01.02.2007 | Ausschlagung
Der freiwillige Verzicht als Gestaltungsoption
Nach dem Erbfall kann ein Testament nicht mehr errichtet bzw. geändert werden. Dem Erben und seinen Abkömmlingen bleibt dann als Gestaltungsmittel oftmals nur noch die Ausschlagung der Erbschaft. Dabei darf nicht übersehen werden, dass die Ausschlagung nicht allein erbschaftsteuerliche, sondern u.U. auch ertragsteuerliche Konsequenzen nach sich ziehen kann. Die ertragsteuerlichen Konsequenzen können die erbschaftsteuerlichen Vorteile einer Ausschlagung eventuell aufzehren. Der nachfolgende Beitrag zeigt auf, in welchen Fällen eine Ausschlagung erwägenswert ist, und in welchen Fällen nur aufgrund einer konkreten Vergleichsrechnung entschieden werden kann, ob eine Ausschlagung ohne oder gegen Abfindung aus steuerlicher Sicht überhaupt Sinn macht.
1. Erbrechtliche und erbschaftsteuerliche Überlegungen
Jedem Erben steht das Recht zu, eine Erbschaft auszuschlagen. Entscheidet sich der Erbe für eine Ausschlagung, gilt der Anfall der Erbschaft als von Anfang an nicht erfolgt (§ 1953 BGB). Die Erbschaft fällt rückwirkend demjenigen an, der zur Erbfolge berufen wäre, wenn der Ausschlagende zum Zeitpunkt des Erbfalls nicht gelebt hätte.
Beispiel 1 |
Der verwitwete Vater V verstirbt und hinterlässt zwei Kinder, T und S. Ein Testament hat V nicht errichtet, es tritt also gesetzliche Erbfolge ein. Beide Kinder haben inzwischen jeweils eigene Kinder. Die Kinder von T heißen E1 und E2; die Kinder von S heißen E3 und E4.
S und T wären – ohne Ausschlagung – gesetzliche Erben des V jeweils zu ½. Sie schließen als Stammesvertreter die Enkel von der Nachfolge aus. T hat gehört, dass die Familie als Ganzes ErbSt sparen könne, wenn der Nachlass durch Überspringen der Kinder direkt auf die Enkelgeneration übergeht. Daher schlägt T die Erbschaft aus. Das Gesetz fingiert nun, dass T zum Zeitpunkt des Erbfalls nicht gelebt hätte. Dementsprechend rücken die Enkel E1 und E2 als nunmehrige Stammesvertreter nach. Der Nachlass entfällt jetzt zu ½ auf S und zu jeweils ¼ auf E1 und E2. |
Praxishinweis: Neben seinem Erbrecht verliert der Ausschlagende auch eventuelle Pflichtteilsansprüche (Palandt, Edenhofer, BGB, § 2303 Rn. 1). Pflichtteilsansprüche stehen einem Pflichtteilsberechtigten nämlich nur zu, wenn er durch Verfügung von Todes wegen von der Erbfolge ausgeschlossen wurde. Der freiwillige Verzicht des Ausschlagenden steht einem Ausschluss durch den Erblasser nicht gleich. Ein Pflichtteilsanspruch entsteht damit erst gar nicht. Ausnahmen von diesem Pflichtteilsverlust sind in den § 2306 BGB, § 1371 Abs. 3 BGB und § 6 Abs. 4 LPartG vorgesehen.
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