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  • · Fachbeitrag · Leseranfragen zum Thema gewerblicher Grundstückshandel

    Zuordnung von Grundstücken und Gebäuden zum Anlage- oder Umlaufvermögen

    von Dr. Stephan Peters, Warendorf

    | Das Thema gewerblicher Grundstückshandel erfreut sich momentan der erhöhten Aufmerksamkeit der Angehörigen der steuerberatenden Berufe. Viele Fragen scheinen noch nicht hinreichend geklärt. Unter anderem erreichte die Redaktion die im Folgenden in einem Beitrag einfließende Leseranfrage. |

     

    Hintergrund

    In der Vielzahl der zu betrachtenden Fälle stellt die Abgrenzung von Anlage- und Umlaufvermögen nach den allgemeinen Kriterien gemäß § 247 Abs. 2 HGB keine besondere Schwierigkeit dar. Umlaufvermögen ist alles, was nicht Anlagevermögen ist.

     

    Handelt es sich um gemischte Tätigkeiten bestehend aus Vermietung und Verpachtung von Grundbesitz sowie dessen Erwerb, Unterhaltung und Veräußerung, sind die Tätigkeiten steuerrechtlich zunächst getrennt zu betrachten. Nach Ansicht des BFH entfällt eine Trennung jedoch dann, wenn die Gesamttätigkeit nach der Verkehrsanschauung als einheitliche Tätigkeit anzusehen ist (BFH 21.12.76, VIII R 27/22, BStBl II 77, 244).

     

    Ist die Tätigkeit einheitlich zu betrachten, stellt sich innerhalb des gewerblichen Grundstückshandels sodann die Frage, ob Grundstücke, Vermietungs- und Verkaufsobjekte dem Anlage- oder Umlaufvermögen zuzuordnen sind. Da diese Zuordnung im Einzelfall schwierig zu beurteilen ist, neigt die Finanzverwaltung dazu, zunächst von Umlaufvermögen auszugehen. Diese Tendenz ist durchaus auch in der Rechtsprechung des BFH zu verankern. Danach gehören zum alsbaldigen Verkauf erworbene Immobilien zum Umlaufvermögen. Doch wie ist dem Umstand Rechnung zu tragen, dass diese Gebäude ggf. zwischen An- und Verkauf vermietet werden. In diesen Fällen ist zu prüfen, ob die Vermietungstätigkeit zum Zwecke der Vermögensmehrung durch Substanzausnutzung erfolgt (BFH 21.12.76, VIII R 27/22, BStBl II 1977, 244). Die Rechtsprechung geht in diesen Fällen davon aus, dass auch für diese Immobilien für die Zeit der Vermietung Abschreibungen für Abnutzung (AfA) vorgenommen werden dürfen. In dieser Zeit zählen langfristig vermietete Immobilien zum Anlagevermögen und werden erst dann Umlaufvermögen, wenn sie zum Verkauf bestimmt sind (BFH 17.3.81, VIII R 149/78).

     

    Frage: Auch der gewerbliche Grundstückshändler kann damit ein vermietetes Mehrfamilienhaus im Anlagevermögen führen?

     

    Ja, dies ist denkbar. Insbesondere wenn ein Mehrfamilienhaus als Einheit erworben wird und längerfristig vermietet werden soll und auch tatsächlich vermietet wird. Problematisch kann die Zuordnung zum Anlagevermögen sein, wenn bereits zum Zeitpunkt des Erwerbs oder kurze Zeit nach dem Eigentumsübergang eine Teilung des Mehrfamilienhauses in Wohnungseigentum gemäß § 8 Wohnungseigentumsgesetz erfolgt. In diesen Fällen kann die langfristige Vermietungsabsicht infrage gestellt werden, da in der Aufteilung eines Mehrfamilienhauses in Wohnungseigentum eine typische Vorbereitungshandlung für einen geplanten Verkauf gesehen werden könnte. In einem ähnlich gelagerten Fall hat der BFH im Jahr 1975 auch aus diesem Grunde die Annahme von Anlagevermögen abgelehnt und Umlaufvermögen angenommen (BFH 26.11.74, VIII R 61/73).

     

    Frage: Kann der Unternehmer bei Aufgabe seines gewerblichen Grundstückshandels die Privilegierung der §§ 16, 34 EStG in Anspruch nehmen, wenn er ein im Anlagevermögen befindliches, vermietete Mehrfamilienhaus in sein Privatvermögen überführt?

     

    Grundsätzlich ist der Anwendungsbereich der §§ 16, 34 EStG auch bei der Veräußerung oder Aufgabe eines gewerblichen Grundstückshandels eröffnet.

     

    Voraussetzung für die Inanspruchnahme des Freibetrags gemäß § 16 Abs. 4

    EStG und der Tarifbegünstigung nach § 34 Abs. 3 EStG ist jedoch, dass überhaupt ein Veräußerungsgewinn i. S. d. § 16 Abs. 1, Abs. 2 EStG, also eine Betriebsveräußerung oder Betriebsaufgabe i. S. d. § 16 Abs. 1 oder Abs. 3 EStG vorliegt.

     

    Die Aufgabe eines Gewerbebetriebs im Ganzen ist anzunehmen, wenn alle wesentlichen Betriebsgrundlagen innerhalb kurzer Zeit und damit in einem einheitlichen Vorgang

     

    • entweder in das Privatvermögen überführt werden oder
    • an verschiedene Erwerber veräußert oder teilweise veräußert und teilweise in das Privatvermögen überführt werden und
    • damit der Betrieb als selbstständiger Organismus des Wirtschaftslebens zu bestehen aufhört.

     

    Ob diese Voraussetzungen vorliegen, bedarf der Prüfung des Einzelfalls. Selbst wenn nur noch ein Grundstück im Anlagevermögen des gewerblichen Grundstückshandels besteht, ist im Rahmen der Prüfung des § 16 EStG zu berücksichtigen, welche Wirtschaftsgüter bereits zuvor veräußert wurden und ob diese Veräußerungsvorgänge ggf. der Annahme einer Betriebsaufgabe entgegenstehen (zeitlich gestreckte Betriebsaufgabe).

     

    Betrachtet man den gewerblichen Grundstückshandel als Gesamtheit von verschiedenen Tätigkeiten (Vermietung von Objekten, An- und Verkauf von Grundstücken, Immobilien) dürfte mit dem Verkauf der unstreitig dem Umlaufvermögen zuzuordnenden Grundstücke die oben bereits beschriebene Trennung von Vermögensverwaltung und Verkaufstätigkeit wieder möglich sein, sodass die fortgesetzte Vermietungstätigkeit im Privatvermögen (§ 21 EStG) der Annahme einer Betriebsaufgabe nicht per se entgegensteht. Unabhängig davon, ob das im Anlagevermögen geführte vermietete Mehrfamilienhaus mit dem Aufgabeentschluss zu Umlaufvermögen wird, wie dies bei einer Verkaufsabsicht anzunehmen wäre (vgl. BFH 17.3.81, VIII R 149/78), hat der BFH bereits im Jahr 1988 entschieden, dass auch Gewinne aus der Veräußerung von Gegenständen des Umlaufvermögens zum begünstigten Aufgabegewinn zählen können (BFH 29.11.88, VIII R 316/82 = BStBl II 89, 602). Voraussetzung ist, dass die Veräußerung im Rahmen der Aufgabe des Betriebs erfolgt (BFH 29.11.88, VIII R 316/82 = BStBl II 89, 602). Wird die bisherige unternehmerische Tätigkeit jedoch unverändert fortgeführt, so ist der Veräußerungsgewinn dem laufenden Gewinn zuzurechnen (BStBl II 89, 602).

     

    Unter Würdigung dieser rechtlichen Vorgaben können die Gewinne aus der Überführung eines im Anlagevermögen geführten Mehrfamilienhauses sowohl dem laufenden Gewinn zuzurechnen sein, als auch als begünstigter Aufgabegewinn i. S. d. § 16 EStG zu betrachten sein. Gelangt man nicht zu dem Ergebnis, dass es sich um eine Übernahme ins Privatvermögen im Rahmen einer Betriebsaufgabe handelt, die gewerbliche Tätigkeit also noch nicht beendet ist, ist die Überführung des Mehrfamilienhauses in das Privatvermögen des bisherigen Betriebsinhabers regelmäßig als Entnahme zu bewerten (vgl. BFH 2.2.00, X B 83/99). Diese Entnahme ist gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 1 EStG mit dem Teilwert anzusetzen und erhöht mangels Betriebsaufgabe i. S. d. § 16 Abs. 3 EStG den laufenden Gewinn aus dem gewerblichen Grundstückshandel. Die Entnahme gilt gemäß § 23 Abs. 1 S. 2 EStG sodann als Anschaffung i. S. d. § 23 EStG. Je nach Gestaltung der Entnahme sind auch die umsatzsteuerrechtlichen Konsequenzen einer Entnahme zu prüfen (§ 3 Abs. 1b Nr. 1 UStG, § 4 Nr. 9a UStG).

    Quelle: Ausgabe 01 / 2021 | Seite 69 | ID 47024424