· Fachbeitrag · § 62 EStG
Kindergeldanspruch bei deutschem Zweitwohnsitz
| Ein deutscher Staatsangehöriger, der mit seiner Familie den Lebensmittelpunkt in Tschechien teilt und dort sozialversicherungspflichtig beschäftigt ist, hat Anspruch auf deutsches (Differenz)Kindergeld, wenn er in Deutschland einen Zweitwohnsitz beibehält, so der BFH. |
Sachverhalt
Der Kläger ist Vater von zwei im Juni 1999 und im Dezember 2007 geborenen Töchtern und deutscher Staatsangehöriger. Er bewohnt seit 1977 mit seiner Familie eine Einliegerwohnung im Hause seiner Eltern in Rheinland-Pfalz. Diese verfügt über einen Wohnraum, ein Schlafzimmer, ein Duschbad und eine Kochnische, zwei Kinderzimmer im Dachgeschoss sowie weiteren zu Wohnraum ausgebauten Speicherraum. Nachdem der Kläger im Herbst 2005 arbeitslos geworden war, trat er am 1.6.2006 eine Beschäftigung in Prag an. Seit diesem Zeitpunkt wohnt seine Ehefrau mit beiden Kindern ebenfalls dort und die ältere Tochter besucht die deutsche Schule. Der Kläger verbringt jedoch weiterhin seine gesamte freie Zeit mit der Familie in seiner Wohnung in Deutschland, u.a. während seines Urlaubs und die Familie während der Schulferien. Die Nutzung der dortigen Wohnung geht nach den Feststellungen des FG über eine übliche Nutzung als Ferienquartier deutlich hinaus.
Anmerkung
Mit diesem Urteil zur grenzüberschreitenden Familienbesteuerung zieht der BFH die Konsequenzen aus einer Entscheidung des EuGH. Danach hielt es der EuGH für unionsrechtswidrig, dass Deutschland nach seinem nationalen Recht in Fällen von Wanderarbeitnehmern, die vorübergehend in Deutschland beschäftigt sind und in ihrem Heimatland sozialversichert bleiben, den Kindergeldanspruch nicht nur kürzt, sondern ausschließt, wenn im Heimatland ein Anspruch auf eine dem deutschen Kindergeld vergleichbare Leistung bestehen bleibt. Der Anspruch auf das sogenannte Differenzkindergeld besteht also, wenn ein Elternteil einen Zweitwohnsitz in Deutschland unterhält. Dass der Kindergeldberechtigte auch deutscher Staatsangehöriger sein müsste, ergibt sich aus § 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG nicht. Die im Urteil mehrfach betonte deutsche Staatsangehörigkeit könnte allenfalls ein Indiz für den behaupteten Zweitwohnsitz sein.
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