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  • · Fachbeitrag · Steuerstrafrecht

    Voraussetzungen für eine strafbefreiende Selbstanzeige werden deutlich verschärft

    | Die Zahl der Selbstanzeigen von Steuerpflichtigen hat einen Rekordwert erreicht. Seit Beginn des Jahres 2014 haben sich nach Informationen der Welt am Sonntag bei den 16 Länderfinanzministerien rund 32.000 Steuerpflichtige selbst angezeigt. Diese Zahl übertrifft das Rekordergebnis aus dem Vorjahr deutlich. Im gesamten Jahr 2013 waren es etwa 26.000 Selbstanzeigen. Die meisten Anzeigen gab es in Baden-Württemberg (7.214). Dahinter folgt Nordrhein-Westfalen mit 6.300 Anzeigen, in Bayern sind es bislang 4.600. In Mecklenburg-Vorpommern sind 24 Selbstanzeigen eingegangen. |

     

    Hintergrund der zunehmenden Anzahl von Selbstanzeigen ist, dass bekanntlich ab Januar 2015 strengere Regeln für die Straffreiheit nach einer Selbstanzeige gelten. Im Folgenden stellen wir Ihnen die neuen Regelungen der Selbstanzeige und deren Folgen anhand von Beispielen vor.

     

    Gesetzgebung

    Das Bundeskabinett hat am 24.9.2014 den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Abgabenordnung und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung beschlossen. Mit diesem Gesetz sollen die Regelungen der strafbefreienden Selbstanzeige angepasst werden.

     

    Änderungen ab 2015

    Die strafbefreiende Selbstanzeige als persönlicher Strafausschließungsgrund bleibt grundsätzlich erhalten, allerdings unter verschärften Voraussetzungen und fühlbaren finanziellen Konsequenzen. Die Grenze, bis zu der eine Steuerhinterziehung ohne Zahlung eines Geldbetrags bei einer Selbstanzeige straffrei bleibt, wird von 50.000 EUR auf 25.000 EUR abgesenkt.

     

    Neben dem bisherigen Erfordernis, die hinterzogenen Steuern innerhalb einer bestimmten angemessenen Frist zu entrichten, müssen nunmehr als weitere Wirksamkeitsvoraussetzung für die Selbstanzeige auch die Hinterziehungszinsen innerhalb dieser Frist entrichtet werden, d.h., nur wenn auch diese Zinsen fristgemäß entrichtet werden, wird bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen von der Verfolgung einer Steuerstraftat abgesehen (§ 398a Abs. 1 Nr. 2 AO).

     

    Das Erkaufen der Straffreiheit nach § 398a AO wird damit deutlich verteuert. Da die Höhe des Hinterziehungsbetrags ein wesentliches Kriterium für die Bemessung der Schuld des Straftäters ist, soll der zu zahlende Geldbetrag - ausgerichtet am Hinterziehungsvolumen - in gestaffelter Form festgelegt werden. Nur dann, wenn der im Folgenden dargestellte, einschlägige Prozentsatz auf die hinterzogenen Steuern gezahlt wird, soll von strafrechtlicher Verfolgung abgesehen werden.

     

    Neue Staffelung

    • Bei einem Hinterziehungsvolumen über 25.000 EUR bis 100.000 EUR ist künftig ein Zuschlag von 10 % fällig. Bisher betrug der Zuschlag in dieser Kategorie 0 %. Bei einem Hinterziehungsvolumen von 40.000 EUR und einem Hinterziehungszeitraum von 3 1/2 Jahren bspw. muss der Steuerpflichtige nunmehr (unter der Voraussetzung eines individuellen Steuersatzes von 30 %) einen Zuschlag von 4.000 EUR zuzüglich 0,5 % Zinsen für 42 Monate in Höhe von 8.400 EUR zahlen. Das sind insgesamt 12.400 EUR zusätzlich fällige Zahlungen. Bis zum 31.12.2014 waren kein Zuschlag und keine Zinsen zu zahlen.

     

    • Bei einem Hinterziehungsvolumen über 100.000 EUR bis 1 Mio. EUR ist künftig ein Zuschlag von 15 % fällig. Dazu kommen die Hinterziehungszinsen von 0,5 % pro Monat (§ 235 AO).

     

    • Bei einem Hinterziehungsvolumen von über 1 Mio. EURbeträgt der Zuschlag künftig 20 %. Bei einem Hinterziehungsvolumen von 1.200.000 EUR und einem Hinterziehungszeitraum 3 1/2 Jahre bspw. beträgt die nachzuzahlende Steuer bei einem unterstellten, individuellen Steuersatz von 30 % dann 360.000 EUR. Der Zuschlag beträgt künftig 20 %, also in diesem Fall von 240.000 EUR fällig (bisher waren es 60.000 EUR) und Hinterziehungszinsen fallen in Höhe von 252.000 EUR an. Dies ergibt eine Gesamtbelastung von 492.000 EUR bei einem Hinterziehungsvolumen von 1.200.000 EUR.

     

    Die Zahlung der Zinsen auf die Steuernachforderung war bisher nicht Voraussetzung, um im Rahmen einer Selbstanzeige Straffreiheit zu erlangen.

    Bei Umsatzsteuervoranmeldungen, mit Ausnahme der Umsatzsteuerjahreserklärung, und Lohnsteueranmeldungen soll die Straffreiheit allerdings nicht davon abhängen, dass auch die Hinterziehungszinsen zugleich mit der hinterzogenen Steuer entrichtet werden. Hier soll weiterhin die bisherige Rechtslage gelten. Dies gilt auch für die bußgeldbefreiende Selbstanzeige einer leichtfertigen Steuerverkürzung (§ 378 AO).

     

    Wirksamkeit und Verjährung

    Die neue Vorschrift des § 378 Abs. 3 AO stellt klar, dass die Wirksamkeit der bußgeldbefreienden Selbstanzeige (wie bisher) die Zahlung der Steuern, nicht jedoch die Zahlung der Hinterziehungszinsen voraussetzt. § 376 AO bleibt unverändert, mit anderen Worten: Entgegen mancher Presseberichte aus der jüngsten Vergangenheit (Focus, ZEIT ONLINE 19.10.14) wird die Verjährung der Verfolgung einer Steuerstraftat nicht generell auf zehn Jahre verlängert. Die Strafverfolgungsverjährung tritt in Fällen besonders schwerer Steuerhinterziehung nach wie vor nach Ablauf von zehn Jahren ein, während die einfache Steuerhinterziehung - ebenso unverändert - fünf Jahre nach der Tatbeendigung verjährt. Damit weicht der aktuelle Gesetzesentwurf von dem noch im Referentenentwurf aus dem August dieses Jahres postulierten Vorhaben, die strafrechtliche Verjährungsfrist für Steuerhinterziehung in allen Fällen auf 10 Jahre zu verlängern, in grundlegender Weise ab.

     

    Umfang der Berichtigung

    Die vorgesehene Änderung des § 371 Absatz 1 AO sieht nunmehr vor, dass Angaben zu allen strafrechtlich unverjährten Steuerstraftaten einer Steuerart in vollem Umfang zu berichtigen sind, allerdings mindestens zu allen Steuerstraftaten innerhalb der letzten zehn Kalenderjahre. Die Einführung dieser festen fiktiven Frist bedeutet für die Selbstanzeige die Verlängerung der Berichtigungspflicht auf mindestens zehn Kalenderjahre, sodass auch in Fällen der einfachen Steuerhinterziehung für zehn Jahre rückwirkend die hinterzogenen Steuern nacherklärt werden müssen, unabhängig davon, ob bereits Strafverfolgungsverjährung eingetreten ist.

     

    Die Finanzbehörde erhält damit arbeitserleichternd zukünftig die Angaben des Steuerpflichtigen auch für die Jahre, die sie bislang, infolge des Eintritts der Strafverfolgungsverjährung, schätzen musste.

     

    Es müssen nach dem Gesetzentwurf jetzt drei Fristen auseinander gehalten werde:

     

    • die feste fiktive Frist gemäß § 371 Abs. 1 Satz 2 AO, wobei alle drei Fristen unterschiedlich ausfallen können.

     

    Sperrwirkung der Prüfungsanordnung

    Die bislang umfassende Sperrwirkung einer nach § 196 AO bekanntgegebenen Prüfungsanordnung wird künftig teils verschärft, teils eingeschränkt.

     

    Die Sperrwirkung des § 371 Abs. 2 Satz 1, Nr. 1a 1 AO erstreckt sich künftig durch das Ersetzen des bisherigen Begriffs des „Täters“ durch den Begriff des „an der Tat Beteiligten“ weitergehend auch auf Anstifter und Gehilfen. Wenn dem Täter die Prüfungsanordnung bekanntgegeben wird, so kann nach geänderter Gesetzeslage auch der Anstifter keine wirksame Selbstanzeige mehr abgeben. Unerheblich ist, ob er von der PA Kenntnis hat oder nicht.

     

    Die Änderung der vorgenannten Vorschrift bewirkt auch eine Einschränkung der bislang umfassenden Sperrwirkung einer Prüfungsanordnung für die Selbstanzeige, da diese „auf den sachlichen und zeitlichen Umfang der angekündigten Außenprüfung“ reduziert wird. Dies bedeutet, dass für die nicht in der Prüfungsanordnung genannten Besteuerungszeiträume künftig eine Teilselbstanzeige zulässig ist und insofern das bisher von der Finanzverwaltung geforderte Vollständigkeitsgebot einer Selbstanzeige nicht mehr uneingeschränkt gelten soll.

     

    Dies gilt auch für die Umsatzsteuervoranmeldung, soweit es sich nicht um eine Jahresanmeldung handelt. Die Lohnsteueranmeldung, d.h. eine korrigierte oder verspätete Umsatzsteuervoranmeldung bzw. Lohnsteueranmeldung gilt somit als wirksame Teilselbstanzeige.

     

    PRAXISHINWEIS | Der Gesetzgeber stellt klar, dass eine Selbstanzeige gesperrt ist, „wenn ein Amtsträger der Finanzbehörde zu einer USt-Nachschau oder einer LSt-Nachschau erschienen ist und sich ausgewiesen hat“ (§ 371 Abs. 2 Satz 1 e AO). Nach der Gesetzesbegründung soll diese Sperre nur solange gelten, wie die Nachschau andauert (z.B. bis zum Verlassen des Ladenlokals).

     

    Die Änderungen sollen durch das vorliegende Gesetz zum 1.1.2015 in Kraft treten. Für frühere Selbstanzeigen besteht Bestandsschutz nach bisherigem Recht.

    Quelle: Ausgabe 01 / 2015 | Seite 1 | ID 43059545

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