· Fachbeitrag · Vermögensverwaltung
Die Stiftung ‒ zu Lebzeiten Vermögen nach eigenen Vorstellungen für einen guten Zweck einsetzen
von RA und Notar a. D. Jürgen Gemmer, FA Steuerrecht, Magdeburg
| Immer mehr Menschen möchten ihr Vermögen ganz oder teilweise gemeinwohlorientierten, steuerbegünstigten Zwecken widmen. Einem potenziellen Mäzen stehen zur Realisierung seines Vorhabens mehrere rechtliche Möglichkeiten zur Verfügung. Zu nennen sind hier beispielhaft die (zweckgebundene) Spende, ein Stifterdarlehen, die rechtsfähige Stiftung sowie die nichtrechtsfähige Stiftung in Gestalt einer Auflagenschenkung oder Treuhand. Zwar ist die rechtsfähige Stiftung der Prototyp der Stiftung des bürgerlichen Rechts. Sie ist ab dem 1.7.23 einheitlich in allen Bundesländern abschließend in § 80 ff. BGB geregelt. Daneben aber werden mit stetig steigender Zahl nichtrechtsfähige oder unselbstständige Stiftungen in privatrechtlicher Trägerschaft errichtet. Der Beitrag widmet sich diesem immer beliebter werdenden Stiftungstypus und zeigt auf, wie eine nichtrechtsfähige Stiftung errichtet wird und was alles zu regeln ist. |
1. Zivilrechtliche Rahmenbedingungen
Es gibt zehn goldene Regeln, die man bei dem Plan, eine nichtrechtsfähige Stiftung errichten zu wollen, im Blick haben sollte:
- 1. Die Vermögensübertragung durch den Stifter zugunsten des Stiftungsträgers ist zivilrechtlich eine Schenkung und mindert den künftigen Nachlass. Daher kann sie eine pflichtteilsreduzierende Wirkung entfalten. Eine Schenkung wird innerhalb des ersten Jahres vor dem Erbfall in vollem Umfang, innerhalb jedes weiteren Jahres vor dem Erbfall um jeweils ein Zehntel weniger berücksichtigt. Sind zehn Jahre seit der Leistung des verschenkten Gegenstandes verstrichen, bleibt die Schenkung unberücksichtigt. Bis dahin hat der Pflichtteilsberechtigte in dem eben dargelegten Umfang Pflichtteilsergänzungsansprüche.
- 2. Maßgebliche Grundlage der unselbstständigen Stiftung ist der Vertrag zwischen Stifter und Stiftungsträger. Hier können schnell Konflikte entstehen, denen es durch entsprechende Vertragsgestaltung vorzubeugen gilt. Bereits bei Gründung der Stiftung sollte der Stifter bedenken, dass eine sorgfältige Auswahl des Stiftungsträgers von großer Bedeutung ist. Weiterhin sollten Kontroll- und Steuerungsmechanismen vorgesehen werden. Dies kann z. B. durch ein Kontrollorgan oder auch mittels Beendigungs- und Umstrukturierungsoptionen erfolgen. Fehlt es an geeigneten vertraglichen Abreden, so sind dem Stifter im Konfliktfall oftmals die Hände gebunden oder er muss sich solche Optionen teuer erkaufen.
- 3. Auch die nichtrechtsfähige Stiftung kann gem. § 58 Nr. 6 AO bis zu einem Drittel ihres Einkommens für (nicht gemeinnützige) Familienzwecke abzweigen und einen angemessenen Unterhalt für den Stifter und seine nächsten Angehörigen bereitstellen (siehe § 5 Abs. 4 der Musterstiftungssatzung).
- 4. Der Stifter kann Personen seines Vertrauens zu Mitgliedern eines „Kontrollgremiums“ (z. B. eines Kuratoriums) berufen. Er kann auch selbst Mitglied sein. Der Stifter sollte die ersten Mitglieder des Gremiums bereits bei Gründung einsetzen. Er kann sich alternativ das Einsetzen eines Gremiums vorbehalten. Dem Stiftungsträger oder dessen Vertretern kann ein Platz in einem solchen Gremium eingeräumt werden.
- 5. Sofern der Träger einbezogen wird, ist darauf zu achten, dass er von den übrigen Mitgliedern überstimmt werden kann. Damit die Entscheidungsfindung erleichtert wird, ist es ratsam, das Gremium mit einer ungeraden Zahl an Mitgliedern zu besetzen.
- 6. Stifter und Stiftungsträger steht es frei, die Treuhandstiftung durch einvernehmliche Regelung, z. B. durch Aufhebungsvereinbarung, zu beenden. Dabei sind bei steuerbegünstigten Treuhandstiftungen die Vorgaben des Gemeinnützigkeitsrechts zu beachten, so ist z. B. der Grundsatz der Vermögensbindung zu wahren.
- 7. Bei Vorliegen eines Widerrufs-/Kündigungsgrundes kann die Treuhandvereinbarung auch durch einseitige Erklärung beendet werden (vgl. hierzu beim Schenkungsmodell §§ 527 ff. BGB, beim Treuhandmodell §§ 671, 675, 620 ff. BGB).
- 8. Da in Widerrufs-/Kündigungsfällen häufig eine streitige Auseinandersetzung folgt (der Stiftungsträger möchte z. B. die Kündigung nicht gelten lassen, weil er aus der Verwaltung eine Vergütung erhält), ist es für den Kündigenden empfehlenswert, Beweismaterial über das Vorliegen eines wichtigen Kündigungsgrundes zu sammeln oder die Einhaltung etwaiger Kündigungsformen und -fristen zu dokumentieren.
- 9. Die Kündigung kann sowohl vonseiten des Stifters als auch vonseiten des Stiftungsträgers erfolgen. Ist die Treuhandstiftung als steuerbefreite Körperschaft anerkannt, sind auch hier in jedem Fall die gemeinnützigkeitsrechtlichen Vorgaben zu beachten, z. B. der Grundsatz der Vermögensbindung. Es ist daher empfehlenswert, die Folgen der Kündigung dergestalt zu regeln, dass das Vermögen nicht an den Stifter zurückfällt, was gemeinnützigkeitsschädlich wäre, sondern von einem anderen Träger unter Beachtung der gemeinnützigkeitsrechtlichen Vorgaben verwaltet wird.
- 10. In Fällen, in denen der Vertrag zwischen Stifter und Stiftungsträger als Schenkung unter Auflage ausgestaltet ist, spricht die Praxis von dem sog. Schenkungsmodell. Zur Auflage gehören insbesondere die Festlegung des Namens und des Sitzes der Stiftung sowie Vorgaben zur allgemeinen Zweckwidmung des eingebrachten Vermögens, zum Erhalt oder Verbrauch und zur Anlage des Stiftungsvermögens sowie zur Absonderung des Stiftungsvermögens vom Vermögen des Stiftungsträgers. Ggf. sollten auch Regelungen zur Konstituierung und zu Zuständigkeiten eines Entscheidungs- und Kontrollgremiums oder zu Einflussrechten von Destinatären getroffen werden. Die vorgenannten Punkte werden im Regelfall wie im Treuhandmodell in einer Stiftungssatzung geregelt, die wesentlicher Bestandteil des Vertrags zwischen Stifter und Stiftungsträger ist.
2. Steuerrechtliche Grundsätze in Kurzform
Eine unselbstständige Stiftung ist eine Körperschaft nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG und damit steuerlich der selbstständigen Stiftung gleichgestellt. Dient sie ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken, so ist sie gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG von der Körperschaftsteuer, gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 16 ErbStG von der Erbschaft- und Schenkungsteuer und gemäß § 3 Nr. 6 GewStG von der Gewerbesteuer befreit. Nach § 12 Abs. 2 Nr. 8a UStG ermäßigt sich die Umsatzsteuer für Leistungen dieser Körperschaften auf den ermäßigten Steuersatz von 7 %.
Spenden an eine Stiftung ‒ auch an unselbstständige ‒ werden wie folgt behandelt: Es wird ein allgemeiner und vortragsfähiger Spendenabzug nach § 10b Abs. 1 EStG (bis 20 % der Gesamteinkünfte oder 4/1000 der Summe aus Umsatz und Gehältern) gewährt. Hinzu kommt ein zusätzlicher Abzugsbetrag gem. § 10b Abs. 1a EStG von bis zu 1.000.000 EUR (2.000.000 EUR bei zusammenveranlagten Ehegatten gem. §§ 26, 26b EStG) im Jahr der Zuwendung und in den folgenden neun Veranlagungszeiträumen für Spenden in den Vermögensstock einer nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG steuerbefreiten Stiftung des privaten Rechts.
3. Stiftungsgeschäft und Stiftungssatzung
Stiftungsgeschäft und Satzung könnten bei Errichtung einer nichtrechtsfähigen Stiftung wie folgt gefasst werden:
Muster / Stiftungsgeschäft unter Lebenden zur Errichtung einer nichtrechtsfähigen Stiftung |
Zwischen A (im Folgenden „Stifter“) und B (im Folgenden „Stiftungsträger“) wird das folgende Stiftungsgeschäft (Treuhandvereinbarung) geschlossen:
§ 1 Stiftungserrichtung
§ 2 Pflichten des Stiftungsträgers
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§ 3 Vergütung
§ 4 Rückgabe, Übertragung, Widerruf, Kündigung
§ 5 Umwandlung
§ 6 Salvatorische Klausel Sollten Bestimmungen dieses Stiftungsgeschäfts ganz oder teilweise nicht rechtswirksam oder nicht durchführbar sein oder ihre Rechtswirksamkeit oder Durchführbarkeit später verlieren, so wird die Gültigkeit der übrigen Bestimmungen nicht berührt. An die Stelle der unwirksamen bzw. undurchführbaren Bestimmungen tritt eine Regelung, die dem von den Parteien gewünschten Ergebnis am nächsten kommt.
… [Ort], den … Unterschriften von Stifter und Stiftungsträger |
Muster / einer Stiftungssatzung |
Präambel § 1 Name, Rechtsform
§ 2 Zweck Zweck der Stiftung ist es: … |
§ 3 Gemeinnützigkeit An dieser Stelle werden die erforderlichen Festlegungen getroffen, wie sie sich aus dem Abschnitt „Steuerbegünstigte Zwecke“ der Abgabenordnung (AO) ergeben.
§ 4 Vermögen
§ 5 Mittel und Rücklagen
§ 6 Kuratorium
§ 7 Beschlussfassung des Kuratoriums An dieser Stelle werden die Formalien zu Sitzungen, deren Einberufung, Sitzungsleitung, Beschlussfassung und Protokollierung bestimmt. |
§ 8 Treuhandverwaltung
§ 9 Veränderungen
… (Ort), den …
(Unterschriften von Stifter und Stiftungsträger) |