08.11.2010
Finanzgericht Münster: Urteil vom 13.07.2010 – 8 K 2986/07 E
1) Pauschale Investitionskostenzuschüsse im Bereich der sozialen Pflegeversicherung i.S.v. § 82 Abs. 2 Nr. 1 SGB XI i.V.m. §§ 8 ff. PfG NRW und §§ 11 ff. AmbPFFV sind im Zuflussjahr in voller Höhe als Betriebseinnahme zu erfassen und zu versteuern.
2) Eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO ist unzulässig, wenn dem Finanzamt aufgrund der eingereichten Bilanzen sowie Gewinn- und Verlustrechnungen die fehlerhafte Behandlung steuerrelevanter Umstände durch den Steuerpflichtigen bekannt war oder hätte bekannt sein müssen.
Im Namen des Volkes
URTEIL
In dem Rechtsstreit
hat der 8. Senat in der Besetzung: Vorsitzender Richter am Finanzgericht … Richter am Finanzgericht … Richter … ehrenamtliche Richterin … ehrenamtlicher Richter … auf Grund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 13.07.2010 für Recht erkannt:
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob eine Investitionskostenpauschale auf mehrere Jahre zu verteilen oder im Jahr des Zuflusses als Betriebseinnahme zu erfassen ist.
Die Kläger (Kl.) sind Eheleute, die gemeinsam zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt werden. Der Kl. betreibt einen ambulanten Pflegedienst. Die Betriebsräume befinden sich im Erdgeschoss des 2002 und 2003 errichteten Gebäudes A in P, das Eigentum des Klägers ist. Der Gewinn wird durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt.
Der Kl. erhielt vom Kreis I eine Investitionskostenpauschale in Höhe von 2,15 EUR pro volle Leistungsstunde für jede in einem Kalenderjahr zu Lasten der im Vorjahr mit den Pflegekassen/Beihilfestellen gem. § 36 Abs. 3 Sozialgesetzbuch (SGB) Elftes Buch (XI), der Sozialen Pflegeversicherung, abgerechneten Leistungen auf Grund von §§ 1, 3 und 4 der Verordnung über die Förderung ambulanter Pflegeeinrichtungen nach dem Landespflegegesetz (AmbPFFV).
Im Jahr 2002 erhielt er insgesamt 25.000 EUR, 2003 26.830,73 EUR und im Jahr 2004 27.817,26 EUR pauschale Investitionskostenzuschüsse (Bp-Handakte Bl. 124 unten).
Der Kl. verteilte die Zuschüsse wie in den Vorjahren gleichmäßig auf fünf Jahre. Im Streitjahr 2002 wurde auf der Passivseite in der Bilanz unter B „Sonderposten aus Zuschüssen und Zuweisungen zur Finanzierung des Sachanlagevermögens” ein „Sonderposten aus öffentlichen Fördermitteln für Investitionen” in Höhe von 46.631 EUR ausgewiesen. Im Streitjahr 2003 betrug diese Position 51.622 EUR und 2004 58.953,93 EUR. Im beigefügten Kontennachweis zur Bilanz wurde das Konto 2400 ausgewiesen als „Investitionskostenpauschale”. Bereits gebildete Rücklagen wurden entsprechend aufgelöst, indem sie als „Erträge aus öffentlicher und nicht-öffentlicher Förderung von Investitionen” ausgewiesen wurden und im Konto 4500 „Erträge öffentliche Fördermitteln für Investitionen ambulanten Pflege” verbucht und zwar im Jahr 2002 in Höhe von 16.472 EUR, 2003 21.839,73 und 2004 von EUR 25.970,74 EUR. Wegen weiterer Einzelheiten hierzu wird auf die Bilanzen und Gewinnermittlungen nebst Anlagen Bezug genommen.
Der Beklagte (das Finanzamt – FA –) führte die ESt-Veranlagungen 2002 und 2003 – abgesehen von den üblichen Vorläufigkeitsvermerken – mit Bescheiden vom 03.12.2003 bzw. vom 06.07.2005 entsprechend endgültig durch. Der ESt-Bescheid für das Streitjahr 2004 erging am 08.05.2006 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Nach Eingang der ESt-Erklärung 2004 am 21.07.2006 wurde der Bescheid gemäß § 164 Abs. 2 AO geändert. Das FA folgte jeweils den Erklärungen der Kl.
Im Jahr 2006 fand bei dem Kl. eine Außenprüfung statt. Im Prüfungsbericht vom 13.02.2007 gelangte der Prüfer zu der Auffassung, dass die Kassenführung nicht ordnungsgemäß war. Es kam im Jahr 2004 zu einer Umsatzsteuer- und Gewinnerhöhung in Höhe von 8.000 EUR. Der Prüfer vertrat ferner die Auffassung, dass es sich bei der Investitionskostenpauschale als öffentliche Zuschüsse um eine ertragsteuerpflichtige Einnahme handele, die im Jahr des Zuflusses in voller Höhe zu erfassen sei. Dies führte einer Gewinnerhöhung im Streitjahr 2002 in Höhe von 46.631 EUR – dem aktivierten Betrag –, in 2003 in Höhe von 4.991 EUR und im Jahr 2004 zu einer Gewinnerhöhung in Höhe von 1.846,52 EUR. Dabei berücksichtigte der Prüfer die bereits vom Kl. vorgenommenen Auflösungen der Rücklage aus den Vorjahren seit 1999. Wegen der Einzelheiten und der Berechnung der jeweiligen Gewinnerhöhungen wird auf den Bp-Bericht vom 10.02.2007, insbesondere Tz. 2.10 und die Anlage 8 Bp-Bericht Bezug genommen.
Das FA folgte der Auffassung des Prüfers und erließ am 04.04.2007 jeweils Änderungsbescheide für die Streitjahre, wobei die Änderungen in den Jahren 2003 und 2004 auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) und das Streitjahr 2004 auf § 164 Abs. 2 AO gestützt wurde.
Mit dem dagegen eingelegten Einspruch berief sich der Kl. darauf, dass hinsichtlich der Jahre 2002 und 2003 die Änderungsvoraussetzungen nach § 173 Abs. 1 AO nicht vorlägen, da die Behandlung der Investitionskostenpauschale den Jahresabschlüssen zu entnehmen gewesen seien. Ferner sei dieser Punkt bei der vorangegangenen Betriebsprüfung nicht beanstandet worden. Der Kl. erklärte sich damit einverstanden, den pauschalen Investitionskostenzuschuss jeweils auf einen Nutzungszeitraum der begünstigten Wirtschaftsgüter von drei Jahren zu verteilen.
Der Einspruch hatte keinen Erfolg. Das FA sah die Voraussetzungen der Änderung nach § 173 Abs. 1 AO der ertragsteuerlichen Behandlung der pauschalen Investitionskostenzuschüsse für gegeben an. Das FA sei nicht verpflichtet, jeden einzelnen Posten in der Bilanz bzw. GuV-Rechnung zu hinterfragen (Hinweis auf BFH-Urteil vom 22.11.1988 VIII R 184/84, BStBl. II 1989, 726).
Mit der dagegen erhobenen Klage wenden sich die Kl. gegen die Gewinnerhöhung durch sofortige Versteuerung der Investitionspauschale im Jahr des Zuflusses sowie gegen die Zuschätzung im Jahr 2004. Hinsichtlich der steuerlichen Behandlung der Pauschale verweisen die Kl. auf das BFH-Urteil vom 26.11.1996 VIII R 58/93, BStBl. II 1997, 390. Danach seien pauschale Fördermittel, die pauschal die Investitionskosten des Krankenhausbetreibers betreffen, nach § 5 Abs. 5 der Verordnung über die Rechnungs- und Buchführungspflichten von Krankenhäusern (Krankenhausbuchführungsverordnung – KHBV –) auf die Nutzungsdauer der geförderten Investitionen zu verteilen. Die Kl. berufen sich darauf, dass die Verordnung über die Rechnungs- und Buchführungspflichten der Pflegeeinrichtungen (Pflege-Buchführungsverordnung – PBV – vom 22.11.1995 (Bundesgesetzblatt I 1995, 1528 in der Fassung des Euro-Einführungsgesetzes) bestimmt, dass in Höhe der Abschreibungen auf die aus Eigenmitteln des Trägers der Pflegeeinrichtung vor Beginn der Förderung beschafften Vermögensgegenstände des Anlagevermögens, für die ein Ausgleich für die Abnutzung in der Zeit ab Beginn der Förderung verlangt werden kann, ein Posten in der Bilanz auf der Aktivseite der Eigenmittelförderung zu bilden ist. Dieser Wortlaut entspreche § 5 Abs. 5 KHBV. Bei diesem Sonderposten handelte es sich nach Auffassung des BFH um einen Wertberichtigungsposten (Tz. 36 des Urteils). Die Verbindlichkeit der Regelungen zur Krankenhausbuchführung auch für steuerliche Zwecke hat der BFH daraus abgeleitet, dass diese Grundlage der Kosten- und Leistungsrechnung zur Ermittlung der Selbstkosten für die Pflegesätze ist. Die Auflösung des Sonderpostens entsprechend der jeweiligen jährlichen Abschreibung werde dadurch erreicht, dass die Fördermittel stets in dem Zeitpunkt anteilig wirksam werden, in dem beim Krankenhausträger ein die Selbstkosten erhöhender Aufwand entstehen würde (Tz. 60 des Urteils).
Die Kl. beantragen,
die Einkommensteuer-Änderungsbescheide 2002 und 2003 vom 04.04.2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung (EE) vom 19.06.2007 sowie den Einkommensteueränderungsbescheid 2004 vom 27.05.2009 mit der Maßgabe zu ändern, dass die Gewinnerhöhung aus der Auflösung der Investitionskostenpauschale rückgängig gemacht wird.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es beruft sich auf die bisherigen Ausführungen und trägt zur Behandlung der Investitionszuschüsse ergänzend vor, diese stünden nicht in einem direkten Zusammenhang zu Investitionen, sondern würden nach dem SGB XI nach geleisteten Pflegestunden gezahlt, ohne dass es eines Verwendungsnachweises bedürfe. Es sei daher dem Grundsatz zu folgen, dass öffentliche Investitionszuschüsse im Jahr ihrer Gewährung als Betriebseinnahme des Zuschussempfängers zu erfassen seien und erhöhten damit den Gewinn dieses Jahres. Die Rechtsgrundlage für die Verteilung der Investitionskostenpauschalen ergebe sich auch nicht aus der Wortgleichheit von § 5 Abs. 5 PBV mit § 5 Abs. 5 KHBV. Diese Regelung könne sich schon im Wortlaut nach nur auf solche Förderungen beziehen, die tatsächlich mit dem Verwendungszweck der Anschaffung von Vermögensgegenständen des Anlagevermögens gewährt würden, nämlich solchen nach dem KHG. § 5 Abs. 5 PBV regele hingegen den finanziellen Umgang mit Vermögensgegenständen, die bereits vor Beginn der Förderung beschafft worden seien. Wegen der Regelung in § 5 Abs. 2 PBV könne es sich, da Abs. 5 die Regelung des Abs. 2 nur im Hinblick auf vor der Förderung angeschaffte Vermögensgegenstände erweitere bzw. konkretisiere, nur um zweckentsprechende Beschaffungen handeln. Die Investitionskostenpauschale nach dem Gesetz zur Umsetzung des Pflege-Versicherungsgesetzes (Landespflegegesetz NRW – PfG NRW –) unterfalle dieser Regelung aber mangels der Anschaffung von Wirtschaftsgütern als konkretem Verwendungszweck nicht. § 5 Abs. 5 PBV regele die Bildung eines „Ausgleichspostens für Eigenmittelförderung”, diese Voraussetzungen seien im Streitfall fraglich. Ferner könne daraus nicht auf eine pauschale Verteilung der Zuschüsse geschlossen werden, da gerade Bezug auf die konkrete Höhe der Abschreibungen der aus Eigenmitteln angeschafften Vermögensgegenständen genommen werde. Das BFH-Urteil in BStBl. II 1997, 390 sei daher im Streitfall nicht anzuwenden.
Hinsichtlich des Streitjahres 2004 haben die Beteiligten eine tatsächliche Verständigung des Inhalts getroffen, dass die Zuschätzung auf 7.000 EUR ermäßigt wird. Das FA hat im Klageverfahren deshalb am 27.05.2009 einen geänderten ESt-Bescheid erlassen, der zum Gegenstand des Verfahrens geworden ist.
Der Berichterstatter hat mit den Beteiligten den Sach- und Streitstand am 03.09.2009 erörtert. Wegen der Einzelheiten wird auf das Protokoll vom selben Tage Bezug genommen.
Der Senat hat am 13.07.2010 mündlich verhandelt. Auf das Protokoll wird wegen der Einzelheiten ebenfalls Bezug genommen.
Gründe
II.
Die Klage ist hinsichtlich der Jahre 2002 und 2003 begründet. Hinsichtlich des Jahres 2004 hat das Finanzamt zu Recht die Änderungen vorgenommen. Dieses ist hinsichtlich der Zuschätzung auch nicht mehr streitig.
Das Finanzamt geht zu Recht davon aus, dass die Investitionskostenpauschale im Jahr des Zuflusses in voller Höhe der Besteuerung zu unterwerfen ist. Sie ist weder steuerfrei noch kann sie der Anschaffung von abschreibungsfähigen Wirtschaftsgütern zugeordnet werden. Es handelt sich vielmehr um die pauschale Förderung von Aufwendungen nach § 82 Abs. 2 Nr. 1 SGB XI, die nicht bei der Pflegevergütung berücksichtigt werden dürfen. § 5 Abs. 5 PBV ist für die Investitionskostenpauschale nach der AmbPFFV nicht einschlägig. Für die bereits endgültig, ohne den Vorbehalt der Nachprüfung durchgeführten Einkommensteuerfestsetzungen der Jahre 2002 und 2003 war das FA aber nicht zu einer Änderung der bereits bestandskräftig veranlagten ESt befugt.
1. Die Investitionsförderung im Bereich der sozialen Pflegeversicherung durch landesrechtliche Vorschriften ist Teil des – unechten – dualen Finanzierungssystems. Während die Pflegevergütung und – bei stationärer Pflege – das Entgelt für Unterkunft und Verpflegung von den Pflegebedürftigen zu tragen ist, sollen die Investitionskosten von den Ländern getragen werden. Nach § 9 SGB XI ist den Ländern die Verantwortung für die Vorhaltung einer leistungsfähigen, zahlenmäßig ausreichenden und wirtschaftlichen pflegerischen Versorgungsstruktur übertragen. Hinsichtlich der finanziellen Förderung handelt es sich um eine unverbindliche Regelung, da dem Bund, im Gegensatz zur Krankenhausfinanzierung, dafür die Gesetzgebungskompetenz fehlte (vgl. BVerwG-Beschluss vom 23.12.1999 3 B 22.98, Deutsches Verwaltungsblatt – DVBl. – 1999, 1045). Zur finanziellen Förderung der Investitionskosten der Pflegeeinrichtungen sollen die erheblichen Einsparungen eingesetzt werden, die bei den Trägern der Sozialhilfe durch die Einführung der Pflegeversicherung anfallen, um die Pflegekosten zu senken (vgl. Wigge in Wannagat, Sozialgesetzbuch, § 82 SGB XI Rz. 9ff, Wagner in Hauck/Noftz Sozialgesetzbuch XI Soziale Pflegeversicherung Kommentar Tz. 11 zu § 9 SGB XI).
2. a) Das Land NRW fördert dementsprechend anerkannte Pflegeeinrichtungen i. S. von § 8 PfG NRW, zu denen auch die ambulanten Pflegeeinrichtung (§ 8 Abs. 1 Nr. 1 PfG NRW) des Kl. gehört, indem diese nach § 9 Abs. 1 PfG NRW Fördermittel für „betriebsnotwendige Investitionsaufwendungen und Aufwendungen für Miete, Pacht, Nutzung oder Mitnutzung von Gebäuden oder sonstigen abschreibungsfähigen Anlagegütern gemäß § 82 Abs. 3 Satz 1 SGB XI” erhalten. Für ambulante Pflegeeinrichtungen ist in § 10 Abs. 1 PfG NRW eine Förderung der durchschnittlichen betriebsnotwendigen Investitionsaufwendungen durch den örtlichen Träger der Sozialhilfe vorgesehen, soweit sie durch das SGB XI bedingt sind, also auf Leistungen im Rahmen der sozialen Pflegeversicherung beruhen (vgl. VG Arnsberg, Urteil vom 30.09.2002 Az. 14 K 1066/00 – juris –), durch angemessene Pauschalen. Das Nähere zur Förderung, insbesondere die Voraussetzungen, das Verfahren, die Angemessenheit der betriebsnotwendigen Aufwendungen, die förderfähigen Investitionen und die Höhe der Pauschalen sollten gemäß Abs. 2 dieser Vorschrift vom für die Pflegeversicherung zuständigen Ministerium nach Herstellung des vorgesehenen Einvernehmens mit dem Innen- und Finanzministerium und Anhörung der Ausschüsse des Landtags per Rechtsverordnung geregelt werden. Auf Grund dieser Verordnungsermächtigung ist die AmbPFFV erlassen worden.
Danach werden bei ambulanten Pflegeeinrichtungen Errichtung und Erwerb von Gebäuden, Aufwendungen für Miete, Pacht, Nutzung oder Mitbenutzung von Gebäuden (§ 1 Nr. 1 AmbPFFV) sowie die Erstbeschaffung, Instandsetzung, Instandhaltung und Wiederbeschaffung beweglicher Anlagegüter (§ 1 Nr. 2 AmbPFFV) gefördert. Voraussetzung ist, dass u. a. die Voraussetzungen von § 9 PfG NRW erfüllt sind. Den Pflegebedürftigen dürfen u. a. keine Investitionsaufwendungen berechnet werden, wie dies nach § 82 Abs. 3 und 4 SGB XI möglich ist. Im Übrigen berechnet sich der Zuschuss auf der Basis der im Vorjahr geleisteten Pflegestunden (Nr. 3) und wird zum 01.07. an den Einrichtungsträger ausgezahlt (Abs. 2). Die durchschnittlichen betriebsnotwendigen Investitionsaufwendungen werden dann gem. § 3 AmbPFFV pauschal in Höhe von 2,15 EUR pro volle Pflegestunde für Leistungen nach dem SGB XI in ambulanten Pflegeeinrichtungen bezahlt.
b) Daraus folgt, dass es sich um eine Betriebseinnahme des Kl. handelt. Es handelt sich um eine Abgeltung für die Erbringung von Leistungen im Rahmen des Betriebs der ambulanten Pflegeeinrichtung (vgl. FG Köln Urteil vom 12.06.2008 10 K 3943/04, EFG 2008, 1492). Diese Leistung knüpft auch nicht an die Förderung bestimmter Investitionen an, sondern beruht allein auf der Erbringung von Leistungen für Versicherte bestimmter Versicherungsträger im Vorjahr, so dass bereits deshalb kein Raum für eine Verteilung auf – fiktive – Abschreibungszeiträume bleibt. Vielmehr werden die Aufwendungen für Investitionen für ambulante Pflegeeinrichtungen pauschal in der Höhe gefördert, wie sie durchschnittlich (§ 10 Abs. 1 PfG NRW) in jedem Jahr anfallen. Eine Verteilung auf andere Jahre würde der Förderung in dieser pauschalen Form nicht entsprechen.
Etwas anderes kann, entgegen der Rechtsauffassung der Kl. auch nicht aus § 5 Abs. 2 bzw. Abs. 5 PBV abgeleitet werden. Nach dem Wortlaut dieser speziellen Bilanzierungsvorschriften sind Vermögensgegenstände des Anlagevermögens, die mit öffentlichen Fördermitteln oder Zuwendungen Dritter angeschafft oder hergestellt worden sind, auf der Aktivseite der Bilanz mit dem Bruttowert anzusetzen (Abs. 2 Satz 1). Auf der Passivseite der Bilanz sind bereits zweckentsprechend verwendete Fördermittel oder Zuwendungen als Sonderposten gesondert auszuweisen, vermindert um den Betrag der bis zum jeweiligen Bilanzstichtag angefallenen Abschreibungen auf die mit diesen Mitteln finanzierten Vermögensgegenständen des Anlagevermögens (Abs. 2 Satz 2). Auch die Bildung eines Ausgleichspostens nach § 5 Abs. 5 PBV erfordert entsprechende Abschreibungen auf Gegenstände des Anlagevermögens.
c) Diese Voraussetzungen für die Bildung von Sonderposten nach der PBV liegen, worauf das FA zu Recht hingewiesen hat, nicht vor. Die danach erforderliche Zuordnung zu bestimmten Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens ist im Streitfall gerade nicht erfolgt, so dass ein entsprechender Sonderposten nicht gebildet werden konnte. Die in § 3 AmbPFFV geregelte Investitionspauschale ist auch nicht generell gerichtet auf die Förderung eines Aufwands der auf mehrere Veranlagungszeiträume zu verteilen ist. Nach § 1 Nr. 2 AmbPFFV wird neben der Erstbeschaffung und Wiederbeschaffung auch die Instandsetzung und Instandhaltung beweglicher Anlagegüter gefördert, also u. a. auch sofort abzugsfähiger Aufwand im steuerlichen Sinne. Da bereits die Förderung einem bestimmten Jahr, nämlich dem Auszahlungsjahr auf der Basis der Vorjahreswerte zugeordnet wird, besteht auch aus Gründen der Berechnung von Pflegesätzen keine Veranlassung für eine Verteilung auf mehrere Jahre.
d) Die vom BFH in BStBl. II 1997, 390 für die Fördermittel nach dem KHG 1972 aufgestellten Rechtsgrundsätze können nicht entsprechend auf die Fördermittel nach dem PfG NRW angewendet werden. Während § 10 KHG in späteren Fassungen Förderungen von bestimmten Großinvestitionen für Krankenhäuser vorsah, regelte die Gesetzesfassung, die der Entscheidung des BFH zugrunde lag, die Beschaffung von Anlagegütern, deren Nutzung sich erfahrungsgemäß auf einen Zeitraum von mehr als drei Jahren und bis zu 15 Jahren erstreckt (kurzfristige Anlagegüter), für die auf Antrag Fördermittel als pauschale jährliche Abgeltung in Höhe von 8,33 v. H. der Bemessungsgrundlage für jedes Krankenhausplanbett bewilligt werden konnten. Berechnungsgrundlage war je nach dem Jahr der Inbetriebnahme und der Anforderungsstufe verschieden (vor dem 31.12.1950 und ab dem 01.01.1951) nach der Größe der Krankhäuser in Krankenhausplanbetten. Diese Regelungen sind mit der streitigen Investitionspauschale nach dem AmbPFFV, die keine Anschaffung von abschreibungsfähigen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögensvoraussetzt, nicht vergleichbar.
3. Das FA war jedoch nur hinsichtlich des Streitjahres 2004 befugt, die Änderung des ursprünglichen ESt-Bescheids vorzunehmen, da dieser unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen war und deshalb, wie geschehen, nach § 164 Abs. 2 AO geändert werden konnte.
Die vom FA für anwendbar gehaltene Änderungsvorschrift § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO greift nicht ein, da dem Finanzamt aufgrund der mit den Steuererklärungen eingereichten Bilanzen sowie Gewinn und Verlustrechnungen bekannt war oder hätte bekannt sein müssen, dass der Kläger Investitionskostenpauschalen erhält, die er im Jahr des Zuflusses nicht vollständig als Einnahme erfasst, sondern über mehrere Jahre verteilt hat.
a) Hinsichtlich der die Jahre 2002 und 2003 liegen die Voraussetzungen für eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO nicht vor. Nach dieser Vorschrift sind Steuerbescheide zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen. Tatsache in diesem Sinne ist der Umstand, dass der Kläger pauschal öffentlich-rechtliche Zuschüsse für Investitionen erhalten hat und er diese nicht sofort im Jahr des Zuflusses in vollem Umfang der Besteuerung unterworfen, sondern über mehrere Jahre verteilt hat. Diese Tatsache ist nicht nachträglich bekannt geworden, hätte aber zumindest bekannt sein müssen.
b) Der Kläger hat in seiner Bilanz 2002 auf der Passivseite, ebenso wie für die Vorjahre offen einen „Sonderposten aus öffentlichen Fördermitteln für Investitionen” i. H. v. 46.631 EUR ausgewiesen und für das Streitjahr 2003 i. H. v. 51.622 EUR. Im Kontennachweis der der Gewinnermittlung beigefügt war, wurde das entsprechende Konto 2400 ausgewiesen als „Investitionskostenpauschale”. Demgegenüber wurden in der GuV „Erträge aus öffentlicher und nicht-öffentlicher Förderung von Investitionen” ausgewiesen, verbucht im Konto 4500 als „Erträge öffentliche Fördermittel für Investitionen ambulante Pflege” und zwar im Jahr 2002 i. H. v. 16.472 EUR sowie in 2003 i. H. v. 21.839,73 EUR. Daraus ergibt sich in genügender Deutlichkeit, dass die Investitionspauschale nicht sofort im Jahr des Zuflusses als Ertrag behandelt wurde, denn sonst wäre die Bildung eines Passivpostens „Sonderposten aus öffentlichen Fördermitteln für Investitionen” nicht verständlich. Dass es sich um eine Investitionspauschale gehandelt hat, ergibt sich aus der Bezeichnung des Kontos 2400. Damit hatte der Kläger grundsätzlich alles das mitgeteilt, woraus sich laut Bilanz und Gewinnermittlung ergab, dass keine sofortige Versteuerung erfolgte. In den Ansätzen des Klägers kommt lediglich eine andere Rechtsauffassung zum Ausdruck, als diejenige, wie sie das FA jetzt vertritt. Es ist deshalb verfehlt, wenn sich das FA nunmehr darauf beruft, es habe den Angaben des Klägers vertrauen dürfen. Der Kläger hat aus seiner Sicht alles Zumutbare getan und die entscheidungserheblichen Tatsachen des Zuflusses einer Pauschale und deren Verteilung im Rahmen seiner Bilanzierung und Gewinnermittlung mitgeteilt.
c) Die Nichtanwendbarkeit von § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO würde sich nach Auffassung des Senats auch aus dem Grundsatz von Treu und Glauben ergeben, da dem FA die wesentlichen Tatsachen jedenfalls infolge Verletzung der ihm obliegenden Ermittlungspflicht unbekannt geblieben sind (vgl. BFH-Urteile vom 23.06.1993 I R 14/93, BStBl. II 1993, 806 und vom 16.06.2004 X R 56/01, BFH/NV 2004, 1502). Das FA ist der sich aufdrängenden Frage nach den rechtlichen Hintergründen der Bildung eines Sonderpostens nicht nachgegangen und hat so seine Ermittlungspflicht verletzt. Möglicherweise hielt der Bearbeiter dessen Bildung sogar für gerechtfertigt, denn aus der Bilanz ergibt sich, dass die ebenfalls ausgewiesene Rücklage nach § 7 g EStG geprüft worden ist. Eine Pflichtverletzung des Kl. vermag der Senat auch deshalb nicht zu erkennen, da die Verteilung der Investitionszuschüsse bereits der Handhabung im Prüfungszeitraum der Vor-Bp, die die Jahre 1998 bis 2000 betraf, entsprach. Dies ergibt sich für die Jahre 1999 und 2000 unmittelbar aus der Anlage 8 des Bp-Berichts vom 13.02.2007, denn in 2002 sind danach 3.498,25 EUR aus 1999 und 12.860,21 EUR aus 2000, also aus dem Vorprüfungszeitraum, aufgelöst worden. Zwar kommt es bei der Anwendung von § 173 Abs. 1 AO nicht auf die Kenntnis von Angehörigen der Prüfungsdienste an und es kann offenbleiben, ob tatsächlich die Behandlung der Zuschüsse ausdrücklich Gegenstand der Vor-Prüfung war, der Kl. konnte aber – unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben – bei dem engen zeitlichen Zusammenhang beider Prüfungen unter Berücksichtigung seiner wahrheitsgetreuen Angaben darauf vertrauen, dass die von ihm vorgenommene steuerrechtliche Behandlung der Investitionspauschalen dem FA bekannt und zutreffend war. Wollte man dies anders sehen, würde sich der Steuerpflichtige bei seiner Bilanzierung kaum je auf den Grundsatz von Treu und Glauben berufen können und keinen Vertrauensschutz genießen. Demgegenüber hat das FA die Möglichkeit, die Veranlagung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung durchzuführen, wenn die Bilanzansätze auf deren rechtliche Einordnung geprüft werden sollen.
4. Das FA wird die Gewinnerhöhung gem. Tz. 2.10 für die Jahre 2002 und 2003 rückgängig machen und die ESt für diese Jahre gem. § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO neu berechnen. Eine Verlagerung der Auflösung der Investitionspauschale nach dem Streitjahr 2004 kommt nicht in Betracht, da der Senat im Rahmen der Urteilsfindung keine Verböserung vornehmen darf.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 FGO.
Die weiteren Nebenentscheidungen folgen aus § 151 Abs. 1 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).