08.01.2010
Hessisches Finanzgericht: Urteil vom 18.11.1999 – 12 K 6121/97
-Ein Fahrlehrer übt eine Fahrtätigkeit aus, die zu einem berufsbedingten Verpflegungsmehraufwand führt, wenn er sich gerade in den Mittagsstunden die Verpflegung nicht individuell gestalten kann, sondern sich aufgrund der Arbeitssituation an unterschiedlichen Aufenthaltsorten eine Verpflegungsmöglichkeit in naheliegenden Gaststätten und Imbißständen suchen muß.
-Der innerbetriebliche Einsatz des Fahrlehrers für Unterricht, Wartung und organisatorische Maßnahmen am Sitz der Fahrschule ändert nichts an der Beurteilung seiner Tätigkeit als Fahrtätigkeit, wenn dieser Einsatz im Verhältnis zu den Fahrstunden regelmäßig weniger als 20% der wöchentlichen Arbeitszeit oder durchschnittlich weniger als einen Arbeitstag wöchentlich im Kalenderjahr umfaßt und damit von untergeordneter Bedeutung ist.
-Selbst wenn nach der Regelung des Abschnitts 37 Abs. 5 Satz 2 Lohnsteuerrichtlinien bei Fahrlehrern regelmäßig keine Fahrtätigkeit vorliegt, die zur Gewährung von Verpflegungsmehraufwendungen führt, hat die Finanzverwaltung bei Vorliegen besonderer Umstände zu prüfen, ob im Einzelfall eine abweichende Beurteilung in Betracht kommt.
-Pauschbeträge für Verpflegungsmehraufwendungen sind nur in den Fällen zu gewähren, für die die Verwaltungsanweisungen gelten. Die Überprüfbarkeit durch die Steuergerichte beschränkt sich insoweit darauf, ob der zu beurteilende Fall nach dem Wortlaut von der Verwaltungsanweisung erfaßt wird und ob der Gleichheitssatz bei der Auswahl der typisierten Gruppe bzw. im Einzelfall beachtet worden ist.
Unter Abänderung des Einkommensteuerbescheides 1996 vom 30.7.1997 und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 30.10.1997 wird die Einkommensteuer für 1996 auf ------,-- DM herabgesetzt.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten herrscht im Rahmen der Zusammenveranlagung der miteinander verheirateten Kläger zur Einkommensteuer 1996 Streit, ob der als angestellter Fahrlehrer tätig gewesene Kläger eine Fahrtätigkeit ausgeübt hat und in diesem Zusammenhang bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit Verpflegungsmehraufwendungen zu berücksichtigen sind. Hierbei ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:
Der Kläger war in 1996 bei der Fahrschule B (nachfolgend als Arbeitgeber bezeichnet) in S als Fahrlehrer beschäftigt. Seine Tätigkeit dort gestaltete sich wie folgt: Morgens fuhr der Kläger von seinem Wohnort K nach S und übernahm dort am Sitz der Fahrschule das ihm zugewiesene Schulungsfahrzeug. Anschließend erteilte er tagsüber im Einzugsgebiet der Fahrschule praktischen Unterricht, wobei er die Fahrschüler an einem jeweils vorher vereinbarten Treffpunkt (Wohnhaus, Schule, Arbeitsstätte) abholte und danach wieder absetzte. Nach Beendigung dieser Tätigkeit brachte er das Fahrzeug zum Fahrschuldepot zurück und fuhr von dort aus zu seinem Wohnort. Einmal wöchentlich erteilte er in der Zeit von 19.00 Uhr bis 21.00 Uhr theoretischen Unterricht. Für die Fahrten zwischen der Wohnung und dem Fahrschulsitz (und umgekehrt) benötigte der Kläger unstreitig unter normalen Umständen 40 Minuten und bei winterlichen Straßenverhältnissen bis zu 60 Minuten.
In ihrer Einkommensteuererklärung für 1996 machten die Kläger bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit unter Hinweis auf eine Fahrtätigkeit für 222 Tage Verpflegungsmehraufwendungen wegen einer Abwesenheit von mindestens 10 Stunden mit den gesetzlichen Pauschbeträgen (220 Tage |f2 10 DM = 2.220 DM) als Werbungskosten geltend. Das Finanzamt ließ die Aufwendungen bei Durchführung der Veranlagung mit der Begründung unberücksichtigt, gemäß § 9 Einkommensteuergesetz (EStG) i. V. mit Abschn. 37 Abs. 5 der Lohnsteuer-Richtlinien (LStR) 1996 liege im Falle des Klägers keine Fahrtätigkeit vor.
Mit dem gegen den Einkommensteuerbescheid 1996 vom 30.7.1997 eingelegten Einspruch vertraten die Kläger die Ansicht, daß das Fahrschulfahrzeug die regelmäßige Arbeitsstätte des Klägers dargestellt habe. Aufgrund seiner wechselnden Einsatzorte habe er keine Möglichkeit gehabt, Arbeitspausen am Fahrschulstandort einzulegen. Insoweit bestehe kein Unterschied zu einem Taxifahrer, bei dem die Verwaltung aber eine Fahrtätigkeit annehme.
Der Rechtsbehelf der Kläger blieb erfolglos. In seiner Einspruchsentscheidung vom 30.10.1997 ging das Finanzamt davon aus, daß der Kläger am Sitz der Fahrschule eine regelmäßige Arbeitsstätte besessen habe. Es sei ihm möglich gewesen, zwischen den einzelnen Fahrstunden mehrfach täglich dorthin zurückzukehren und dort seine regelmäßigen Mahlzeiten einzunehmen. Er habe auch die Fahrschüler zum Sitz der Fahrschule bitten können, um dort mit der Fahrstunde zu beginnen. Dies sei auch sehr oft geschehen. Anders als ein Taxifahrer könne ein Fahrschullehrer auf die Fahrstrecke und Haltepunkte Einfluß nehmen und in der Folge Mehraufwand für Verpflegung vermeiden, indem er es unterlasse, ihm fremde und überteuerte Verpflegungsstationen anzufahren. Außerdem stehe bei einem Fahrschullehrer - im Gegensatz zum Taxifahrer - nicht die reine Fahrtätigkeit, sondern die unterweisende und unterrichtende Tätigkeit im Vordergrund.
Mit der vorliegenden Klage haben die Kläger zunächst beantragt, die in ihrer Einkommensteuererklärung 1996 geltend gemachten Verpflegungsmehraufwendungen bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit als Werbungskosten zu berücksichtigen. Ergänzend zu ihrem Vorbringen im Einspruchsverfahren tragen sie vor, daß es dem Kläger entgegen der Annahme des Finanzamts nicht möglich gewesen sei, seine Pausen am Standort der Fahrschule einzulegen. Vielmehr habe er die Fahrstunden so legen müssen, wie es für die Fahrschüler am praktikabelsten gewesen sei. Diese hätten aber oft die Mittagspausen für den praktischen Unterricht genutzt, um möglichst wenig Urlaub in Anspruch nehmen zu müssen und Fehlzeiten am Arbeitsplatz oder in der Schule zu meiden. Es sei völlig praxisfremd anzunehmen, daß die Fahrstunden am Sitz der Fahrschule begonnen hätten. Viele der sehr oft aus den umliegenden Ortschaften stammenden Fahrschüler hätten wegen fehlender Verbindungen gar keine Möglichkeit gehabt, den Sitz der Fahrschule mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen. Im übrigen hätte eine Rückkehr zum tagsüber regelmäßig verwaisten Fahrschulgebäude dem Kläger nicht zu einer verbilligten Mahlzeit verholfen, da dort keine Kantine oder eine ähnliche Einrichtung existiert habe.
Der Kläger hat ferner auf Anforderung des Gerichts zwei Arbeitgeberbescheinigungen vom 23.2.1999 und vom 11.5.1999 vorgelegt, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung haben die Kläger ihr ursprüngliches Begehren eingeschränkt.
Die Kläger beantragen nunmehr,
unter Aufhebung des Einkommensteuerbescheides 1996 vom 30.7.1997 und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 30.10.1997 die Einkommensteuer 1996 in der Weise herabzusetzen, daß weitere Werbungskosten in Höhe von 1.500 DM berücksichtigt werden.
Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
für den Fall des Unterliegens die Revision zum Bundesfinanzhof (BFH) zuzulassen.
Es hält unter Hinweis auf die Regelung in Abschn. 37 Abs. 5 LStR 1996 an seiner Auffassung fest, daß der Kläger im Streitjahr keine typische Fahrtätigkeit ausgeübt hat.
Der Senat hat bei der für den Standort S zuständigen Mitarbeiterin der Fahrschule B, Frau B, fernmündlich zum Tätigkeitsbereich des Klägers weitere Auskünfte eingeholt. Diesbezüglich wird auf den Aktenvermerk vom 3.11.1999, der den Beteiligten bekannt gegeben wurde, Bezug genommen.
Die vom Finanzamt für die Kläger angelegten Einkommensteuerakten des Streitjahrs 1996 waren Gegenstand des Verfahrens.
Gründe
Die Klage ist begründet.
Entgegen der Auffassung des Finanzamts kann der Kläger auf der Grundlage der Pauschbeträge nach Abschn. 39 Abs. 6 i.V. mit Abs. 2 Nr. 3 LStR 1996 Verpflegungsmehraufwendungen in Höhe von 1.500 DM bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes -EStG-) als Werbungskosten abziehen.
Mit Wirkung ab dem 1.1.1996 ist das steuerrechtliche Reisekostenrecht durch das Jahressteuergesetz vom 11.10.1995 -JStG 1996- (Bundesgesetzblatt I 1995, 1250) und die hierzu ergangenen Verwaltungsanweisungen (vgl. § 9 Abs. 5 i.V. mit § 4 Nr. 5 EStG sowie Abschn. 37 ff LStR 1996) in der Weise neu geregelt worden, daß für den Abzug von Verpflegungsmehraufwendungen in den Fällen der Dienstreise, der Einsatzwechseltätigkeit und der Fahrtätigkeit einheitliche gesetzliche Pauschbeträge gelten (§§ 4 Abs. 5 Nr. 5 Buchst. c, 9 Abs. 5 EStG, Abschn. 39 Abs. 2 Satz 1 LStR 1996). Die Höhe der Verpflegungspauschalen hängt nunmehr allein von der Dauer der Auswärtstätigkeit ab, die sich bei der Dienstreise nach der Abwesenheit von der Wohnung und dem Betrieb bemißt (§§ 4 Abs. 5 Nr. 5 Satz 2, 9 Abs. 5 EStG, Abschn. 39 Abs. 1 Satz 2 LStR 1996), während bei der Fahrtätigkeit - und der vorliegend nicht in Betracht kommenden und daher im folgenden zu vernachlässigenden Einsatzwechseltätigkeit - allein die Abwesenheit von der Wohnung ausschlaggebend ist (§§ 4 Abs. 5 Nr. 5 Satz 3, 9 Abs. 5 EStG, Abschn. 39 Abs. 6 LStR 1996). Für die Unterscheidung zwischen Dienstreise einerseits und Fahrtätigkeit andererseits kommt es bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit entscheidend darauf an, ob der Steuerpflichtige außerhalb des Mittelpunkts seiner dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit (der sog. regelmäßigen Arbeitsstätte - in der Regel der Betrieb oder Zweigbetrieb -, vgl. Abschn. 37 Abs. 2 LStR 1996) vorübergehend einer Beschäftigung im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses nachgeht (Abschn. 37 Abs. 3 Sätze 1 und 2 LStR) oder ob er seine individuelle betriebliche Tätigkeit typischerweise auf einem Fahrzeug ausübt, das sozusagen seine mobile regelmäßige Arbeitsstätte darstellt (Abschn. 37 Abs. 5 Satz 1 LStR 1996; vgl. auch § 4 Nr. 5 Satz 3 EStG). Der Steuerpflichtige hat dann einen ortsgebundenen Arbeitsmittelpunkt, wenn dieser im Vergleich zu vorübergehenden Tätigkeitsstätten ein eindeutiges und bestimmendes Übergewicht besitzt - was sich aus der Häufigkeit des Auf-enthalts im Betrieb und dem Umfang der dort ausgeübten Tätigkeiten ergibt - und der Steuerpflichtige nach Auswärtstätigkeiten immer wieder an diesen Ort zurückkehrt, um dort vom zeitlichen Ablauf einen wesentlichen Teil seiner Arbeitsleistung zu erbringen (Abschn. 37 Abs. 2 Sätze 2-4 LStR 1996; vgl. auch das BFH-Urteil vom 10.10.1994 IV R 2/92, Bundessteuerblatt -BStBl- II 1995, 137). Bei einem Steuerpflichtigen, der (im Rahmen einer Fahrtätigkeit oder Einsatzwechseltätigkeit) außerhalb des Betriebs tätig wird, erkennt die Finanzverwaltung ohne weitere Ermittlungen den Betrieb als regelmäßige Arbeitsstätte an , wenn er durchschnittlich im Kalenderjahr an einem Arbeitstag je Arbeitswoche ausschließlich im Betrieb tätig war (so das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 5.6.1996, BStBl I 1996, 657) oder wenn er regelmäßig in der Woche mindestens 20 v.H. seiner vertraglichen Arbeitszeit im Betrieb verrichtete (so nunmehr Abschn. 37 Abs. 2 Satz 3 LStR 1999). In diesen Fällen führt die Auswärtstätigkeit zu einer Dienstreise (was vor 1996 wegen der in diesem Bereich geltenden höheren Pauschbeträge für den be-treffenden Steuerpflichtigen gegenüber der Fahrtätigkeit steuerlich attraktiver war).
Die Umstellung der Pauschalen auf einheitliche Sätze für alle Formen der Auswärtstätigkeit durch Gesetzgeber und Verwaltung beruht auf der Empfehlung des BFH, den pauschalen Werbungskosten-/Betriebsausgabenabzug und den steuerfreien Ersatz von Verpflegungsmehraufwendungen für ein- und mehrtägige Dienstreisen, Fahr- und Einsatzwechseltätigkeit sowie doppelte Haushaltsführung wegen der Unübersichtlichkeit und Unabgestimmtheit der bisherigen Regelungen dem Grunde und der Höhe nach neu zu bestimmen (grundlegend die BFH-Urteile vom 26.1.1994 VI R 118/89, BStBl II 1994, 529; vom 18.2.1994 VI R 65/92, BStBl II 1994, 532; und vom 5.5.1994 VI R 6/92, BStBl II 1994, 534; vgl. ferner Schmidt/Heinicke, EStG, 18. Aufl. 1999, § 4 Anm. 570). Ohne Resonanz blieb allerdings die Anregung des BFH, sämtliche bisherigen Fallgruppen der Auswärtstätigkeit einheitlichen Regeln zu unterwerfen. Diesbezüglich hat der BFH darauf hingewiesen, daß sich die Begriffe Dienstgang, Dienstreise, Fahrtätigkeit und Einsatzwechseltätigkeit zu Rechtsinstituten entwickelt hätten, bei deren Anwendung immer mehr in den Hintergrund getreten sei, welches die Umstände sein könnten, die die Annahme eines Verpflegungsmehraufwandes dem Grunde und der Höhe nach typischerweise beeinflussen könnten. Ob aber einem Steuerpflichtigen bei typisierender Bewertung im Zusammenhang mit einer Tätigkeit an einem bestimmten Ort ein beruflich veranlaßter Verpflegungsmehraufwand und in welcher Höhe entstanden sei, lasse sich nur anhand der Verpflegungssituation am Ort der Auswärtstätigkeit beurteilen, während es auf die Verhältnisse am Betriebssitz des Arbeitgebers nicht ankomme. Könne insoweit davon ausgegangen werden, daß der Steuerpflichtige an diesem Ort kostenaufwendig z.B. in einer Gaststätte eine Zwischenmahlzeit und/oder eine Hauptmahlzeit einnehmen werde, sei der hierdurch entstandene Mehraufwand steuerlich zu berücksichtigen (z.B BFH in BStBl II 1994, 329; Urteil vom 16.11.1995 VI R 95/93, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH -BFH/NV- 1996, 309; zustimmend die Urteile des Finanzgerichts -FG- Münster vom 20.6.1995 13 K 983/93 L, Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 1995, 1097, und vom 23.10.1997 8 K 1625/94 E, EFG 1998, 810).
Der Streitfall zwingt zu keiner abschließenden Prüfung der Frage, ob ein beruflich bedingter Verpflegungsmehraufwand - anknüpfend an bestimmte Tätigkeitsmerkmale - von den Bedingungen am Sitz des Arbeitgebers abhängt oder ob allein darauf abzustellen ist, daß durch die auswärtige Tätigkeit eine Situation entstanden ist, die für den Steuerpflichtigen zu höheren Aufwendungen führt. Denn nach der Auffassung des Senats führen bei der gegebenen Sachlage beide der vertretenen Ansichten zu dem Ergebnis, daß die vom Kläger geltend gemachten Verpflegungsmehraufwendungen als Werbungskosten zu berücksichtigen sind.
Legt man die vom BFH aufgestellten Kriterien zugrunde, kann ohne weiteres typisierend angenommen werden, daß sich aufgrund der konkreten Auswärtstätigkeit des Klägers seine Verköstigung aufwendiger gestaltete, als dies üblicherweise der Fall ist. Da der praktische Fahrschulunterricht nahezu ausschließlich in einem dünnbesiedelten und mit schlechten öffentlichen Verkehrsverbindungen ausgestatteten ländlichen Bereich durchgeführt wurde, hat sich insbesondere die Behauptung des Finanzamts, daß die Fahrstunden am Sitz der Fahrschule begannen und der Kläger somit die Möglichkeit hatte, sich dort - entweder mit mitgebrachtem Essen oder (mangels einer Kantine) in einer nahegelegenen Gaststätte - kostengünstig zu verpflegen, als unzutreffend herausgestellt. Insoweit hat der Kläger sowohl in seinem schriftsätzlichen Vorbringen als auch in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar und daher für den Senat überzeugend dargelegt, daß er bei der zeitlichen Gestaltung der Fahrstunden gehalten gewesen sei, sich an den Bedürfnissen der Fahrschüler zu orientieren, die in einer Vielzahl von Fällen darauf Wert gelegt hätten, zur Vermeidung von schulischen oder beruflichen Ausfallzeiten in der Mittagspause oder im Anschluß an die Schulstunden zu den Übungsfahrten abgeholt und anschließend am Wohn- oder Beschäftigungsort wieder abgesetzt zu werden. Bestätigt wird diese Annahme durch die Angabe der am Standort der Fahrschulfiliale tätigen Ehefrau des Arbeitgebers, sie könne mit Bestimmtheit ausschließen, daß sich der Kläger dort tagsüber aufgehalten habe. Wenn aber der Kläger gerade in den Mittagsstunden die Verpflegung nicht entsprechend seinen persönlichen Bedürfnissen gestalten konnte, weil er sich je nach der täglichen Arbeitslage an dem jeweiligen Aufenthaltsort - oftmals, wie er glaubhaft vorgetragen hat, wegen der engen Terminierung zu diesen Zeitpunkten in zeitlicher Bedrängnis - eine Verpflegungsmöglichkeit in naheliegenden Gaststätten oder Imbißständen suchen mußte, so erfüllt er in nahezu klassischer Weise die von der neueren BFH-Rechtsprechung statuierten Voraussetzungen einer Auswärtstätigkeit, bei der aufgrund der Verhältnisse am jeweiligen Einsatzort mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden kann, daß erhöhte Verpflegungsaufwendungen anfallen. Aufgrund der ständigen Ortsveränderung bestand somit dieselbe kostenträchtige Verpflegungssituation wie bei einem Taxifahrer, der den Betriebssitz ebenfalls nur zu Beginn und zum Ende seiner Tätigkeit aufsucht und nicht regelmäßig zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort mit einer zur Einnahme einer Mahlzeit ausreichend langen Pause rechnen kann und bei dem der BFH - und ihm folgend die Verwaltung (Abschn. 37 Abs. 5 Satz 1 LStR 1996) - die Anerkennung von Verpflegungs-mehraufwendungen u.a. mit dem Argument gerechtfertigt hat, daß gerade kurze Verweilzeiten jemanden dazu veranlassen könnten, z.B. an einem Kiosk oder Schnellimbiß relativ teure Mahlzeiten zu sich zu nehmen (Urteil vom 8.8.1986 VI R 117/83, BStBl II 1987, 184). Der innerbetriebliche Einsatz des Klägers, der einmal wöchentlich an eineinhalb Abendstunden am Sitz der Fahrschule theoretischen Unterricht erteilte und zuvor jeweils für eine Stunde mit den Fahrschülern organisatorische und sonstige Fragen abklärte, vermag an dieser Beurteilung nichts zu ändern, da er - ausgehend von den vom Arbeitgeber vorgelegten Tagesnachweisen - im Verhältnis zu den Fahrstunden zeitlich nicht ins Gewicht fällt und daher von untergeordneter Bedeutung ist (vgl. auch BFH in BStBl II 1995, 137).
Auch unter Berücksichtigung der von der Verwaltung für maßgeblich gehaltenen Voraussetzungen stehen dem Kläger Verpflegungsmehraufwendungen zu, weil von einer Fahrtätigkeit auszugehen ist. Während des praktischen Unterrichts übte der Kläger i. S. von Abschn. 37 Abs. 5 Satz 1 LStR 1996 seine Tätigkeit „auf einem Fahrzeug” aus (vgl. hierzu Hartz/Meeßen/Wolf, ABC-Führer Lohnsteuer, 4. Aufl., Stichwort „Fahrtätigkeit”, Rdnr. 3). Auf diesem Fahrzeug - und nicht am Standort der Fahrschulfiliale - hatte er seine regelmäßige Arbeitsstätte. Die gegenteilige Annahme des Finanzamts kann im Streitfall - wie ausgeführt - mangels entsprechender tatsächlicher Anhaltspunkte nicht darauf gestützt werden, daß der Kläger tagsüber zeitweilig dorthin zurückkehrte. Sie läßt sich auch nicht aus dem Umstand herleiten, daß sich der Kläger einmal in der Woche an durchschnittlich zweieinhalb Stunden aus den genannten Gründen in den Fahrschulräumen aufhielt. Insoweit wurde bereits dargelegt, daß die Verwaltung bei überwiegender Fahrtätigkeit ohne weitere Beanstandungen den Betriebssitz als regelmäßige Arbeitsstätte anerkennt, wenn der Arbeitnehmer dort an regelmäßig 20 v.H. der wöchentlichen Arbeitszeit oder durchschnittlich im Kalenderjahr an einem Arbeitstag der Kalenderwoche tätig ist. Sind diese zeitlichen Voraussetzungen - wie sich im Falle des Klägers aus den Tagesnachweise des Arbeitgebers ergibt - auch nicht annähernd erfüllt, so besteht nicht zuletzt unter dem Gesichtspunkt der Selbstbindung der Verwaltung kein einleuchtender Grund mehr für die Annahme, daß die Filiale der Fahrschule in S und nicht das jeweils benutzte Fahrschulfahrzeug, auf dem er den weitaus überwiegenden Teil der von ihm geschuldeten Tätigkeit erbrachte, die regelmäßige Arbeitsstätte des Klägers darstellte. Entgegen der in der mündlichen Verhandlung geäußerten Ansicht des Finanzamts wird im vorliegenden Zusammenhang im Unterschied zu den bis 1995 geltenden LStR (z.B. Abschn. 37 Abs. 2 Satz 5 Nr. 2 LStR 1993) auch nicht mehr danach gefragt, ob der Arbeitnehmer am Betriebssitz eine fahruntypische Tätigkeit ausgeübt hat. Darüber hinaus geht die beklagte Behörde ohnehin von einem unzutreffenden Verständnis der außer Kraft getretenen Verwaltungsrichtlinien aus, wenn sie (unter Hinweis auf Hartz/Meeßen/Wolf, a.a.O., Stichwort „Fahrtätigkeit”, Rdnr. 2) meint, daß eine regelmäßige Arbeitsstätte im Betrieb des Arbeitgebers schon immer dann vorliege, wenn dort fahruntypische Tätigkeiten (zu denen insbesondere Lage- und Lagerarbeiten, Reparaturarbeiten, Verpackungsarbeiten, Abrechnungs- oder Büroarbeiten sowie während einer Einsatzbereitschaft am Betriebssitz verbrachte Wartezeiten zählen, vgl. von Bornhaupt in Kirchhof/Söhn, EStG, § 9 Rdnr. B 526) erledigt werden. Bei derartigen Verrichtungen ist die Verwaltung vielmehr zugunsten der Steuerpflichtigen von einer regelmäßigen Arbeitsstätte am Betriebssitz (und damit der Anwendung der höheren Dienstreisepauschalen) ausgegangen, wenn zusätzlich die zeitlichen Voraussetzungen der vorstehend dargelegten typisierenden Regelungen zur Anwesenheitsdauer im Betrieb gegeben waren. Hiervon abzugrenzen war die Durchführung fahrtypischer Arbeiten (wie z.B. Wartungsarbeiten und Kontrollmaßnahmen) an einer ortsgebundenen Arbeitsstätte, die nach der durch die frühere Rechtsprechung (z.B. BFH-Urteile vom 11.8.1972 VI R 128/70, BStBl II 1972, 915, und vom 11.12.1987 VI R 183/84, BFH/NV 1988, 363) bestätigten Auffassung der Verwaltung der Fahrtätigkeit zuzurechnen war (Abschn. 37 Abs. 5 Satz 2 LStR 1993). Da somit im Streitfall die von der Verwaltung aufgestellten Voraussetzungen einer Fahrtätigkeit erfüllt sind, braucht der Senat nicht auf die Frage einzugehen, ob bei einem durch ständige Ortsveränderungen geprägten beruflichen Erscheinungsbild die Anerkennung von Verpflegungsmehraufwendungen unabhängig von der Art der im Betrieb ausgeübten Tätigkeit zu beurteilen ist (vgl. hierzu FG Münster in EFG 1995, 1097).
Einem Abzug von Verpflegungsmehraufwendungen in Höhe der im Streitjahr geltenden Pauschbeträge steht Abschn. 37 Abs. 5 Satz 2 LStR 1996 nicht entgegen.
Nach dieser Regelung soll bei Fahrlehrern „regelmäßig” keine Fahrtätigkeit vorliegen. Auch die Finanzverwaltung hat demzufolge zu prüfen, ob aufgrund anderer Umstände im Einzelfall ein abweichendes Ergebnis in Betracht kommt (BFH-Beschluß vom 30.8.1995 X B 37/95, BFH/NV 1996, 120). Insoweit hat der Senat aber festgestellt, daß bei Beachtung der Grundsätze des Abschn. 37 Abs. 2 Sätze 1-4, Abs. 5 Satz 1 LStR 1996 keine plausiblen Argumente gegen die Annahme einer Fahrtätigkeit ersichtlich sind. Im übrigen ist dem Finanzamt zwar zuzugeben, daß sich die Verwaltung aus Praktikabilitätsgründen zur Bewältigung von Massenverfahren generalisierender, typisierender und pauschalierender Regelungen bedienen darf, die grundsätzlich auch von den Steuergerichten zu beachten sind (z.B. BFH-Urteile vom 8.8.1986 VI R 195/82, BStBl II 1986, 824, und vom 11.12.1987 VI R 46/86, BFH/NV 1988, 364). Der BFH (Urteil in BFH/NV 1988, 364, m.w.N.) hat in diesem Zusammenhang in früheren Entscheidungen die Auffassung vertreten, daß in den Verwaltungsanweisungen enthaltene Pauschbeträge nur auf solche Sachverhalte anzuwenden seien, für die die Anweisungen gelten sollen. Die Steuergerichte sollen hiernach die Verwaltungsanweisungen nicht selbst auslegen, sondern nur darauf überprüfen dürfen, ob die Auslegung nach dem Wortlaut der Verwaltungsanweisung möglich ist, wobei der Verwaltung bei Zweifelsfragen die Entscheidungsbefugnis zukomme. Die bereits erwähnten späteren Urteile des BFH zur Neubestimmung des pauschalen Verpflegungsmehraufwandes beruhen demgegenüber auf der Erwägung, daß insoweit den Gerichten jedenfalls eine Plausibilitätsprüfung sowie die Kontrolle erlaubt sein müsse, ob der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes beachtet ist (so die Formulierung in dem Urteil im BStBl II 1994, 532). Dieser Grundsatz kann nach der Ansicht des Senats nicht nur auf die in der vorstehend zitierten Entscheidung aufgeführten Fälle beschränkt werden, in denen durch eine Typisierung eine größere Zahl von Betroffenen ohne rechtlichen Grund stärker belastet wird oder sich eine privilegierende Regelung ungerechtfertigt auf eine große Gruppe von Adressaten erstreckt. Vielmehr muß eine gerichtliche Korrektur auch dann zulässig sein, wenn sich eine Regelung als nicht sachgerecht erweist, weil sie einer bestimmten Gruppe willkürlich versagt wird oder die ihr zugrunde liegenden tatsächlichen Annahmen von der Lebenswirklichkeit offensichtlich abweichen (Thomas, Werbungskosten wegen Verpflegungsmehraufwendungen, Der Betrieb 1994, 1389 unter 2 a cc mit weiteren Nachweisen zur einschlägigen BFH-Rechtsprechung; vgl. auch das Urteil des FG Bremen vom 22.10.1997 2 90 059 K 4, EFG 1998, 361; ferner Tipke/Kruse, Abgabenordnung -AO-/FGO, 16. Aufl., § 4 AO Tz. 37c). Ausgehend von diesen rechtlichen Erwägungen würde aber der Ausschluß des Klägers aus der Fallgruppe der Fahrtätigkeit das Prinzip der Gleichmäßigkeit der Besteuerung verletzen, da sich kein sachlich rechtfertigender Grund dafür finden läßt, ihm den Ansatz von Verpflegungsmehraufwendungen zu versagen, obwohl die in den Verwaltungsrichtlinien geregelten Voraussetzungen des zugrunde liegenden Berufsbildes ohne Einschränkung vorliegen und anderen Berufsgruppen mit vergleichbaren Verpflegungsbedingungen diese steuerliche Vergünstigung zugestanden wird (ebenso wohl Schmidt/Drenseck, a.a.O., § 19 Anm. 60 Stichwort „Fahrtätigkeit bis VZ 1995”; Blümich/Thürmer, Kommentar zum EStG, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz und Nebengesetzen, § 9 Rz.. 600 Stichwort „Fahrtätigkeit; Schmidt in Heuermann/Wagner, Lohnsteuer, Anm. E 39; Wagner in Heuermann/Wagner, Lohnsteuer, Anm. F 600 Stichwort „Fahrtätigkeit”).
Eine Überprüfung der vom Arbeitgeber vorgelegten Tagesnachweise des Klägers hat ergeben, daß dieser an mindestens 150 Arbeitstagen mehr als zehn Stunden von seiner Wohnung abwesend war, wobei der Senat für die Zeit vom 1.11. bis 15.3. entsprechend den auch vom Finanzamt nicht bezweifelten Angaben des Klägers von einer einstündigen Fahrt zwischen der Wohnung und dem Betriebssitz (und umgekehrt) ausgegangen ist und für die übrige Zeit diesbezüglich jeweils 40 Minuten zugrunde gelegt hat.. Der Klage war daher in vollem Umfang stattzugeben. Die antragsgemäße Berücksichtigung der geltend gemachten Werbungskosten führt im Streitjahr zu einer Verminderung des zu versteuernden Einkommens auf 108.355 DM. Bei Anwendung der Splittingtabelle beträgt die Einkommensteuer für 1996 mithin 24.890 DM.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 135 Abs. 1, 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Da der ursprüngliche Klageantrag in der mündlichen Verhandlung eingeschränkt worden ist, sind die Kosten für die verschiedenen Zeitabschnitte getrennt verhältnismäßig zu teilen bzw. dem Finanzamt aufzuerlegen (BFH-Urteil vom 6.6.1984 II R 184/91, BStBl II 1985, 261).
Die Entscheidung über die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren erging gemäß § 139 Abs. 3 FGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der dem Finanzamt auferlegten Kosten folgt aus § 151 Abs. 1 und 3 FGO i.V. mit §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozeßordnung).
Die vom Finanzamt beantragte Zulassung der Revision kommt nicht in Betracht, da auch nach der Ansicht der Verwaltung in besonders gelagerten Fällen eine abweichende Beurteilung von der Regelung in Abschn. 37 Abs. 54 Satz 2 LStR 1996 zulässig ist und eine derartige Sachverhaltskonstellation aus der Sicht des Gerichts im Streitfall vorliegt.