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  • · Fachbeitrag · Testament

    Behindertentestament ‒ sittenwidrig im Einzelfall?

    von RA Uwe Gottwald, VorsRiLG a.D., Vallendar

    | In Rechtsprechung und Literatur wird als sog. Behindertentestament eine Verfügung von Todes wegen verstanden, durch die einem behinderten Kind unter Berücksichtigung sozialhilferechtlicher Bestimmungen unmittelbare Vorteile seitens der Eltern zugewendet werden sollen. Zweck dieser Verfügung ist es, dem behinderten Erben (meist das gemeinsame Kind) trotz seiner Erbschaft die volle staatliche Unterstützung durch Gewährung von Sozialhilfeleistungen zu erhalten, ohne dass das ererbte Vermögen hierfür eingesetzt werden muss. Die Rechtsprechung hat sich in vielen Entscheidungen mit der möglichen Sittenwidrigkeit auseinandergesetzt. Eine Entscheidung des BGH gibt Anlass, die Problematik erneut zu erörtern. |

     

    Sachverhalt

    Für den Betroffenen ist wegen psychischer Erkrankung seit 1998 ein Berufsbetreuer mit dem Aufgabenkreis Vermögenssorge, Gesundheitssorge sowie Geltendmachung von gesetzlichen Ansprüchen bestellt. Der am 30.10.14 verstorbene Vater des Betroffenen setzte in einem notariellen Testament vom 23.6.10 diesen und seine Schwester, die zu 100 Prozent behindert ist, mit einem Anteil von jeweils 18 Prozent am Nachlass als Vorerben ein. Ein weiterer Sohn des Erblassers wurde zum Vollerben mit einem Anteil von 64 Prozent bestimmt, im Übrigen als Nacherbe nach dem Betroffenen und dessen Schwester eingesetzt. Zudem ordnete der Erblasser hinsichtlich der Vorerben Dauertestamentsvollstreckung nach § 2209 BGB bis zu deren jeweiligen Tod an. Als Aufgabe des Testamentsvollstreckers bestimmte der Erblasser die Ausübung der den Vorerben zustehenden Verwaltungsrechte. Verfügungen über die Erbteile selbst sind dem Testamentsvollstrecker nicht gestattet. Der Wert des Erbteils des Betroffenen beträgt laut Auskunft des Testamentsvollstreckers ca. 32.456 EUR. Der Nacherbe erklärte sich bereit, auf eine mündelsichere Anlage des Erbteils zu verzichten, und gestattete es dem Testamentsvollstrecker, für den Betroffenen aus der Vermögenssubstanz jährlich „bis zu 2.500 EUR“ zur Steigerung dessen Lebensqualität zu entnehmen.

     

    Nachdem die Betreuervergütung zunächst im vereinfachten Verwaltungsverfahren aus der Landeskasse gezahlt wurde, hat das AG mit dem hier angegriffenen Beschluss entschieden, dass der Betroffene für den unverjährten Zeitraum vom 1.1.15 bis 31.3.18 einen Betrag in Höhe von 3.432 EUR an die Landeskasse erstatten muss. Die Beschwerde des Betroffenen hat das LG zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich dieser mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde. Diese ist erfolgreich.