14.03.2013 · IWW-Abrufnummer 131131
Finanzgericht Köln: Urteil vom 06.09.2012 – 10 K 1645/11
1) Bei der Neubewertung einer Pensionsrückstellung nach § 6a EStG aufgrund Wechsels vom Minderheits- zum Mehrheitsgesellschafter unter Zugrundelegung einer Inanspruchnahme mit der Vollendung des 65. Lebensjahres kann die bisher gebildete Pensionsrückstellung fortgeführt werden.
2) Weitere Zuführungen zur Pensionsrückstellung können jedoch erst dann berücksichtigt werden, wenn der sich aufgrund der Neuberechnung ergebende Betrag den „eingefrorenen” Betrag übersteigen würde.
Im Namen des Volkes
URTEIL
In dem Rechtsstreit
hat der 10. Senat in der Besetzung: Vorsitzender Richter am Finanzgericht … Richter am Finanzgericht … Richter am Finanzgericht … ehrenamtlicher Richter … ehrenamtlicher Richter … auf Grund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 06.09.2012 für Recht erkannt:
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, welche Auswirkungen der Wechsel eines Gesellschafters vom Minderheits- zum Mehrheitsgesellschafter auf die Berechnung der Pensionsrückstellung bzw. die Zuführung zu dieser hat.
Die Klägerin betreibt in der Rechtsform einer GmbH eine Steuerberatungspraxis.
1987 waren Gesellschafter X zu 75 % und X1 (im Folgenden „X1” abgekürzt) zu 25 %.
X1 war seit 1979 alleiniger Geschäftsführer der GmbH.
Die Klägerin erteilte dem 1950 geborenen X1 am 15. Januar 1987 eine Pensionszusage. Diese hat bis heute Gültigkeit. In der Pensionszusage wurde „X1” eine Alters- und Berufsunfähigkeitsrente zugesagt. Die Altersrente wird auf das 60. Lebensjahr abgeschlossen und beträgt 60 % der jährlichen Gesamtbezüge. Wegen der Einzelheiten wird auf die Pensionszusage Bezug genommen. Der Gesellschafterin X wurde keine Pensionszusage erteilt.
Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die Pensionszusage steuerlich anzuerkennen ist. Die Klägerin berechnete dementsprechend die Zuführungen zur Pensionsrückstellung jeweils unter Ansatz des 60. Lebensjahres.
Im Jahre 2002 fand ein Gesellschafterwechsel statt. Seitdem ist „X1” mit 60 % an der Klägerin beteiligt. Weiterer Gesellschafter sind zwei fremde Steuerberater.
Die Klägerin berechnete weiterhin die Pensionsrückstellungen für die Steuerbilanz auf das vereinbarte 60. Lebensjahr als Beginn der Altersrente. Im Rahmen einer Außenprüfung für die Geschäftsjahre 2002 bis 2004 wurde dies nicht beanstandet. Die Körperschaft- und Gewerbesteuermessbescheide bis einschließlich 2004 sind bestandskräftig und nicht mehr änderbar.
Für das Jahr 2005 führte die Klägerin der Pensionsrückstellung aufwandswirksam 117.189 EUR zu. Bei Zugrundelegen des 65. Lebensjahres hätte die Zuführung 60.601 EUR betragen.
Im Rahmen einer weiteren Betriebsprüfung, die u.a. das Streitjahr 2005 umfasste, gelangte der Betriebsprüfer zu der Auffassung, die Pensionsrückstellung für „X1” sei aufgrund dessen Stellung als beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer nicht auf das 60., sondern auf 65. Lebensjahr zu berechnen. Dementsprechend nahm er eine Neuberechnung der gesamten Pensionsrückstellung vor. Er löste die Pensionsrückstellung in Höhe von 461.213 EUR gewinnerhöhend auf. Wegen der Einzelheiten wird auf den Betriebsprüfungsbericht vom 09. April 2010 Bezug genommen.
Der Beklagte folgte der Auffassung der Betriebsprüfung und erließ entsprechend den Änderungsbescheid zur Körperschaftsteuer 2005 und Gewerbesteuermessbetrag 2005.
Dabei minderte er die Pensionsrückstellungen in der Steuerbilanz. Eine verdeckte Gewinnausschüttung nahm er nicht an, da dem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer mit der Pensionszusage kein Vermögensvorteil gewährt worden sei, der einem nichtbeteiligten Geschäftsführer nicht auch gewährt worden wäre.
Die gegen die Änderungsbescheide eingelegten Einsprüche wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidungen vom 15. April 2011 als unbegründet zurück. Wegen der Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidungen Bezug genommen.
Mit der Klage trägt die Klägerin vor:
Der Beklagte habe die Pensionsrückstellung zu Unrecht teilweise aufgelöst. Der Beklagte habe verkannt, dass die fehlerhaft errechnete Höhe der Pensionsrückstellung nicht im Rahmen der §§ 7, 8 Abs. 1 KStG i.V.m. §§ 4, 6a EStG zu korrigieren sei, sondern als verdeckte Gewinnausschüttung im Rahmen des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG. Deshalb komme eine nachträgliche Auflösung der Steuerbilanz nicht in Betracht, da sich die Rechtsfolge des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG in einer außerbilanziellen Gewinnkorrektur erschöpfe.
Richtig sei zwar, dass sie die Pensionsrückstellungen für den Gesellschafter-Geschäftsführer „X1” ab dem Jahre 2002 unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs auf das 65. Lebensjahr hätte berechnen müssen. Hierbei handele es sich aber entgegen der Ansicht des Beklagten nicht um ein Problem des § 6a EStG, sondern ausschließlich um einen Gesichtspunkt zur Feststellung, ob es sich bei der Pensionsrückstellung um eine vGA handele, die nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG außerbilanziell zu korrigieren sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 18. Mai 2011 Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt,
die Körperschaftsteuer 2005 auf 70.488 EUR und den Gewerbesteuermessbetrag 2005 auf 15.005 EUR herabzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Anfechtungsklage ist teilweise begründet.
Die angefochtenen Bescheide sind in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang rechtswidrig und verletzten die Klägerin insoweit in ihren Rechten, vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO –.
Der Beklagte hat zu Unrecht die Pensionsrückstellung in der Steuerbilanz gewinnerhöhend aufgelöst.
1. Die dem Gesellschafter-Geschäftsführer 1987 erteilte Pensionszusage war steuerlich anzuerkennen. Zu diesem Zeitpunkt war der Geschäftsführer nicht beherrschender Gesellschafter. Für die Frage, ob eine Pensionszusage steuerlich anzuerkennen ist, kommt es auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrags an (Bundesfinanzhof – BFH –, Urteile vom 6.4.1979 I R 39/67, Bundessteuerblatt – BStBl – II 1979, 687 und vom 28.4.1982 I R 51/76, BStBl II 1982, 612; Gosch in Gosch, KStG, 2. Aufl. 2009, § 8 Rz. 370; Janssen in Mössner/Seeger, KStG, § 8 Rz. 218 (Stand 2009)).
2. Die nach § 6a EStG ermittelte Pensionsrückstellung ist nur dann zu korrigieren, wenn die Voraussetzungen der Pensionsrückstellung nach § 6 a EStG nicht vorliegen. Diese liegen im Streitfall jedoch alle vor. Für eine nachträgliche Korrektur der von 1987 bis 2001 zutreffend ermittelten Pensionsrückstellung gibt es keine Rechtsgrundlage (vgl. BFH, Urteil vom 28.1.2004 I R 21/03, BStBl II 2005, 841, Rz. 21). Die bis 2001 gebildete Rückstellung wird nicht dadurch falsch, dass 2002 der Pensionsberechtigte zum beherrschenden Gesellschafter wurde.
3. Da die Bilanzen bis einschließlich 2004 bestandskräftigen und nicht mehr änderbaren Steuerbescheiden zugrunde liegen, ist die Pensionsrückstellung auf dem Stand Ende 2004 „einzufrieren”. Ab 2005 muss die Pensionsrückstellung neu berechnet werden, da bei beherrschenden Gesellschaftern eine Pensionszusage nur auf das 65. Lebensjahr steuerlich anerkannt wird (BFH, Urteil vom 23.1.1991 I R 113/88, BStBl II 1991, 379). Die bisher gebildete Rückstellung ist nicht aufzulösen, sondern unverändert fortzuführen. Weitere Zuführungen sind allerdings steuerlich solange nicht zu berücksichtigen, bis eine Neuberechnung zu einem späteren Stichtag den „eingefrorenen” Betrag übersteigt (Weber-Grellet in Schmidt, EStG, 31. Aufl. 2012, § 6a, Rz. 19).
4. Die Neuberechnung der Körperschaftsteuer und des Gewerbesteuermessbetrags wird nach § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO dem Beklagten übertragen.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 151 FGO, 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.
Der Senat lässt gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage zu, welchen Einfluss der Wechsel vom nicht beherrschenden zum beherrschenden Gesellschaftergeschäftsführer auf die Bildung der Pensionsrückstellung hat.