Checkliste
Die Rechte und Pflichten
des Testamentsvollstreckers
von Prof. Eugen J. Vernekohl, Nordkirchen
Mit der Anordnung der Testamentsvollstreckung werden dem/den Erben alle wesentlichen Nachlassverwaltungsrechte entzogen, soweit die Vollstreckungsanordnung reicht (§§ 2306, 2338 Abs. 1, § 2376 BGB). Der Testamentsvollstrecker ist zu allen Handlungen befugt, die der Testamentsvollstreckung im Rahmen seiner Aufgaben nach §§ 2203, 2204 BGB dienen und die ohne Vollstreckungsanordnung den Erben zustünden. Der Testamentsvollstrecker kann „nur höchstpersönliche“ Rechte der Erben nicht wahrnehmen wie zum Beispiel die Annahme des Erbes oder die Erbausschlagung. Die folgende Checkliste zählt die zivil- (I.) und steuerrechtlichen (II.) Rechte und Pflichten des Testamentsvollstreckers auf.
I. Zivilrechtliche Aufgaben und Pflichten
1. Nachlass in Besitz nehmen
Gemäß § 2205 Satz 1 BGB muss der Testamentsvollstrecker den Nachlass in seinen Besitz überführen. Er kann in diesem Zusammenhang von den Erben die Herausgabe aller zum Nachlass gehörenden Gegenstände verlangen.
2. Nachlassverzeichnis aufstellen
Der Testamentsvollstrecker ist verpflichtet, ein vollständiges Nachlassverzeichnisaufzustellen, diesesden Erben mitzuteilen (§ 2215 BGB), Auskünfte zu erteilen und Rechenschaft über seine Tätigkeit zu legen (§§ 2218, 666 BGB). Er hat den Erben einen Auseinandersetzungsplan vorzulegen.
3. Verfügungsgewalt des Testamentsvollstreckers
Der Testamentsvollstrecker kann im Rahmen der letztwilligen Verfügung des Erblassers über alle Nachlassgegenstände verfügen (§ 2205 Satz 2 BGB). Er ist an Teilungsanordnungen, Vermächtnisse, Auflagen und andere Verfügungen des Erblassers gebunden. Denn der Erblasser ist berechtigt, die gesetzlichen Rechte des Testamentsvollstreckers per Testament zu beschränken (§ 2208 BGB) oder zu erweitern.
4. Ordnungsgemäße Verwaltung
Im Innenverhältnis schuldet der Testamentsvollstrecker den Erben und Vermächtnisnehmern eine ordnungsgemäße Verwaltung (§ 2216 Abs. 1, §§ 2219, 2220 BGB). Bei objektiver Auslegung der „ordnungsgemäßen Verwaltung“ schließt dies auch Ermessensentscheidungen und Entscheidungen gegen den Willen der Erben ein. Der Testamentsvollstrecker darf sogar Verbindlichkeiten eingehen, wenn dies zur ordnungsgemäßen Verwaltung notwendig ist. Eine Missachtung des Gebots zieht Haftungsansprüche nach sich (hier S. 27).
Im Außenverhältnis zu Gläubigern und Schuldnern des Nachlasses ist die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers grundsätzlich unbeschränkt, aber:
Unentgeltliche Verfügungen des Testamentsvollstreckers – auch Verkäufe von Nachlassgegenständen unter ihrem wirklichen Wert – sind regelmäßig unwirksam (§ 2205 Satz 3 BGB). Ausnahmen bestehen für Pflicht- und Anstandsschenkungen (§ 534 BGB) oder bei Schenkungen, denen alle Erben und Vermächtnisnehmer zustimmen. Ein etwaiger entgegenstehender Wille des Erblassers ist bei letzterem unbeachtlich, es sei denn, dass dieser Straf- oder Verwirkungsklauseln gegenüber den Erben festgelegt hat.
5. Formalitäten
Erbschein (§§ 2364, 2366 BGB) und Grundbuch (§ 52 GBO) erhalten einen Testamentsvollstreckervermerk.
Nach § 2368 BGB hat das Nachlassgericht auf Antrag ein Zeugnis über die Ernennung zum Testamentsvollstrecker – gegebenenfalls einschließlich eventueller Beschränkungen seiner Rechte durch den Erblasser – zu erteilen. Die Vorschriften über den Erbschein finden entsprechende Anwendung. Mit der Beendigung des Amtes wird das Zeugnis kraftlos.
Hinweis: Nach § 34 ErbStG, § 7 Abs. 1 Nr. 3 ErbStDV sind Gerichte und Notare verpflichtet, dem für die Verwaltung der Erbschaftsteuer zuständigen FA die Erteilung eines Testamentvollstreckerzeugnisses anzuzeigen.
6. Güterstands- und Vormundschaftsrecht
Der Testamentsvollstrecker braucht sich nicht an Einschränkungen durch das Güterstandsrecht zu halten. Er benötigt auch keine vormundschaftsgerichtliche Genehmigungen, wenn sich unter den Erben Minderjährige befinden (Ausnahme: Gesellschaftsbeteiligungen, S. 15).
7. Testamentsvollstreckung und internationales Privatrecht
Bei Auslandsberührung ist das Erbstatut maßgebend, also das Recht des Staates, dem der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes angehörte (vgl. Art. 24, 25 EGBGB). Das deutsche internationale Erbrecht geht vom Grundsatz der Nachlasseinheit aus. Das bedeutet, dass der gesamte Nachlass nach der Rechtsordnung behandelt wird, die das Heimatrecht des Verstorbenen ergibt. Das Erbstatut ist daher auch zu beachten, wenn die Verfügung von Todes wegen Testamentsvollstreckung anordnet (vergleiche dazu Dittmann/Reimann/Bengel, International IPR, B 47). Dabei ist zu beachten, dass:
- ausländische Rechtsordnungen regelmäßig keine derart ausgefeilte Testamentsvollstreckung wie das deutsche Recht kennen und
- die fremde Rechtsordnung es u.U. auch nicht erlaubt, dass ein nach deutschem Erbstatut tätiger Testamentsvollstrecker im Ausland gelegenes Nachlassvermögen nach deutschem Recht in Besitz nimmt und verwaltet.
II. Steuerrechtliche Aufgaben und Pflichten
1. Erklärungs- und Anzeigepflichten
- Der Testamentsvollstrecker ist verpflichtet, die letzten Steuererklärungen (Einkommen-, gegebenenfalls Umsatz- und Gewerbesteuer etc.) für den Erblasser beim zuständigen FA einzureichen.
- Die erbschaftsteuerliche Anzeigepflicht entfällt gemäß § 30 Abs. 3 ErbStG nur, wenn der Erwerb auf einer von einem deutschen Gericht, einem deutschen Notar oder einem deutschen Konsul eröffneten letztwilligen Verfügung beruht und sich aus der Verfügung das Verhältnis des Erwerbers zum Erblasser unzweifelhaft ergibt (vergleiche aber Hinweis auf die mögliche Änderung durch das Steuerbereinigungsgesetz, S. 1).
- Der Testamentsvollstrecker ist nach § 31 Abs. 5 ErbStG verpflichtet, die – gegebenenfalls gemeinsame – Erbschaftsteuererklärung beim zuständigen FA einzureichen. Dies gilt im Regelfall nur für den Erwerb von Todes wegen seitens des/der Erben (BFH, Beschluss, 9.6.99, II B 101/98, BStBl 99, 529) und nicht für die Erbschaftsteuer-Erklärungen der Vermächtnisnehmer, Pflichtteilsberechtigten usw. (s.o. S. 2).
- Der Testamentsvollstrecker ist gemäß § 153 AO zur Nacherklärung verpflichtet, wenn ihm anlässlich der Verwaltung seines Amtes entsprechende Informationen bekannt werden. Bei grob fahrlässiger oder vorsätzlicher Missachtung dieser Pflicht kann er sich wegen Steuerhinterziehung oder leichtfertiger Steuerverkürzung strafbar machen.
2. Keine Steuererklärungen bei Dauertestamentsvollstreckung
Der Testamentsvollstrecker ist bei Dauertestamentsvollstreckung nicht verpflichtet, die Steuererklärungen für laufende Steuern der Erben zu besorgen.
3. Bekanntgabe der Erbschaftsteuerbescheide
Der Erbschaftsteuerbescheid wird dem Testamentsvollstrecker nach § 32 Abs. 1 Satz 1 ErbStG bekannt gegeben. Davon unberührt bleiben die Regelungen über die Bezeichnung des Adressaten wie zum Beispiel des gesetzlichen Vertreters des Steuerschuldners und des Empfangsbevollmächtigten (dazu Moench, ErbStG, Stand: Dezember 98, § 32 Rz 6; s.o. S. 3; zur Anfechtung eines Bescheids s.u. 5.).
4. Bezahlung der Erbschaftsteuern
Der Testamentsvollstrecker muss für die Steuerzahlung sorgen (§ 32 Abs. 1 Satz 2 ErbStG) und dafür gegebenenfalls Sicherheiten bereitstellen.
5. Prozessführung durch den Testamentsvollstrecker?
- Der Testamentsvollstreckers ist bei Einkommensteuerbescheiden gegen den/die Erben nicht rechtsbehelfsbefugt (BFH, Beschluss, 29.11.95, s.o. S. 5).
- Die Erbschaftsteuerbescheide werden dem Testamentsvollstrecker zwar bekannt gegeben. Er ist aber nicht Steuerschuldner und darum in seiner Eigenschaft als Testamentsvollstrecker mangels Beschwer i.S. von § 350 AO nicht rechtsbehelfsbefugt (BFH 4.11.81, BStBl II 82, 262; s.o. S. 4). Um die Anfechtung des Erbschaftsteuerbescheids durch Einspruch müssen sich die Erben selbst kümmern.
- Das zivilrechtliche Prozessführungsrecht des Testamentsvollstreckers erstreckt sich nicht auf Rechtsstreitigkeiten über den Kreis der Gesellschafter, wenn der Anteil einer Personengesellschaft zum Nachlass gehört (BGH, Beschluss, 12.1.98, ZEV 98, 72, s.o. S. 6 f.).
Quelle: Erbfolgebesteuerung - Ausgabe 01/2000, Seite 16