· Fachbeitrag · §§ 4h EStG, 8a KStG
Keine AdV trotz Zweifeln an einer verfassungsgemäßen Zinsschranke
| Das FG Münster hat zwar ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Zinsschranke geäußert, weil diese bewirkt, dass Finanzierungsaufwendungen teilweise nicht in dem Jahr als Betriebsausgaben steuermindernd berücksichtigt werden, in dem sie angefallen sind. Doch aufgrund des öffentlichen Vollziehungsinteresses und einer geordneten Haushaltsführung hat es keine AdV gewährt. Im zugrunde liegenden Fall konnte eine GmbH bei Anwendung der Zinsschranke gut 6 Mio. EUR lediglich in die Folgejahre vortragen, was sie mit rund 600.000 EUR belastet. |
Zweifel an der Zinsschranke
Mit der Zinsschranke weicht der Gesetzgeber von seiner Grundentscheidung ab, dass Betriebsausgaben in dem Jahr abziehbar sind, in dem sie anfallen. Sie war insbesondere eingeführt worden, um missbräuchliche konzerninterne Gewinnverlagerungen zu verhindern, geht allerdings in ihrer Wirkung weit über die Fälle ungerechtfertigter Gestaltungen hinaus. Denn sie führt auch im Bereich üblicher Fremdfinanzierungen zu erheblichen Belastungswirkungen und die Substanzbesteuerung kann besonders die Situation insolvenzbedrohter Unternehmen verschlechtern. Vor diesem Hintergrund ist zweifelhaft, ob die Beschränkung des Betriebsausgabenabzuges dem allgemeinen Gleichheitssatz in Art. 3 GG und dem verfassungsrechtlichen Gebot der Verhältnismäßigkeit entspricht.
Vorläufiger Rechtsschutz in Form einer AdV
Trotz der erheblichen Bedenken lehnte das FG den Aussetzungsantrag ab, denn bei ernsthaften Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit einer Rechtsnorm kommt vorläufiger Rechtsschutz durch Aussetzung der Vollziehung nur nach Abwägung des individuellen Aussetzungs- gegen das öffentliche Vollziehungsinteresse in Betracht. Allein die bestehenden ernstlichen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit genügen nicht, um eine AdV zu rechtfertigen. Dabei kommt es maßgeblich auf die Bedeutung des Eingriffs in eine geordnete Haushaltsführung an. Selbst wenn die angewendete Zinsschranke zu einer Steuerforderung von zunächst 600.000 EUR führt und eine erhebliche finanzielle Belastung darstellten sollte, genügt dies nicht, um dem Aussetzungsinteresse Vorrang einzuräumen. Das öffentliche Interesse bezieht sich nämlich auch auf den Vollzug eines formell ordnungsgemäß beschlossenen Steuergesetzes. Das dient nicht nur der Einnahmeerzielung, sondern verfolgt daneben Lenkungszwecke. Dem Gesetzesvollzug ist damit ein höheres Gewicht beizumessen. Anders sieht es aus, wenn die Verfassungswidrigkeit einer Norm klar und eindeutig erscheint und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit von einer dementsprechenden Entscheidung des BVerfG auszugehen ist.
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