01.04.2005 | Annahme und Ausschlagung
Erbausschlagung durch Sozialhilfeempfänger
Die Ausschlagung eines Erbes ist auch dann nicht nichtig, wenn der Erbe Sozialhilfe erhält (LG Aachen 4.11.04, 7 T 99/04, Abruf-Nr. 050392). |
Sachverhalt und Entscheidungsgründe
Nach dem Tod des Erblassers hatte sein Kind, das von der Sozialhilfe lebte, die Erbschaft form- und fristgerecht ausgeschlagen. Nach Ansicht des LG Aachen liegt kein Verstoß gegen die guten Sitten bei Rechtsgeschäften (§ 138 BGB) vor. Es handelt sich hier um ein Rechtgeschäft, das mit den Maßstäben und Prinzipien der Rechtsordnung in Einklang steht. Der Erbe kann frei entscheiden, ob er das Erbe annehmen oder ausschlagen will. Bei der Ausschlagung handelt es sich um ein höchstpersönliches Recht. Denn es ist unzulässig, dem Ausschlagenden über § 138 BGB eine Erbenstellung mit allen Konsequenzen, wie z.B. die Haftung für Nachlassverbindlichkeiten, aufzuzwingen.
Anders als das OLG Stuttgart (OLG Stuttgart NJW 01, 3484) sieht das LG Aachen in der Erbausschlagung auch keinen konkludenten Unterhaltsverzicht. Führt ein Unterhaltsverzicht zur Sozialhilfebedürftigkeit, wird dieser als sittenwidrig und damit nichtig angesehen. Das Erbe hat nach Ansicht des LG Aachen anders als der Unterhaltsanspruch keine Unterhaltsfunktion. Ebenso wenig hat das Erbrecht die Aufgabe, eine missbräuchliche Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen zu verhindern. Missbräuchen müsse mit dem Instrumentarium des Sozialhilferechts begegnet werden.
Praxishinweis
Es gibt keinen Zwang zur Annahme der Erbschaft, damit Dritte (hier der Sozialhilfeträger) auf die Erbschaft zugreifen können. Anders als im Erbrecht ist dies im Insolvenzrecht sogar ausdrücklich in § 83 Abs. 1 InsO geregelt. Danach behält der Schuldner auch nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens das Recht, über die Annahme oder Ausschlagung einer Erbschaft frei entscheiden zu können. Unabhängig von der Wirksamkeit der Ausschlagung kann es aber zu einer Kürzung der Sozialhilfe nach dem SGB XII kommen. (MW)
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