versicherungsleistungen keinen weiteren Arbeitslohn (vgl. z. B. BFH-Urteilevom 15. November 2007 VI R 30/04, BFH/NV 2008, 550 und vom 29. April 2009 X R 31/08, BFH/NV 2009, 1625). Dadurch, dass die Arbeitgeberin in die Auszahlung der Versicherungsleistungen nach Art. 49 UVG eingeschaltet ist, werden diese nicht zu Arbeitslohn (BFH-Urteil vom 26. Mai 1998 VI R 9/96, BStBl II 1998, 581 und BFH-Beschluss vom 25. Januar 2000 VI B 108/98, BFH/NV 2000, 836).

    18
    b) Das im Streitjahr 2018 bezogene Unfalltaggeld unterliegt dem Progressionsvorbehalt nach § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. k EStG. Danach ist ab dem Veranlagungszeitraum 2015 auf nach § 3 Nr. 2 Buchst. e EStG steuerfreie Leistungen ein besonderer Steuersatz anzuwenden, wenn vergleichbare Leistungen inländischer öffentlicher Kassen nach § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a bis j EStG dem Progressionsvorbehalt unterfallen. Das Unfalltaggeld ist eine nach § 3 Nr. 2 Buchst. e EStG in Verbindung mit § 3 Nr. 1 Buchst. a EStG steuerfreie Leistung (aa), die mit den Sozialleistungen inländischer öffentlicher Kassen, hier dem Krankengeld, vergleichbar ist (bb).

    19
    aa) Nach § 3 Nr. 2 Buchst. e EStG sind steuerfrei mit den in den Nummern 1 bis 2 Buchst. d und Nummer 67 Buchst. b genannten Leistungen vergleichbare Leistungen ausländischer Rechtsträger, die ihren Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet oder in der Schweiz haben.

    20
    (1) Das dem Kläger gezahlte Unfalltaggeld ist eine mit dem Krankengeld der gesetzlichen Krankenkasse nach § 3 Nr. 1 Buchst. a EStG vergleichbare Leistung. Die Leistung der Suva, eines ausländischen Rechtsträgers mit Sitz in Luzern (Art. 61 Abs. 1 UVG), ist in ihrer Funktion und Zielsetzung dem inländischen Krankengeld ähnlich. Das Schweizer Unfalltaggeld hat wie das Krankengeld einer inländischen Krankenversicherung den Zweck, den Lohnausfall zu ersetzen, der infolge eines Nichtberufsunfalls entstehen kann. Das dem Kläger ausbezahlte Unfalltaggeld stellt eine Entgeltfortzahlung trotz Arbeitsunfähigkeit infolge eines sich nicht auf dem Arbeitsweg ereigneten Nichtberufsunfalls sicher. Auch das Krankengeld der gesetzlichen inländischen Krankenversicherung ersetzt einen Teil des Lohnausfalls des Versicherten, den dieser infolge eines sich nicht auf dem Arbeitsweg zugetragenen Nichtberufsunfalls erleidet.

    21
    Das Unfalltaggeld der Suva unterscheidet sich somit hinsichtlich des Zwecks der Sicherstellung einer Entgeltfortzahlung infolge eines Nichtberufsunfalls nicht vom inländischen Krankengeld. Wie beim Krankengeld einer inländischen gesetzlichen Krankenversicherung sind die Modalitäten des Schweizer Unfalltaggeldes gesetzlich festgelegt. Nach Art. 17 UVG beträgt das Unfalltaggeld 80 % des versicherten Verdienstes, während das inländische gesetzliche Krankengeld 70 % des erzielten regelmäßigen Arbeitsentgelts und Arbeitseinkommens, soweit es der Beitragsberechnung unterliegt, beträgt (§ 47 Abs. 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch - SGB V). Auch in dieser Hinsicht ähnelt das dem Kläger ausbezahlte Unfalltaggeld dem gesetzlichen Krankengeld. Im Gegensatz zum inländischen Krankengeld, das in der Regel erst ab dem 43. Tag ausbezahlt wird, erhielt der Kläger die Unfalltaggelder jedoch bereits ab dem dritten Tag nach dem jeweiligen Unfalltag (Art. 16 Abs. 2 UVG). Dieser Unterschied führt jedoch nicht dazu, dass das Schweizer Unfalltaggeld mit dem inländischen Krankengeld nicht vergleichbar wäre. Denn unabhängig vom Zeitpunkt der Auszahlung entsteht der Anspruch auf Krankgengeld gem. § 46 Satz 1 SGB V bei einer Krankenhausbehandlung oder einer Behandlung in einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung bereits von ihrem Beginn und im Übrigen von dem Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit an. Dieser Anspruch ruht gem. § 49 Abs. 1 Nr. 1 SGB lediglich, soweit und solange Versicherte beitragspflichtiges Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erhalten. Allein aufgrund dieser Regelung wird das Krankengeld in der Regel erst ab dem 43. Tag nach dem Unfall ausbezahlt, da § 3 Abs. 1 Satz 1 Entgeltfortzahlungsgesetz grundsätzlich den Arbeitgeber für die Dauer von sechs Wochen zur Entgeltfortzahlung bei einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit verpflichtet. Nach § 1 Aufwendungsausgleichsgesetz haben Arbeitgeber unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf teilweise Erstattung des für diese Dauer an ihre Arbeitnehmer fortgezahlten Arbeitsentgelts. Somit ist auch in Deutschland die gesetzliche Krankenversicherung - ähnlich wie die obligatorische Unfallversicherung in der Schweiz - teilweise bereits ab dem Beginn der Feststellung der Arbeitsunfähigkeit wirtschaftlich mit der Entgeltfortzahlung belastet, so dass auch hinsichtlich der Dauer das inländische Krankengeld mit dem Unfalltaggeld vergleichbar ist.

    22
    (2) Das Schweizer Unfalltaggeld ist keine vergleichbare Leistung aus einer gesetzlichen Unfallversicherung i. S. d. § 3 Nr. 2 Buchst. e EStG i. V. m. § 3 Nr. 1 Buchst. a EStG, da es infolge eines sich nicht auf dem Arbeitsweg ereigneten Nichtberufsunfalls ausbezahlt wurde. Nach § 45 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) i. V. m. §§ 7 Abs. 1, 8 SGB VII wird Verletztengeld, also Geldleistungen aufgrund einer Arbeitsunfähigkeit, nur infolge eines Arbeitsunfalls, einer Berufskrankheit oder eines Unfalls auf dem Arbeitsweg gezahlt, nicht jedoch infolge eines Nichtberufsunfalls.

    23
    bb) Das Unfalltaggeld der Suva unterfällt dem Progressionsvorbehalt nach § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. k EStG. Es ist eine mit dem Krankengeld der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG vergleichbare Leistung einer inländischen öffentlichen Kasse.

    24
    Die auf der Ebene der Steuerbefreiung des § 3 Nr. 2 Buschstabe e EStG bestehende Vergleichbarkeit von Schweizer Unfalltaggeld und deutschem Krankengeld ist auch auf der Ebene des Progressionsvorbehalts gegeben. § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. k EStG stellt ebenso wie § 3 Nr. 2 Buschstabe e EStG auf "vergleichbare Leistungen" und nicht auf vergleichbare ausländische Organisationsformen ab. Es ist daher unbeachtlich, dass in der Schweiz für die Auszahlung von Taggeld aufgrund eines Nichtberufsunfalls die Unfallversicherung an Stelle der Krankenkasse zuständig ist. Ebenso wie das Krankengeld gem. § 44 Abs. 1 SGB V zum gesetzlichen Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkasse gehört, gehört das Unfalltaggeld nach dem UVG gem. Art. 16 zum Leistungsumfang der schweizerischen Unfallversicherung. Beide sind eine gesetzliche vorgeschriebene, durch Pflichtbeiträge finanzierte Regelleistung bei Arbeitsunfähigkeit. Das Schweizer Unfalltaggeld entspricht daher in seinem Kerngehalt den typischen Merkmalen des Krankengelds der gesetzlichen Krankenkasse in Deutschland. Im Übrigen ist die Suva nach Art. 61 Abs. 1 UVG eine autonome Anstalt des öffentlichen Rechts und damit wie die gesetzliche Krankenkasse in Deutschland öffentlich-rechtlich organisiert.

    25
    Der Gleichlauf von Steuerfreiheit und Progressionsvorbehalt bei vergleichbaren Leistungen ausländischer Rechtsträger bestätigt auch Sinn und Zweck des § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. k EStG. Nach dem Gesetzeszweck soll diese Regelung - wie die des § 3 Nr. 2 Buchst. e EStG - der Gleichbehandlung von Empfängern bestimmter Sozialleistungen ausländischer Rechtsträger mit Empfängern inländischer Leistungen dienen. Bis zur Neufassung des § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. k EStG unterfielen Leistungen ausländischer Rechtsträger, die bereits nach §§ 3 Nr. 1 Buchst. a bis Nr. 2 Buchst. f EStG steuerfrei waren, nicht dem Progressionsvorbehalt (vgl. Urteil des BFH vom 29. April 2009 X R 31/08, BFH/NV 2009, 1625). Somit handelt es sich bei § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. k EStG um eine redaktionelle Folgeänderung aus der Neufassung des § 3 Nr. 2 Buchst. e EStG, der bestimmte Sozialleistungen aus EU-/EWR-Staaten und aus der Schweiz von der Besteuerung ausnimmt (vgl. Bundesrat-Drucksache 184/14, S. 79). Hieraus wird der Wille des Gesetzgebers deutlich, sich bei der Auslegung der Vergleichbarkeit der Leistungen im Sinn des § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. k EStG an der Auslegung der Vergleichbarkeit der Leistungen im Sinn des § 3 Nr. 2 Buchst. e EStG zu orientieren.

    26
    2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

    27
    3. Die Revision war zuzulassen, weil die Frage, ob die Leistung aus der schweizerischen Unfallversicherung infolge eines sich nicht auf dem Arbeitsweg zugetragenen Nichtberufsunfalls dem Progressionsvorbehalt unterliegt, noch nicht geklärt ist und der Rechtssache insoweit grundsätzliche Bedeutung zukommt (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).

    Vorschriften§ 32b EStG