01.02.2012
Finanzgericht München: Urteil vom 14.10.2011 – 8 K 103/11
1. Für im Zuge der Verschmelzung erhaltene Anteile beginnt die Spekulationsfrist mit Abschluss des Verschmelzungsvertrages (entgegen dem auf den Zeitpunkt der Eintragung der Verschmelzung in das Handelsregister abstellenden BMF v. 25.10.2004, IV C 3-S 2256-238/04, BStBl I 2004, 1034).
2. Die Ausübung eines durch einen Kapitalerhöhungsbeschluss konkretisierten Bezugsrechts ist ein Veräußerungsgeschäft i. S. d. § 23 Abs. 1 EStG.
3. Wurden im April 1999 ausgeübte Bezugsrechte im Juni 1998 angeschafft (Kapitalerhöhung gegen Einlage), und damit zu einem Zeitpunkt zu dem noch die sechsmonatige Spekulationsfrist galt, sind – nach dem das BVerfG mehrere durch das StEntlG 1999/2000/2002 rückwirkende Änderungen steuerrechtlicher Vorschriften teilweise wegen Verstoßes gegen das Rückwirkungsverbot für nichtig erklärt hat – bis zum 31.3.1999 entstandene Wertsteigerungen der Bezugsrechte aus den im Zuge der Verschmelzung erhaltenen Anteilen steuerlich nicht zu erfassen, denn die Sechs-Monats-Frist war bereits vor Verkündung des StEntlG 1999/2000/2002 abgelaufen (vgl. BVerfG v. 7.7.2010, 2 BvL 14/02, 2 BvL 2/04, 2 BvL 13/05 und 2 BvR 748/05, 2 BvR 753/05, 2 BvR 1738/05 sowie 2 BvL 1/03, 2 BvL 57/06, 2 BvL 58/06).
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
In der Streitsache
hat der 8. Senat des Finanzgerichts München … auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 14. Oktober 2011 für Recht erkannt:
1. Die Einkommensteuer für 1999 wird unter Abänderung des Bescheides vom 9. 4. 2001, zuletzt geändert mit Bescheid vom 27. 2. 2006, auf … EUR herabgesetzt.
2. Die Revision wird zugelassen.
3. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
4. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Kläger die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten.
5. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war notwendig.
Tatbestand
Streitig ist die steuerliche Behandlung eines Gewinns aus dem Verkauf von Aktien.
Der Kläger, der im Streitjahr 1999 zusammen mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuer veranlagt wurde, war jeweils Gründungsgesellschafter der X-GmbH (…, gegründet 1986), der Y-GmbH (…, gegründet 1994) und der Z-GmbH (…, gegründet ebenfalls 1994). Die Firmen waren im Bereich „Entwicklung und Vertrieb von Software für …” tätig. Der Anteil des Klägers betrug ab dem 31. 7. 1996 jeweils 22 %.
Am 28. 7. 1998 beschlossen die Gesellschafterversammlungen der o.g. GmbHs jeweils die Erhöhung des Stammkapitals aus Gesellschaftsmitteln in folgendem Umfang:
X-GmbH | um 470.000 DM | auf | 520.000 DM |
Y-GmbH | um 130.000 DM | auf | 180.000 DM |
Z-GmbH | um 650.000 DM | auf | 700.000 DM |
Ebenfalls am 28. 7. 1998 hatte die Gesellschafterversammlung die formwechselnde Umwandlung der Z-GmbH in eine Aktiengesellschaft unter der Firma „…AG” (nachfolgend: Z-AG) beschlossen. Die Z-AG wurde am 28. 10. 1998 unter der Nummer HRB … in das Handelsregister … eingetragen. Der Kläger war an ihr wiederum mit einem Anteil von 22 % beteiligt.
In der außerordentlichen Hauptversammlung der Z-AG vom 9. 3. 1999 wurde das Grundkapital von 1.400.000 DM auf 715.808,63 EUR umgestellt, aus Gesellschaftsmitteln auf zunächst 806.400 EUR erhöht und in 806.400 auf den Inhaber lautende Stückaktien eingeteilt. Der Kläger war hieran mit 22 %, also 177.408 Stückaktien (157.478 Altbestand und 19.930 Aktien aus der Euroglättung) zu je 1 EUR beteiligt. Anschließend wurde das Grundkapital der Gesellschaft auf 9.000.000 EUR durch Ausgabe von 8.193.600 neuen auf den Inhaber lautenden Stückaktien erhöht (Kapitalerhöhung I). Diese neuen Aktien wurden von der Bank A mit der Verpflichtung übernommen, sie den Aktionären im Verhältnis ihrer bisherigen Beteiligung an der Gesellschaft zu einem Preis von 1 EUR pro Aktie anzubieten. Hinsichtlich der Ausgabe weiterer 2.700.000 Stückaktien, die zu einer nochmaligen Erhöhung des Grundkapitals auf 11.700.000 EUR führte (Kapitalerhöhung II), war das Bezugsrecht der Aktionäre ausgeschlossen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Niederschrift vom 9. 3. 1999 verwiesen (Bl. 345-357 FG-Akte). Das gesamte Grundkapital der Z-AG ist am 16. 4. 1999 im Segment „Neuer Markt” zum Börsenhandel zugelassen worden.
Der Kläger bezog mit Valuta 21. 4. 1999 entsprechend seiner Beteiligung von 22 % 1.802.592 neue Stückaktien aus der Kapitalerhöhung I zu je 1 EUR von der Bank A. Zusammen mit den 157.478 Altaktien und den 19.930 Aktien aus der Euroglättung hielt er damit insgesamt 1.980.000 Stückaktien. Hiervon veräußerte er im April des Streitjahres insgesamt 388.300 Aktien zu je …EUR (davon 157.478 Altaktien, 19.930 Aktien aus der Euroglättung und 210.892 Stückaktien aus der Kapitalerhöhung I) und im Mai 1999 nochmals 176.000 Stückaktien aus der Kapitalerhöhung I ebenfalls zu je …EUR. Zusammengefasst stellen sich die Verkäufe wie folgt dar:
April 1999 | Mai 1999 | |
Altaktien | 157.478 | – |
Euroglättungsaktien | 19.930 | – |
Aktien aus der Kapitalerhöhung I | 210.892 | 176.000 |
In der am 27. 2. 2001 beim Beklagten (dem Finanzamt – FA) eingegangenen Einkommensteuererklärung gab der Kläger aus dem Verkauf der Anteile an der Z-AG einen Veräußerungsgewinn nach § 17 Einkommensteuergesetz (EStG) in Höhe von …DM an. Außerdem erklärte er u.a. einen Gewinn aus privaten Veräußerungsgeschäften von …DM. Letzterer resultierte aus der Veräußerung von Aktien anderer Unternehmen. Das FA veranlagte die Kläger zunächst im Wesentlichen erklärungsgemäß und setzte mit Bescheid vom 9. 4. 2001 eine Einkommensteuer von …DM fest.
Hiergegen legten die Kläger mit Schreiben vom 3. 5. 2001 Einspruch ein. Zur Begründung reichten sie berichtigte Anlagen GSE und KSO ein. Ihren bisher erklärten Gewinn aus privaten Veräußerungsgeschäften von …DM erhöhten sie darin um …DM (Gewinn aus dem Verkauf der 386.892 Z-Aktien aus der Kapitalerhöhung I) auf …DM (Bl. 49 FA-Akte). Den Gewinn aus der Veräußerung der Altaktien (erklärt: …DM) sahen die Kläger nicht mehr als steuerpflichtig an (Bl. 46, 47 FA-Akte).
Das FA setzte die Einkommensteuer daraufhin im geändertem (Teilabhilfe-)Bescheid vom 27. 8. 2001 mit …DM fest. Dabei hat es den berichtigten Gewinn aus privaten Veräußerungsgeschäften übernommen, den Gewinn aus dem Verkauf der Altaktien (…DM) aber weiterhin als gewerbliche Einkünfte nach § 17 EStG erfasst. Den hiergegen aufrechterhaltenen Einspruch wies das FA mit Einspruchsentscheidung (EE) vom 12. 11. 2001 als unbegründet zurück.
Gegen den Ansatz der gewerblichen Einkünfte von …DM richtete sich die zunächst unter dem Az: 8 K 5135/01 registrierte Klage vom 5. 12. 2001, die im Wesentlichen mit der Verfassungswidrigkeit des § 17 Abs. 1 Satz 4 i.V.m. § 52 Abs. 1 Satz 1 EStG i.d.F. des Steuerentlastungsgesetzes (StEntlG) 1999/2000/2002 vom 24. 3. 1999 (BGBl I 1999, 402) begründet worden war. Weil zu dieser Streitfrage Revisionsverfahren beim Bundesfinanzhof (BFH) anhängig waren, hat das FG München mit Beschluss vom 23. 6. 2004 das Ruhen des Verfahrens angeordnet.
Auf Antrag des Klägervertreters hat das FA die Einkommensteuer 1999 im geänderten Bescheid vom 27. 2. 2006 auf …DM herabgesetzt. Den streitgegenständlichen Aktienverkauf hat es dabei wie folgt der Besteuerung zugrunde gelegt:
Einkünfte gemäß § 17 EStG: | |
Veräußerungspreis59.076 Altaktien und Euroglättungsaktien (je …EUR) | …DM |
./. Anschaffungskosten | …DM |
./. Veräußerungskosten | …DM |
Veräußerungsgewinn | …DM |
Einkünfte gemäß § 23 EStG: | |
Veräußerungspreis 505.166 × …EUR | …DM |
./. Anschaffungskosten | …DM |
./. Veräußerungskosten329.166 Altaktien, Euroglättungsaktien, Kapitalerhöhung I | …DM |
./. Veräußerungskosten 176.000 Kapitalerhöhung II | …DM |
Veräußerungsgewinn | …DM |
Verrechnung von Verlustrückträgen | …DM |
verbleiben | …DM |
Wegen anhängiger Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) ordnete das FG München mit Beschluss vom 15. 5. 2006 das weitere Ruhen des Rechtsstreits an. Nachdem das BVerfG am 7. 7. 2010 entschieden hatte, dass § 17 Abs. 1 Satz 4 i.V.m. § 52 Abs. 1 Satz 1 EStG in der Fassung des StEntlG 1999/2000/2002 wegen Verstoßes gegen die verfassungsrechtlichen Grundsätze des Vertrauensschutzes teilweise verfassungswidrig ist, wurde das beim FG München anhängige Verfahren unter dem neuen Az: 8 K 103/11 fortgesetzt.
Im weiteren Verlauf des Verfahrens stimmten die Beteiligten zwar insoweit überein, dass aufgrund der Entscheidung des BVerfG im Streitjahr kein steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn nach § 17 EStG aus einer Wertsteigerung der Anteile nach dem 31. 3. 1999 anzusetzen sei. Eine entsprechende Änderung des Bescheides vom 27. 2. 2006 zu Gunsten der Kläger lehnte das FA jedoch aus folgenden Gründen ab:
Nach einer erneuten Überprüfung der Sach- und Rechtslage sei man zur Auffassung gelangt, dass die dem Änderungsbescheid vom 27. 2. 2006 zugrunde gelegten Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften nach § 23 EStG nicht zutreffend ermittelt worden seien. Mit der Eintragung der Verschmelzung der X-GmbH und der Y-GmbH auf die Z-GmbH am 27. 10. 1998 habe für die im Zuge der Verschmelzung erhaltenen Anteile eine neue einjährige Behaltensfrist nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG begonnen. Zudem sei die Ausübung der Bezugsrechte im Zuge der Kapitalerhöhung I ein steuerpflichtiges Veräußerungsgeschäft. Statt der bisher angesetzten Einkünfte aus § 23 EStG in Höhe von …DM sei deshalb ein Betrag von …DM zugrunde zu legen (wegen der Berechnung wird auf den Schriftsatz des FA vom 3. 3. 2011 – Seite 317 FG-Akte – verwiesen). Zwar sei im Klageverfahren keine Erhöhung der Steuer möglich, der festgestellte Fehler müsse aber im Rahmen des Klageantrags kompensiert werden.
Die Kläger sind der Auffassung, dass für die im Jahr 1998 erfolgte Verschmelzung der GmbH`s noch die Grundsätze des sog. „Tauschgutachtens” des BFH anzuwenden seien; deshalb sei auch keine neue Behaltefrist nach § 23 EStG für die im Zuge der Verschmelzung erhaltenen Anteile angelaufen. Die Ausübung des Bezugsrechts sei entgegen der Auffassung des FA kein einkommensteuerbarer Vorgang. Die Veräußerung der aus der Kapitalerhöhung I stammenden Aktien falle zwar dem Grunde nach unter § 23 EStG. Ein Veräußerungsgewinn ergebe sich aber insoweit nicht, weil den Anschaffungskosten der Wert des Bezugsrechts hinzuzurechnen sei. Im Streitjahr seien deshalb weder Einkünfte nach § 17 EStG noch solche nach § 23 EStG anzusetzen.
Die Kläger beantragen zuletzt unter Bezugnahme auf den Schriftsatz vom 6. 10. 2011,
die Einkommensteuer für 1999 unter Abänderung des Bescheides vom 9. 4. 2001, zuletzt geändert durch Bescheid vom 27. 2. 2006, auf …EUR herabzusetzen,
hilfsweise, die Revision zuzulassen sowie
die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Zur Begründung verweist es im Wesentlichen auf seinen Schriftsatz vom 3. 3. 2011 (Bl. 315 ff FG-Akte) sowie auf die Schreiben des Bundsfinanzministeriums (BMF) vom 25. 10. 2004 (BStBl I 2004, 1034) und vom 20. 12. 2005 (BStBl I 2006, 8).
Wegen der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, auf die vorgelegten Unterlagen und Akten sowie auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 14. 10. 2011 verwiesen.
Entscheidungsgründe
I.
Die Klage ist auch insoweit zulässig, als sie im Schriftsatz des Klägervertreters vom 6. 10. 2011, also nach Ablauf der Klagefrist, betragsmäßig erweitert wurde. Die Kläger haben zwar zunächst eine auf die im Bescheid vom 27. 8. 2001 angesetzten gewerblichen Einkünfte von …DM betragsmäßig beschränkte Anfechtungsklage erhoben. Hierdurch ist aber keine Teilbestandskraft hinsichtlich der der Besteuerung zugrunde gelegten Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften eingetreten. Wie der Große Senat des BFH in seinem Beschluss vom 23. 10. 1989 GrS 2/87 (BFHE 159, 4, BStBl II 1990, 327) entschieden hat, ist aufgrund der Besonderheiten des Einkommensteuerrechts regelmäßig nicht anzunehmen, dass der Kläger mit der Nennung eines bestimmten Teilbetrages eine Teilbestandskraft herbeiführen will. Nur wenn der Kläger zuvor eindeutig zu erkennen gegeben hat, er werde von einem weitergehenden Klagebegehren absehen, ist die Klage insoweit unzulässig, als sie nach Ablauf der Klagefrist erweitert wird. Hiervon kann jedoch im Streitfall nicht ausgegangen werden.
II.
Die Klage ist begründet. Der Bescheid vom 27. 2. 2006, der gemäß § 68 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Verfahrens geworden ist, ist insoweit rechtswidrig, als der Besteuerung Einkünfte aus Gewerbebetrieb gemäß § 17 EStG in der Fassung des StEntlG 1999/2000/2002 vom 24. 3. 1999 (a.F.) und sonstige Einkünfte gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 22 Nr. 2 EStG a.F. zugrunde gelegt wurden.
1. Sonstige Einkünfte
Die Regelung in § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG i.V.m. § 22 Nr. 2 EStG a.F., die im Streitjahr der Besteuerung nach § 17 EStG a.F. vorgeht (vgl. § 23 Abs. 2 Satz 2 EStG a.F.), erfasst Veräußerungsgeschäfte bei Wirtschaftsgütern, insbesondere bei Wertpapieren, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als ein Jahr beträgt. Im Streitfall ist jedoch weder im Zusammenhang mit der Ausübung der mittelbaren Bezugsrechte aus der Kapitalerhöhung I im April 1999 (dazu unten a.) noch im Zusammenhang mit den Veräußerungsvorgängen im April 1999 und Mai 1999 (dazu unten b.) ein Gewinn aus privaten Veräußerungsgeschäften anzusetzen.
a. Ausübung der mittelbaren Bezugsrechte
Zu den Wirtschaftsgütern, die Gegenstand eines Veräußerungsgeschäftes nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG sein können, zählen auch konkrete Bezugsrechte eines Aktionärs. Das Bezugsrecht, das den Aktionär im Falle einer Kapitalerhöhung gegen Einlage zum Erwerb junger Aktien berechtigt, ist Teil seiner bisherigen Anteilsrechte. Es gehört zu den durch die Aktie vermittelten allgemeinen Mitgliedschaftsrechten des Aktionärs und ist weder von der Aktie abtrennbar noch selbständig übertragbar (allgemeines Bezugsrecht). Durch den Kapitalerhöhungsbeschluss der Hauptversammlung wird das allgemeine Bezugsrecht zu einem selbständig verwertbaren Forderungsrecht des Aktionärs konkretisiert. Das konkrete Bezugsrecht, das den Aktionär zum Bezug neuer Aktien berechtigt (§ 186 Abs. 1 und 5 AktG), bildet ein selbständiges Wirtschaftsgut (BFH-Urteil vom 22. 5. 2003 IX R 9/00, BFHE 202, 309, BStBl II 2003, 712).
Nach der Rechtsprechung des BFH stellt sich die Ausübung des Bezugsrechts als Tauschvorgang dar, denn für das Wirtschaftsgut „Bezugsrecht” erhält der Bezugsrechtsinhaber eine neue Aktie (BFH-Urteil vom 21. 9. 2004 IX R 36/01, BFHE 207, 543, BStBl II 2006, 12 unter II. 1.c). Ein Veräußerungsgeschäft i. S. des § 23 Abs. 1 EStG ist grundsätzlich auch im Wege des Tausches möglich. Allerdings liegt im Streitfall für einen Teil der ausgeübten Bezugsrechte ein steuerpflichtiges privates Veräußerungsgeschäft i. S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG schon deshalb nicht vor, weil die Jahresfrist zwischen Anschaffung und Veräußerung abgelaufen ist (dazu unten aa.). Hinsichtlich der übrigen Bezugsrechte kommt eine Besteuerung nach § 23 EStG aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht in Betracht (dazu unten bb.).
Der Kläger hat seine durch den Kapitalerhöhungsbeschluss vom 9. 3. 1999 konkretisierten Bezugsrechte zusammen mit den Aktien, aus denen diese Bezugsrechte entstammen, angeschafft.
Ein Wirtschaftsgut ist angeschafft, wenn es entgeltlich erworben wird (BFH-Urteil vom 19. 8. 2008 IX R 71/07, BFHE 222, 484, BStBl II 2009, 13). Dabei kann ein vom Steuerpflichtigen ursprünglich erworbener Vermögensgegenstand auch durch mehrere andere Vermögensgegenstände ersetzt werden. Die auf den ursprünglich erworbenen Vermögensgegenstand entfallenden Anschaffungskosten setzen sich in solchen Fällen anteilig in mehreren Ersatzvermögensgegenständen fort. So verhält es sich u.a. im Fall der hier vorliegenden Ausgabe von Bezugsrechten aufgrund einer Kapitalerhöhung, die wirtschaftlich zu einer Abspaltung der in den Stammaktien verkörperten Substanz und deshalb zu einer Abspaltung eines Teils der ursprünglichen Anschaffungskosten führt (BFH-Urteil vom 22. 5. 2003 IX R 9/00, BFHE 202, 309, BStBl II 2003, 712).
Im Zeitpunkt des Kapitalerhöhungsbeschlusses am 9. 3. 1999 hielt der Kläger folgende Aktien:
Altbestand aus der Gründungsbeteiligung an der Z-GmbH | 78.739 |
Anteile aus der Verschmelzung der X-GmbH und der Y-GmbH auf die Z-GmbH | 78.739 |
Euroglättungsaktien | 19.930 |
Vor der Euroumstellung (von 1.400.000 DM auf 715.808,63 EUR) und der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln zur Euroglättung (auf 806.400 EUR) hielt der Kläger 22 % der Aktien an der Z-AG. Diese 157.478 Aktien sind in Folge der formwechselnden Umwandlung im Oktober 1998 an die Stelle seiner früheren Beteiligung an der Z-GmbH getreten. Sie stammen daher je zur Hälfte (78.739) aus der Gründungsbeteiligung des Klägers an der Z-GmbH und aus der Verschmelzung der X-GmbH und der Y-GmbH auf die Z-GmbH. Die 19.930 Euroglättungsaktien sind dementsprechend jeweils zur Hälfte (9.965) den Altaktien aus der Gründungsbeteiligung des Klägers an der Z-GmbH und den Altaktien aus der Verschmelzung zuzuordnen.
Für die Ermittlung des für § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG a.F. relevanten Zeitpunkts der Anschaffung der Bezugsrechte sind daher folgende Aktienpakete zu unterscheiden:
Aktienpaket 1 | Altbestand aus der Gründungsbeteiligung an der Z-GmbHEuroglättungsaktien | 78.739 9.96588.704 |
Aktienpaket 2 | Anteile aus der Verschmelzung der X-GmbH und der Y-GmbH auf die Z-GmbHEuroglättungsaktien | 78.739 9.96588.704 |
Der Kläger war Gründungsgesellschafter der Z-GmbH und seit dem 31. 7. 1996 zu 22% an deren Stammkapital von 50 TDM beteiligt. Der Erwerb von Gesellschaftsanteilen bei Gründung einer GmbH ist ein Anschaffungsvorgang i. S. von § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG (Musil in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, Kommentar, § 23 Rz. 144). Nach der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln um 650 TDM auf 700 TDM am 28. 7. 1998 stieg die Beteiligung des Klägers auf 154 TDM (22% von 700 TDM; 78.739 EUR). Diese Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln stellt jedoch keinen selbständigen Erwerbsvorgang dar. Anteile, die ein Gesellschafter bei einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln erhält, sind vielmehr zusammen mit den Altanteilen angeschafft (s.o.). Folglich war die Frist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG a.F. zum Zeitpunkt der Bezugsrechtsausübung im April 1999 – soweit diese aus dem Aktienpaket 1 stammen – bereits abgelaufen. Ein steuerpflichtiges privates Veräußerungsgeschäft liegt insoweit nicht vor.
bb. Die aus dem Aktienpaket 2 stammenden Bezugsrechte hat der Kläger mit Abschluss des Vertrages über die Verschmelzung der X-GmbH und der Y-GmbH auf die Z-GmbH angeschafft.
(1) Im Streitfall handelte es sich um eine Verschmelzung durch Aufnahme mit Kapitalerhöhung (§ 2 Nr. 1, § 55 UmwG). Die zur Durchführung der Verschmelzung beschlossene Kapitalerhöhung bei der Z-GmbH erfolgte durch Einlage des gesamten Vermögens der beiden übertragenden GmbH's. Bei einer Kapitalerhöhung gegen Einlagen geht die höchstrichterliche Rechtsprechung von einem entgeltlichen Erwerb, also von einem Anschaffungsvorgang i.S. von § 23 Abs. 1 EStG aus (BFH-Beschluss vom 18. 9. 2006 IX B 154/05, BFH/NV 2007, 31 unter Hinweis auf das BFH-Urteil vom 21. 9. 2004 IX R 36/01, BFHE 207, 543, BStBl II 2006, 12).
Dem Kläger ist zuzugeben, dass er lediglich seine „alten” Anteile an den beiden übertragenden GmbH's gegen die neuen Anteile an der Z-GmbH eingetauscht hat. Dies ändert aber nichts daran, dass er die im Zuge der Verschmelzung erhaltenen neuen Anteile entgeltlich erworben hat und folglich mit dem Anteilstausch eine neue Spekulationsfrist anläuft. Denn wenn ein Anteilseigner im Zuge einer Verschmelzung einer Körperschaft, an der er beteiligt ist, auf eine andere Körperschaft Anteile dieser (anderen) Körperschaft erhält, so handelt es sich aus der Sicht dieses Anteilseigners um einen Tausch der Anteile an der übertragenden Körperschaft gegen die Anteile an der übernehmenden Körperschaft und damit um einen entgeltlichen Erwerb (BFH-Urteil vom 19. 8. 2008 IX R 71/07, BFHE 222, 484, BStBl II 2009, 13).
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem von Klägerseite angeführte Tauschgutachten des BFH vom 16. 12. 1958 I D 1/57 S (BStBl III 1959, 30). Dieses Gutachten befasst sich mit der steuerlichen Behandlung des Tauschvorgangs als solchem, der grundsätzlich zur Aufdeckung der in den hingegebenen Anteilen enthaltenen stillen Reserven führt. Die Frage, ob im Falle eines Tausches ein entgeltliches Geschäft vorliegt, wird auch im Tauschgutachten grundsätzlich bejaht. Nach den Grundsätzen des Gutachtens ist der Tausch von Anteilen an Kapitalgesellschaften in besonderen Fällen und nur, um die sonst gebotene Gewinnrealisierung zu vermeiden, als ein ertragsteuerlich unbeachtlicher Wechsel des Beteiligungsgegenstandes anzusehen. Mit der hier zu entscheidenden Frage der Steuerbarkeit einer späteren Veräußerung der im Wege des Tausches erhaltenen Anteile und des Beginns der Spekulationsfrist in solchen Fällen befasst sich das Tauschgutachten hingegen nicht.
(2) Für die im Zuge der Verschmelzung erhaltenen Anteile und die diesen zuzuordnenden Anteile aus der Euroglättung (78.739 + 9.965 = 88.704) begann die Spekulationsfrist mit Abschluss des Verschmelzungsvertrages am 28. 7. 1998, in dem u.a. die zur Durchführung der Verschmelzung erforderliche Kapitalerhöhung (§ 55 UmwG) sowie die Übernahme des Vermögens der übertragenden GmbH's vereinbart worden ist.
Soweit das BMF in seinem Schreiben vom 25. Oktober 2004 IV C 3-S 2256-238/04 (BStBl I 2004, 1034) die Auffassung vertritt, die Spekulationsfrist beginne mit der Eintragung der Verschmelzung ins Handelsregister, schließt sich der Senat dem nicht an. Grundsätzlich sind für die Berechnung des Zeitraums zwischen Anschaffung und Veräußerung die Zeitpunkte maßgebend, in denen die obligatorischen Verträge abgeschlossen wurden (BFH-Beschluss vom 18. 9. 2006 IX B 154/05, BFH/NV 2007, 31). Auch die Anwendungsregelung in § 52 Abs. 39 Satz 1 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung stellt auf den obligatorischen Vertrag ab. Überzeugende Gründe dafür, bei einer Verschmelzung auf den Zeitpunkt der Eintragung ins Handelsregister abzustellen, sieht der Senat nicht. Insbesondere ist entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung nicht deshalb auf den Eintragungszeitpunkt abzustellen, weil nach der Regelung in § 20 UmwG erst zu diesem Zeitpunkt die alten Anteile untergehen und die neuen entstehen. Auch eine GmbH entsteht handelsrechtlich erst durch die Eintragung in das Handelsregister. Dennoch hat der BFH in seinem Urteil vom 26. 8. 1975 VIII R 61/72 (BFHE 116, 553, BStBl II 1976, 64) für den Zeitpunkt der Anschaffung der Anteile auf den notariellen Vertrag über die Gründung der GmbH abgestellt.
Soweit das FG München in seinem Beschluss vom 8. 3. 2007 1 V 4900/06 (EFG 2007, 1168) auf den Zeitpunkt der Eintragung der Verschmelzung im Handelsregister abgestellt hat, handelte es sich um eine rechtliche Erstbeurteilung nach einer summarischen Prüfung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes. Diese Erstbeurteilung teilt der Senat nicht. Mit seiner Auffassung weicht der Senat auch nicht von dem Urteil des BFH vom 19. 8. 2008 IX R 71/07 (BFHE 222, 484, BStBl II 2009, 13) ab. Danach beginnt die Spekulationsfrist mit dem Erwerb neuer Anteile „im Zuge der Verschmelzung”. Abgesehen davon, dass es sich im dort entschiedenen Fall um eine Verschmelzung durch Neugründung (§ 2 Nr. 2 UmwG) gehandelt haben dürfte, konnte der BFH offen lassen, ob bei einer Verschmelzung auf den Zeitpunkt des Vertrages oder auf den Zeitpunkt der Eintragung ins Handelsregister abzustellen ist. Denn im entschiedenen Fall lagen beide Zeitpunkte im selben Monat.
Ein Rückbezug des Anschaffungszeitpunkts auf den steuerlichen Übertragungsstichtag (hier: 1. 1. 1998) kommt im Übrigen entgegen der Auffassung der Kläger nicht in Betracht, da § 2 Abs. 1 UmwStG seinem ausdrücklichen Wortlaut nach nur für die Ermittlung des Einkommens und des Vermögens der übertragenden und der übernehmenden Körperschaft, nicht aber für die Besteuerung des Anteilseigners gilt.
(3) Im Streitfall begann die Spekulationsfrist folglich mit Abschluss des Verschmelzungsvertrages am 28. 7. 1998. Sie beträgt nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG in der Fassung des StEntlG 1999/2000/2002 ein Jahr. Diese Regelung ist nach § 52 Abs. 39 Satz 1 EStG in der Fassung des Steuerbereinigungsgesetzes 1999 vom 22. 12. 1999 (BGBl I 1999, 2601) bereits im Streitjahr anzuwenden. Der Kläger hat seine Bezugsrechte aus den im Zuge der Verschmelzung erhaltenen Anteilen im April 1999 und damit innerhalb der Jahresfrist ausgeübt.
Die Besteuerung nach § 23 EStG begegnet für den Veranlagungszeitraum 1999 zwar grundsätzlich keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. Beschluss des BVerfG vom 10. 1. 2008 2 BvR 294/06, DStR 2008, 197); die Rechtsanwendung im Streitfall führt aber zu einer verfassungsrechtlich problematischen Rückwirkung, weil der Kläger die Anteile und die zugehörigen Bezugsrechte zu einer Zeit erwarb, als noch die sechsmonatige Spekulationsfrist galt (vgl. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG in der Fassung bis VZ 1998).
Das BVerfG hat mit drei Beschlüssen vom 7. 7. 2010 mehrere durch das StEntlG 1999/2000/2002 rückwirkende Änderungen steuerrechtlicher Vorschriften, nämlich die Verlängerung der Spekulationsfrist bei Grundstücksveräußerungsgeschäften (2 BvL 14/02, 2 BvL 2/04, 2 BvL 13/05, BStBl II 2011, 76), die Absenkung der Beteiligungsquote bei der Besteuerung privater Veräußerungen von Kapitalanteilen (2 BvR 748/05, 2 BvR 753/05, 2 BvR 1738/05, BStBl II 2011, 86) sowie die Kürzung der Entlastung von Entschädigungen für entgangene oder entgehende Einnahmen (2 BvL 1/03, 2 Bv 57/06, 2 Bv 58/06, DStR 2010, 1736) teilweise wegen Verstoßes gegen die Grundsätze des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes für nichtig erklärt. Danach dürfen Wertsteigerungen, die bis zur Verkündung des StEntlG 1999/2000/2002 am 31. 3. 1999 entstanden sind und nach der zuvor geltenden Rechtslage bis zum Zeitpunkt der Verkündung steuerfrei realisiert worden sind oder steuerfrei hätten realisiert werden können, steuerlich nicht erfasst werden.
Der Senat sieht sich auch für den Anwendungsbereich des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG in der Fassung des StEntlG 1999/2000/2002 an die Entscheidungen des BVerfG gebunden. Denn die Bindungswirkung des § 31 Abs. 1 BVerfGG erstreckt sich in objektiver Hinsicht nicht nur auf die Entscheidungsformel, sondern auch auf die tragenden Entscheidungsgründe (Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG, Kommentar, § 31 Rn. 96). Zu den tragenden Entscheidungsgründen gehören insbesondere die vom BVerfG gesetzten Maßstäbe für die Zulässigkeit einer unechten Rückwirkung. Übertragen auf den Streitfall führt dies nach Auffassung des Senats dazu, dass auch die bis zum 31. 3. 1999 entstandenen Wertsteigerungen der Bezugsrechte aus den im Zuge der Verschmelzung erhaltenen Anteilen steuerlich nicht erfasst werden dürfen. Denn die früher geltende 6-Monats-Frist (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG in der Fassung bis VZ 1998) war bereits im Januar 1999, also noch vor Verkündung des StEntlG 1999/2000/2002, abgelaufen.
Steuerpflichtig kann demnach nur eine evtl. Wertsteigerung zwischen der Verkündung des StEntlG 1999/2000/2002 am 31. 3. 1999 und der Ausübung der Bezugsrechte im April 1999 sein. Nach Auffassung des Senats ist insoweit aber kein Gewinn anzusetzen. Gegen eine Wertsteigerung spricht zunächst die sehr kurze Zeitspanne zwischen dem 31. 3. 1999 und der Ausübung der Bezugsrechte nur wenige Wochen später. Zu diesem Zeitpunkt war der Platzierungspreis von …EUR je Aktie, zu dem der Kläger wiederum nur wenig später im April und Mai 1999 verkauft hat, bereits festgelegt (vgl. Übernahmevertrag vom 16. April 1999, Ziffer III, Bl. 364 FG-Akte). Hinzu kommt, dass die Finanzverwaltung den Umfang des steuerbaren Wertzuwachses aus Vereinfachungsgründen monatsweise entsprechend dem Verhältnis der Besitzzeit nach dem 31. 3. 1999 im Vergleich zur Gesamthaltedauer ermittelt (vgl. BMF-Schreiben vom 20. 12. 2010, Az. IV C 1-S 2256/07/ 10001:006, 2010/1015920, BStBl I 2011, 14). Im Streitfall liegt zwischen dem 31. 3. 1999 und der Ausübung der Bezugsrechte im April 1999 kein voller Monat.
b. Aktienverkauf im April/Mai 1999
Soweit der Kläger im April und Mai 1999 Aktien verkauft hat, liegen zwar Veräußerungsgeschäfte i. S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG a.F. vor; diese sind aber entweder nicht steuerbar (dazu unten aa.) oder es ist hierfür kein Gewinn anzusetzen (dazu unten bb. und cc.). Im Einzelnen handelt es sich um folgende Aktienpakete:
Aktienpaket 1 | Altbestand aus der Gründungsbeteiligung an der Z-GmbHEuroglättungsaktien | 78.739 9.96588.704 |
Aktienpaket 2 | Anteile aus der Verschmelzung der X-GmbH und der Y-GmbH auf die Z-GmbHEuroglättungsaktien | 78.739 9.96588.704 |
Aktienpaket 3 | Neue Aktien aus der Kapitalerhöhung I | 210.892176.000 |
bb. Für das Aktienpaket 2 begann die Spekulationsfrist mit Abschluss des Verschmelzungsvertrages am 28. 7. 1998. Wegen der verfassungsrechtlich unzulässigen rückwirkenden Verlängerung der Spekulationsfrist ist jedoch ein Veräußerungsgewinn insoweit nicht anzusetzen (siehe oben II. 1. a. bb.).
cc. Die aus der Kapitalerhöhung I stammenden neuen Aktien waren lt. Beschluss der Hauptversammlung vom 9. 3. 1999 von der Bank A mit der Verpflichtung übernommen worden, sie den Aktionären im Verhältnis ihrer bisherigen Beteiligung zum Bezug anzubieten (mittelbares Bezugsrecht, § 186 Abs. 5 AktG). Der Kläger hat sein mittelbares Bezugsrecht im April 1999 ausgeübt. Damit begann die Spekulationsfrist für das Aktienpaket 3. Aus diesem Paket sind 210.892 Aktien noch im selben Monat und weitere 176.000 davon im Mai 1999 veräußert worden. Die Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG a.F. liegen damit zwar vor; ein Veräußerungsgewinn ist jedoch insoweit nicht anzusetzen.
Der zu versteuernde Gewinn aus Veräußerungsgeschäften ist der Unterschied zwischen dem Veräußerungspreis einerseits und den Anschaffungskosten und Werbungskosten andererseits (§ 23 Abs. 4 Satz 1 EStG).
Der Veräußerungspreis der neuen Aktien beträgt im Streitfall …EUR (210.892 Aktien × …EUR + 176.000 Aktien × …EUR). Als Anschaffungskosten sind nicht nur die Zuzahlungen für die neuen Aktien (im Streitfall: 210.892 EUR + 176.000 EUR = 386.892 EUR), sondern auch der Wert der durch den Kapitalerhöhungsbeschluss vom 9. 3. 1999 konkretisierten Bezugsrechte im Zeitpunkt ihrer Realisierung durch Erwerb der neuen Anteile anzusetzen (BFH-Urteil vom 21. 9. 2004 IX R 36/01, BFHE 207, 543, BStBl II 2006, 12). Den Wert der Bezugsrechte im Zeitpunkt ihrer Realisierung haben die Beteiligten übereinstimmend mit je …EUR angenommen (Bl. 317, 517 FG-Akte). Unter Berücksichtigung der anteilig auf die Veräußerung der neuen Aktien entfallenden Bankenprovisionen (210.892/388.300 × …EUR + …EUR = …EUR) und der anteiligen Kosten für die steuerliche Beratung von …EUR errechnet sich damit ein Spekulationsverlust, der betragsmäßig jedenfalls so hoch ist, dass der im Bescheid vom 27. 2. 2006 irrtümlich nicht mehr angesetzte Gewinn aus privaten Veräußerungsgeschäften von …DM ausgeglichen wird. Ein evtl. dann noch verbleibender Verlust kann im Streitjahr nicht berücksichtigt werden (§ 23 Abs. 3 Sätze 6, 7 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung).
2. Einkünfte aus Gewerbebetrieb
Der Einkommensteuerbescheid vom 27. 2. 2006, der gemäß § 68 Satz 1 FGO, zum Gegenstand des Verfahrens geworden ist, ist auch insoweit rechtswidrig, als der Besteuerung ein Veräußerungsgewinn nach § 17 EStG in Höhe von …DM zugrunde gelegt wird.
Mit Beschluss vom 7. 7. 2010 2 BvR 748/05, 2 BvR 753/05, 2 BvR 1738/05 (BStBl 2011 II S. 86) hat das BVerfG entschieden, dass § 17 Absatz 1 Satz 4 in Verbindung mit § 52 Absatz 1 Satz 1 EStG in der Fassung des StEntlG 1999/2000/2002 vom 24. 3. 1999 (BGBl. I S. 402) gegen die verfassungsrechtlichen Grundsätze des Vertrauensschutzes verstößt und nichtig ist, soweit in einem Veräußerungsgewinn Wertsteigerungen steuerlich erfasst werden, die bis zur Verkündung des StEntlG 1999/2000/2002 am 31. 3. 1999 entstanden sind und die entweder – bei einer Veräußerung bis zu diesem Zeitpunkt – nach der zuvor geltenden Rechtslage steuerfrei realisiert worden sind oder – bei einer Veräußerung nach Verkündung des Gesetzes – sowohl zum Zeitpunkt der Verkündung als auch zum Zeitpunkt der Veräußerung nach der zuvor geltenden Rechtslage steuerfrei hätten realisiert werden können.
Hiervon ausgehend ist aus der streitgegenständlichen Veräußerung der Aktien kein Gewinn nach § 17 EStG anzusetzen. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Der Senat sieht deshalb von weiteren Ausführungen hierzu ab.
III. Die Revision war nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO zuzulassen.
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 FGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten und über den Vollstreckungsschutz folgt aus § 151 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, Abs. 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung.
V. Die Kläger konnten es auf Grund der Schwierigkeit der Streitsache für notwendig halten, schon im Vorverfahren einen fachkundigen Berater mit der Interessenvertretung zu beauftragen (§ 139 Abs. 3 Satz 3 FGO).