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  • 08.01.2010

    Hessisches Finanzgericht: Urteil vom 05.12.2005 – 6 K 3576/00

    - Für die Berechnung der schädlichen Zukaufsgrenze bei land- und forstwirtschaftlichen Betrieben kommt es nicht auf das Verhältnis des Einkaufswertes der Zukäufe zum Gesamtumsatz an, sondern auf das Verhältnis der Umsätze aus den Zukäufen zum Gesamtumsatz.


    - Ein Handel mit zugekauften Waren, der 30% des gesamten Umsatzes ausmacht, ist für land- und forstwirtschaftliche Betriebe wesensfremd, sodass nach der Verkehrsanschauung kein Betrieb nach § 24 UStG vorliegt.


    Tatbestand

    Klägerin (Klin.) ist die (ehemalige) Gesellschaft Bürgerlichen Rechts A (vormals B), vertreten durch die ehemaligen Gesellschafter C und D . Die Gesellschafter betrieben in den Streitjahren 1993-1995 die „Blumen D GbR” Sie endete am 30.06.1997 und wurde durch den Gesellschafter D als Rechtsnachfolger fortgeführt (Bl.33). Bei dem Betrieb der Klin. handelt es sich um eine Gärtnerei auf einer Fläche von 17.860 qm mit heizbaren Glasgewächshäusern mit drei angeschlossenen Blumenläden. Es wurden Frühlings- und Sommerblumen, Schnittstauden, Topfpflanzen sowie Friedhofsgewächse, Gestecke und Schalen (Kranzbinderei) verkauft. Hierzu wurden Gewächse aus eigener Produktion verwendet, aber auch Schnittblumen, Topfpflanzen, Bindematerial und sonstige Handelswaren regelmäßig zugekauft. Unter dem Konto Bindereibedarf wurden u.a. gebucht: Dekomaterial, Kerzen für Gestecke, Moose, Zweige, Glaskugeln, Grablichter (Bl. 111 Feststellungsakte). In ihren Umsatzsteuererklärungen berechnete sie ihre Umsätze nach Durchschnittssätzen gemäß § 24 Umsatzsteuergesetz (UStG), was zu einer Umsatzsteuer von jeweils 0 DM führte.

    Im Rahmen einer Betriebsprüfung gelangte der Prüfer zu der Feststellung, dass in den Jahren 1990/91-1995/96 der Brutto-Einkaufswert des Zukaufes oberhalb von 30% des Nettogesamtumsatzes gelegen habe, in den Streitjahren zwischen 32% und 35%. Auf den Bericht des Prüfers vom 04.06.1998 (BP-Sonderband Bl. 8 ff. sowie Anlage 14 dazu) wird verwiesen.

      90/91 91/92 92/93 93/94 94/95 95/96
    Nettoumsatz 1.225.945 1.294.800 1.336.751 1.316.016 1.153.122 1.179.518
    Brutto-Einkaufswert des Zukaufes 451.190   422.144   444.554   460.106 395.883 383.459
      36,8% 32,6% 33,3% 35 % 34,3% 32,5%
    Der Prüfer führte aus, zu den Zukäufen seien auch die Kosten für Bindematerial zu zählen (Berufung auf das BFH-Urteil vom 04.11.1974 VIII R 254/71, Bundessteuerblatt - BStBl - II 1975, 118) sowie die Kosten der Eingangsfrachten und des Verpackungsmaterials. Die Einkaufswerte seien (im Unterscheid zum Gesamtumsatz) nicht mit dem Nettobetrag, sondern mit dem Bruttopreis anzusetzen, wie er bei der Durchschnittsbesteuerung anzusetzen wäre. Der unterschiedliche Gehalt der Bezugsgrößen sei bei der Bemessung der 30% Grenze bereits berücksichtigt (Felsmann, Land- und forstwirtschaftlicher Fachkommentar, Anm. A 307). Wegen der Überschreitung der 30% Grenze sei nach Abschnitt 135 Abs. 2 ESt-Richtlinien 1993 von einem Gewerbebetrieb auszugehen.

    Dies führte zu einer Erstveranlagung für die Streitjahre 1993-1995 durch die Umsatzsteuerbescheide vom 08.07.1998 (1993) bzw. 16.07.1998 (1994 und 1995) wie folgt:

      1.7.-31.12.93 1.1.94-31.12.94 1.1.95 - 31.12.95
    Umsätze 15 % 18.497 26.736 30.081
    Umsätze 7% 688.136 1.243.924 1.173.820
    Vorsteuern 50.944,14 91.085 86.679,55
    USt 12.714 21.946 19.477,00


    Hiergegen hat die Klin. fristgerecht Einspruch eingelegt und zur Begründung ausgeführt:

    a) Der Bindereibedarf sei nicht als schädlicher Zukauf einzubeziehen. Das Finanzamt (FA) habe Abschnitt 135 ESt-Richtlinien falsch ausgelegt. Die Rechtsprechung habe den Begriff des „betriebsnotwendigen” Zukaufs entwickelt. Bindereibedarf sei lediglich notwendig, um die Produkte in einen betriebsfähigen Zustand zu versetzen.

    b) Bei den Zukaufswerten sei nicht der Brutto-, sondern der Nettopreis anzusetzen.

    c) Aufwendungen für Dekorationszwecke müssten in Höhe geschätzter 3% abgezogen werden.

    d) Der Prüfer habe die Fleurop-Umsätze beim Gesamtumsatz nicht einbezogen.

    Ohne diese Kostenbestandteile betrage der Zukauf in den Streitjahren nur 26,8% bis 29,57% (Bl. 85 Feststellungsakten):

    Vz 90/91 91/92 92/93 93/94 94/95 95/96
    Anteil 30,19% 27,57% 25,93% 27,61% 29,57% 26,8%


    Den Einspruch wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 28.06.2000 als unbegründet zurück. Um steuerschädlichen Zukauf handele es sich auch beim Einkauf von Bindereibedarf (Glaskugeln, Weihnachtsbänder etc.), Dekorations- und Verpackungsmaterial, weil es sich um fremde Erzeugnisse handele. Der Nettogesamtumsatz sei aus Vereinfachungsgründen mit dem Bruttowert der Zukäufe zu vergleichen. Selbst wenn man entsprechend der Rechtsauffassung der Klin. die Nettowerte bei den Zukäufen ansetzen würde und geschätzte Einkaufspreise für Dekomaterial abziehen würde, läge der Anteil des Nettozukaufswertes über 30%.

    Hiergegen richtet sich vorliegende Klage. Zur Begründung wird ausgeführt, das FA habe zu Unrecht die Voraussetzungen für eine Besteuerung nach Durchschnittssätzen gemäß § 24 UStG verneint. Es komme darauf an, ob die Summe der Zukäufe 30% der Summe der landwirtschaftlichen Produkte nicht überschreite. Das FA habe zu Unrecht ein Überschreiten dieser Grenze angenommen.

    a) Der Wareneinkauf sei im Gegensatz zu der Bemessungsgrundlage (100%) mit Brutto- und nicht mit Nettowerten angesetzt worden. Im Gegensatz zum Einspruchsverfahren vertritt die Klin. nunmehr die Auffassung, dass der Bruttowareneinkauf zu den Bruttoumsätzen ins Verhältnis gesetzt werden müsse (im Einspruchsverfahren noch Nettogesamtumsatz zum Nettowareneinkauf). Die Umsatzsteuerbeträge seien entsprechend § 67 UStDV bei einem landwirtschaftlichen Betrieb nicht aufgezeichnet worden.

    b) Auch die Dekorationsmittel in Höhe geschätzter 3% des Zukaufs von „Schnittblumen, Bindereibedarf, sonstiger Handelsware und ähnlichem” dürften nicht als schädlicher Zukauf angesehen werden, weil diese nicht veräußert würden.

    c) Die Aufwendungen für Bindereibedarf seien auszuscheiden, weil es sich nicht um Handelsware und nicht um typisch landwirtschaftliche Erzeugnisse handele, sondern um Hilfsmittel unterschiedlicher Art (wie Bindedraht, Schleifen, Rohlinge für Kränze und ähnliches, Hinweis auf Leingärtner/Zeisch, Die Einkommensbesteuerung der Land- und Forstwirtschaft, S. 102). Der Bindereibedarf diene nicht der Weiterveräußerung und auch nicht der Ergänzung.

    d) Das FA habe auch die Fleurop-Umsätze nicht in den Gesamtumsatz mit einbezogen. Es müssten zwar die Gutschriften, nicht aber die Lastschriften erfasst werden, weil es sich nur um weitergeleitete Beträge an andere Filialen handele.

    Setze man den um die Fleurop-Umsätze erhöhten Bruttoumsatz zum Brutto-Wareneinkauf abzüglich Bindereibedarf sowie abzüglich 3% vom Wareneinsatz Schnittblumen ins Verhältnis, ergebe sich ein Zukauf zwischen 25% und 28% (Klageschrift Bl. 298). Die BFH Rechtsprechung zum schädlichen Zukauf sei widersprüchlich. Zum Teil werde eine 20% Grenze, zum Teil von einer 30% Grenze ausgegangen (Bl. 273). Bei einem zwischen 20% und 30% liegenden Zukauf komme es auf die Umstände des Einzelfalles an. Bei Gartenbaubetrieben sei es üblich, dass zur Produktpalette auch Erde, Torf und Dünger, Bindematerial und Töpfe und Vasen angeboten würden. Soweit das Gericht von einer Überschreitung der Zukaufsgrenze ausgehen sollte, werde hilfsweise beantragt, entsprechend dem Hofladenurteil des BFH die Bescheide „in Höhe der Umsatzsteuer auf eigenerzeugte gärtnerische Produkte” zu mindern. Bei Überschreitung der Zukaufsgrenze müsse es bei der Steuerbefreiung der gärtnerischen Produkte verbleiben.

    Mit Verfügung vom 02.09.2004 (Bl. 249) hat der Berichterstatter darauf hingewiesen, dass nach vorläufiger Meinungsbildung unter Berücksichtigung der BFH Rechtsprechung ein landwirtschaftlicher Betrieb nur dann gegeben sei, wenn der Zukauf unbedeutend sei. Hiervon gehe der BFH aus, wenn der Umsatz aus den zugekauften Produkten nicht mehr als 20% (bei besonderen Umständen 30%) beträgt (BFH BStBl II 2002,704; 1981, 520). Es sei zudem das Verhältnis des Nettoumsatzes aus Zukäufen zum Nettogesamtumsatz zu bilden. Die Dekorationsmaterialien seien - weil nicht zum Verkauf bestimmt - abzuziehen und Fleurop-Umsätze einzubeziehen, weil kein durchlaufender Posten im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 5 UStG vorliege. Hierauf hat das FA eine geänderte Aufstellung überreicht, nach der der schädliche Zukauf zwischen 31% und 35% liegt.

    Die Klin. beantragt

    den Umsatzsteuerbescheid 1993 vom 08.07.1998 und die Umsatzsteuerbescheide 1994 und 1995 vom 19.07.1998 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 28.06.2000 aufzuheben.

    Das FA beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Es sei aus Praktikabilitätsgründen der Nettoumsatz mit dem Bruttoeinkaufswerten zu vergleichen. Die im Einkaufswert enthaltene Umsatzsteuer sei nicht als Vorsteuer abziehbar. Der unterschiedliche Gehalt der Bezugsgrößen sei in der 30% Grenze bereits berücksichtigt. Auch bei Ansatz der Nettowerte sei die Zukaufsgrenze überschritten.

    Gründe

    Die Klage ist nicht begründet.

    1. Der Senat geht von folgenden Rechtsgrundsätzen aus:

    a) Nach § 24 Abs. 1 UStG in Verbindung mit der Rechtsprechung des BFH (vgl. Urteil vom 06.12.2001 V R 43/00, BStBl II 2002, 701 - sog. Hofladenurteil -) können die im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes ausgeführten Umsätze nach Durchschnittsätzen umsatzversteuert werden. Als land- und forstwirtschaftlicher Betrieb gelten gemäß § 24 Abs. 2 Nr. 1 UStG unter anderem alle Betriebe, die Pflanzen und Pflanzenteile mit Hilfe der Naturkräfte gewinnen. Nach § 24 Abs. 2 Satz 2 UStG gehören zum land- und forstwirtschaftlichen Betrieb auch die Nebenbetriebe, die dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb zu dienen bestimmt sind. Da die Landwirtschaft auch die Verwertung der durch Bodennutzung gewonnenen Erzeugnisse umfasst, fallen unter die im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebs ausgeführten Umsätze auch die Umsätze mit selbsterzeugten Produkten, die in einer Verkaufseinrichtung veräußert werden.

    b) Ein landwirtschaftlicher Betrieb liegt nach ständiger Rechtsprechung des BFH auch dann noch vor, wenn der Landwirt auf seinem Hof landwirtschaftliche Erzeugnisse veräußert, die er nicht im eigenen Betrieb erzeugt, sondern zugekauft hat, solange der Zukauf der sogenannten „fremden” landwirtschaftlichen Erzeugnisse eine bestimmte Grenze (sogenannte „Zukaufsgrenze”) nicht übersteigt. Zugekaufte nicht landwirtschaftliche, nicht betriebstypische Produkte werden hingegen von vornherein mit dem Regelsatz versteuert. Die sog. unschädliche Zukaufsgrenze wird nach der BFH-Rechtsprechung überschritten, wenn der Umsatz aus dem Zukauf der landwirtschaftlichen, betriebstypischen Produkte über 20%, unter besonderen Umständen über 30% des Gesamtumsatzes liegt (BFH a. a. O. mit weiteren Nachweisen; Klenk, in Sölch/Ringleb, Kommentar zum UStG, § 24 Rz. 191 ff.). Nach Auffassung der Verwaltung lag die Grenze bisher bei 30% (R 135 ESt-Richtlinien), ab dem 1.1.2003 soll sie für die Umsatzsteuer 20% betragen (OFD Düsseldorf und Münster vom 06.12.2004 in Der Betrieb -DB- 2004, 2725), während sie für die Einkommensteuer bei 30% verbleibt (R 135 ESt-Richtlinien). Hierbei soll es nach der Auffassung der Verwaltung auf das Verhältnis Bruttozukaufswert zum Gesamtnettoumsatz ankommen, soweit der Umsatzanteil aus dem Zukauf nicht „erkennbar” überwiegt (R 135 ESt-Richtlinien, mit Recht kritisch hierzu Schild, Abgrenzung der Land- und Forstwirtschaft vom Gewerbe, DStR 1997, 642, 645). Da es sich bei § 24 UStG um eine Ausnahmevorschrift von dem Normalfall der Regelbesteuerung handelt, ist diese eng auszulegen, sodass die Anwendung der Pauschalierungsregelung des § 24 UStG allenfalls bei einem geringfügigen Zukauf fremder landwirtschaftlicher Produkte vertretbar ist (BFH a.a.O.).

    c) Für die Berechnung der Zukaufsgrenze kommt es nach ständiger BFH-Rechtsprechung (entgegen der Rechtsauffassung der Klin. und der Verwaltung) nicht auf das Verhältnis des Einkaufswertes der Zukäufe - gleichgültig ob mit Netto- oder Bruttowerten - zum Gesamtumsatz an, sondern auf das Verhältnis der U m s ä t z e aus den Zukäufen zum Gesamtumsatz (BFH Urteile vom 27. November 1980 IV R 31/76, BStBl II 1981, 518; vom 5. November 1974 VIII R 254/71, BStBl II 1975, 118). Zur Begründung hat der BFH ausgeführt:

    „Zur Feststellung des Umfangs des Zukaufs kann deshalb nicht der Einkaufswert der Fremderzeugnisse mit dem Gesamtumsatz in ein prozentuales Verhältnis gesetzt werden, weil es sich um verschiedene Bewertungsgrößen oder, anders ausgedrückt, um Größen auf verschiedener Ebene handelt. Beträgt z.B. der Gesamtumsatz 100 000 DM und der Einkaufswert der zugekauften Erzeugnisse 25 000 DM, so wäre das Verhältnis zwischen Gesamtumsatz und zugekauften Erzeugnissen 100 zu 25 (der Zukauf wäre also nach den Richtlinien möglicherweise noch unschädlich). Dieses Verhältnis sagt aber über den Anteil der Fremderzeugnisse am Gesamtumsatz nichts aus; dieser könnte bei hohen Aufschlägen, wie sie z.B. bei Blumenläden in entsprechenden Geschäftslagen einer Großstadt üblich sind, im Beispielsfalle ohne weiteres mehr als 50% betragen. Fragt man in diesem Beispiel, um welche Größe es sich bei den restlichen 75% handeln soll, so zeigt sich besonders deutlich, dass auf die in den Richtlinien zugrunde gelegte Relation keine Entscheidung gestützt werden kann. Denn diese restlichen 75% sind keine wirtschaftliche Größe; sie sind weder der Anteil der Eigenerzeugnisse am gesamten Wareneinsatz noch drücken sie das Verhältnis des Wareneinsatzes an Eigenerzeugnissen zum Gesamtumsatz aus. Würde die Relation Einkaufswert fremder Erzeugnisse zum Gesamtumsatz als Abgrenzungsmerkmal der Landwirtschaft zum Gewerbebetrieb zugrunde gelegt, so würde im Ergebnis die Entscheidung von der Höhe der Aufschläge abhängig gemacht. Das gälte insbesondere, wenn im Rohaufschlag außer dem Gewinnzuschlag in erheblichem Maße Unkosten, z.B. Ladenmiete, Löhne für Verkäuferinnen und ähnliches, berücksichtigt sind. Dieses Abstellen auf den Umsatz aus dem Zukauf - im Gegensatz zum Einkaufswert der zugekauften Ware - erfordert keine Erhöhung des schädlichen Prozentsatzes des Zukaufs von über 30% auf etwa über 50%.... Die angeführte Rechtsprechung des BFH, die die 30%-Grenze erstmals aufgestellt hat, hat von vornherein die durch den Zukauf erzielten Umsätze gemeint und damit die Umsatzgrenze von 50% für den schädlichen Zukauf, die der Reichsfinanzhof (RFH) aufgestellt hatte, ausdrücklich abgelehnt... Diese Abgrenzung ist auch wirtschaftlich gerechtfertigt. Denn grundsätzlich ist davon auszugehen, dass der Handel mit zugekaufter Ware, der über 30% des Gesamtumsatzes ausmacht, der Urproduktion, zu der auch ein Gärtnereibetrieb gehört, wesensfremd ist und dass deshalb nach der Verkehrsanschauung kein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb mehr angenommen werden kann.”

    d) Übersteigt der Umsatz aus zugekauften landwirtschaftlichen Produkten den Umsatz aus eigenen und zugekauften landwirtschaftlichen Produkten (ohne die Umsätze aus nicht betriebstypischen Produkten) mehr als geringfügig (was im veröffentlichen Urteilsfall des BFH im sog. „Hofladenurteil” nicht der Fall war), so sind die gesamten Umsätze mit dem Regelsteuersatz zu besteuern, wenn sich der Betrieb - wie vorliegend - nicht in einen land- und fortwirtschaftlichen und einen gewerblichen Teil trennen lässt. Denn nach der BFH-Rechtsprechung zur Einkommensteuer ist ein Handel mit zugekaufter Ware, der über 30% des Gesamtumsatzes ausmacht, wesensfremd und führt dazu, dass nach der Verkehrsanschauung kein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb mehr angenommen werden kann. Nach dieser Rechtsauffassung, wonach die land- und forstwirtschaftlichen Umsätze sowie die Zukaufsumsätze einheitlich betrachtet werden, bedarf es keiner weiteren komplizierten Vorsteueraufteilungen. Rechtsprechung des Umsatzsteuersenates zu dieser Frage liegt nicht vor, da im Hofladenurteil lediglich der umgekehrte Fall entschieden wurde, in dem bei geringfügigen Zukauf die Umsätze hieraus ebenfalls nach Durchschnittssätzen zu besteuern waren.

    2. Nach diesen Rechtsgrundsätzen hat die Klage keinen Erfolg: Zur Bestimmung der Zukaufsgrenze sind nach der BFH-Rechtsprechung in einem ersten Schritt die Umsätze und Einkaufswerte aus nicht landwirtschaftlichen, nicht betriebstypischen Produkten auszuscheiden, da diese ohnehin mit dem Regelsteuersatz zu besteuern sind. Die Klin. hat nicht vorgetragen noch ist erkennbar, welche Produkte vorliegend für einen Blumenladen als nicht betriebstypisch anzusehen sind. Nicht als Lieferung land- und forstwirtschaftlicher Produkte, sondern als Dienstleistung sind die Umsätze aus Dauergrabpflege anzusehen, weil es hierbei nicht mehr um die Verwertung der eigenen landwirtschaftlichen Produktion, sondern schwerpunktmäßig um Dienstleistungen geht (so Klenk in Sölch/Ringleb, UStG, § 24 Tz. 194). In den Streitjahren 1993 bis 1995 ergeben sich dann nach Ausscheidung der Grabpflegeumsätze und der Wareneinkäufe hierfür folgende Werte für den Nettogesamtumsatz und den Nettoumsatz aus Zukäufen:

      1993 1994 1995
    Nettogesamtumsatz 1.367.189 1.185.966 1.205.192
    - Grabpflegeumsätze 18.699 6.047 7.649
    Nettoumsatz  1.348.490 1.179.919 1.197.543
    Nettowareneinkauf 371.983 332.589 310.402
    -Wareneinsatz Friedhof - 6.087 - 1.870 - 5.606
    nettobereinigter Wareneinsatz   365.896 330.719 304.796
    Verhältnis Nettoumsatz aus betriebstypischen Waren / Netto Wareneinkauf 27,1% 28% 25,5%
    geschätzter Umsatz aus betriebstypischen Zukäufen bei Aufschlagsatz 85% 676.907 = 47% 611.830 = 51,8 % 563.872 = 47,2%


    Hieraus folgt für den Streitfall: Legt man die 20% Regelzukaufsgrenze des BFH zugrunde, so hat die Klägerin diese bereits nach ihrer eigenen Berechnung

    überschritten, da danach von einem Verhältnis Netto - Fremdeinkaufswert zum Gesamtumsatz von über 25% auszugehen ist. Unterstellt man hingegen zu ihren Gunsten, dass vorliegend von einem „besonderen Fall” im Sinne der BFH-Rechtsprechung auszugehen wäre, für den eine Zukaufsgrenze entsprechend den ESt-Richtlinien von höchsten 30% zugrunde zu legen ist, wäre auch diese Grenze bei weitem überschritten, wenn man entsprechend der ständigen BFH-Rechtsprechung nicht das Verhältnis des Netto - Einkaufswertes zum Gesamtumsatz, sondern das Verhältnis des Netto - U m s a t z e s aufgrund der Zukäufe zum Netto - Gesamtumsatz bildet, denn der Aufschlagsatz im Blumeneinzelhandel beträgt ca. 85%. Es ergeben sich dann für den steuerschädlichen Zukauf Werte zwischen 47% und 51%, die die Grenze von 20% bis 30% bei weitem überschreiten. Nach der BFH Rechtsprechung zur Einkommensteuer folgt hieraus, dass ein Handel mit zugekaufter Ware, der über 30% des Gesamtumsatzes ausmacht, für einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb wesensfremd ist und dass deshalb nach der Verkehrsanschauung kein Betrieb nach § 24 UStG mehr angenommen werden kann.

    Der Senat lässt die Revision zur Rechtsfortbildung zu, da der Umsatzsteuersenat des BFH in Zweifel gezogen hat, inwieweit die einkommensteuerlichen Grundsätze für das Umsatzsteuerrecht zu übernehmen sind und die Rechtsfolgen der Überschreitung der Zukaufsgrenze nicht geklärt sind.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Absatz 1 Finanzgerichtsordnung.

    VorschriftenUStG § 24 Abs. 1