· Fachbeitrag · Zwangsvollstreckungsrecht
Erbengemeinschaft: Teilungsversteigerung und Teilauseinandersetzung
von RAin Andrea Worch, Bonn
Die Versteigerung eines Nachlassgrundstücks lediglich zum Zweck der Erlösteilung kann gegen den Willen der übrigen Erben - unabhängig von einem durch den Erblasser angeordneten Auseinandersetzungsverbot - nicht verlangt werden (KG 1.8.12, 21 U 168/10, OLG-Report Ost 3/2013, Anm. 4, Abruf-Nr. 123233). |
Sachverhalt
Sowohl die Kläger und ihre Streithelferin als auch die Beklagten sind Abkömmlinge des verstorbenen Erblassers und testamentarische Miterben zu gleichen Teilen. In seinem Testament schloss der Erblasser die Nachlassauseinandersetzung für den Zeitraum von 10 Jahren nach seinem Tod aus.
Die Beklagten betrieben die Zwangsversteigerung des zum Nachlass gehörenden Grundstücks und erwirkten beim AG die Anordnung der Zwangsvollstreckung (ZV). Die Kläger und ihre Streithelferin erhoben hiergegen Drittwiderspruchsklage. Das LG hat die ZV in das Nachlassgrundstück für unzulässig erklärt.
Die Beklagten legten Berufung ein. Sie sind der Ansicht, die unerträgliche Situation der Erbengemeinschaft mache es ebenso wie der Wertverlust des Nachlasses erforderlich, das Teilungsverbot neu zu bewerten und nicht lediglich auf den Wortlaut des Testaments abzustellen. Daher könnten sie das Grundstück vor Ablauf der testamentarisch angegebenen Ausschlussfrist einer Verwertung zuführen. Nach Ansicht der Beklagten liege ein wichtiger Grund im Sinne des § 749 Abs. 2 S. 1 BGB vor, der es rechtfertige, vorzeitig eine Auseinandersetzung vorzunehmen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet. Ihnen steht nicht die Befugnis zu, das Nachlassgrundstück gegen den Willen der Kläger zur Ersteigerung zu bringen. Durch das Betreiben der ZV werden die Rechte der Kläger als Miterben verletzt. Diese können Drittwiderspruchsklage nach § 771 Abs. 1 ZPO erheben.
Grundsätzlich kann jeder Miterbe gemäß § 2042 BGB jederzeit die Auseinandersetzung verlangen und nach § 753 BGB, § 181 Abs. 2 S. 1 ZVG einen Antrag auf Teilungsversteigerung eines zum Nachlass gehörenden Grundstücks zur Gesamtauseinandersetzung der Erbengemeinschaft stellen (BGH FamRZ 99, 433). Doch gegen den Willen eines Erben kann die Teilauseinandersetzung des Nachlasses nicht durchgesetzt werden (BGH NJW 85, 51). Das Recht eines Miterben, die Versteigerung eines Nachlassgrundstücks teilungshalber zu betreiben, ist materiellrechtlich dadurch bedingt, dass die Versteigerung die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft bezweckt.
MERKE | Eine Versteigerung lediglich zum Zweck, den Erlös zu teilen oder diesen ungeteilt in der fortbestehenden Erbengemeinschaft zu belassen, kann gegen den Willen der übrigen Erben nicht verlangt werden. |
Es ist nicht davon auszugehen, dass die Beklagten eine Gesamtauseinandersetzung betreiben wollten. Nach unbestrittenem Vortrag der Streithelferin haben die Beklagten sich vor dem LG darauf berufen, das Grundstück solle als rentables Grundstück dem Nachlass erhalten bleiben. Die Beklagten intendieren eine Umschichtung der Vermögenswerte innerhalb der Erbengemeinschaft. Darauf, ob eine Teilungsversteigerung auch wegen des vom Erblasser angeordneten Auseinandersetzungsverbots als unzulässig anzusehen ist, kommt es nicht mehr an.
Praxishinweis
Die Entscheidung des KG Berlin folgt der bisherigen Rechtsprechung des BGH. Das Entstehen einer Erbengemeinschaft ist nur ein Durchgangsstadium auf dem Weg zur Erfüllung der Nachlassverbindlichkeiten und der Nachlassauflösung sowie der damit einhergehenden Verteilung.
Der Auseinandersetzungsanspruch besteht ausnahmsweise nicht, wenn und soweit der Erblasser die Auseinandersetzung durch Verfügung von Todes wegen ausgeschlossen hat, § 2044 Abs. 1 BGB. Dies kann er nur für eine begrenzte Zeit anordnen, § 2044 Abs. 2 BGB. Der Gesetzgeber wollte so eine Versteinerung der Gemeinschaft durch einen unvernünftigen Erblasserwillen vermeiden. Da das Teilungsverbot nur schuldrechtliche Wirkung hat, können sich die Erben im Fall der Einigkeit darüber hinwegsetzen. Trotz eines Ausschlusses kann jeder Miterbe die Auseinandersetzung verlangen, wenn ein wichtiger Grund im Sinne des § 749 Abs. 2 BGB vorliegt.
Die Herauslösung einzelner Nachlasspositionen im Rahmen einer Teilauseinandersetzung ist nur zulässig, wenn sie die Vorstufe zur Gesamtauseinandersetzung darstellt. Genau an diesem Umstand fehlt es in dem hiesigen Fall. Da somit die Grundvoraussetzung seitens der Beklagten nicht gewollt war, bestand für das Gericht kein Anlass mehr, das Vorliegen eines wichtigen Grundes nach § 749 Abs. 2 S. 1 BGB zu prüfen.
Ist die gerichtliche Anordnung der Zwangsversteigerung bereits erfolgt, können sich die anderen Erben über § 771 ZPO hiergegen zur Wehr setzen. Denkbar ist zwar auch die Einreichung einer Vollstreckungserinnerung gemäß § 766 ZPO. Es sollte jedoch das Mittel der Drittwiderspruchsklage gewählt werden. Die Vollstreckungserinnerung nach § 766 ZPO ist an zahlreiche zusätzliche Voraussetzungen gebunden und daher zwar kostengünstiger, aber risikoreicher.
Weiterführende Hinweise
- EE 08, 139 Wie sich Streit in der Erbengemeinschaft vermeiden lässt
- EE 07, 199 Abschichtung als Weg aus der Erbengemeinschaft