· Fachbeitrag · Wertpapierhandel
Keine Strafbarkeitslücke bei Verstößen gegen das Gesetz über den Wertpapierhandel
von Oberstaatsanwalt Raimund Weyand, St. Ingbert
| Die mit dem Ersten Finanzmarktnovellierungsgesetz (1. FiMaNoG) vorgenommene Änderung der Strafbestimmung des § 38 Abs. 3 Nr. 1 WpHG a.F. führt nicht dazu, dass vor dem 2.7.2016 begangene Insiderverstöße straflos sind. |
Hintergrund
Das Gesetz über den Wertpapierhandel (WpHG) ist in den vergangenen Jahren mehrfach tiefgreifend geändert worden, so durch das 1. FiMaNoG, das zum 2.7.2016 in Kraft getreten ist. Die seinerzeit geltende Strafnorm des § 38 Abs. 3 Nr. 1 WpHG (jetzt: § 119 Abs. 3 Nr. 1 WpHG n.F.) bedrohte Insidergeschäfte, die gegen Art. 14 der EU-Marktmissbrauchsverordnung (MAR) verstießen, mit Strafe. Die MAR galt in der relevanten Fassung aber erst ab dem 3.7.2016. Zahlreiche Literaturstimmen vertraten daher die Ansicht, diese „Leerverweisung“ führe dazu, dass für alle vor dem 3.7.2016 begangenen Insiderdelikte Straflosigkeit eingetreten sei; anderenfalls läge ein Verstoß gegen das Analogieverbot (Art. 103 Abs. 2 GG) vor (vgl. etwa Rothenfußer/Jäger, NJW 16, 2689). Der BGH folgte dieser nahezu ausschließlich von Strafverteidigern propagierten Meinung nicht. Er bestätigte eine Verurteilung, die das LG Hamburg wegen Insiderhandels ausgesprochen hatte (LG Hamburg 11.4.16, 620 KLs 5/11, n.v.), mit einer Revisionsentscheidung (BGH 10.1.17, 5 StR 532/16, ZInsO 17, 270). Das BVerfG hat eine gegen den BGH-Beschluss eingelegte Verfassungsbeschwerde jetzt als unbegründet verworfen.
Entscheidung
Ein Verstoß gegen das Analogieverbot liegt nach Auffassung des BVerfG nicht vor. Art 103 Abs. 2 GG gewährleistet, dass Taten nur dann bestraft werden können, wenn deren Strafbarkeit schon vor Begehung gesetzlich geregelt war. Der Gesetzgeber muss also vorher über die Frage entschieden haben, ob ein bestimmtes Verhalten strafbar ist oder nicht; der Justiz obliegt lediglich die Anwendung und, soweit nötig, Interpretation von Strafnormen.
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