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  • 01.01.2006 | Berliner Testament

    Kein lebzeitiges Eigeninteresse

    Die Absicht des Erblassers, durch lebzeitige Verfügungen für eine Gleichbehandlung seiner Abkömmlinge zu sorgen, begründet noch kein im Rahmen von § 2287 BGB beachtliches lebzeitiges Eigeninteresse (BGH 29.6.05, IV ZR 56/04, Abruf-Nr. 052257).

     

    Sachverhalt

    Die Ehegatten hatten sich in einem Erbvertrag gegenseitig als Alleinerben eingesetzt. Kurz vor seinem Tod verschenkte der Vater Geld an einen der beiden Söhne. Nach dem Tod des Vaters forderte die Mutter dieses Geld zurück, da sie die Mittel für ihre Alterssicherung benötigte. Der Sohn wandte ein, der Vater habe ihn lediglich zu seinem Bruder gleichstellen wollen. 

     

    Entscheidungsgründe

    Nach § 2287 BGB kann der Vertragserbe von dem Beschenkten die Heraus­gabe des Geschenks verlangen, wenn der Erblasser die Schenkung in der Absicht getätigt hat, den Vertragserben zu beeinträchtigen. Diese Beeinträchtigungsabsicht ist dann ausgeschlossen, wenn der Erblasser an der Schenkung ein lebzeitiges Eigeninteresse hat. Ein lebzeitiges Eigen­interesse ist gegeben, wenn der Erblasser durch Schenkung jemanden an sich binden möchte, dessen Zuwendung und Betreuung er im Alter erhofft (BGH 17.6.92, NJW 92, 2630). Hier wollte der Vater dagegen keine eigenen, noch zu seinen Lebzeiten erfüllbaren Interessen fördern. Der Anspruch nach § 2287 BGB ist allerdings beschränkt, wenn der Beschenkte Pflichtteilsberechtigter ist. Der Vertragserbe ist solange nicht beeinträchtigt, wie das Geschenk des Erblassers an den Pflichtteilsberechtigten geeignet ist, dessen Pflichtteil abzudecken. Diese Einschränkung gilt unabhängig davon, ob der der Berechtigte seinen Pflichtteil geltend macht.  

     

    Eine sittliche Verpflichtung, die Abkömmlinge gleich zu behandeln, besteht auch im Hinblick auf § 1924 Abs. 4 BGB, wonach Kinder zu gleichen Teilen erben, nicht. Denn die Ausgleichung von Vorempfängen hätte im Fall der Erhebung von Pflichtteilsansprüchen nach dem Tod des zuerst versterbenden Elternteils im Rahmen von § 2316 BGB erfolgen können. Soweit der überlebende Elternteil eine Ausgleichung unter den Kindern nicht durch lebzeitige Verfügung oder Verfügung von Todes wegen herbeiführen würde, wären nach dessen Tod §§ 2050 ff. BGB maßgebend. Im Zeitpunkt der streitigen Zuwendungen an den Beklagten war indessen für eine Ausgleichung durch einseitige Maßnahmen nur eines Elternteils kein Raum.