09.04.2010 | Behindertentestament
Anordnung der Vorerbschaft und Pflichtteilsverzichtsvertrag nicht sittenwidrig
1. Eine Verfügung von Todes wegen, mit der Eltern ihr behindertes, durch den Sozialhilfeträger unterstütztes Kind nur als Vorerben auf einen den Pflichtteil kaum übersteigenden Erbteil einsetzen, verstößt nicht gegen die guten Sitten. |
2. Ein von dem behinderten Kind mit seinen Eltern lebzeitig abgeschlossener Pflichtteilsverzichtsvertrag ist auch nicht im Falle des Bezugs von Sozialleistungen sittenwidrig. |
(OLG Köln 9.12.09, 2 U 46/09, Abruf-Nr. 101019) |
Sachverhalt und Entscheidungsgründe
Es geht um die Frage der Sittenwidrigkeit eines Behindertentestaments sowie eines Pflichtteilsverzichtsvertrags eines durch den Sozialhilfeträger durch Eingliederungshilfe unterstützten Kindes. Beachtlich ist dabei, dass das Kind lediglich lernbehindert ist und nicht unter Betreuung steht.
Nach Auffassung des Gerichts ist der Inhalt des gemeinschaftlichen Testaments nicht sittenwidrig. Eine Sittenwidrigkeit folgt auch nicht daraus, dass die Eltern ihre Tochter nach dem Tode des Letztversterbenden nur als nicht befreite Vorerbin eingesetzt und durch diese Anordnung das Vermögen dem Zugriff des Sozialhilfeträgers entzogen haben. Grundsätzlich steht jedem Erblasser als Ausfluss der Testierfreiheit das Recht zu, über sein Vermögen nach dem Tod nach Belieben zu verfügen (auch BGH 20.10.93, IV ZR 231/92, NJW 94, 248).
Auch der Pflichtteilsverzichtsvertrag ist wirksam. Zwar wird teilweise in der Rechtsprechung (OLG München 25.1.06, 15 U 4751/04, ZEV 06, 313) und der Literatur (MünchKomm/Armbrüster, § 138 Rn. 45) die Auffassung vertreten, ein Erb- bzw. Pflichtteilsverzicht sei zumindest dann sittenwidrig, wenn der Verzichtende sowohl im Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts als auch im Zeitpunkt des Erbfalls hilfebedürftig ist. Demgegenüber neigt die wohl überwiegende Ansicht dazu, einen zwar während des Bezugs von nachrangigen Sozialleistungen aber vor Eintritt des Erbfalls erklärten Erb- bzw. Pflichtteilsverzicht nicht als sittenwidrig anzusehen (dazu Vaupel, RNotZ 09, 497, 508; offengelassen Wendt, ZNotP 08, 2, 11). Gestützt wird diese Auffassung auch durch die Entscheidung des BGH vom 25.6.09 (IX ZB 196/08, ZEV 09, 469), in der im Zusammenhang mit einer im Insolvenzverfahren beantragten Restschuldbefreiung eine Verpflichtung des Schuldners, in der Wohlverhaltensphase Erb- bzw. Pflichtteilsansprüche zu verfolgen, verneint wird.
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