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  • · Nachricht · § 16 EStG

    Nachweis einer Betriebsaufgabeerklärung

    | Eine Betriebsaufgabeerklärung erfordert eine ausdrückliche, unmissverständliche Erklärung. Dieser muss zweifelsfrei entnommen werden können, dass der betriebliche Organismus erloschen ist. Aus der Erklärung muss zudem entnommen werden können, dass die zuvor im Betriebsvermögen befindlichen Wirtschaftsgüter nunmehr ‒ unter Aufdeckung der stillen Reserven ‒ dem Privatvermögen zuzuordnen sein sollen. Ist das Vorliegen einer solchen Erklärung streitig, kann der Nachweis nur mithilfe einer entsprechenden Urkunde geführt werden, so eine aktuelle Entscheidung des FG Münster. | 

    Erläuterung

    Macht der Steuerpflichtige geltend, dass eine Betriebsaufgabe bereits in der Vergangenheit stattgefunden hat, so trägt er grundsätzlich die Nachweis- bzw. Feststellungslast. Dies gilt auch, wenn für die Erklärung nicht mehr auf Finanzakten zurückgegriffen werden kann, da diese ‒ aus organisatorisch legitimen und nachvollziehbaren Erwägungen ‒ vernichtet wurden. Anders ist der Fall zu beurteilen, wenn der Behörde eine schuldhafte Beweisvereitelung vorzuwerfen wäre.

     

    Zugunsten des Steuerpflichtigen muss jedoch auch berücksichtigt werden, dass es ihm insoweit objektiv unmöglich gemacht wird, eine Tatsache, für die er die Feststellungslast trägt und die faktisch ausschließlich durch einen Urkundsbeweis nachgewiesen werden kann, zu beweisen und letztlich die Beweisnot darauf zurückzuführen ist, dass die Behörde das Beweismittel vernichtet hat. Denn insbesondere in Fällen eines Streits um eine zeitlich weit zurückliegende Betriebsaufgabe wird dem Steuerpflichtigen nicht vorgehalten werden können, dass es seine Rechtsvorgänger unterlassen haben/hätten, Beweisvorsorge für den späteren Nachweis einer Betriebsaufgabeerklärung zu treffen.

     

    Vor diesem Hintergrund hält es das FG Münster in derartigen Fällen für angezeigt, wenn nachvollziehbare und in sich schlüssige Anhaltspunkte für eine Betriebsaufgabeerklärung vorliegen. Auch sollte die sonstige Aktenlage keinen Widerspruch bieten, sodass sich das Beweismaß für die seinerzeitige Betriebsaufgabeerklärung auf Wahrscheinlichkeitserwägungen reduzieren lässt. Insoweit handelt es sich um einen sachgerechten Ausgleich dafür, dass der Steuerpflichtige regelmäßig in ihm nicht zurechenbarer Weise in Beweisnot geraten ist.

     

    Hinweis | Rechtsstreitigkeiten ergeben sich häufig auch dann, wenn der Steuerpflichtige nach Jahren einen insgesamt verpachteten (ruhenden) Betrieb veräußert und gegenüber der Finanzverwaltung erklärt, es habe bereits in der Vergangenheit einschneidende Veränderungen in der Betriebsstruktur durch Veräußerungen des Verpächters oder durch Umgestaltungen des Pächters gegeben, die seinerzeit bereits zu einer (vom Finanzamt nicht erkannten) Betriebsaufgabe in rechtsverjährter Zeit geführt hätten. Das Problem liegt dabei sicherlich auch zumindest zum Teil auf der Ebene der Finanzverwaltung, die es oftmals unterlassen hat, nach Ausübung des Verpächterwahlrechts auch in den Folgejahren zu überprüfen, ob die Voraussetzungen für eine (weitere) Betriebsverpachtung im Ganzen weiterhin vorgelegen haben.

     

    Mit dem Steuervereinfachungsgesetz 2011 hat der Gesetzgeber daher in § 16 EStG einen neuen Absatz 3b eingefügt, wonach in den Fällen der Betriebsunterbrechung und der Betriebsverpachtung im Ganzen ein Gewerbebetrieb sowie ein Anteil i.S.d. Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 oder Nr. 3 nicht als aufgegeben gilt, bis

     

    • der Steuerpflichtige die Betriebsaufgabe ausdrücklich gegenüber dem Finanzamt erklärt oder
    • dem Finanzamt Tatsachen bekannt werden, aus denen sich ergibt, dass die Voraussetzungen für eine Betriebsaufgabe erfüllt sind.

     

    Sofern unabhängig von der Aufgabeerklärung des Steuerpflichtigen die Betriebsaufgabe schon früher erfolgt ist, weil der Betrieb so verändert oder umgestaltet wurde, dass eine Wiederaufnahme des Betriebs durch den Verpächter objektiv nicht mehr möglich ist, bestimmt nun § 16 Abs. 3b S. 1 EStG; dass der Betrieb trotz tatsächlich bereits früher erfolgter Betriebsaufgabe als nicht aufgegeben gilt, bis dem FA Tatsachen bekannt werden, aus denen sich ergibt, dass die Voraussetzungen für eine Aufgabe erfüllt sind.

     

    Die gesetzliche Neuregelung ist nur auf Aufgaben nach dem 4.11.2011 anzuwenden. Gemeint ist dabei nicht der Zeitpunkt des Bekanntwerdens der Betriebsaufgabe, sondern die Betriebsaufgabe an sich, die nach dem 4.11.2011 stattgefunden haben muss. Für die Fortführungsfiktion des § 16 EStG bedeutet dies, dass sie erst in der Zukunft greifen wird, da nur die Betriebsaufgaben betroffen sind, die nach dem 4.11.2011 stattfinden.

     

    Fundstelle

    Quelle: ID 42999019