05.07.2011 | 100 Fragen/100 Antworten
Strategien zum Schutz des Familienvermögens in besonderen Lebenssituationen (Teil 5)
von RAin Gabriele Ritter, FA für Steuer- und Sozialrecht, Wittlich
Der letzte Beitrag der Reihe „Strategien zum Schutz des Familienvermögens in besonderen Lebenssituationen“ beschäftigt sich mit Stiftungslösungen. Nicht erläutert werden können die umfassenden Vorschriften der AO, die von steuerbegünstigten Stiftungen im Rahmen ihrer laufenden Geschäftstätigkeit zu beachten sind. Sachkundiger Rat ist hier jedoch wichtig. Neben Rechtsanwälten und Steuerberatern informieren auch Banken und Verbände, z.B. der Bundesverband deutscher Stiftungen, hier umfassend und kompetent.
Checkliste |
81.Was ist das Wesen einer Stiftung? Die Stiftung ist eine gesellschaftsrechtliche Erscheinungsform, die weder außenstehende Eigentümer noch Mitglieder oder Gesellschafter kennt. Sie unterscheidet sich von anderen Organisations- bzw. Gesellschaftsformen, weil sie auf Dauer angelegt ist. Nach deutschem Recht sind (rechtsfähige) Stiftungen „für die Ewigkeit“ gemacht. Die Stiftung in ihrer Existenz und auch ihrer Zweckrichtung in das Belieben der Organe der Stiftung zu stellen, ist nach deutschem Recht schwer möglich. Die Stiftung ist grundsätzlich verpflichtet, ihr Vermögen auf Dauer zu erhalten.
82.Welches sind die typischen Motive/Beweggründe, eine Stiftung zu errichten? Die Beweggründe, eine Stiftung zu errichten, sind so unterschiedlich wie die Stifterpersönlichkeiten selbst. Stifter möchten:
83.Welche Erscheinungsformen von Stiftungen gibt es? So vielfältig die Motive einer Stiftungserrichtung sind, so unterschiedlich sind die Erscheinungs- und Unterscheidungsformen. Im Allgemeinen werden folgende Formen unterschieden:
Unterschieden werden die öffentlichen und privaten Stiftungen. Die öffentlichen Stiftungen nehmen im Allgemeinen öffentliche Belange wahr, sind aber dabei Stiftungen des privaten Rechts. Daneben gibt es die Stiftungen des öffentlichen Rechts, die nur durch einen Hoheitsakt gegründet werden können. Stiftungen, deren Zweck im Wesentlichen die Vermögenssicherung ist, sind wegen der Vorrangigkeit der privaten Motive stets private Stiftungen.
Bei den privaten Stiftungen wird zwischen der selbstständigen und der unselbstständigen Stiftung unterschieden. Die selbstständige Stiftung sollte nach den Vorstellungen des Gesetzgebers der Normalfall sein. Sie stellt ein eigenständiges, auf Dauer angelegtes Rechtsgebilde dar. Im Gegensatz dazu ist die unselbstständige Stiftung lediglich eine schuldrechtliche Form der „Vermögensverwaltung“.
Hier werden im Wesentlichen unterschieden die Familienstiftung, die unternehmensverbundene Stiftung sowie die steuerbegünstigte, insbesondere gemeinnützige Stiftung. Im Rahmen der steuerbegünstigten Stiftung wird weiterhin abgegrenzt zwischen den unmittelbar selbst steuerbegünstigte Tätigkeiten verrichtenden Stiftungen und den Förderstiftungen, die darauf ausgerichtet sind, die Zwecke anderer steuerbegünstigter Körperschaften zu fördern. Bei der Bürgerstiftung, ebenfalls eine Erscheinungsform der steuerbegünstigten Stiftung, handelt es sich um eine Organisation, die soziale oder kulturelle Belange in einem bestimmten regional oder lokal begrenzten Tätigkeitsbereich fördert.
84.Stiftermotiv und passende Gesellschaftsform? Die rechtsfähige Stiftung ist Garant für Unabänderlichkeit und Dauerhaftigkeit. Will der Stifter sich und/oder der Stiftung bzw. den diese Stiftung verwaltenden Organen diese starren Fesseln nicht anlegen, so muss er sich anderer Organisationsformen bedienen. Als „Ersatzformen“ werden deshalb auch gerne die Stiftungs-GmbH oder der Stiftungs-Verein genommen. Die Gründungen und weiteren gesellschaftsrechtlichen Rechte und Pflichten bestimmen sich hier ausschließlich nach den für die Gesellschaftsform gültigen Bestimmungen. Beiden Formen ist zu eigen, dass sie nicht ohne weitere Einflussnahme der sie gründenden Personen oder Einrichtungen betrieben werden können. Bei der GmbH verbleibt es bei der Zuständigkeit der Gesellschafter(-versammlung); beim Verein bestimmen die Mitglieder dessen Geschicke.
85.Was ist unter Förderstiftung zu verstehen? Förderstiftungen machen es sich zur Aufgabe, durch Weiterleitung von Geld- bzw. Sachmitteln entsprechend der eigenen satzungsmäßigen Vorgaben andere Personen oder Organisationen zu fördern, deren Projekte ohne eine solche Hilfestellung nicht realisierbar wären. Sie können steuerbegünstigt, insbesondere gemeinnützig sein, wenn ihre Zielsetzung auf die Unterstützung anderer steuerbegünstigter Organisationen oder Körperschaften des öffentlichen Rechts zur Verwirklichung deren steuerbegünstigter Zwecke gerichtet ist. In der Praxis existieren bei den gemeinnützigen Förderstiftungen häufig Mischformen, d.h. diese sind sowohl fördernd als auch selbst unmittelbar steuerbegünstigt tätig. Zudem treten sie gerne als Dachstiftung auf, indem sie unselbstständige Stiftungen verwalten und als deren Rechtsträger auftreten.
86.Was ist das Merkmal einer Familienstiftung? Die besondere Ausprägung der Familienstiftung besteht darin, im Wesentlichen den Interessen einer oder mehrerer Familien gewidmet zu sein. „Wesentlich“ im Interesse einer Familie errichtet ist eine Stiftung, wenn das Wesen der Stiftung nach der Satzung und dem Stiftungsgeschäft darin besteht, es der Familie zu ermöglichen, das Stiftungsvermögen, soweit es einer Nutzung zu privaten Zwecken zugänglich ist, zu nutzen und die Stiftungserträge aus dem gebundenen Vermögen an sich zu ziehen. Die Vorzüge einer reinen Familienstiftung sind:
Reine Familienstiftungen sind angesichts ihrer vorrangig eigennützigen Zweckausrichtung nicht steuerbegünstigt.
87.Welche steuerlichen Vorschriften gelten für die Familienstiftung? (Rechtsfähige) Stiftungen ermöglichen als verselbstständigtes Sondervermögen keine Beteiligung, die vererbt werden könnte. Da die Stiftung aber auf „Unendlichkeit“ ausgerichtet ist, unterläge das Vermögen einer Stiftung grundsätzlich nie der Erbschaftsteuer. Mit § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG hat der Gesetzgeber die Erbersatzsteuer eingeführt. Er verhindert so, dass das in eine Stiftung eingebrachte Vermögen auf Generationen der Erbschaftsteuer entzogen wird. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG unterliegt das Vermögen der Stiftung der Erbschaftsteuer in Zeitabständen von je 30 Jahren, sofern sie wesentlich im Interesse einer Familie oder bestimmter Familien errichtet ist. In Abständen von je 30 Jahren wird ein Generationenwechsel fiktiv unterstellt, bei dem der Erblasser zwei Kinder hinterlässt. Dementsprechend gewährt das Gesetz ausgehend vom Vermögen der Stiftung (§ 10 Abs. 1 S. 7 ErbStG) den doppelten Freibetrag für Kinder und wendet die Steuersätze der Steuerklasse I mit dem Vomhundertsatz an, der für die Hälfte des steuerpflichtigen Vermögens gelten würde (§ 15 Abs. 2 S. 3 ErbStG). Die Ersatzerbschaftsteuer ist verfassungsgemäß (BVerfG 8.3.83, 2 BvL 27/81, BVerfGE 63, 312). Ertragsteuerlich wird die Familienstiftung wie jede andere steuerpflichtige Körperschaft behandelt.
88.Worin liegen die steuerlichen „Vergünstigungen“ der steuerbegünstigten Stiftung? Die steuerbegünstigte Stiftung ist eine Körperschaft, welcher für verschiedene Steuerarten, insbesondere für die Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer, Erbschaft- und Schenkungsteuer sowie die Grundsteuer, weitgehend Steuerbefreiungen eingeräumt werden. Die Steuerbegünstigung setzt voraus, dass die Stiftung bestimmte, in der Abgabenordnung (AO) definierte gemeinnützige, mildtätige und/oder kirchliche Zwecke erfüllt. Zudem muss ihre Zweckverfolgung selbstlos, ausschließlich und - mit Ausnahme der Förderkörperschaft - unmittelbar sein. An diese in §§ 55 ff. AO geregelten Voraussetzungen werden seitens der Finanzverwaltung und der Finanzgerichte strenge Anforderungen gestellt.
Die Vermögensausstattung mit Grundstockvermögen ist für die steuerbegünstigte Stiftung eine Schenkung, da der Stifter im Gegenzug keine Mitgliedschaftsrechte an der Stiftung erlangt. Diese Leistungen sind jedoch grundsätzlich von der Erbschaft- und Schenkungsteuer befreit (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 und 2 ErbStG i.V. mit § 3 Abs. 2 Nr. 1 ErbStG bzw. § 7 Abs. 1 Nr. 8 ErbStG).
89.Kann eine steuerbegünstigte Stiftung zur Absicherung des eigenen Unterhalts errichtet werden? Wegen des in § 55 AO verankerten Gebots der Selbstlosigkeit darf die steuerbegünstigte Stiftung nur eingeschränkt den Stifter und seine Angehörigen unterhalten. Nach § 58 Nr. 5 AO darf die steuerbegünstigte Körperschaft höchstens ein Drittel ihres Einkommens verwenden, um in angemessener Weise den Stifter und seine nächsten Angehörigen zu unterhalten, ihre Gräber zu pflegen und ihr Andenken zu ehren. Insofern handelt es sich um eine steuerlich unschädliche Betätigung. Unter Einkommen ist die Summe der Einkünfte aus den verschiedenen Einkunftsarten des § 2 Abs. 1 EStG zu verstehen. Hier spielt es keine Rolle, ob diese Einkünfte steuerpflichtig oder steuerfrei sind.
Nach Auffassung der Finanzverwaltung und Teilen der Literatur soll das Tatbestandsmerkmal „in angemessener Weise“ eine absolute Grenze neben der relativen Grenze von einem Drittel des Einkommens enthalten. Es soll bei der Beurteilung der Angemessenheit des Unterhalts auf den Lebensstandard des Zuwendungsempfängers ankommen. Die Zuwendungen der Stiftung sollen in diesen Fällen dazu dienen, das eigene Vermögen des Empfängers zu ergänzen, um ihn in die Lage zu versetzen, sein Leben so zu führen, als ob die Stiftung nicht errichtet worden wäre und es mit Hilfe des Ererbten möglich wäre. Sind beispielsweise die gegenwärtigen Vermögensverhältnisse eines Kindes derart, dass es den gewohnten Lebensstandard aus eigenen Mitteln fortführen kann, kann es aus der Stiftung nicht bedacht werden.
90.Welche steuerlichen Vorteile hat der Stifter bei der Errichtung einer steuerbegünstigten Stiftung? Eine steuerbegünstigte Körperschaft ist zur Entgegennahme von Spenden berechtigt. Die vom Stifter in die Stiftung überführten Vermögensgegenstände sind beim Stifter als Spende nach § 10b Abs. 1 S. 1 und 3 EStG mit Vortragsmöglichkeit abzugsfähig (BüEnStG 10.10.07, BGBl I 07, 2332). Bis zu einer Höhe von insgesamt 20 % des Gesamtbetrags der Einkünfte oder 4 ‰ der Summe der gesamten Umsätze und der im Kalenderjahr aufgewendeten Löhne und Gehälter können als Sonderausgaben abgezogen werden. Zu diesen steuerbegünstigten Ausgaben gehören auch die Zuwendungen des Stifters im Rahmen der Erstdotation (Kapitalausstattung) der Stiftung. Leistungen, die diese Höchstbeträge übersteigen, können in den nachfolgenden Jahren weiter als Sonderausgaben abgezogen werden.
Zusätzlich zu diesen Höchstbeträgen können Spenden in den Vermögensstock einer Stiftung von 1 Mio. EUR im Veranlagungszeitraum der Zuwendung und in den folgenden neun Veranlagungszeiträumen geltend gemacht werden. Diese Zuwendung muss nicht anlässlich der Neugründung einer Stiftung geleistet werden, sodass auch spätere Zustiftungen an eine bereits bestehende steuerbegünstigte Stiftung begünstigt sind. Nach vorherrschender Meinung kann bei zusammen veranlagten Ehegatten der doppelte Höchstbetrag, also 2 Mio. EUR abgezogen werden. Empfohlen wird in diesem Zusammenhang, dass die Ehegatten die Leistungen von jeweils eigenen Bankkonten vornehmen.
91.Was ist bei der Einbringung von Betriebsvermögen zu beachten? Werden Einzelwirtschaftsgüter, die zum Betriebsvermögen eines Einzelunternehmens oder einer Mitunternehmerschaft rechnen, unentgeltlich auf eine gemeinnützige Stiftung übertragen, liegt tatbestandlich zwar eine Entnahme vor. Diese Entnahme ist jedoch zum Buchwert gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 4 EStG möglich, wenn das entnommene Wirtschaftsgut steuerbegünstigten Zwecken dient. Erfolgt eine anderweitige Nutzung durch die Stiftung, z.B. im Rahmen eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs, verbleibt es bei dem allgemeinen Prinzip der Entnahmebesteuerung nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 1 EStG und der damit verbundenen Aufdeckung von stillen Reserven - wie beispielsweise bei der Einbringung eines Grundstücks in eine gemeinnützige Stiftung, die dieses Grundstück aber an einen gewerblichen Unternehmer weitervermietet. Das Buchwertprivileg gilt auch für Kapitalgesellschaften. Die Entnahme von Vermögensgegenständen aus einem Einzelunternehmen des Stifters bzw. aus einer Personengesellschaft ist umsatzsteuerlich eine steuerpflichtige unentgeltliche Wertabgabe i.S. des § 3 Abs. 9a UStG.
Die unentgeltliche Übertragung eines (Teil-)Betriebs oder eines Mitunternehmeranteils auf eine gemeinnützige Stiftung kann gemäß § 6 Abs. 3 EStG steuerneutral ohne Aufdeckung der stillen Reserven erfolgen. Die unentgeltliche Übertragung eines (Teil-)Betriebs auf eine gemeinnützige Stiftung ist eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung i.S. des § 1 Abs. 1a S. 2 UStG.
92.Unternehmensverbundene Stiftungen Unternehmensverbundene Stiftungen stehen häufig im Zusammenhang mit Generationsfragen; in diesem Falle werden sie gerne den Familienstiftungen zugeordnet. Unternehmensverbundene Stiftungen sind aber auch Stiftungen, die in einen Konzern „eingebunden“ sind und dort die Aufgabe sozialer Verantwortung für eine zukunftsfähige Gesellschaft übernehmen - „corporate social responsibility“. In diesem Fall handelt es sich um steuerbegünstigte Stiftungen. Im Rahmen der unternehmensverbundenen Stiftungen wird aber auch zwischen Unternehmensträgerstiftungen und Beteiligungsträgerstiftungen unterschieden. Betreibt eine Stiftung unter ihrer Rechtsform selbst ein Unternehmen, wird sie als Unternehmensträgerstiftung bezeichnet. Übt dieses Unternehmen beispielsweise eine wirtschaftliche Tätigkeit aus, die der Gesetzgeber wegen ihrer besonderen Zweckausrichtung von der Besteuerung ausnimmt (Zweckbetrieb, z.B. § 67 AO - das Krankenhaus), so kann die Stiftung wiederum selbst steuerbegünstigt sein. Hält die Stiftung eine Beteiligung an Personen- oder Kapitalgesellschaften, spricht man von einer Beteiligungsträgerstiftung. Als solche wird sie in aller Regel nicht selbst steuerbegünstigt sein.
93.Wie ist die unternehmensverbundene Stiftung steuerlich zu behandeln? Übt die unternehmensverbundene Stiftung eine steuerlich begünstigte wirtschaftliche Betätigung im Rahmen eines Zweckbetriebs aus, gelten die Regelungen für steuerbegünstigte Körperschaften. Dient die unternehmensverbundene Stiftung wesentlich der Absicherung von Familieninteressen, gelten die dort aufgezeigten Besteuerungsregeln einschließlich der Erbersatzsteuer. Wann genau die Grenze der Wesentlichkeit überschritten ist, ist nicht immer leicht zu bewerten. Besteht das Stiftungsvermögen im Wesentlichen aus einem Unternehmen und/oder Unternehmensbeteiligungen, spricht der vom Stifter beabsichtigte Erhalt des Unternehmens nach Auffassung des BFH weder für noch gegen ein (wesentliches) Familieninteresse (BFH 18.11.09, II R 46/07, BFH/NV 10, 898). Denn der Erhalt und die Weiterentwicklung des Stiftungsvermögens stellen noch keinen Stiftungszweck dar.
Bei unternehmensverbundenen Stiftungen sind daher nur die über den Erhalt des Unternehmens hinausgehenden verschiedenen Stiftungszwecke daraufhin zu prüfen, ob die Stiftung wesentlich dem Familieninteresse dient. In den meisten Fällen wird es auf die Annahme einer Familienstiftung hinauslaufen. Die Bezugsberechtigung von Familienmitgliedern reicht im Regelfall bereits aus. Die Vermeidung der Erbersatzbesteuerung ist schwierig. Zwar ist eine Gesamtschau aller Stiftungszwecke vorzunehmen. Allerdings müssen familienfremde Zwecke und Begünstigungen überwiegen. Ein Aspekt kann die satzungsmäßige Gewährung von Spenden an gemeinnützige Einrichtungen sein. Dazu stellt der BFH (18.11.09, II R 46/07, BFH/NV 10, 898) aber klar, dass es für die Gewichtung der Spenden im Vergleich zu den Vorteilen für die Familienmitglieder nicht auf ein wie auch immer beschaffenes Verhältnis der tatsächlich ausgeschütteten Erträge an Familienmitglieder und familienfremde Empfänger ankomme, sondern auf die Bezugsberechtigung als solche. Auch die Vermögensbindung zugunsten steuerbegünstigter Körperschaften bei Auflösung der Stiftung stellt die Einordnung einer Stiftung als Familienstiftung nicht in Frage, vor allem wenn während des relevanten 30-Jahreszeitraums nichts auf eine Auflösung der Stiftung hindeutet. Eine Vermeidung der Erbersatzsteuer kann somit allenfalls dadurch erreicht werden, dass vor Ablauf des 30-Jahreszeitraumes die steuerpflichtige Stiftung in eine steuerbegünstigte Stiftung „umgewandelt“ wird.
94.Wo liegt die Unterscheidung zwischen (nicht) rechtsfähiger Stiftung und der Zustiftung? Die selbstständige (rechtsfähige) Stiftung des privaten Rechts soll nach den Vorstellungen des Gesetzgebers der Normalfall sein. Ihre Gründung richtet sich nach den Vorschriften des BGB. Es ist aber auch möglich, das Gestaltungsziel einer Stiftung über eine unselbstständige (nicht rechtsfähige) Stiftung oder Treuhandstiftung zu verfolgen. Eine unselbstständige Stiftung entsteht, wenn Vermögensgegenstände auf einen bereits vorhandenen privatrechtlichen oder öffentlich-rechtlichen Rechtsträger übertragen werden, der die Rechte und Pflichten dieser Stiftung wahrnimmt. Nicht unmaßgeblich bei der Entscheidung, ob eine selbstständige oder unselbstständige Stiftung errichtet werden soll, ist die Höhe des avisierten Stiftungskapitals. Grundsätzlich wird die Errichtung einer rechtsfähigen Stiftung mit einem geringeren Dotationskapital als 50.000 EUR nicht von der Stiftungsbehörde anerkannt. Die steuerlichen Vergünstigungen für die Stiftung werden unabhängig davon gewährt, ob eine Stiftung rechtsfähig ist oder nicht.
Die unselbstständige Stiftung verfügt gegenüber einer Zustiftung über eine eigene Satzung; ihr Vermögen wird getrennt von den übrigen Vermögensmassen des Rechtsträgers geführt. Die Zustiftung ist ihrer Rechtsnatur nach zwischen der bloßen Spende und der unselbstständigen Stiftung angesiedelt. Durch eine Zustiftung wird keine (weitere) Stiftung errichtet; sie wird - dies unterscheidet sie von einer Spende, die dem Gebot der zeitnahen Verwendung unterliegt (§ 55 Abs. 1 Nr. 5 AO) - dem Grundstockvermögen einer bereits bestehenden Organisation zugeführt und stärkt damit langfristig die Kapitalbasis zur Erzielung von Vermögenserträgen.
95.Welches sind die Gründungsvoraussetzungen einer rechtsfähigen Stiftung? Eine rechtsfähige Stiftung wird errichtet durch das Stiftungsgeschäft und die staatliche Anerkennung der Stiftungsbehörde. Das Stiftungsgeschäft muss zum einen die verbindliche Erklärung des Stifters enthalten, ein bestimmtes Vermögen der Erfüllung eines von ihm bestimmten Zwecks zu widmen, und zum anderen die Stiftungssatzung selbst. Ihre Errichtung ist sowohl zu Lebzeiten des Stifters als auch von Todes wegen möglich. Das Stiftungsgeschäft unter Lebenden ist eine einseitige, nicht empfangsbedürftige Willenserklärung. Die Errichtung bedarf der Schriftform (§ 81 Abs. 1 S. 1 BGB) und der notariellen Beurkundung, soweit der Stifter sich in ihr zur Übertragung von Immobilienvermögen verpflichtet oder der Stifter sich zur Einbringung von GmbH-Anteilen verpflichtet.
Durch das Stiftungsgeschäft erhält die Stiftung eine Satzung, sie ist wesentlicher Bestandteil des Stiftungsgeschäfts. Die Mindestinhalte sind in § 81 Abs. 1 BGB geregelt. Besondere Bedeutung kommt der Formulierung des Stiftungszwecks zu. Dieser sollte möglichst konkret nach den Vorstellungen des Stifters abgefasst werden. Er sollte aber andererseits auch nicht zu eng formuliert werden, damit die Handlungsfähigkeit der Stiftung nicht zu stark eingegrenzt wird. Insbesondere bei Unternehmensträgerstiftungen ist ein sorgfältig formulierter Satzungszweck unverzichtbar. Der Stiftungszweck darf jedoch wiederum nicht so unbestimmt sein, dass praktisch die Organe über den Zweck der Stiftung frei disponieren können.
Die rechtsfähige Stiftung bedarf der Anerkennung durch die Stiftungsbehörde. Diese überwacht auch anschließend die Tätigkeit der Stiftung und die Einhaltung des Stiftungszwecks, da die Stiftung nicht wie andere Gesellschaftsformen über Eigentümer verfügt. Eine Abänderung des Stiftungszwecks der einmal gegründeten Stiftung kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht, wenn eine existentielle Gefährdung für die Stiftung besteht. Die einzelnen Rechte der Stiftungsaufsicht sind weitgehend den Stiftungsgesetzen der Bundesländer zu entnehmen.
96.Was bei der Gründung einer nicht rechtsfähigen Stiftung zu beachten ist Die unselbstständigen Stiftungen verfügen über ein einem bestimmten Stiftungszweck gewidmetes Vermögen, besitzen aber keine eigene Rechtspersönlichkeit. Anders als die rechtsfähige Stiftung stellen sie somit keine rechtlich verselbstständigte Vermögensmasse dar. Eine unselbstständige Stiftung kann relativ einfach durch Rechtsgeschäft unter Lebenden oder durch Verfügung von Todes wegen errichtet werden. Bei der Errichtung durch Rechtsgeschäft unter Lebenden sind das eigentliche Stiftungsgeschäft (Stiftungsvertrag) und die Grundsätze der Verwaltung der unselbstständigen Stiftung maßgebend. Der Stiftungsvertrag kann sowohl als Schenkung unter Auflage als auch als Treuhandvereinbarung ausgestaltet werden. Bei der vorherrschenden Treuhandstiftung verwaltet der Treuhänder das Stiftungsvermögen entsprechend der in dem Treuhandvertrag fixierten Zwecksetzung. Die Rechtsbeziehungen bei der Treuhandstiftung richten sich nach dem Schuldrecht; in der Regel findet Auftragsrecht Anwendung. Deshalb kann die unselbstständige Stiftung auch zeitlich befristet oder aufgelöst werden, was bei einer selbstständigen Stiftung grundsätzlich nicht möglich ist. Die Zweckerreichung wird nicht durch die staatliche Stiftungsaufsicht überwacht. Das treuhänderisch gebundene Vermögen geht in das Eigentum des Stiftungsverwalters über, allerdings mit der Verpflichtung der Rückgewähr. Bei der Schenkung unter einer Auflage geht das Vermögen in das Volleigentum des Beschenkten über. Er ist um das ihm zugewandte Vermögen „bereichert“, obwohl er es nicht beliebig und nicht zum eigenen Nutzen verwenden darf.
97.Wo liegen die Vor- und Nachteile einer nicht rechtsfähigen Stiftung? Als Vorteile für die nicht rechtsfähige Stiftung werden allgemein genannt:
Als Nachteile der nicht rechtsfähigen Stiftung gelten:
98.In welchem Umfang kann in das Stiftungsvermögen vollstreckt werden? Das Stiftungsvermögen der unselbstständigen Stiftung geht in das Eigentum des Trägers über. Dabei ist der Träger verpflichtet, das Stiftungsvermögen als Sondervermögen getrennt von seinem eigenen Vermögen zu verwalten. Dennoch wird das Vermögen bei der Stiftung von Todes wegen und bei einer Auflagenschenkung vor dem Zugriff der Gläubiger des Trägers nicht geschützt. Anders kann sich die Situation darstellen, wenn die unselbstständige Stiftung als Treuhandverhältnis ausgestaltet ist. In diesem Fall kann der Stifter einer Zwangsvollstreckung in das Vermögen der Stiftung durch Dritte widersprechen (Drittwiderspruchsklage gemäß § 771 ZPO). Im Falle der Insolvenz des Treuhänders steht dem Stifter ein Aussonderungsrecht zu (§ 47 InsO). Das Stiftungsvermögen haftet somit nicht für die Verbindlichkeiten des Treuhänders.
99.Können Gläubiger des Stifters noch in das (bereits übertragene) Stiftungsvermögen vollstrecken? Wurde die Stiftung als Schenkung unter Auflage gegründet, so haben die Gläubiger des Stifters grundsätzlich keine Zugriffsmöglichkeiten auf das Stiftungsvermögen, da es im (Voll-)Eigentum des Stiftungsträgers steht. Allerdings können sie das Geschäft (die Schenkung) nach dem Anfechtungsgesetz anfechten. Liegt der unselbstständigen Stiftung ein Treuhandverhältnis zugrunde, so erlischt dieses im Falle der Insolvenz des Stifters (§§ 115, 116 InsO). Der Treuhänder hat das Stiftungsvermögen an den Insolvenzverwalter herauszugeben (§ 667 BGB).
100. Kann die nicht rechtsfähige Stiftung in eine rechtsfähige Stiftung umgewandelt werden? Die unselbstständige Stiftung wird regelmäßig als „Einstiegsmodell“ und Vorstufe zur selbstständigen, rechtsfähigen Stiftung genutzt. Da die unselbstständige Stiftung jedoch angesichts der fehlenden staatlichen Überwachung und der Auflösungsmöglichkeiten des Treuhandverhältnisses nur unzureichenden Vermögensschutz gewährt, wird in einem zweiten Schritt gerne über eine entsprechende „Überleitung“ nachgedacht. Die Umwandlung der nicht selbstständigen Stiftung in eine selbstständige Stiftung ist nach den Regeln des Umwandlungsgesetzes nicht möglich. Es bedarf daher der Neugründung einer rechtsfähigen Stiftung. Wichtig ist weiterhin, dass im Vorhinein bereits der Auftrag an den Treuhänder begründet wird, das Vermögen der unselbstständigen Stiftung auf eine selbstständige Stiftung zu übertragen. Erfolgt dies nicht, kann für steuerbegünstigte Stiftungen ein Verstoß gegen das Mittelverwendungsgebot vorliegen mit der Folge des Verlusts der Gemeinnützigkeit rückwirkend bis zu 10 Jahren. |
Quelle: Ausgabe 07 / 2011 | Seite 172 | ID 146533