· Fachbeitrag · Strategische Vermögensplanung ‒ Kapitalertragsteuer
Genussscheine: Streit um den Bestandsschutz für Gewinne vor der Abgeltungsteuer
| Gewinne aus der Veräußerung von vor 2009 erworbenen Genussscheinen unterliegen auch nach Einführung der Abgeltungsteuer nicht dem Kapitalertragsteuerabzug. Dieses nachträglich vom BFH veröffentlichte Urteil (12.12.12, I R 27/12 ) stellt klar, dass es entgegen der Verwaltungsansicht dabei bleibt, dass realisierte Gewinne aus dem Bestand von Silvester 2008 nur innerhalb der Spekulationsfrist steuerpflichtig waren. Denn diese Regel galt auch bis 2008, da Genüsse ausdrücklich von der Kursgewinnbesteuerung des § 20 EStG bei Finanzinnovationen ausgeschlossen waren. |
§ 20 Abs. 2 Nr. 7 EStG erfasst Erträge aus sonstigen Kapitalforderungen jeder Art. Hierzu gehören auch die Genussrechte ohne Beteiligung am Liquidationserlös (BFH 18.5.05, VIII R 34/01, BStBl II 05, 857). Nach der Übergangsbestimmung des § 52a Abs. 10 Satz 6 EStG ist § 20 Abs. 2 Nr. 7 EStG erstmals auf Kapitalerträge aus Veräußerungen ab 2009 anzuwenden. Hinzu kommen nach § 52a Abs. 10 Satz 7 EStG Kapitalerträge aus Kapitalforderungen, die vor 2009 Finanzinnovationen i.S. des § 20 Abs. 2 Nr. 4 EStG a.F. waren. Durch das Jahressteuergesetz 2009 liegen Kapitalforderungen auch dann vor, wenn die Rückzahlung nur teilweise garantiert ist oder wenn eine Trennung zwischen Ertrags- und Vermögensebene möglich erscheint.
Diese Übergangsbestimmung des § 52a Abs. 10 Satz 7 EStG auf die Regelung zu erzielten Veräußerungsgewinne findet keine Anwendung bei Genussscheinen. Sie gehören nicht zu den Kapitalforderungen i.S. des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG a.F. Diese Bestimmung stand im Zusammenhang damit, dass der Begriff der steuerbaren Kapitalerträge auf Erträge aus Finanzinnovationen ausgedehnt wurde. Solche Einkünfte sollten nicht nur bei Einlösung der Wertpapiere, sondern auch im Falle ihrer Veräußerung erfasst werden. Der BFH lässt zwar unbeantwortet, ob hierunter auch Genussscheine fielen, die sowohl im Hinblick auf ihre Verzinsung als auch bezüglich der Kapitalrückzahlung dem Risiko der Verlustbeteiligung ausgesetzt waren. Jedenfalls ist die Neuregelung nach dem unmissverständlichen Wortlaut des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 5 EStG a.F. insgesamt nicht auf Genussscheine anzuwenden, sie sind auch im Sinne der Übergangsvorschrift des § 52a Abs. 10 Satz 7 zu den Kapitalforderungen zu rechnen. Genussrechte waren insgesamt dem Anwendungsbereich des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG a.F. entzogen. Nach dem Gesetzesverständnis und den Materialien zum Unternehmensteuerreformgesetz 2008 sollte die mit der Einführung der Abgeltungsteuer verbundene Steuerbarkeit von Veräußerungsgewinnen für solche Kapitalforderungen keine Anwendung finden, die noch vor 2009 erworben wurden und nicht unter die bis Ende 2008 geltende Fassung von § 20 EStG fielen. Die bislang steuerfreien Kursgewinne aus vor 2009 erworbenen zinstragenden Forderungen sollten auch weiterhin steuerfrei bleiben.
§ 52a Abs. 10 Satz 7 EStG lässt eindeutig Genussrechte unberührt, die nicht im Falle der Veräußerung oder Abtretung sog. Finanzinnovationen den geltenden Besteuerungsgrundsätzen unterworfen waren. Vor diesem Hintergrund ist laut BFH nicht ersichtlich, aus welchem Grund die darauf ausgerichtete und rechtsprechungskorrigierende Übergangsbestimmung des § 52a Abs. 10 Satz 7 EStG über ihren Wortlaut hinaus Anlass geben könnte, den Kapitalertragsteuerabzug auf vor 2009 erworbene Genussrechte anzuwenden. Das betrifft Kapitalanlagen, die nach der unmissverständlichen und von der Rechtsprechung auch nicht infrage gestellten Fassung des § 20 Abs. 2 Nr. 4 Satz 5 EStG a.F. unabhängig davon nicht der Veräußerungsgewinnbesteuerung für Finanzinnovationen unterlagen, ob nach den Genussrechtsbedingungen die Rückzahlung des Anlagebetrags garantiert oder eine Trennung zwischen Ertrags- und Vermögensebene möglich war.
Das Urteil steht im Gegensatz zur Verwaltungsauffassung (BMF 9.10.12, IV C 1 - S 2252/10/10013, BStBl I 12, 953, Rz. 319). Danach besteht für den Gewinn aus der Veräußerung der Genüsse kein Bestandsschutz. Es bleibt dabei, dass Kreditinstitute die Verwaltungsauffassung anzuwenden haben. Insoweit wird Rz. 319 des o.g. BMF-Schreiben angepasst. Es ist auf alle offenen Fälle anzuwenden (BMF 12.9.13, IV C 1 - S 2252/07/0002 :010).