· Fachbeitrag · Umfangreiche Änderungen der Steuergesetze geplant
Wachstumschancengesetzes vom Bundestag beschlossen!
von StB Dipl.-Kauffrau Dr. Katrin Dorn, Fachberaterin für Unternehmensnachfolge (DStV e. V.), Partnerin bei Möhrle Happ Luther, München/Hamburg
Am 21. Februar 2024 beschäftigt sich der Vermittlungsausschuss des Bundesrats und Bundestags mit dem Wachstumschancengesetz. Bereits letzte Woche hatte dazu eine inoffizielle Arbeitsgruppe bestehend aus beiden Gremien getagt. Erste Details zu den Ergebnissen werden bekannt. Danach fordert die Union, dass es auch über die Fortgeltung der Agrardiesel-Rückvergütung eine Verständigung im Vermittlungsausschuss geben muss. Der Bundestag hatte hier bereits eine Streichung der Subvention beschlossen, welcher der Bundesrat jedoch noch zustimmen muss.
Grundsätzlich wird erwartet, dass der Umfang der Steuervergünstigungen deutlich sinkt (wohl auf ein Volumen von 3 Mrd. EUR). Dafür soll die vorgesehene Prämie für Firmen für Investitionen in den Klimaschutz („Klimaschutzprämie“) gestrichen werden. Unterstützt werden soll die Bauwirtschaft durch eine Sonderabschreibung für Neubauten (5% p. a. statt bereits angekündigt von 6% p. a., für nun max. 6 Jahre). Dem Vernehmen nach sollen auch die nationalen Anzeigepflichten gestrichen werden, um ein weiteres „Bürokratiemonster“ zu verhindern.
Es bleibt abzuwarten, auf welches Ergebnis sich der Vermittlungsausschuss dann tatsächlich einigen kann und wird. Die nächste reguläre Sitzung des Bundesrats wäre am 22. März 2024. |
1. Übernahme einzelner Regelungen in das Kreditzweitmarktförderungsgesetz insb. aufgrund des Inkraftreten des MoPeG
Nachdem das Wachstumschancengesetz nun im Vermittlungsausschuss „festhängt“ und eine Einigung in diesem Kalenderjahr nicht mehr möglich ist, wurden aus dem Gesetzesentwurf die Regelungen rausgenommen, welche insb. im Zusammenhang mit dem Inkrafttreten des MoPeG zum 1.1.2024 stehen.
Diese wurden in das sog. Kreditzweitmarktförderungsgesetz übernommen, welches der Bundestag am 14. Dezember beschlossen hat. Die Zustimmung des Bundesrats ist am 15.12.2023 erfolgt. Davon betroffen sind insb. die Regelungen der §§ 14a, 183, 183a, 39 AO-E sowie § 2a ErbStG-E und die Einfügung von § 24 GrEStG-E, welche klarstellen sollen, dass sich an dem gegenwärtigen Status quo im Hinblick auf die Besteuerung von Personengesellschaften zunächst nichts ändert. Erfreulich ist, dass hier insbesondere im Hinblick auf die grunderwerbsteuerlichen Folgen, die in der jüngsten Vergangenheit für viel Aufregung gesorgt hatten, Klarheit geschaffen wurde. Hier wurde nun eine dreijährige Übergangsregelung ins Gesetz aufgenommen, nach welcher die Steuerbefreiungen der §§ 5, 6 und 7 GrEStG nun erstmal unverändert zur Anwendung kommen und allein durch das Inkrafttreten des MoPeG kein Verstoß gegen die bereits laufenden Behaltensfristen ausgelöst wird. Dies ist beruhigend. Dazu heißt es in der Gesetzesbegründung: „Die hierdurch gewonnene Zeit muss dafür genutzt werden, dass die Bundesregierung gemeinsam mit den Ländern die Prüfung des Anpassungsbedarfs des Grunderwerbsteuergesetzes intensiv fortsetzt. Es soll eine rechtssichere gesetzliche Regelung geschaffen werden, die auch in einer Neugestaltung münden kann.“ Insoweit bleibt mit Spannung abzuwarten, inwieweit hier eine grundlegende Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes kommt. Zugleich wurde in das Kreditzweitmarktförderungsgesetz die Regelung aufgenommen, nach welcher die sog. Dezemberhilfe nicht versteuert werden muss. Zudem wird die sog. Zinsschrankenregelung nun bereits angepasst. Auch hier waren die Anpassungen der Zinsabzugsbeschränkung nach § 4h EStG und § 8a KStG (Zinsschranke“) dringend, da die Anpassung an die Anti-Tax-Avoidance-Directive „ATAD“ bis spätestens 31.12.2023 erfolgen musste. Neben den aufgrund der ATAD erforderlichen Änderungen werden drei systematisch erforderliche Korrekturen hinsichtlich des Zinsvortrags und des EBITDA-Vortrags vorgenommen. Dies betrifft die Aufnahme einer gesetzlichen Definition der Zinsaufwendungen, einer Klarstellung, dass ein EBITDA-Vortrag nicht in Wirtschaftsjahren entsteht, in denen die Zinsaufwendungen die Zinserträge nicht übersteigen, und des Ausschlusses er Anwendung des § 4h Abs. 2 EStG, soweit Zinsaufwendungen aufgrund eines Zinsvortrags erhöht wurden. Alle anderen Änderungen bleiben dem Wachstumschancengesetz vorbehalten, über das zu Beginn des neuen Jahres 2024 weiter verhandelt werden soll.
2. Notwendige Anpassungen an das MoPeG
Ein Kernelement des Wachstumschancengesetzes ist die Anpassung der Abgabenordnung und anderer Steuergesetze (u. a. auch des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes ‒ hier ist die Einfügung einer neuen Regelung in § 2a ErbStG geplant; damit soll klargestellt werden, dass das Transparenz- und Gesamthandsprinzip fortgesetzt wird ‒ sowie des Bewertungsgesetzes) an das Personengesellschaftsrechtsmodernisierungsgesetz (MoPeG) vom 10.8.2021 (BGBl I, 3436), welches zum 1.1.2024 in Kraft tritt.
Hier ist u. a. eine gesetzliche Definition des Begriffs der „Personenvereinigung“ als Personenzusammenschlüsse ohne Rechtspersönlichkeit zur Verfolgung eines gesetzlich zulässigen Zwecks vorgesehen (§ 14a Abs. 1 AO-E). Diese werden anschließend in rechtsfähige Personenvereinigungen und nicht rechtsfähige Personenvereinigungen aufgeteilt und jeweils durch eine nicht abschließende Aufzählung definiert.
Nach § 14a Abs. 2 AO-E gehören zu den erstgenannten rechtsfähigen Personengesellschaften i. S. d. § 705 BGB (unabhängig von einer Eintragung in das Gesellschaftsregister nach § 707 BGB):
- Personenhandelsgesellschaften,
- Partnerschaftsgesellschaften,
- Partenreedereien,
- Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigungen sowie
- Gemeinschaften der Wohnungseigentümer.
Davon abzugrenzen sind nach § 14a Abs. 3 AO-E die nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen, zu denen die
- Bruchteilsgemeinschaften (§ 741 BGB),
- Gütergemeinschaften (§ 1415 BGB) und
- Erbengemeinschaften (§ 2032 BGB) gehören.
Die nicht rechtsfähigen Personengesellschaften (§ 740 BGB) gehören aus zivilrechtlicher Sicht nicht zu den Personenvereinigungen, sondern stellen nur ein Schuldverhältnis dar. Dies sind z. B. Innengesellschaften und stille Gesellschaften. Auf diese sollen nach § 14a Abs. 4 AO-E die für nicht rechtsfähige Personenvereinigungen geltenden Vorschriften (mit Ausnahme von § 267 Abs. 1 Satz 1 AO) sinngemäß angewendet werden. Auch hinsichtlich der Bekanntgabe und der Einspruchsbefugnis bei der gesonderten und einheitlichen Feststellung soll zukünftig zwischen rechtsfähigen und nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen unterschieden werden. Bei rechtsfähigen Personenvereinigungen sollen die Feststellungsbescheide zukünftig nicht mehr gegenüber einem Empfangsbevollmächtigten, sondern direkt gegenüber der rechtsfähigen Personenvereinigung bekannt gegeben werden.
Zudem soll eine Anpassung von § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO erfolgen, mit welcher im Ergebnis die bisherige steuerliche Behandlung fortgesetzt werden soll (vgl. RefE, S. 206). Nach Aussage des BMF dienen die geplanten Regelungen zur Anpassung an das MoPeG in erster Linie dazu, die bewährten Prinzipien des Besteuerungsverfahrens ohne signifikante inhaltliche Änderung an das MoPeG anzupassen (vgl. RefE, S. 121).
Dafür sollen nach Satz 1 der neuen Fassung von § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO Wirtschaftsgüter, die einer rechtsfähigen Personengesellschaft zustehen, ungeachtet der neuen Zivilrechtslage den Beteiligten oder Gesellschaftern (wie bisher) anteilig zugerechnet werden, soweit eine getrennte Zurechnung für die Besteuerung erforderlich ist. Satz 2 der neuen Fassung soll ergänzend festlegen, dass rechtsfähige Personengesellschaften für Zwecke der Ertragsbesteuerung als Gesamthand und deren Vermögen als Gesamthandsvermögen gelten (vgl. RefE, S. 205).
Im Regierungsentwurf war nunmehr auch eine Anpassung im Grunderwerbsteuergesetz enthalten, welche die Praxis überraschte.
3. Grunderwerbsteuergesetz
Im Bereich der Grunderwerbsteuer sah der Regierungsentwurf zunächst eine sehr weitreichende Änderung vor, die im Zusammenhang dem Inkrafttreten des MoPeG stand. In der Begründung des Regierungsentwurfs hieß es dazu, dass die Erörterungen mit den Ländern in Bezug auf die künftige Ausgestaltung der Steuervergünstigungen und der Ergänzungstatbestände im Bereich der Grunderwerbsteuer noch nicht abgeschlossen sind (vgl. S. 263). Das BMF hatte hier die Novellierung des Grunderwerbsteuergesetzes angestoßen, in welchem eine Neuausrichtung auch der bisherigen Steuerbefreiungen in §§ 5, 6 und 6a GrEStG vorgesehen ist. Der Entwurf der Regierung begründet die vorgeschlagenen Änderungen nun damit, dass die Steuervergünstigen des § 5 Abs. 1 und 2 GrEStG, des § 6 Abs. 3 Satz 1 GrEStG sowie des § 7 Abs. 2 GrEStG, die auf die Gesamthand (Gemeinschaft zur gesamten Hand) abzielen, mit dem In Kraft treten des Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts vom 10.8.2021 (BGBl. I S. 3436, „MoPeG“) ab dem 1.1.2024 keinen Anwendungsraum mehr haben. Ab dem 1.1.2024 gibt es für die Grunderwerbsteuer, welches auf das Zivilrecht abstellt, nach Auffassung der Bundesregierung daher keine Gesamthand mehr, sodass der jeweilige Regelungsinhalt des § 5 Abs. 1 und 2 GrEStG, des § 6 Abs. 3 Satz 1 GrEStG sowie des § 7 Abs. 2 GrEStG ins Leere läuft. Um der Wirtschaft zumindest Rechtssicherheit bezüglich der Auswirkungen des Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts vom 10.8.2021 (BGBl. I S. 3436) zum 31.12.2023 auf laufende Nachbehaltensfristen des § 5 Abs. 3 Satz 1, § 6 Abs. 3 Satz 2 und § 7 Abs. 3 Satz 1 GrEStG zu verschaffen, sieht der Entwurf des Wachstumschancengesetzes eine entsprechende Regelung in § 23 Abs. 25 GrEStG-E vor. Diese stellt klar, dass allein der weitgehende Entfall des Gesamthandsvermögens nicht zu einer Verletzung laufender Nachbehaltensfristen führt, und die derzeit laufenden Nachbehaltensfristen unverändert gelten. Diese werden verletzt, wenn sich der Anteil am Gesellschaftsvermögen innerhalb der Nachbehaltensfrist vermindert.
Diese Regelung (§ 23 Abs. 25 GrEStG-E) sieht der Beschluss nicht mehr vor. Vielmehr soll hier eine Regelung in § 24 GrEStG-E aufgenommen werden, nach welcher rechtsfähige Personengesellschaften (§14a Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 AO) für Zwecke der Grunderwerbsteuer als Gesamthand und deren Vermögen als Gesamthandsvermögen gelten. Diese Regelung wird jedoch zum 1.1.2025 wieder aufgehoben. Damit soll der bisherige Status quo lediglich befristet beibehalten werden. Der Entwurf sieht damit auch keine Regelung mehr vor, nach welcher das Inkrafttreten des MoPeG zu keinem Verstoß gegen die noch laufenden Behaltensregelungen führt, wenn § 24 GrEStG-E dann zum 1.1.2025 wieder aufgehoben wird. Mit dieser Übergangsregelung reagiert der Finanzausschuss auf den Wunsch des Bundesrats, der eine Fortgeltung des bisherigen Status quos gewünscht hatte. Die Bundesregierung hatte sich jedoch nur für eine befristete Fortgeltung bereit erklärt.
Im Ergebnis bleiben die Steuerbefreiungen der §§ 5, 6 und 7 GrEStG nun erstmal anwendbar. Zu einer Verletzung der Nachbehaltensfristen kommt es durch das Inkrafttreten des MoPeG jedenfalls in 2024 nicht, sofern es sich bei der Personengesellschaft um eine rechtsfähige Personenvereinigung i. S. d. § 14a Abs. 2 Nr. 2 AO handelt.
Im Ergebnis führt damit das Inkrafttreten des MoPeG zunächst doch nicht zu weitreichenden Auswirkungen bei der Grunderwerbsteuer, weil die in den §§ 5, 6, 7 GrEStG enthaltenen Steuerbefreiungen vorerst anwendbar bleiben.
4. Einführung einer Investitionsprämie (Gesetz zur steuerlichen Förderung von Investitionen in Klimaschutz „KlimaInvPG“)
Mit der Einführung einer Investitionsprämie soll die Transformation der Wirtschaft, insbesondere in Richtung von mehr Klimaschutz, gefördert werden. Diese wurde bereits als „Super-AfA“ angekündigt. Die Investitionsprämie soll gewinnunabhängig gestaltet werden.
Anspruchsberechtigt sollen beschränkt und unbeschränkt Steuerpflichtige sein, sofern sie Gewinneinkünfte (§§ 13, 15, 18 EStG) erzielen und begünstigte Investitionen tätigen (und diese auch steuerpflichtig sind). Bei gewerblichen Personengesellschaften wäre die Mitunternehmerschaft anspruchsberechtigt. Zu den begünstigten Klimaschutz-Investitionen sollen Investitionen in neue bewegliche Wirtschaftsgüter sowie an bereits bestehenden Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens gehören, die beispielsweise in einem Einsparkonzept enthalten sind oder mit denen die Energieeffizienz verbessert wird, nicht aber z. B. Investitionen in die Kraft-Wärme-Kopplung.
Der Förderzeitraum beginnt für Investitionen, wenn der Anspruchsberechtigte mit diesen nach dem 29.2.2024 beginnt und diese vor dem 1.1.2030 abgeschlossen hat (ca. sechsjähriger Förderungszeitraum). Eine Begünstigung kommt für Investitionen mit (ggf. nachträglichen) Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten von mindestens 5.000 EUR (im RefE noch 10.000 EUR) in Betracht. Maximal förderungswürdig sind 200 Mio. EUR als Bemessungsgrundlage. Die Prämie beträgt 15 % der Bemessungsgrundlage (also max. 30 Mio. EUR). Diese ist elektronisch zu beantragen, setzt jedoch voraus, dass die Bemessungsgrundlage mindestens 10.000 EUR (im RefE noch 50.000 EUR) beträgt. Pro Steuerpflichtigen sollen max. vier (im RefE noch zwei) Anträge gestellt werden. Die Prämie ist mit der Minderung der Abschreibungsbemessungsgrundlage nach § 7 EStG für das Wirtschaftsgut zu erfassen und damit erfolgsneutral. Dafür ist sie als Einlage bzw. bei Kapitalgesellschaften als Gewinnrücklage zu erfassen (vgl. RefE, S. 135).
5. Erhöhung der Attraktivität des Optionsmodells (§ 1a KStG)
Zur Steigerung der Attraktivität der Option zur Körperschaftsbesteuerung nach § 1a KStG ist vorgesehen, dass zunächst alle Personengesellschaften (nunmehr auch jede GbR) antragsberechtigt sind. Zudem soll auch eine Antragstellung bereits bei Neugründung möglich werden. Außerdem soll es zukünftig für eine Buchwerteinbringung nicht mehr notwendig sein, dass die Beteiligung an der Komplementärin mit eingebracht wird. Zudem soll die Ausschüttungsfiktion angepasst werden. Im Ergebnis soll damit das Optionsmodell attraktiver werden. Die Neuregelungen sollen mit Verkündung des Gesetzes gelten.
6. Erweiterung der Anzeigepflicht auf innerstaatliche Steuerpflichten (§ 138l AO-E)
Ein wesentliches Element des Referentenentwurfs ist die Ausweitung der Pflicht zur Mitteilung von grenzüberschreitenden Steuergestaltungen auf innerstaatliche Steuergestaltungen. Diese soll in § 138l AO-E gesetzlich normiert werden.
Die zur Mitteilung verpflichteten Personen sollen in § 138m AO-E benannt und das Verfahren zur Mittelung der innerstaatlichen Gestaltungen in § 138n AO-E erläutert werden. Zudem soll in § 89b AO-E ein internationales Risikobewertungsverfahren eingeführt werden. Die Mitteilung über die innerstaatliche Steuergestaltung soll an das Bundeszentralamt für Steuern erfolgen. Danach ist eine innerstaatliche Steuergestaltung jede Gestaltung,
- 2. die eine Steuer vom Einkommen oder Vermögen, die Gewerbesteuer, die Erbschaft- oder Schenkungsteuer oder die Grunderwerbsteuer zum Gegenstand hat,
- 3. die mindestens ein Kennzeichen i. S. d. § 138l Abs. 3 AO-E (wie z. B. Vertraulichkeitsklauseln, standardisierte Dokumentation, z. B. Umwandlung von Einkünften in Vermögen, Schenkungen oder andere nicht oder niedrig besteuerte Einnahmen/Einkünfte [Nach der Begründung des Entwurfs ‒ vgl. RefE, S. 182 ‒ würde eine solche Steuergestaltung nicht bereits vorliegen, wenn ein Steuerpflichtiger lediglich den Ablauf einer gesetzlichen Frist oder eines gesetzlichen Zeitraums abwartet, nach welchem er eine Transaktion steuerfrei oder nicht steuerbar realisieren kann. Unerheblich ist, ob die Gestaltung modellhaft angelegt ist ‒ diese dürfte z. B. § 23 EStG oder § 16 ErbStG betreffen.], Transaktionen mit zwischengeschalteten Unternehmen ohne wesentliche wirtschaftliche Tätigkeiten …) aufweist und
- 4. von der ein verständiger Dritter unter Berücksichtigung aller wesentlichen Fakten und Umstände vernünftigerweise erwarten kann, dass der Hauptvorteil oder einer der Hauptvorteile die Erlangung eines steuerlichen Vorteils i. S. d. § 138d Abs. 3 Satz 1 AO ist, der im Geltungsbereich dieses Gesetzes entsteht.
Besteht eine innerstaatliche Steuergestaltung aus einer Reihe von Gestaltungen, hat die Mitteilung nach Abs. 1 die gesamte innerstaatliche Steuergestaltung zu umfassen.
Das Bundesministerium der Finanzen kann im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder in einem im Bundessteuerblatt zu veröffentlichenden Schreiben für bestimmte Fallgruppen bestimmen, dass kein steuerlicher Vorteil im Sinne des Satzes 1 Nr. 4 anzunehmen ist, weil der steuerliche Vorteil unter Berücksichtigung aller Umstände der Steuergestaltung gesetzlich vorgesehen ist.
Die Verpflichtung besteht insbesondere jedoch nur bei Überschreiten bestimmter Umsatz- oder Einkünfte- bzw. Einkommensschwelle (die Umsatzgrenze liegt z. B. bei nach § 1 Abs. 1 UStG umsatzsteuerbaren Umsätze i. H. v. mehr als 50 Mio. EUR pro Wirtschafts- oder Kalenderjahr, die Einkünfteschwelle bei einer Summe der positiven Einkünfte nach § 2 Abs. 1 EStG einschließlich der nach § 32d EStG dem gesonderten Steuertarif unterliegenden Einkünfte aus Kapitalvermögen von mehr als 2 Mio. EUR im Kalenderjahr [bei Zusammenveranlagung reicht das Überschreiten durch einen Ehegatten/Lebenspartner, keine Zusammenrechnung der Einkünfte]; oder ein Einkommen nach § 8 Abs. 1 KStG und dieses erhöht um die nach § 8b KStG außer Ansatz bleibenden Bezüge und Gewinne und vermindert um die nach § 8b Abs. 3 und 5 KStG nicht abziehbaren Betriebsausgaben mehr als 2 Mio. EUR im Wirtschaftsjahr [Einkommensschwelle, § 138l Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a Doppelbuchst. cc AO]) oder Konzernzugehörigkeit innerhalb von mindestens zwei der drei Kalender- oder Wirtschaftsjahre, die dem Eintritt des für die Mitteilungspflicht auslösenden Ereignisses vorausgegangen sind. Sofern die Steuerpflicht des Nutzers erst entstanden ist, besteht eine Mitteilungspflicht auch dann, wenn die Grenzen voraussichtlich überschritten werden.
Bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer sowie der Grunderwerbsteuer sollen ebenfalls Mindestwerte aufgenommen werden. Bei der Erbschaftsteuer wird hier eine Übertragung von Vermögen mit einem Wert (nach Abzug der Nachlassverbindlichkeiten und Schulden) von mind. 4 Mio. EUR, bei der Grunderwerbsteuer eine Übertragung von Anteilen bzw. Vereinigung von Anteilen mit einem Wert nach § 8 Abs. 2 GrEStG von 5 Mio. EUR vorausgesetzt.
7. Zahlreiche (weitere) Änderungen im Einkommensteuergesetz
Eine wesentliche Änderung betrifft die Verbesserung des steuerlichen Verlustabzugs in § 10d EStG. Vorgesehen ist hier, den Verlustrücktrag auf drei Jahre (bislang zwei Jahre) auszubauen.
Zugleich soll dieser dauerhaft für 10 Mio. EUR bei Einzelveranlagung bzw. 20 Mio. EUR im Fall der Zusammenveranlagung erhöht werden.
Im Referentenentwurf war weiterhin vorgesehen, dass sowohl bei der Einkommensteuer als auch bei der Gewerbesteuer die Mindestbesteuerung für die Jahre 2024 bis 2027 ausgesetzt werden sollte und diese erst ab 2028 wieder greifen, sollte jedoch dann ab einem unbeschränkten Verlustvortrag von 10 Mio. EUR bei Einzelveranlagung bzw. 20 Mio. EUR im Fall der Zusammenveranlagung. Diese Änderung sah der Regierungsentwurf nicht mehr vor. Dieser sah vor, dass die Prozentgrenze bei der sog. Mindestgewinnbesteuerung von 60 % temporär auf 80 % angehoben wird. Die bisherige Grenze von 60 % soll dann ab dem VZ 2028 wieder zur Anwendung kommen, d. h. die Erhöhung würde nur für die VZ 2024-2027 gelten. Zusätzlich ist nun vorgesehen, dass der Verlustrücktrag nicht dauerhaft auf 10 Mio. EUR bzw. 20 Mio. EUR erhöht wird, sondern ab 2026 dauerhaft auf 5 Mio. EUR bzw. 10 Mio. EUR im Fall der Zusammenveranlagung begrenzt wird. Es bleibt dabei, dass bei der Gewerbesteuer weiterhin kein Verlustrücktrag möglich sein soll. Hier ist keine Gesetzesänderung vorgesehen. Die Erhöhung der Grenze für die Mindestbesteuerung gilt auch für die Gewerbesteuer.
Zudem soll die GWG-Grenze von 800 EUR auf 1.000 EUR angehoben werden. Durch Verbesserungen bei den Sofortabschreibungen geringwertiger Wirtschaftsgüter, bei den Abschreibungsmöglichkeiten zu den Sammelposten und zur Sonderabschreibung nach § 7g EStG soll die Liquidität kleinerer und mittlerer Unternehmen gestärkt werden, auch weil die Sonderabschreibungsmöglichkeit nach § 7g EStG von 20 auf 50 % für Wirtschaftsgüter, die nach dem 31.12.2023 angeschafft werden, dauerhaft erhöht werden soll.
Die Höhe der Anschaffungs- oder Herstellungskosten soll bei Anschaffung nach dem 31.12.2023 bei den Sammelposten von max. 250 EUR auf 5.000 EUR erhöht und die Abschreibungsdauer von fünf auf drei Jahre verkürzt werden (ab VZ 2024). Außerdem sollen die Verpflegungspauschalen ab VZ 2024 angehoben werden (§ 9 Abs. 4a EStG, diese wurden im Beschluss nochmals erhöht auf 32 EUR und 16 EUR, auch die Übernachtungspauschale für Berufsfernkraftfahrer soll auf von 8 EUR auf 9 EUR erhöht werden). § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 Buchst. a EStG soll dahingehend geändert werden, dass dieser ergänzt wird, dafür soll nach dem Wort „Zuführung“ die Wörter „aus dem Privatvermögen“ eingefügt. Damit würden aus dem Anwendungsbereich der Regelung Zuführungen aus dem Betriebsvermögen ausgenommen. Nur Zuführungen aus dem Privatvermögen innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung könnten daher mit den fortgeführten Anschaffungskosten bewertet werden.
Zudem ist vorgesehen, dass auf die Besteuerung der sog. „Dezemberhilfe“ (Energiehilfen) verzichtet wird. Dafür sollen die Regelungen der §§ 123 bis 126 EStG aufgehoben werden (RegE, S. 139).
Des Weiteren ist eine Reform der Thesaurierungsbegünstigung (§ 34a EStG) ab VZ 2024 (im Regierungsentwurf noch 2025) geplant. Dies soll durch die Verbesserung der Verwendungsreihenfolge gelingen. Dafür sollen steuerfreie und tarifbesteuerte Gewinne vorrangig entnommen werden. Außerdem ist eine Erhöhung des Thesaurierungsvolumens vorgesehen.
Umfangreiche Änderungen waren zunächst im Bereich der Zinsschrankenregelung (§ 4h EStG und § 8a KStG) als notwendige Anpassungen an die ATAD-Richtlinie (Anti-Tax-Avoidance-Directive) ab VZ 2024 geplant. Nach dieser sollte die bisherige (nahezu) einheitliche Konzernbezogenheit der Zinsschranke bei der Stand-alone-Klausel einerseits und der Eigenkapital-Escape-Klausel andererseits nicht mehr aufrecht erhalten werden. Daher wurde zunächst im Referentenentwurf vorgeschlagen, dass die Konzern- und Escapeklausel für Eigenkapital insgesamt aufgehoben werden. Der Regierungsentwurf sieht nunmehr vor, dass die Stand-alone-Klausel nur noch in Anspruch genommen werden kann, wenn der Steuerpflichtige keine nahestehende Person i. S. d. AStG ist und über keine Betriebsstätte außerhalb des Staates verfügt, in dem sich sein Wohnsitz, gewöhnlicher Aufenthalt, Sitz oder seine Geschäftsleitung befindet. Zudem sollte der Konzernbegriff so angepasst werden, dass die Freigrenze nur einmal für gleichartige Betriebe unter einheitlicher Leitung in Anspruch genommen werden kann (sog. Anti-Fragmentierungsregelung). Letztgenannte Regelung sieht der Beschluss nicht mehr vor (S. 46). Von dieser Änderung wären insbesondere Unternehmen der Baubranche betroffen gewesen. Auch der Zinsbegriff wird angepasst. Dafür werden die Begriffe der Zinsaufwendnungen und Zinserträge erweitert. Als Ausgleich für die Verschärfungen wird die bisherige Freigrenze i. H. v. 3 Mio. EUR in einen Freibetrag i. H. v. 3 Mio. EUR umgewandelt.
Darüber hinaus sind nach Aussage des BMF Gestaltungen bekannt geworden, bei denen gezielt mehrere Tochterkapitalgesellschaften gegründet wurden, um den Freibetrag für jede dieser Tochtergesellschaften als eigenständigen Betrieb im Sinne der Zinsschranke und damit mehrfach in Anspruch zu nehmen (vgl. RefE, S. 149, RegE S. 152). Diese Gestaltungen sollten zunächst durch die Einführung einer Anti-Fragmentierungsregelung verhindert werden. Zudem sollte eine sog. Zinshöhenschranke (§ 4l EStG-neu) eingeführt werden. Mit dieser sollte eine Abzugsbeschränkung für Zinsaufwendungen für Geschäftsbeziehungen zwischen nahestehenden Personen i. S. d. § 1 Abs. 2 AStG ins Gesetz aufgenommen werden. Zinsaufwendungen wären dann nicht mehr abziehbar, soweit der vereinbarte Zinssatz den gesetzlich definierten Höchstzinssatz übersteigt. Dieser beträgt dem um zwei Prozentpunkte erhöhten Basiszinssatz nach § 247 BGB. Etwas anders soll gelten, wenn ein Gegenbeweis gelingt oder die sog. Substanzausnahme greift. Eine solche Zinshöhenschranke sieht der Beschluss nun nicht mehr vor (vgl. S. 44).
Als Reaktion auf die Urteile des BFH vom 19.5.2021 (R 33/19 und X R 20/19) soll die Besteuerung von Renten aus der Basisversorgung angepasst werden. Zudem ist beispielsweise die Einführung einer Freigrenze für Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung i. S. d. § 21 EStG geplant. Diese soll 1.000 EUR betragen (vgl. § 3 Nr. 73 EStG-E). Auf Antrag soll auf diese Steuerbefreiung verzichtet werden können. Auch soll die Grenze für die Nichtabzugsfähigkeit von Aufwendungen für Geschenke (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG) auf 50 EUR und der Freibetrag für Betriebsveranstaltungen (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 3 EStG) von EUR 110 auf EUR 150 angehoben werden.
Erstmalig im Regierungsentwurf enthalten waren folgende Änderungsvorschläge:
- Befristete Wiedereinführung der degressiven Abschreibung (vgl. § 7 Abs. 2 EStG-E). Diese soll für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens in Betracht kommen, die nach dem 30.9.2023 und vor dem 1.1.2025 angeschafft oder hergestellt werden. Sie soll maximal bis zu 25 % oder dem 2,5-Fachen des linearen Abschreibungssatzes betragen.
- Befristete Wiedereinführung der degressiven Gebäude-Abschreibung: Für zwischen dem 30.9.2023 und dem 1.10.2029 angeschafften oder in dieser Zeit mit der Herstellung begonnenen Wohngebäude soll ebenfalls eine degressive Abschreibungsmöglichkeit eingeführt werden (§ 7a Abs. 5a EStG-neu). Voraussetzung ist, dass dieses Gebäude innerhalber der EU/dem EWR belegen ist, Wohnzwecken dienen und der Steuerpflichtige diese selbst herstellt oder bis zum Ende des Jahres der Fertigstellung anschafft. Der Abschreibungssatz soll 6 % jeweils vom Restwert betragen.
- Zusätzlich sieht der Beschluss des Finanzausschusses nun eine Ausweitung der Sonderabschreibung nach § 7b EStG für Mietwohnungsneubau vor. Dafür wird der Begünstigungszeitraum um mehr als 2,5 Jahre verlängert. Es ist demnach ein Bauantrag vor dem 1.10.2029 (bislang vor dem 1.1.2027) notwendig. Zudem werden die maximalen Anschaffungskosten von 4.800 EUR auf 5.200 EUR/qm (sog. Bauobergrenze) erhöht. Begünstigungsfähig sind 4.000 EUR/qm (bislang 2.500 EUR).
- Ebenfalls erhöht werden soll die Steuerermäßigung nach § 35c EStG. Diese soll nunmehr 30 % betragen und für drei Jahre in Anspruch genommen werden können. In den ersten beiden Jahren sollen max. je 14.000 EUR und im letzten Jahr max. 12.000 EUR in Anspruch genommen werden können, d. h. unverändert in Summe 40.000 EUR. Die Maßnahme muss im Zeitraum nach dem 31.12.2023 und bis zum 31.12.2025 erfolgen.
- Besteuerung der Privatnutzung von Elektrofahrzeugen und deren Überlassung an Arbeitnehmer (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 Nr. 3 und Satz 3 Nr. 3 EStG): Bei privater Nutzung von elektronischen Dienstwagen oder deren Überlassung an Arbeitnehmer soll die Inanspruchnahme des Viertels der Bemessungsgrundlage der 1 %-Regelung bis zu einem Listenpreis von 70.000 EUR möglich sein (im Regierungsentwurf war noch von 80.000 EUR die Rede). Voraussetzung ist hier die Anschaffung nach dem 31.12.2023. Bislang war hier ein Höchstbetrag von 60.000 EUR vorgesehen. Geändert wird auch die in § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 Nr. 5 und Satz 3 Nr. 3 EStG enthaltene Regelung. Diese ermöglicht eine Halbierung der Bemessungsgrundlage für alle nach dem 31.12.2024 und vor dem 1.1.2031 angeschafften Pkw, wenn das Kraftfahrzeug eine Kohlendioxidemission von höchstens 50 Gramm je gefahrenen Kilometer hat. Die Mindestreichweite wird ab 2025 als Voraussetzung für die Halbierung abgeschafft.
- Umfangreiche Anpassungen werden auch in §§ 19, 22 EStG aufgenommen, welche die Besteuerung von Versorgungsleistungen und Renten betreffen. Diese stehen in Zusammenhang mit der verfassungsgemäßen Neugestaltung der Besteuerung der Renten. Hier ist eine zeitliche Streckung der nachgelagerten Besteuerung von Renten vorgesehen. Dies soll umgesetzt werden, indem sich der steuerpflichtige Teil jährlich nicht um 1 %, sondern um 0,5 % erhöht. Dafür müssen die in den genannten §§ enthaltenen Tabellen angepasst werden. Auch die Gewährung des Altersentlastungsbetrag soll verlängert werden.
8. Überblick über weitere Änderungen der Einzelsteuergesetze (Auswahl)
Daneben enthält der Entwurf zahlreiche weitere Gesetzesänderungen, wie z. B. die Digitalisierung des Spendenverfahrens, die Anhebung der Grenze für die Buchführungspflicht bestimmter Steuerpflichtiger (§ 141 AO, Erhöhung der Grenze für den Gesamtumsatz auf 800.000 EUR und Gewinns auf 80.000 EUR) und der Grenze für die umsatzsteuerliche Ist-Besteuerung nach § 20 Satz 1 Nr. 1 UStG auf 800.000 EUR sowie der Grenze für die quartalsmäßige Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldung von 1.000 EUR auf 2.000 EUR ab VZ 2024 erhöht werden. Kleinunternehmer sollen von der Erklärungspflicht nach § 19 UStG befreit werden. Die Pflicht zu elektronischen Rechnungen zwischen Unternehmern soll nun ab VZ 2027 gelten, weitere Übergangsregelungen wurden aufgenommen. Eine Verlängerung des ermäßigten Steuersatzes für die Gastronomie sieht der Gesetzesentwurf nicht vor. Damit läuft dieser zum Ende des Jahres aus. Zudem ist die Einführung von Aussetzungszinsen für die Aussetzung der Vollziehung von Haftungsansprüchen vorgesehen (§ 237 Abs. 6 AO).
Nicht in dem Beschluss berücksichtigt sind u. a. die Forderung des Bundesrats zur Änderung der Steuerbefreiung für PV-Anlagen in § 3 Nr. 73 EStG-E oder z. B. die Einführung einer Nachweispflicht für eine kürzere Nutzungsdauer bei der Gebäude-Afa.
Weitere Änderungen sind auch im Bereich des Forschungszulagengesetzes vorgesehen. Hier soll der Aufwand für Eigenleistungen von 40 EUR auf 70 EUR je Arbeitsstunde angehoben werden. Unverändert sollen dabei weiterhin maximal 40 Wochenarbeitsstunden förderfähig sein. Dadurch sollen insbesondere Einzelunternehmer gefördert werden. Neu ist, dass diese Förderung auch für Eigenleistungen von Mitunternehmern möglich sein soll. Zudem ist vorgesehen, dass die Forschungszulage auch für abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens in Betracht kommt. Voraussetzung ist, dass diese für die Durchführung des Forschungs- und Entwicklungsvorhabens erforderlich und unverlässlich sind sowie nach dem 31.12. 2023 abgeschafft oder hergestellt werden (vgl. § 3 Abs. 3a FZulG-neu). Für in auftraggebene Forschungs- und Entwicklungsvorhaben sollen zukünftig 70 % (bislang 60 %) des Aufwands förderungsfähig sein (§ 3 Abs. 4 FZulG). Die maximal förderungsfähige Bemessungsgrundlage soll auf 12 Mio. EUR angehoben und damit verdreifacht werden (§ 3 Abs. 5 FZulG). Diese Erhöhung gilt für nach dem 31.12.2023 entstandene förderungsfähige Aufwendungen. Für nach dem 30.6.2020 und vor dem 1.1.2024 förderungsfähige Aufwendungen beträgt sie 4 Mio. EUR. Die Zulage beträgt 25 % dieser Bemessungsgrundlage. Unternehmen i. S. d. KMU-Definition des Anhangs I der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung, können eine Erhöhung um zehn Prozentpunkte beantragen (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 2 FZulG-neu). Auch diese Änderung ist erstmalig im Regierungsentwurf enthalten.
Zudem soll die Schwelle für kürzungsunschädliche Einkünfte i. S. d. § 9 Nr. 1 Satz 3 Buchst. b GewStG aus dem Betrieb von Ladesäulen für E-Autos und E-Fahrräder bei Anwendung der sog. erweiterten Grundstückskürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 ff. GewStG von 10 % auf 20 % bereits ab VZ 2023 angehoben, das Zuwendungsempfängerregister angepasst, eine gesetzliche Regelung zur verpflichtenden Verwendung von elektronischen Rechnungen zwischen inländischen Unternehmen eingeführt sowie der Schwellenwert zur Befreiung von der Abgabe von vierteljährlichen Umsatzsteuer-Voranmeldungen von 1.000 EUR auf 2.000 EUR angehoben werden.
Durch zahlreiche Maßnahmen soll dabei das Steuersystem nach Aussage des BMF weiter vereinfacht werden, indem u. a. das Meldeverfahren für Kassen vereinfacht wird, die Nichtaufgriffsgrenze in § 20 Abs. 7 ErbStG von 600 EUR auf 5.000 EUR erhöht wird, die Schriftformerfordernis an verschiedenen Stellen des Riester-Verfahrens durch Ermöglichung der elektronischen Datenübermittlung beseitigt wird, die Grenzen für die Buchführungspflicht bestimmter Steuerpflichtiger (§ 141 AO) sowie der Aufbewahrungspflicht bei Überschusseinkünften (§ 147a AO) angehoben werden, die Freigrenze i. S. d. § 23 Abs. 3 Satz 5 EStG von aktuell 600 EUR auf 1.000 EUR angehoben wird, die Berechnung der Lohnsteuer im Zusammenhang mit tarifermäßigt zu besteuerndem Arbeitslohn vereinfacht wird, die Kleinunternehmer von umsatzsteuerlichen Erklärungspflichten befreit werden und die Freigrenze für den Quellensteuereinbehalt (§ 50c Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG-E) auf 10.000 EUR erhöht wird.
Die Modernisierung des Steuerrechts wird vorangebracht, indem u. a. die Besteuerung von Renten aus der Basisversorgung angepasst und die Vereinfachungsregelung zur Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers erweitert wird.
Die Steuerfairness wird weiter gefördert, indem u. a. die Pflicht zur Mitteilung von grenzüberschreitenden Steuergestaltungen auf nationale Steuergestaltungen ausgeweitet wird, Steuergestaltungen bei Investmentfonds (Immobilienveräußerungsgewinne und Freistellung von Vermietungseinkünfte ohne steuerliche Vorbelastung) verhindert werden, eine gesetzliche Regelung zur verpflichtenden Verwendung von elektronischen Rechnungen frühestens ab VZ 2027 eingeführt wird, und die Zinsschranke reformiert wird (RefE, S. 85).
Nach Rechtsprechung des BFH soll § 8a KStG angepasst werden. Dieser hat mit Urteil vom 11.11.2015 (I R 37/13) entschieden, dass im Rahmen der Prüfung nach § 8a Abs. 3 Satz 1 KStG keine Zusammenrechnung der Vergütungen für Fremdkapital der einzelnen qualifiziert beteiligten Gesellschafter erfolgt. Dies sei nicht sachgerecht und eröffne Gestaltungen. Daher soll die bisherige Verwaltungsauffassung (vgl. BMF 4.7.2008, BStBl I S. 718, Tz. 82) ins Gesetz aufgenommen werden. Danach sind die Vergütungen für Fremdkapital der einzelnen qualifiziert beteiligten Gesellschafter bei der Prüfung der 10 %-Grenze zusammenzurechnen sind. Zudem wird die maßgebliche Beteiligungsgrenze angepasst. Ausreichend soll nunmehr eine Grenze von „mindestens“ 25 Prozent sein. Diese Anpassung erfolgt in Angleichung an die in § 1 Abs. 2 AStG und Art. 2 Abs. 4 ATAD enthaltene Grenze (vgl. RegE, S. 237).
Insbesondere im Bereich der Umsatzsteuer sind weitere Änderungen vorgesehen. Dazu gehören die Umsatzsteuerbefreiung für Verfahrenspfleger (§ 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. m und n UStG), eine solche für Verfahrensverbände (§ 4 Nr. 25 Satz 3 Buchst. d UStG). Zudem soll in § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 UStG klargestellt werden, dass die Regelungen nur auf Leistungen von Zweckbetrieben nach §§ 66 bis 68 AO zur Anwendung kommt. Des Weiteren soll die Verwendung von elektronischen Rechnungen ab VZ 2027 verpflichtend werden. Diese soll die Voraussetzung für die zu einem späteren Zeitpunkt einzuführende Verpflichtung zur transaktionsbezogenen Meldung von Umsätzen im B2B-Bereich durch Unternehmer an ein bundeseinheitliches elektronisches System der Verwaltung (Meldesystem). Bislang sieht § 14 UStG den Vorrang der Papierrechnung vor, wobei die Ausstellung und Empfang der eRechnung nur vorbehaltlich der Zustimmung des Empfängers möglich ist. Dies soll geändert werden. Eine entsprechende Ermächtigung liegt seitens der EU für den B2B-Bereich vor (vgl. RegE S. 243). In Umsetzung dieser Ermächtigung werden im Inland ansässige Unternehmer für ihre steuerbaren und steuerpflichtigen Umsätze zur Ausstellung einer eRechnung verpflichtet, wenn diese Umsätze an andere im Inland ansässige Unternehmer für deren Unternehmen erbrachten werden. Umsätze an Unternehmer in anderen Mitgliedstaaten und an Endverbraucher sind von dieser Verpflichtung nicht betroffen. Weiterhin ist u. a. vorgesehen, dass Kleinunternehmer zur Bürokratieentlastung künftig grundsätzlich auch von der Übermittlung von Umsatzsteuererklärungen für das Kalenderjahr befreit werden. Dies betrifft jedoch nicht die Fälle des § 18 Abs. 4a UStG. In den dort genannten Fällen haben Kleinunternehmer dem Finanzamt weiterhin Umsatzsteuer-Voranmeldungen und Umsatzsteuererklärungen für das Kalenderjahr zu übermitteln. Auch bleibt die Erklärungspflicht in dem Fall bestehen, in dem der Kleinunternehmer vom Finanzamt zur Abgabe aufgefordert wird (vgl. § 149 Abs. 1 Satz 2 AO).
FAZIT | Der Entwurf des Wachstumschancengesetzes sieht zum Teil umfangreiche Änderungen der Einzelsteuergesetze vor, die ganz unterschiedliche Gründe haben: Anpassungen an das MoPeG, Reaktion auf die Rechtsprechung des BFH, Förderung bestimmter Investitionen und allgemeine Anpassungen, durch welche das Steuersystem vereinfacht und attraktiver wird. Die Auswirkungen sind in der Praxis unbedingt zu beachten, sofern diese dann tatsächlich umgesetzt werden. |
Beachten Sie | Am 20.10.2023 hat sich der Bundesrat umfassend zum Gesetzesentwurf des Wachstumschancengesetzes geäußert und zwar überraschend umfangreich und kritisch (abrufbar unter www.iww.de/s9966). Dabei kritisierte er zahlreiche Einzelaspekte des Gesetzesentwurfs, machte selbst weitere Vorschläge für die Gesetzesänderungen und teilte der Bundesregierung einige Prüfbitten mit. Zu den wesentlichen Kritikpunkten gehörten insbesondere die Kostenfolgen für Länder und Kommunen. Denn diese hätten 2/3 der finanziellen Belastungen (jährlich 4,4 von 7 Mrd. EUR) sowie die Auswirkungen im Bereich des Gewerbesteueraufkommens zu tragen. Dabei lehnt der Bundesrat insbesondere die geplante Ausweitung der Verlustberücksichtigung insgesamt ab. Änderungen seien zudem bei der geplanten Zinshöhenschranke notwendig, so solle dieser Vorschlag durch eine geignetere Lösung ersetzt werden. Auch der Sammelposten für GWG in § 6 Abs. 2a EStG sollte komplett abgeschafft werden und der Abschreibungssatz für bewegliche Wirtschaftsgüter im Hinblick auf die zeitlich befristete Wiedereinführung der degressiven Abschreibung in Anbetracht der schwierigen Haushaltslage der Höhe nach geprüft werden. Weitere Kritik wurde an dem Bürokratie- und Verwaltungsaufwand geäußert. Im Hinblick auf die Investitionsprämie kritisiert er, dass es sich um eine außersteuerliche Subvention handele, daher sollte sie als Zuwendung durch den Bund verwaltet und finanziert werden. Auch müsse die digitale Umsetzung dieser Vorhaben sichergestellt werden. Darüber hinaus äußert der Bundesrat einige Prüfbitten (z. B. für zusätzliche Entlastungsmaßnahmen, beispielsweise durch die Senkung der Strompreissteuer auf das europäische Mindestmaß) und eigene Vorschläge für die Gesetzesänderungen. Zudem regt er nochmals eine Anpassung im Bereich des Grunderwerbsteuergesetzes an. Die Stellungnahme des Bundesrates vom 20.10.023 wurde der Bundesregierung bereits zugeleitet. Sie wird eine entsprechende Gegenäußerung verfassen und beide Dokumente dann in der bereits laufenden Bundestagsberatungen nachreichen. Aufgrund des Umfangs der Kritik und der Deutlichkeit dieser Kritik bleibt abzuwarten, welche Gesetzesänderungen nun tatsächlich in das Wachstumschancen eingehen werden.
Fundstelle
- BMF, Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness, www.iww.de/s8648